Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1866 (Jahrgang 13, nr. 224-250)

1866-10-09 / nr. 231

Nr. 231. (Die einzelne Nummer Postet 4 Fr. 5. MB.) .Dienstag, 9. Oktober. Abendblattı Pester Lloy am = Die Erörterungen Tipa’s und Ghícy3 im „Hon“ über die gemei­nsamen Angelegenheiten ver­anlaßten, wie bereits erwähnt, uh Eduard Ssedényi, zwar nir, wie er sagt, die rechtliche, legale und politische Seite der Frage der gemeinsamen Angelegenheiten zu erörtern, aber, allerdings, den Stand derselben mit Bezug auf die öffent­lie Meinung zu konstativen. Wir geben im Nachfolgenden das Wesentliche aus den betreffenden, im , eini Maple" veröffente­lichten Artikeln : Die Nation — jagt Sfedényi — fordert ein unabhän­­giges ungarisches verantwortliches Ministerium, nicht blos aus dem Gesichtspunkte der Rechtskontinuität, sondern auch darum, weil sie nur auf diese­ Weise die selbstständige staatliche Ent­­wicklung und die unabhängige nationale Selbstregierung der Länder der ungarischen Krone für realisirbar erachtet; und da die Nation die nachtheilige Gestaltung der Verhältnisse des Baterlandes unter dem 1848er Ministerium nebst dem hinter­ Listigen Verhalten des damaligen österreichischen Ministeriums und­ dem Umstande zuschreibt, daß damals die gemeinsamen Theile des Kriegs- und Finanzwesens nicht formuliert waren, fo öt die öffentliche Meinung auch über die Nothuwendigkeit­ der Ordnung der gemeinsamen Angelegenheiten im Heinen. Die Koee der gemeinsamen Angelegenheiten ist, obwohl in den Gelegen vor 1848 und auch in der pragmatischen Sank­­tion keine Spur dieser Bezeichnung zu finden ist, so alt, als das Ereigniß, welches die österreichischen Lande und die Könige­reiche Ungarn und Böhmen unter eine Dynastie brachte ; sie hat sie natürlich aus der Personalunion entwickelt. Die Ber­­nk­ad Std dieser Länder gegen äußere Feinde und daher, da ein Monarch­ in seiner auswärtigen Polität nicht mit sich selber in Widerspruch gerathen darf, die Leitung der aus­wärti­­gen Angelegenheiten waren natürliche Konsequenzen der Bersoz­nalunion , und da Beides Geld kostet, so trachtete der Monarch auch nach konzentrirter gemeinsamer Handhabung des Finanz­­wesens, so weit sich dieses nämlich auf die erwähnten gemein­­samen Interessen bezog. Die Länder, Ungarn sowohl wie die übrigen , strebten nach Wahrung derselben Autonomie, die sie vormals unter eigenen Fürsten bereffen ; die J Zentralge­walt an­derer­­seits ging aber immer weiter, sie wollte die heterogenen Theile der Monarchie miteinander verschmelzen und griff auch jene Autonomie an, die der Leitung­ der gemeinsamen Angelegen­­heiten durchaus nicht hinderlich waren. Die deutschen und böh­­mischen Provinzen verloren in diesem Jahrhunderte langen Kam­pfe ihre frühere Verfassung und Unabhängigkeit, während Ungarn unter dem Schube seines Munizipalsystems und mehrerer Friedensschlüsse zwar jene avitische Verfassung betracrte, aber die Konzentrirung und gemeinsame Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten fakt sich da nicht verhindern konnte. So ent­­mittelte sich der rechr bestehende Dualismus zwischen Ungarn und den österreichischen Provinzen ; so bildete sich jene Whno­­malie heraus, da­ bezüglich der gemeinsamen Interessen der Buchstabe unserer Geseche in geradem Gegensatz mit der that­ fählichen Brazis steht. . Zum Ausbruch­ kam indessen dieser Konfliktkange nicht, weil Reichstag und Zentralgewalt ih­n mit Takt vermieden Das Land überließ mehrerer Rechte dem Monarchen,der über das Einkommen aus den Krongütern,dem Ber­gwesen und den Ne­­galien freidisponiren konnte und nur den Preis des Salsz nicht ohne Zustimmung des Reichstages erhöch durfte.Der Monarch konnte zwar ohne Reichs­tag keine Rekruten ausheben­, dafür abw hatte er das Recht,Logaten zu werben.So kam es,·duk,als König Franz wegen seiner Disferenzen mit dem Reichstagssll über die Staatsschulden und·vass På vl0kfå-Hk« in den 14 darauffolgenden Jahren keinen Reichstag einbe,», dennoch im Jahr exils so viele Ungarn im Wegfesversteri bung unter die königlichen Fahnen gingen und sogar an die Komitate so viele Freiwillige,die sogenannten Brittensteter­, daß die ungarischen Regimenter zu keiner Zeit stärker als sehen in den Kämpfen 1813—1815 waren.