Pester Lloyd - Abendblatt, März 1859 (Jahrgang 6, nr. 48-73)
1859-03-26 / nr. 69
MEERES LE L0,0022:2SCLse22.2002.2002z27E32ESSZIRBERSERSEETN -Samstag, 26.März. Pest,1859. Abendblatt des pPest Nr. 89. Politische Rundschau,26.März.Dem Kaiser Napoleon ist ein seltener Sieg geworden,der,,Moniteur konnte gestern den Franzosen die bedeutsame Nachricht bringen:,,Das k.k.österreichische Kabinet hat dem Kongreßvorschlage Rußlands beigestimmt.««Ueber die Bedingungen dieses Beitritts erfährt die,,Ostd.Post«mit Bestimmtheit,daßerstens,Sardiniens»anlaßt werde,seine bedrohende und aggressive Stellung, die einen Einbruch in die Nachbarstaaten jeder Augenblick befürchten läßt,zuverlassen,——daß,zweitens, der Kongreß auf Grundlage der Prinzipie zusammentrete,welche in dem bekannten Protokolle des Aachener Kongresses vom 15.November 1818 festgestellt wurden,und denen zufolge in Zukunft bei europäischen Kongressen»eine gewissenhafte Achtung der Traktate und der daraus sließenden Rechte zur obersten Pflicht gemacht wird«,ferner in allen Fällen, wo die Kongresse,,mit Gegenständen sich beschäftigen sollten,welche mit de Interessen anderer Staaten verknüpft sind,diese Berathungen nur in Folge einer formellen Aufforderung(invitation)dieser Staaten stattfinden können und unter dem ausdrücklichen Vorbehalt,daß letztere durch ihre Bevollmächtigten direkt daran Theil nehmen.“ Wenn daher der geistige „Moniteur“ zugleich meldet, der Graf Cavour sei in Folge einer Einladung des Kaisers (am 24. Abende) nach Paris gereist, so wissen wir, Daß es einer Besprechung von höchster Wichtigkeit gilt, obl und in welcher Weise es nämlich gelingen dürfte, die in Italien herrschende Aufregung zu beschmwichtigen und bis zur Beendigung des Kongresses, — der nach einer Korrespondenz Des „Nord“ am 10. Juli (2) zu= famtentreten sol, — einzuhalten ; gleichzeitig wird aber wohl auch die Haltung gegenüber den italienischen Mittelstaaten zur Sprache kommen, die ja, nach der Vorausseßung Oesterreichs, gleichfalls beim Kongreß direkt verstreten sein sollen, mag nun vom Kongres zu erwarten sei? Die gesammte Journalistif spricht sich hierüber mit seltener, aber keineswege erfreulicher Lebereinsimmung aus; jedermann sieht darin nur einen Aushub des Krieges, Niemand, eine Aussicht auf dauernden Frieden. Wir lassen hier einige Stimmen folgen : Der „Montteur”, schreibt man unterm 22., einem Berliner Blatte aus Paris, hat sie gegen alles Herkommen beeilt, das Kongresprotekt zu verkünden, ehe noch „die Einwilligung irgend einer andern Macht eingelaufen {ft . schon Diese Mederstürzung zeigt, wie selbem Kaiser daran siegt, den Spieß, der sich nach dem Neujahrsgruße gegen ihn wendete, fegt gegen seinen Gegner umzukehren. In dem Umstand, da Rufland die Initiative ergriffen, will die politische Welt ein Symptom erbilden, welches die Friedenshoffnungen abermals in den Hintergrund drängt. Man ist nämlich überzeugt, daß Frankreich und Rußland sich für alle Fälle im Doraus vereinbart haben und daß Rußland es übernommen habe, von nun an vorerst einen moralischen Zwang auf Oesterreich auszuüben. Auch der “ndependance” wird berichtet, daß man in manchen Kreisen geneigt‘ sei, dem Anschließen Jankreichs, an Rußland eher einen Friegerifehen als friedlichen Sinn beizulegen. Auch fürchte man für: Die Fortdauer des bisherigen Einverständnisses zwischen Frankreich und Großbritannien, indem durch die Annahme des rufischen Vorschlages die Bedeutung der Sendung Lord Eomsey’s nach Wien verringert und die politische Situation überhaupt eine andere werde. Wenn es mir anstände, schreibt ein Pariser