Pester Lloyd, Februar 1868 (Jahrgang 15, nr. 27-51)

1868-02-14 / nr. 38

, - Serbien ‚und seine Zukunftspläne. = y—Dies angeblichen Rüstungen­ in­ Serbien, so wie ger Zeit die europäische Tagespresse. Man behauptet, daß Engs alle übrigen hierauf bezüglichen Gerüchte beschäftigen seit eins­­land, Oesterreich „und. Frankreich, ja, sogar preußen, in, Bel­­gradübieter wegen energische Vorstellungen hätten machen Lassen, weil tar allgemein­ befürchtet, daß die durch Nußland angeb­­lich neuestens gestellte orientalische Frage „denn doch durch Die­­glaubensverwandten Serben vorläufig in Angriff genommen werden könnte." «· "" Speziell für Ungarn,an dessen Grenze diese serbischen." Bestrebungen sich geltend machen wollen, sind die Vorgänge in Serbien wichtig, und erlangen für uns ein noch erhöhtes Unt­resse dadurch,­ hak an diesen Bestrebungen nicht allein die Bewohner des reinen Fürstenthumes Serbien, sondern­ alle, vom adriatischen Meere ab, längs der ganzen süinwestlichen Grenze der Monarchie im türkischen Neiche lebenden serbischen Böfferstämme Antheil nehmen, und daß alle auf dem Gebiete der St. Stefanskront lebenden Serben, namentlich jene die längs bem­­inten Ufer der Save und unteren Donau, danit in Shrmien wohnen‘, diesen Bestrebungen ihre wärm­ten Sympathien entgegenbringen, wozu sich auch ein Theil der für den „Slyrismus“ schwärmenden Kroaten, nämlich die ogenannte Nationalpartei, benennt. An diesem Zusammenhange erlangen die Bestrebungen im kleinen Serbien allerdings eine weit größere Bedeutung, als man ihnen sonst beizulegen geneigt wäre. Daß die Ser­­ben dies- und jenseits der Save, die Bosniaken, Herzegowiner, uUstofen, Morlaffen und Montenegriner alle dem serbischen Stamme angehören, lehren uns die serbischen und kroatischen Geschichtsforscher und Philologen, welche in der durch den kaz­tholischen Bischof Steppmayer gegründeten „Süpflavischen Aka­demie“ nunmehr einen Einigungspunkt gefunden haben, um die große süoflavische­re, den „Ilyrismus“ einstweilen zu befi­ni­en. Nach dem überwundenen ersten Stadium füme Das zweite, nämlich die Gründung der fünflavischen Universität, welche mit den befeligenden Strahlen der fünflavischen Wissen­­schaft alle Serbenstämme auf türkischem Boden, so wie die Ustofen und Montenegriner durchglühen und für die Verkör­­perung der großen süßflavischen Spee empfänglich machen solle, deren Brennpunkt Agram sein wü­rde, wo vor mehr als dreißig Jahren die ersten Strahlen des „Yayrismus“, zwar damals jeher schüchtern, der übrigen Welt signalisirrt wurden. Im Jahre 1848 tant die ursprünglich nur geheim ge­­hegte südflavische Jdee zum Durchbruch, in Agram, Neufat und Garlowiß wurde sie ganz deutlich formulirt, die Erhebung der Serben dießreite der Save und untern Donau folgte auf dem duke, die Solidarität dieser Idee mit jener der Serben jen­seits­ der Donau und Save im Meutterlande, erhi­lt unmittel­bar darauf ihre Weihe dadurch, daß zahlreiche Freischwaren aus Serbien, theils über die untere Donau,­­­­ theils, über die Save von bedrängten Stammesbrüdern zu Hilfe eilten, und sich durch ihre wilde Tapferkeit und Grausamkeit, bei der dortigen ungarischen und deutschen Bevölkerung furchtbar­ machten. Nachdem­ Ungarn im Jahre 1849 besiegt worden war, erhielt die fünflanische Free, durch die Grenzen, die man der dach Minister Bach neugeschaffenen serbischen Wojwodina steckte, eine fernere greifbare, wenngleich ephemere Verkörperung; desgleichen in Agram, dur den Artikel 42 des Frontischen . 