Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1858 (Jahrgang 5, nr. 224-249)

1858-10-25 / nr. 244

Montag, 25: Oktober: Nr. AAA Peft, 1858. £" Be, Majestät der Kaiser hat, wie die „Mi­­tärztg." vernimmt, eine umfassende Verminde­­rung de­r Geschäftsabthetilungen,um es Versonals in den höchhten Zivil und Militärbehörden, sowie eine kichbard bedingte Verm­inderung Der Schreiberei in allen Zweigen der Zi­­el- und Militärverwaltung anzubefehlen geruht. Da die Ve­erfügung nicht nur auf die Finanzen, sondern auf die Erleichterung und Bereinfachung des Geschäftsganges in er Monarchie von Mohlthätigen Folgen sein wird, so­­llen, wie verlautet, auch von allen höchsten Behörden en sein, um dem Befehle Sr. Majestät in jeder Bezie­­hung vollkommen entsprechen zu künnen. 5: Im Auftrag der hohen Finanzverwaltung werden den Seite der Direktion der Nationalbank wahh gende Bestmmungen zur öffentlichen Kenntnis gebrach : 1. Bont 1. November 1858 an wird vorläufig­­ die tnausgabe der Sperz. Bentralwaffe- Anwert­­ungen eingestellt. Die bis dahin ausgegebenen werden nach er Beifallszeit oder auf Verlangen der Parteien aud v­or betr­eiben , unter gleichzeitiger H­inauszahlung der etwa noch gebüh­­enden oder Nachvergütung der vorhineim empfangenen, aber op nicht verfallenen Zinsen, "gegen Banknoten eingelöst werden. 2. Vom 1. November 1858 an werden nur 5perzent, nd nur auf österreichische Währung lautende artial-Hypothetaran­wetfungen hinausgegeben. Die bis zum­­ November 1858 ausgegebenen Aus- und 5perzentigen ar­tal-Hypothefaranmeifungen werden nach ihrer DVerfallzeit nicht ehr prolongert, sondern nach Verlangen der Parteien entwe­­der, bar eingelöst, oder gegen neue auf österreichtige Währung outende 5perzent: Parktal-Hypothesaranmeisungen umgewechselt. Diese Umwechslung erfolgt nach dem Verhältnisse von 105 fl. österreichtischer Währung gegen 100 fl. CM., wobei die Aus­­bleichung durch bare Hinauszahlung geschieht, wenn­ sie nicht durch Erfolgung eines Höheren­ Betrages in Partial: Hypothetar­­hnweisungen österreichtischer Währung geschehen kann, 3. SInfolange die auf Conv-Münze autenden Bannnoten gefegligen Umlauf aben, E können ‚die auf ü österreichische Währung lautenden blariial-S Hypothesaran­weisungen auch gegen Erlag des entsprech­enden Betrages in solchen Noten erhoben und nach der Beifallszeit, gegen­ Hinauszahlung desselben Betrages in sol­­chen Noten eingelöst werden. In gleicher Weise werden auch die halbjährigen Zinsen berichtigt. 4. Alle sonstigen bisher geltenden Bestmmungen bezüg­­lic­her Spartial-Hypothesaranmweisungen bleiben fortan. In Wirksamkeit. v Politische Lundschau, 25. Oktober. : Der Schwerpunkt der Ereignisse liegt heute in den Nachrichten Preußen Große Sensation, erregte e8_selbst­­verständlich in Berlin, daß das Hergenhaug, wie unsere Leser miffen, den Antrag auf den Erlas von Greffen an den König und den Prinzregenten mit 80 gegen 76 Stimmen verworfen. Ueber die Motioine, welche bei diesem Votum maßgebend gewe­­sen sein sollen,­ ‚bemerkt die­ „Kreuzzeitung” : Wenn wir recht unterrichtet sind, so sollen zunächst 3 wei­nsichten in der Majorität des Hauses entscheidend gewesen sein. Je Besorgnis, es könne die bisherige so würdige Haltung bes­­er Häuser des Landtages bei dem hoch­wichtigen Ausspruch in er Regentschaft getrübt werden durch etwaige Adressebatten, deren, fid. die politische­­ Leidenschaftlichkeit bemächtigen möchte, zumal wenn. ein. Vorgang in Erlas einer Adresse im Herr­en­baufeim. Haufe der­ Abgeordneten eine Nachfolge fände; und­ dann, die etwas enge Auslegung (des Ls 56 der Ber­­faffungsurkunde, auf Grund beffen der Landtag allein ein­­berufen sei, und der es,demselben nun nicht gestatte, an­dere als­­ die­ vorgeschriebenen öffentlichen Funktionen auszuüben. Da in der Lisung des Hauses eine Dis­kussion,ni­cht statt­­gefunden,­­so. bleibt der Preffe kein anderes Mittel, als: die Benusung. sicherer. Privatnachrichten. Immerhin aber ist­ es möglich, dod noch andere vollb­erecht­ig­te Gründe für eine Ablehnung gesprochen haben, die uns unbekannt sind : in wir müssen es: fast­ vermuthen.