Korrespondent, einen Wermuthstropfen in diesen Freudenfeld des Kongresses zu gießen, so würde ich an die Wiener Konferenzen während des orientalischen Krieges erinnern, die geschettert sind, nach dem der französische Besoflmächtigte sehon die Friedenspräliminarten unterzeichnet hatte. Diesmal hatten wir schon : 1) dasVersprechen, Nom zu räumen, 2) Lord Eomsey’s Mission, 3) die Note vom 5. März, 4) die Entlarfung des Prinzen Napoleon und 5) den europäischen Kongreß, dessen Gegenstand wohl sehr [hmwer zu formuliren sein wird. Die festen Besuche des Großfürsten Konstantin in Turin und Paris standen bereits in direktem Zusammenhang mit der fest eingeschlagenen Politik, ebenso die sehr energisch betriebene Befestigung B Villafranca’s. Ueber Ruflands Gesinnung sesen wir ferner in einer Wiener Korrespondenz : Die Pferdeausfuhr aus Rußland ist auf dem Wasserwege ausdrückiich nicht untersagt, Franktreich also in der Gewinnung von Pferden aus Rußland nicht beschränkt, sondern nur Oesterreich, denn nur die Landgrenze ist der Ausfuhr versperrt. Ferner hat Rußland seinem Kongressvorsah lage erst Terrain gesichert, bevor es ihn dem diesseitigen Kabinet offiziell mittheilte. Graf Bun! erhielt erst am 21. dur Herrn v. Barabine offizielle Kenntnis davon, daß eine Note des Fürsten Gortschatoff den Kabineten in Paris‘, London, Berlin und Turin die Berufung eines Kongresses empfohlen habe. Unter den französischen Sopurnaten spricht sich , Siécle" allein, offen aus; es sagt: „Die „Moniteur”-Note stellt die Frage auf ihr wahres Terrain, was auch Die Oesterreicher hier und In Wien darüber sagen mögen. €s handelt sich nicht mehr um einen Zusammentritt, bei welchem die Hauptsehmwierigkeiten schon im Daraus umgangen wären. Nach den offiziellen Worten wird sich der Kongreß vereinigen, „um den Verwiclungen zuvorzus fommen, welche der Zustand Italiens herbeiführen künnte und welche den Frieden von Europa fören könnten." Das ist in der That ein seltönes und umfassendes Programm. Die Disfussion wird da nicht von vorneherein auf gemisse Punkterhe Thränft; es handelt sich darum, allen Berwickerungen zur sorzukommen. Auf dieser Grundlage kann Frankreich die Disfussion mit Ehren annehmen; mit jenen unverschämten 2 Beschränkungen Hätte Frankreich nicht auf dem Kongresse erfeinen können, ohne sich herabzumildigen. Die Verantwortlichkeit für den Ausgang wird fest auf Desterreich zurückfallen. Der Kongreß wird sich seine Tagesordnung nicht ab: ftehen Waffen; jede Frage von Erheblichkeit wird seiner Kompetenz unterliegen, und es wird sich zeigen, ob Oesterreich störrig genug ist, sich derselben nicht zu unterwerfen. Frankreich muß indessen sich mehr als je zum Kriege rüsten, denn er kann ebenso gut als der Frieden aus dem Kongresse hervorgehen.“ Das , Siècle" begicht den Vorzug, mit der Bezeichnung der neuen Wendung offen vorgehen zu können, während die offizielsen Blätter auf höheren Befehl sammtlich Die Friedensmasse anlegen, die Berfähnlichkeit der kaiserlichen Regierung feiern und betheuern, daß es fest blos von Oesterreich abhängen würde, den Weltfrieden zu flören; so meint die „Patrie” : Sardinien werde sich unwahrscheinlich bei der Forderung auf Zulassung zu dem Kongreß auf seine Theilnahme an der Pariser Konferenz, obwohl ohne Grund, berufen, denn die Lage, sei nicht dieselbe, Sardinien habe an dem Strimmfeldzuge theilgenommen , es habe ihm deshalb eine Stimme bei den Berathungen Über den Frieden, welcher dem orientalden Kriege folgte, nicht versagt werden können. Sett fühnten aber Toscana, Parma und Modena mit mehr Nacht dir Bulassung zu einem die