1861 Landtages, welcher die spezifisch kroatische Adee des „dreieinigen Königreiches" zur Geltung bringen ollte. Die Idee des "dreieinigen Königreiches" mit dem Zen­­tralpunkte des südflavischen Geistes : Agram, welches bereinst die Metropole des fünflavischen Reiches bilden sollte, wozu noch bei Zerfall des türkischen Reiches Bosnien, die Herzegovina, Serbien nebst Montenegro und einem Theile von Albanien annektivt und noch überdies, durch die ganze Wojwodina bis an die Maros und mittlere Donau arrondirt werden sollte, empörte die heißblütigen Serben, welche dieser kroatischen Anmaßung entschieden in Wort und Schrift entgegentraten. Diese Spal­­tung zeigte sich auf dem legten 1865—66-er froatischen Land­­tage ganz deutlich, als die Serben aus Syrmien und der Mili­­tärgrenze entschieden gegen die Nationalpartei der Kroaten Front machten. Die Serben behaupten, daß ihnen, «als dem weit über­wiegenden Theile, bei der Realisirung der füoflavischen Ypee, anbige Frftenntmnm j Serbien­ ohnehin sehen den festen Kern hiezu bilde. — Auch : seien die Serben Durch ihre Geschichte und noch mehr durch das feste Band der­ orientalischen , orthoperen­ Kirche, ungertrennlich aneinander: geknüpft, und eber Barum berufen, das schon be­­standene Neic­ des glorreichen serbischen Staren "Durchan wieder herzustellen und vereint mit den fultivirten Serben der einsti­­gen Wojwodina, nicht eher zu ruhen, bis sie das Kreuz der serbischen ‚Mörtyrerfu­che auf der Aja Sophie in Konstan­­tinopel wieder _aufgerichtet haben würden. Man erficht hieraus, daß der ursprüngliche kroatische „Syriemus“ die serbische Idee des­ Süpflaventhums großge­zogen und bak biefe legtere an Kühnheit und fürnlicher Gut jener der einstigen spanischen Sonquistadores, im damals ent­­wedtem Amerifa, oder jener der Normannen Teinestwegs nachstehe. Die Serben sind nun unstreitig ein kräftiges, kriegevis­­ches Bolt, das eine viele Jahrhunderte alte Unglückgeschichte hinter sich hat, derer düstere Schatten durch die Thaten fei­­ner Helden wie durch glänzende Meteore beleuchtet werden. Die Epoche des Ezaren Durchan bildet den strahlenden Mittel­punkt der mittelalterlichen Größe Serbiens. Bald darauf folgte das Grab serbischer Größe, die Niederlage bei­ Koffowa, dessen finstere Nacht die ferneren Geschide der Serben unter der Wucht des osmanischen Säbels mehr oder weniger Bis zu Anfang dieses Jahrhunderts umkammerte. Während dee Heldenepoche des unsterblichen Johann Hunyady und seines großen Sohnes Mathias Corvinus,wo Ungarn allein die Vormauer der Christenheit gegen die furcht­­bare Macht der Osmanen bildete, kümpften die Serben in ver­edelsten Waffenbrüderschaft vereint mit den­ Ungarn unter dem siegreichen Neic­­banner der Stefanskrone­­ gegen den gemein­­samen ‚Erbfeind. Die unsterbligen Kämpfe in Serbiens Gefilden und im Weichbilde Belgrads,unter dem unvergleichlichen Helden Johann Hunyady haben mit dem B­lute der dort gefallenen Heldensöhne Ungar­ns