­­ Mit diesen Ansichten steht es denn auch wohl in Verbindung,daß die Vertreter der Hauptstadt und an­­dere, liberale Mitglieder des Hauses, wie z. B. Freiherr 9, Bunsen, gegen den Erlaß Der­ beantragten Adreffer ger­timmt haben: as den zu erwartenden Beschluß: über die Botschaft des Prinzregenten an­belangt, so­­ hat die betreffende Kommission einstimmig erklärt, fi auf: „Die­ Erörterung­­ zarter Punkte — die Beziehung einerseits: auf Die Willensmeinung­ des Königs, andererseits auf die Berfaffung " nicht "einlaffen zu wollen und deshalb einfach den Antrag gestellt : „Die­ vereinigten Häuser des Landtages wollen beschlie­­ßen, die Nothunwendigkeit der Regentschaft anzuerkennen.” Wahrscheinlic wird die Versammlung' schon Heute diesen­­ Antrags annehmen, worauf, dann morgen die Bes­ch­w­es rung’ der Berfaffung von Seiten des Prinzre­­genten erfolgen sol. ; Desondere Treube erregt es, daß Die Verheißungen des Prinzregenten über­ die Unabhängtigkeit vor Neumahlen in Erfüllung gehen. Bereits Hat Herr v. SLottmell in Betreff derselben ein, vom gesammten Ministerium gebilligtes Zirkularschreiben, an alle Regierungen erlafften , worin­ er sagt ,: Daß es zwar unwün­­schenswerth sei, wenn dier im Beamtenstande enthaltene Intelligenz auf dem Landtage verhältnismäßig verkreten set. Do fei eine Ueberzahl derselben in Der­ Volfevertre­­tung seineswegs wünschenswerth , und namentlich sei es nicht ersprießlich zu achten, wenn zu viele Landräthen ge­­wählt würden. Diese namentliche Erwähnung der Land­­räthe Hat im Kabinet Bedenken erregt, und, möglicher­­­eise ist in der definitiven Fassung der Auspruf „Land­­räthe" Dur den­ allgemeineren­ „Beamte“ erfehtn­ worden. Wie es Heißt, sol der Erlaß demnächst durch den „Staate- Anzeiger“ veröffentlicht werden. ALS­ Kuriosum wird noch mitgetheilt, . Daß der Ti­­tel „Prinzregent” das Symbol der Liberalen ist, «wäh­­rend Die „Kreuzzeitung” in dem „Prinz von Preußen, Regent" einen schüchternen Protest Festhält gegen Die Deutung,­­ als gehe die Selbstständigkeit, der Regent faft so­ weit, Daß das­ agnatische Verhältniß, welches in jenem früheren Titel des Prinzen siegt, davor verschwinde, "" Go brachte auch der Präsident Des Herrenhauses, Prinz­ von Hohenlohe, Das Lebehoc­h auf­ den­ „Prinzen von Preußen, Regenten aus. Auch in London wird der"politisch­en Wendung in Preußen große Aufmerksamkeit geschenkt: Die Eröffnung der preußischen Kammern­—­­ , sagt die»Times«­ist ein Ereigniß,welches ohne Interesse und Sympathie­ zu­ betrachten uns schlecht anstehen würde.­Wäh­­rend der letzten 10 Jahres haben s wir Engländer uns auf die Gleichgiltigkeit,mit der wik dao Thununtheiben kontinental­lethistiker ansehen,zuweilen etwas zu Gute getban.Daum­­stutz-alldessen-was unserer Regierungsform ähnelte,machte mit geringen Enndruck"auf eine­ Nation,dies es müde war,ihre Staatseinsichtungen in ein halbs Dutzend Hauptstädten travestiit III-schim-Abel«10-J­ahre-sind ein­e««gute Weile in­ einem Men­­schenleben,wenn sich dabei das kontinentale Gewölk auf irgend einem»s·punkt .zettbeiltslxnd­ ein Stückc­en blauen Himmel bli­­cken laßt,so dürfens"wir dies als ein anziehendes Schauspiel behandeln: Mir gehen Zwar in unseren Hoffnungen nicht wett und Taffen"uns nicht zu feurigen Gliwünschen" hinreifen ; wir erwarten wenig und wenn auch dies Wenige nigt in Erfüllung geht, werden