­­·· Dieses patriarchalische Verhältniß wurde mitv der Eins­führung des parlamentarischen Repräsentativsystem­es 1848«ein­ ganz anderes.Nachdem 3.G.­A.jenes Jahresouts viei König ohne Betpilligung des Parlaments und­ Kontrastnurm­ des verantwortlichen Ministers? nich­ts zu den­­ gemeinsamen Reichsausgaben verwenden ; eben­so wurde die gemeinsame Vertbeidigung der Monarchie einigermaßen dadurch gehindert, daß die ungarischen Truppen thatsächlich unter die‘ Verordnüns­gen eines eigenen ungarischen Kriegsministers­ gestellt wurden. Das Jahr 1848 brachte, mit einem Worte, die sch­wierige­n der gemeinsamen Angelegenheiten zum­ offenen Bruch: In Folge der Gefege von 1848 ist die Gemeinsamkeit " des "Souveräng nicht mehr hinreichend, um jenes Band zu erhalten, welches die Monarchie vermöge der pragmatischen Sanktion umschlingt ; die V­erpflichtung hiezu ist zum Theil dem Neichstag und dem ungarischen Ministerium zugefallen. Unwilkürlich:gleichsam mußte er der 1861er Neichstag aussprechen, daß er wegen Er­­lebigung der gemeinsamen Angelegenheiten von Fall zu zak mit den tranzleithanischen Ländern in Berührung treten will. Diese feierliche Erklärung lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Definierng des Begriffes der gemeinsamen Angelegen­­heiten. CS erschienen die ab­weichendsten staatsrechtlichen Ab­­handlungen, die aber großentheils spurlos verschwannen. Man fühlte, das Alles, was man als gemeinsame Angelegenheit er­ Härte, der Autonomie des Landes entzogen werde und wollte­­ daher nur das zur Aufrechthaltung des Verbandes bringen oft Nöthige unter die gemeinsamen Angelegenheiten reihen. Beüg­­(id) der Behandlungsweise verstanden die Meisten das „von Fall zu Fall“ also etwa , daß duch Vertrag auf gemiisse Zeit "die Stärke des Heeres und die Höhe des Budget festgestellt wer­­den könnte.­­ Betroffen wurden daher die Geister durch das Claborat de Fünfzehner-Komitss, weil nach diesem die Lösung der ge­­meinsamen Angelegenheiten nur doch drei Reichsminister und mit direkten Voten franzleithanischer Repräsentanten " bewerfstelligt werden sol. Zeder fragte sich beim ersten Anblick, ob dies Kon­­sequenzen der­­ pragmatischen Sanktion seien? Bis 1848 — sagte man sich — gab es seit der pragmatischen Sanktion "Sei­nen Konflikt weder mit dem Monarchen noch mit den anderen Ländern, und doch wurden die gefährlichsten Kriege in­ dieser Zeit geführt, ohne daß wir eine Gemeinsamkeit der Staatsan­­gelegenheiten in dem Sinne anerkannt hätten, wie es das Sub­ fomu­s gethan. Ungarn nannte bisher nur zwei Gewalten : die Krone und den Neichstag, und wenn noch ein anderes Par­­lament außer unserem Neichstage Einfluß zu üben, b hätte, so hatte die Aktion unseres Neichstages fortwährend­ paralysirt werden. Dieser anfänglic­­h entwickelnden öffentlichen Stim­­mung haben die Abhandlungen der Herren Tipa und Ghiczy Anspruch gegeben, wenn sie behaupteten, der Schluß, daß die Mittel zur gemeinsamen Vertheidigung, der pragmati­­schen Sanktion gemäß, zu konzentriren und unter gemeinsame Verwaltung zu stellen seien, gehe über die Grenze unserer aus der pragmatischen Sanktion fließenden P­erpflichtung­ hinanz ; und dab die Art unserer aus der pragmatischen Sanktion her­­vorgehenden leg sen nicht, der den­ Umstand­ geändert werde, daß Se. Majestät später seinen übrigen Ländern auf konstitutionelle Rechte verliehen habe. Indem jedoch diese bei­­den Herren selber das Bubliftum einerseits darauf­ aufmerksam'

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