und Serbiens die Gemeinsam­keit ih­rer Sache für ewige­ Zeiten besie­gelt Nach den Tagen bei Mohács brach die Macht Un­­garııd zusammen, eine lange Leb­ensperiode folgte, bis endlich der große Eugen die Weacht der­ Türken in Ungarn fur immer gebrochen Hatte. Die Serben fanden zu­ jener Zeit Aufnahme und Schuß in Ungarn, wo sie unter ihren Stammesgenossen in den südwestlichen Theilen des ungarischen­ Reiches angesie­­delt wurden. jene, die im Mutterlande zurücklieben, fehinach­­teten mit Furzen- Unterbrechungen bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts unter türkischem Sache. Anfangs dieses Jahrhunderts begannen die Bewohner des heutigen S­erbiens ihren Befreiungskampf unter der hel­denmüthigen Führung der Karageorgiewitsche ad Obreito­­witsche mit wechselndem Gilüce, bis es ihnen endlich durch die Vermittlung der Mächte und namentlich NRuslands gelang, jenes günstige Verhältniß der Pforte gegenüber einzunehmen, wodurch die bisherige Entwicklung Serbiens so wesentlich ge­­fördert wurde. Die Heldensagen und die Leidensgeschichte der Serben leben im Wolfe fort. Die serbischen Volfsfänger besingen überall im Lande in Begleitung der Gusla die Thaten und Leiden­­ ihrer Väter. Ihre Dichter bringen diese einfachen Volfsgesänge in edlere­r Form und Sprache, mit poetischen Schwinge und wahrhaft süßlicher Phantasie zum Ausdruck. Da nun die Em­­pfänglichkeit für Herrenabenteuer bei den Serben in hohem Grade vorhanden ist, so darf es nicht befremden, daß auch die Zukunftspläne dieses Volles an der Pforte des Oriented das Gepräge jener glühenden serbischen Wolfspoesie an sich tragen, welche mit Ueberschwänglichkeit identisch it. Die Mission der Südslawen mag manchem überschwäng­­lichen Serben, in Berückschtigung der geographischen Lage sei­nes heutigen Mi­tterlandes und der bisherigen Erfolge gegen­­über der sindenden Macht der Pforte, so erscheinen, wie jene beg einstigen Feines Piemont gegenü­ber Italien vor dem Jahre 1848. Diese scheinbare Analogie hat für den ersten Augenlosi wohl viel Verlobendes. Bei nüchterner Erwägung zeigt es sich jedoch, daß die Grundbedingung zur­ Realisirung grogen Masse der verschiedenen serbischen Volksstämme noch ‚eines so großen Planes, "der unerläßliche Kulturgrad, bei der einigem Erfolge auftreten zu können. Belgrad wegen ihrer militärischen Haltung als europäisch gut gebrillte Paradetruppen­ ausnehmen, gestüßt auf vermeintliche 160.000 Mann Land­esmiliz, » die bei einer fam­t eine Million zählenden­ Bevölkerung nun und nimmermehr aufgebracht werden können, selbst wenn jeder fünfzehnjährige Knabe und alle Män­­ner Kia gu­t 60­ S Jahre den Handsihat ergreifen, vermögen höchstens einen Laien, keineswegs aber einen kriegsfundigen Beobachter irre zu Führen, ihnen unter den günstigsten Konstellationen auch gelingen sollte, zeitweilig durch glänzende Waffenerfolge über die Türken, Ter­­rain zu gewinnen. Das benachbarte Bosnien, die Herzegovina und Rascien zählten unter 1.150.000 Seeren, 164.000 Tatho­­­de und 378.000 muhamedanische Serben ; schon diese Ver­­schiedenheit der Religion gebietet zu bewennen, "daß die benach­­barten Alliirten, selbst wenn man das feine Montenegro Hinzu­ rechnet, unmöglich eine solche militärische