wir die Enttäuschung mit gewohnter Geduld er­­tragen. Aber während selche Ereignisse, wie die jenigen fi in der preußisshen Hauptstadt begeben, darf auch der feinen Cyriamus famieit widmen, wenn Ungläubigste und­ dem Schauspiel seine Aufmerk­­er auch mit seiner Meinung und seinem Beifall zuin­ehält. Die preußischen Kammern sind eröffnet von einem Re­­genten, der selbst erklärt, daß­ er die Regierung auf Grund des Wortlauts der Verfafsung übernommen, hat. ‚Die Berfaffung gewährleistet jenen­ Kammern, ihre Existenz und ihre Rechte. Die Bezugnahme auf die Berfaffung ist Feine Steinigkeit in diesen Tagen der Staatsstreiche und Taiferlichen Defrete, son­­dern ist eine Schatsache von guter Vorbedeutung für den­ vor­­aussichtlichen Triumph, der­ Freiheit in­­­ Deutschland. Das An­­sehen , die Geltung der­­ preußischen Konstitution Hat sonder­ne durch die neulichen Vorgänge gewonnen; sie ist in Irrsamfell gefeßt, es ist ihr Folge geletstet worden, und das bloße Stof Pergament, als welches Dieb­, es: verspotten wollten, "hat: sic) in, eine große 'europäische Wirklichkeit ver­­wandelt. . Es sieht jecht in der Macht des N Regenten, und der Kammern, dieser Berfassung jene moralissche Autorität zu geben, die nur dem Erfolge und dem erprobten Verdienst gehört. Unsern Rath können wir in zwei Worten zusammenfassen —ı Mäßigung und Selbstverläugnung. Diesen,, beiden, Eigen­­schaften hat die englische Freiheit, ihr Heil zu verdanken, und sie sind des vollen Glaubens, daß sie im Auslande dieselben Dienste "Ieisten werden. Zum Glück für Preußen haben der Regent‘ und die Nation Zeit gehabt der Erfahrung klug zu werden. Niemand freilich wird es auf sich nehmen wollen zu behaupten, daß der Prinz fest entschlossen sei die Lebenskraft der­ Konstitutionellen Regierung zu entwickln, oder daß­ die Der­mokraten auf iúre beißgeliebten Ideen verzichtet haben; aber wofern die Deutschen nicht von ganz anderem Schlage als wir sind­e ,ist jede Aussicht vorhanden, daß beide, Prinz und Br, die Nothwendigkeit eines Kompromisses, einsehen werden. Die preußischen Konstitutionellen Fam­en ihrer Sache zu einem ge­­wissen Triumph verhelfen und selbst ihre bittern und geschlage­­nen Gegner verführen, wenn sie sich mehr mit der Hebung des Landes und seiner Verwaltung im Allgemeinen befassen, als dem Säbel über den vieleicht durch Zufall in ihren Schoß gefalle­­nen Steg hingeben. ' Der Konflikt des Schweizer Bundesra­­thes mit Genf tritt in eine ernste Phase, um so ernster, weil Stanktrei eine ganz eigenthümliche Rolle dabei spielt . Die den eidgenössischen Kommissären Dubs und Bischof nach Genf mitgegebene bundesräthlihe Instruktion lau­­tete im­­ Wesentlichen dahin, dass das Kommissariat dafür zu sorgen habe, daß die zehn zur Interierung beseich­­neten Italiener Genf sofort verlassen s; da hat es hin- Thtlch fünf von diesen zehn die Botmacht , dieselben nach Prüfung ihrer persönlichen Verhältnisse­ von dieser Mafregel auszunehmen. Das Kommissariat sol ferner für Stonalisirung eines Theils der gewesenen Mitglieder der Italienischen Hilfs­­gesellschaft, namentlich sollen über zwei oder drei derselben, die man­ versteht glaubt, Nachforschungen angeordnet werden. Es hat endlich die Vorlage eines vollständigen Flüchtlingsverzeich­­nisses zu verlangen und den Zustand der Spezialfremdenkon­­trole zu prüfen, deren Aufstellung die Regierung von Genf be­­schlossen hat. Die Kommissäre hatten noch eine Degesche an den Sta­atsrath vorausgehen Yaffen mit der Einladung, felder die vom Bundesrath angeordneten, Sinteritrungen vorzunehmen. Nach ihrer Ankunft in Genf wurden sie vom Staatsrath am 16. In voller Strung offiziell empfangen. "Die "ablegen

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