italienische Frage betreffenden Kongreß als Sardinien verlangen, das von der in Italien Herrschenden Währung weniger bedroht werde. Auch würde im Tale der Zulassung Sardiniens der Kongreß den Charakter eines europäischer Schiedsgerichts verlieren, der ihm nur durch die alleinige Gegenwart der fünf Großmächte verliehen werden künne. Auch „Pay 8" wendet sich gegen Sardinien : Die piemontesische Regierung erklärte neulich, sie wolle nichts „mit den unverbesserlichen Männern zu schaffen haben, welche der nationalen Sache schaden, indem sie sich zu Organen von Sekten und Parteien machen.” Das „Day“ bemerkt hierzu: „Diese Erklärung scheint sich ausscließlch auf Mazzini zu beziehen, aber wenn es Mazzini’s gibt, die Beschwörungen machen und sich nicht fchlagen, so gibt es auch Mazzini’s, die Konspiriren und sich anfehlen. So erfahren wir aus dem „Liece”, daß der General aletti aus Rom der piemontesischen Regierung seinen Dergen zur Verfügung stellt, und daß Die Italienischen Flüchtlinge in Paris ihm „ein herrliches Schlachtroß“ geschenkt haben. Gemwiß wollen wir feinen Italiener tadeln, der für die Unabhängigkeit seines Landes kampfen will, aber wir fennen nicht umhin, zu befürchten, daß die Generale Garibaldi, Galetti und andere Revolutionäre, erklärte Feinde der Monarchie, so wie Frankreich, der piemontesischen Regierung mehr Berlegenheit bereiten, als nägliche Dienste letzten werden.“ Der „Nord" erklärt Dagegen geradezu, gegenwärtig werde der Gang der Diplomatie von den Ereignissen und der Gewalt, wer Verhältnisse beherrscht , und nicht umgekehrt: ı— . Nach einem Genfer Journale soi Lord BowTrey sich gegen einige Bekannte dahin geäußert haben : Daß man noch weit vom Ende und noch enorme Schmwierigkeiten zu überwinden seien. „Daily News" und „Morn.Post“ glauben gleichfalls nicht daran, „daß der vertagte Krieg so viel wie ein‘ gesicherter Friede bedeute." Am wenigsten kann man Dies glauben, wenn man die Berichte aus Italien lief. So wird aus Turin geschrieben: Die Aufstellung und Dissozirung der piemontesischen Armee ist gegenwärtig folgende: Sin und bei Alessandria stehen : die Grenadierbrigade Sardinien , die Infanteriebrigaden Acgut und Cuneo, die Kavallerieregimenter Saluzzo, Nizza und Montferrato. Sn und bei Genua + die Sinfanteriebrigaden Piemont, Aosta und Pignerol, sowie Die Kasallerieregimenter Savoyen,, Mesfandria und Novara. Sn und bei Casale + die Infanteriebrigaden Arti, Savona, Körnigin, Casale, vier Bersaglieribataillone und der Feldgefhligpart Nr..1. In und bei Turin, so wie an der Tesfinlinie stehen endlich : die Infanteriebrigade Savoyen,, jede Berfaiglieribataillone, das Korps der Cacciatort francht , drei Berniebataillone mit zwei Brüdenequipagen,, die Kavallerieregirmenter Genua, Piemont, Aosta und der Feldgefhüspark Nr. 2. Bohamedjet is zum Kommandanten des Breiwilligendepots in Savigliana ernannt worden. Nach der „Armonta” hat der Militärkommandant Befehle erhalten, 1000 P 1ínten und Patrontafhen an die sogenannten Freiwilligen in Cuneo abzuliefern. Der „Corriere mercantile” berictet, daß am 22. zehn Transportfätiffe nach Algier abgegangen sind, um von dort Truppen nach Frankreich, zurückzubringen. Die Substriptionen zu Hilfsbeiträgen für die einberufenen Kontingente gehen bei der Zentralkommission wie in den Provinzen gut son flatten. Der Prinz von Carignan hat 2000, der Mauritiusorden 2000 Frances und der Bischof von Spore 600 Sade Mars beigetragen. Zum Behufe der Prägung einer Befreiungsmedaille hat sich hier ein Komits gebildet , die Mitglieder gehören verschiedenen italienischen Ländern an; eines |