Kraft entwiceln können, welche der Aufgabe, die sich die Serben gestellt, auch­ nur zum Theil entspricht. Der vermeintliche türkische Leichnam befigt denn doch Hinz längliche Kraft, um vorläufig die überschwänglichen serbischen Bestrebungen im Zaum zu halten. Sollte aber Ruffand im Hintergrunde stehen und später zur Unterftügung der serbischen Pläne mit seiner ganzen Macht in die Aktion eintreten wollen, dann wird die Pforte gewiß nicht allein bleiben. Die Erbschaft der einstigen Trümmer des findenden ottomanischen­ Reiches wird der europäische Areopag zuversicht­­ig nach der politischen und geographischen Gravitation ordnen und sie jenen Staaten zuweisen, welche, vermöge ihrer Macht­verhältnisse und kulturhistorischen Mission, seit jeher dazu be­rufen sind, diese halbbarbarischen Länder einer sclteneren, blei­­benderen Zukunft entgegen zu führen. Serbien und Rus­land befigen nun lange nicht jenen Kultur­grad, um diese große Mission im Interesse der europäischen Kultur und Freiheit erfüllen zu können. Bismarck’sche Decentralisationspläne. Belt, 13. Feber. K. Die dreitägige Debatte, welche in voriger Woche über den Provinzialfonds für Hannover im preußischen Abgeordneten­­hause geführt wurde, hat eine, seit fast zwei Jahren in dem parlamentarischen Leben­ Preußens ganz unerhörte Heftigkeit der Parteien hervorgerufen, für welche in dem Berathungsgegenstande selbst keine Erklärung zu finden ist. Nachdem einmal 202 Mil­­lionen Thaler an laufenden Ausgaben, 40 Millionen Anleihe, fast­ 30 Millionen Entschädigung für die depoffebirten Fürsten bewilligt waren, erschienen 18 Millionen für Die Hannoveraner wahrlich nicht so wichtig, daß ob derselben dreimal so lange wie über die Depoffedirtengelver, sechsmal so lange wie über die An­­leihe rebattirt werden, und dag Bismare fi­ darü­ber mit seiner eigenen Partei überwerfen, mit einem Koalitionsministerium. Droz­den, daß der König alle Mittel ver Ueberredung und­ bey Tapels für den Gefegentwurf einjegen, und bag enblidg der Bundeskanzler fich, erbittert Über die Halbe Niederlage, der Erlenigung­ des Ans­errenhaufe auf Wochen von den Geschäften zurb­e­­ziehen würde. If­ ja Der gesunde Menschenverstand sagt, dag in tem Sefeg- FF ent­wurfe über­­ den­ Provinzialfonds, mehr­­ stehen müsse, als­ der Autor Hineingeschrieben. Die Decentralisation an "sich kann­eg nicht sein, die als Sauerteig auf die Verhandlungen wirkte. Sie­­­gen fortpflanzen. Was ihm Unruhe mache, sei einzig der Noth­­stand. Der Bundeskanzler ist nicht besonders weichherzig. Ex hat noch jeden­­ Versuch der Staatshilfe für die Hungernden Ost­­preußen gehindert. Er fühlt nicht für das Elend der Pro­­vinz. Er fürchtet nur mit vollem Medjte, daß die nicht nur im DOsten des­­ Staates, sondern im­­ ganzen Lande wachende Noth, die in den großen Städten schon entfeßliche Dimensionen ange­­­nommen hat, die Steuerkraft des preußischen Volkes unterwiclen werde, so dag eines schönen Tages der Hauptpfeiler und mit ihm der ganze Bau der großpreußischen Herrlichkeit zusam­­­­menstürzt. Die preußische Geschichte, und namentlich die Geschichte der preußischen Finanzen ist nur d­em begreiflich, der von den­ Mitken und Entbehrungen­ des preußischen Bolfes eine Ahnung hat... Der Boden Preußens ist, mit Ausnahme weniger Striche, unfruchtbar, der Aderbau vielen Zufälligkeiten ausgefeßt. Die geographische­­ Lage des Landes ist für die Entwicklung des Handels seine gün­­stige, die Flüsse durchschneiden den Staat nicht in seiner Längen­­richtung, erfordern unablässig enorme Summen für­ Korrektionen­­ und stellen body­ der Schifffahrt so große Hindernisse entgegen, Tag von Oppeln nach Stettin gehende Kähne oft mehr Zeit brau­­chen, als von Japan nach der­ Ostsee fahrende Schiffe. Keine Weltstrage durchschneidet das Land, feinen Hafer, der sich mit den englischen meisen fünite, weisen die flachen Küsten auf. Nur an wenigen Stellen birgt­ die Erbe des Bergwerks Lohnende Schäfe. Im normalen Verlaufe der Dinge hätte der Staat Preußen einer der ärmsten sein müssen. Er ist einer der reichten geworben durch fieberhaften Ehrgeiz , unablässige Ueberanstrengung und uns tägliche Entbehrungen des Boltes.­­ Aber der Staat gleicht einem auf zu geringem Betriebskapital basirten Geschäfte. Er bricht zus­­ammen , sobald die Thätigkeit­ der Geschäftsführer erlahmt, und er kann nicht, wie seit Ungarn , durch eine weiche Ernte aus der Noth gerissen werden. Nun zeigt der­ Nothstand klar, und in allen Regionen des Bolfes macht sich mehr und mehr die Ueber­­zeugung geltend , daßs der Staat seine Kräfte überfragt hat, daß er entweder seinen Ehrgeiz zügeln , oder neue Hilfsquellen schaf­­­­fen muß. . . Den ersten Ausweg verwirft natürlich Bismarck.Die Hilfsquellen will er auf Umwegen gewinnen,indem er einen Theil der dem Staate zukommenden Lasten den Provinzen auf­­­bürdet.Schon im Beginne des­ Jahres 1865 machte er einen Decentralisatwnsversuch.Er ließ im Herrenhause eine neue Wese­n­ordnung einbringen,die daraufhin auslief,den Provin­zen,­Kreisen und Gemeinden die Kosten des Verkehrswesens aufzubürden,aber dem Staate die Direktion des Verkehrswesens in­ noch höherem­ Maße als bisher,einzuräumen.Der Entwurf wurde im Ab­­geordnetenhause als nicht der Berathung werth erklärt..Seine­ Annahme hätte dahin geführt,den Staat zum Herrn deö­­ Pro­­­vinzial-,Kreis-und Gemeindevermögens zu machen­·­Der­ jetzige Gesetzentwurf über den Provinzialfonds für Hannover ist«­die Wiederholung des Versuches,nur daß die Pille durch»eine G­eld­. 8 - Wet, 13. Feber. ! F une une ' ER ! ; Musikalische Plauderek Französische Musikkritik.——Explodirende Re­­klame.—Beethoven’s neue Briefe von Nth (Original-Feuilleton.) e.Ueber das musikalische Gebahren unserer Zeit spricht F.v.Lagenevais in der»Nevue des deux mondes«Worte, welche auch für unsere Zustände nicht unanwendbar sind.»Kön­­nen Sie sich die Verlegenheit eines Menschen verstellen,der sich vorgenommen hat,ein regelrechtes Bild der musikalischen Bewe­­gung unserer Zeit zu entwerfen?«—so fragt der französisch­e Kritiker...ich nehme an,es sei ein aufgeklärter,freidenkender, für jede Diskussion empfänglicher Mensch,welcher die herrliche Musik der Vergangenheit achtet,die Musik der Gegenwart gerne genießen will und auch für die Musik der Zukunft mit Verständ­­niß begabt ist.Was wird er in dem Medium,worin die Kunst sich jetzt bewegt,wahrnehmen?Ungeheures Wissen,Ke­ntniß der Handgriffez alle Geheimnisse des Metiers enthüllt und mit Ge­­wandtheit,ja von frühester Jugendalt mit Keckheit praktizirt, zarte Ueberfeinerungen,unglaubliche manuelle Fertigkeit im Aus­­arbeiten eingelernteror­ten,kurz Anlagen und Talente in Menge, aber kein Gextie.Wir befindenxins inmitten einer Periode der Kritik,und solche Perioden sind gerade nicht übel,um Schönhei­­ten jeglichen Genres zu genießen.Es sind da keine vorgefaßten Parteistandpunkte,keine Exklusivität,wie in den Epochen­ großer Produktion und großchender­zeit;es gibt dabeixie absolut ab­­sprech­endekt,mürrisch­ zurückweisenden,in letzter Instanz-skizz­­t·hedra aburtheilende11,keinedeut Gott Vater der italic 1­i­­sch­e11Gemälde,der die Wage hält und unveränderlich die Schafe zur"Rechten,die Böcke zur Linken einpferch­t,gleichen den Richter, aber es gibt eine besser unterrichtete öffentliche Meinung,welche es«liebt,sich von dem,was sie bewundert,Rechenschaft abzulegen, welche gar keinen Gott Verleugnet,ja selbst Götzenbilder zuläßt und denselben,solange sie nicht gar zu hohl klin­gen,gute Reve­­ntien zugesteht.Jenen Bach,der1 die Männer von 1718«für zu tief, jenen Beethoven, den feine Zeitgenossen für zu hoch erklärten, wir haben sie in Gebet genommen, sie ermeffeit, erfaßt , die Tiefe des einen fohredt und ebensowenig als die Höhe des anderen. Und nicht etwa ein einzelnes Prälubio des alten Dad) ist es, was und entzüdt, — seine fünstlichen Werke reizen und interessiren uns, und vollends Beethoven! Der verfegt uns ganz in Leidenschaft; man hört mie genug von ihm, fein weit ohne ihn. „Opfert dem Adjeb­us", sagte ehemals das Orakel zu Dodona als Schlußfag zu jeder seiner Antworten. Lob­­preiset Beethoven, wird heute die öffentliche Meinung nicht müde zu wiederholen. — Ich unterhielt mir neulich damit, die allgemeine Leipziger Musikzeitung vom Jahre 1799 durchzu­­sehen. Der Eindruck, den diese Art Lektüre aus feiner Zeit auf den Geist macht, ist ein äußerst fomischer. Es ist in dem Blatte von einem gewissen Herrn: v. Beethoven. die Mede, welcher ‚gewiß sehr empfehleng werthe Kenntnisse von Harmonielehre besigt und es mit Fleiß und Ausdauer vielleicht zu etwas bringen wird. Bud: geope, Zrio. in C-dur wird nur eines halben Komplimentes gewirdigt, vie­ Sonate für Klavier und Violine in H wird als nicht beachtenswerth hingestellt. Und doch waren die Leute, welche dies schrieben, weder Dummtöpfe noch schlecjt; man merkt ihnen sogar unaufhörlich an, daß sie im Sinne einer gewissenhaften und in ihrer Beschränktheit ehrlichen Kriti vorgehen. Die guten Leute hatten von Titan zw sehr in ihrer Nähe; sie Hatten, die Ohren vor Duffel, Steibelt ; fie rgerten fi, bag der Kölner Demnicht.in ihrer­ Spielwaarenschachtel Platz fand,wenn man man’s besser gemacht:Die Lokomotive hätte von Beit zu Zeit predigt, muß man eben dem’ Dogma gemäß predigen, sonst Läuft, man Gefahr gesteinigt zu werden.‘ "Heute haben die Glaubens­­fage größere Proportionen angenommen ; man fennt das Warum und das Wie. Nationale Gehäffigkeiten, politischer Antagonis­­mus, Handwerksrivalität, niedriger Neid, alle diese schlechten. Ge­fühle berühren uns nicht mehr; causas procul habeo. — 3ft nun aber dieser vernunftgemäß urtheilende Eifer, diese intelligente und aufrichtige Hingebung nicht ein ehrenhaftes Zeugniß zu Guns­­ten unserer Zeit Die Werke des Genies sind wie die Früchte des Herbstes, sie reifen­­ erst zu Gunsten der spätern Jahreszeit. Auf die Aera der Thätigkeit und Produktion muß naturgemäß die Kritische, Ästhetische oder, wenn man sie so nennen will, philoz fophische Wert folgen. Unsere Musiker erfinden nichts , wohl möglich ! aber wer wü­rde nicht jene ihnen innewohnende Aptitüde aus allen Lehren der Vergangenheit Nuten zu ziehen, zu Fombinis vr, formen in Atome zu pulverisiren, und neues Leben, selbst aus dem Nichts fremder Erzeugnisse zu schaffen, anerkennenswerth finden ? Was­ wußte Gretra von der Geschichte und Philo­­sophie seiner Kunst ? Für ihn war die Mufii seine Mufii ; er sah nichts Diesseits, nichts jenseits; selbst Mehul kannte er nicht, und wenn es ihm ja widerfuhr, einmal den Schluß des Irato anzuhören, geschah er, weil er zu früh zum Richard gekommen. *) Ein Theil werfen, was hier der französische Kritiker über das Urtheil der Zeitgenossen erwähnt, ist sein geringer Beweis für die Stichhaltigkeit der bei einer anderen Veranlassung von uns ausgesprochenen Behauptung, daß bei Beurtheilung des Musi­­talis-Schönen es nicht geniüge, lediglich die Gruppirung schöner Formen aus dem Tonmateriale und Auge zu fassen. Denn an tontrapuistischen Verständnisse hat es gewiß zu feiner, am we­­nigsten zu jener Zeit gefehlt; es waren jedoch Die von Tonschöpfun­­gen als Nachzügler folgenden oder ihnen­ quasi parallel laufenden Gefühle: und Geranten-Veränderungen noch nicht von genügend vielen Gebildeten erörtert, und daher die blos sinnlichen Eindrücke nicht geistig kommentirt; die unmetrische Schönheit war noch nicht ästhetinn­en Gemeingut. Darum fehlte­ das Verständniß für den Titan! Nicht als ob nationale Gehäffigkeiten und alle schlechten Gefühle heute aufgehört hätten, thätig zu sein, nicht als ob das Predigen, gemäß dem Dogma heute minder geübt würde! Es ist das Warum und das Wie bekannt worden. Mas macht nicht auch heute die Reklame für leidige Mandores, um mittelmäßige Waare aufzublähen! Und zwar auf allermeisten im Baterlande des Herrn Langenevais, in Frankreich. Dort wird die gefährlichste Sorte Reklame gehandhabt, die feine Reklame. Die für das Treiben der Maffen einer Großstadt berechnete augenfällige Ne­hme, wie sie Jean de Paris in der „Independance” durch eine hübssche Anekdote als englische oder amerikanische Eigenheit kenn­­zeichnet, ist nicht gefährlich. „Die Reklame”, sagt der angenehme Gaufeur, „ist die moderne Mustatung; man gibt ein wenig Daz von zu Allent. Wir sind darin jedoch nicht so stark als die Eng­­länder, bei welchen neulich ein Eisenbahnjournal, um si bein Publikum bekannt zu machen, einen großen, von 24 Pferden ge­­zogenen Wagen durch die Straßen fahren ließ, auf welchem eine Lotomotive in Naturgröße stand, die über und über mit der An fünßigung des gedachten Hournales beflebt war; — aber noch etwas stärker ist dann vag Mot eines Amerikaners, dem man die Geschichte erzählte. Baht — sagte ver — in Nempork hätte A Oyrato, Oper von Mehl — Richard Eoeur de Lion, erplodiren müssen!« Aber die feine französische Reklame, elche unmerzlich und ‚im geistreicher . Weise Deittelmäßigkeiten ausschmüdt und nigt nur Käufer anlodt, sondern auch das Urtheil jener: Leute verführt, die nicht gewöhnt sind, selbst zu urtheilen, stiftet mehr Unheil. Alerdings hat die Reklame­ auch etwas mügliches herbei­­geführt, nämlich, das­ Aufhören der Abhängigkeit von Brotestoren, welche zu jenen Zeiten, von denen Langenevais spricht, das Loos aller Musiker war. Wie nie verbin­dend das Bewußtsein der Ab­hängigkeit auf den Künstler­ wirft, davon gibt das von 2. Nohl unter dem­ Titel „Neue Briefe Beethovens. Neft einigen ungebruchten Gelegenheitskompositionen und Auszügen aus einem Tagebudy und seiner Peltüre" herausgegebene Buch) neuer­­dings zahlreiche Belege. In dieser Sammlung wird namentlich der Briefe an die Gräfin Erdödy, an Erzherzog Rudolf, an Frau Streicher, an Johann von Beethoven, an die Musikverleger Breitkopf und Härtel, und C. 3. Peters in Leipzig und Schott in Mainz Aufschlag darü­ber ertheilt, daß aus diesem Abhängig­keitsverhältnisse viele trübe Stunden des großen Mannes her­rührten. Nohl sagt darüber: „Da, sie gewähren einen Einblick in das wahrhaft trostlose äußere Dasein des großen Mannes, der jedes Wort des­­ Vorwurfs oder auch nur des Argwohns, ver­­tummen macht und einzig das tiefste Mitgefühl mit dem Schort der f eine Taubheit schwer genug getroffenen und in jeder Ber­ziehung „unbehülflichen Sohne Apollos" erwedt. — — Denn erwägt man, und­ es erhellt fast aus jedem Briefe, wie er die Stunden, die er bei Hofe zuzubringen hat, sich gleichsan vom Munde ab­ziehen muß, wie er dennoch nicht blos falls er thatsächlich abge­­halten, stets die Liebenswirkigsten und aufrichtig verehrungsvollen Billett an­ den Schüler schreibt, der ihn doch nach Beethovens eigenem, allerdings aus momentaner Noth übertriebenen Anspruch gegen­ Ries, „beinahe an den Bettelstab gebracht”, sondern wie er seinem „Dienstgeräft“ troß allem in der Regel mit Eifer, ob­­liegt und großmüthig genug dem Prinzen sogar Hummesfrüchte der Kunst in die Hand wachsen läßt, die er selbst im­ eigenen Garten doch nur mit allen Aupwände der Kraft und mit der Aufopferung des eigenen Glückes zu zeitigen vermag, dann­ muß man in der That­ staunen — — — | | | Da wir zufällig auf dies Buch zu sprechen gefommen, wollen ‘wir dem geneigten Leser als Auszug aus demselben einige interessantere Mittheilungen nicht vorenthalten. Am 14. Juli 1814 ladet Beethoven den Erzherzog zu der Benefizvorstellung des „Fipelio“ ein. Nach dieser Vorstellung begab ficy Beethoven sogleich nach Baden und zog nach so vielen Anstrengungen und Widerwärtigkeiten mit dürftigen Zügen die ballantische Nähe des so sehr geliebten­ Landlebens ein. „Mein unglückeliges Gehör plagt mich hier nicht,“ schreibt er damals, „ist es doch als wenn jeder Baum zu mir sprühte auf dem Lande, heilig! heilig. — Im Walde Entzüden, wer fann alles ausprlichen, füße, Stille des Waldes!" Wieder ist die morgenländische‘ Dichtung in Herbers „Zersteuten Blättern“ seine Lectüre, und er schreibt sich daraus auf ein großes Blatt die Gedichte: „Die laute Klage,” „Mor­­gengesang der Nachtigall,“ „Die Perle“, „Armuth des­ Gesanges“, „Macht des Gesangs“ aus, von denen das erste mit Bersmaß versehen ist, auch, komponirt warb und aus seinem Nachlaß bei Diabelli und Conp. erschienen ist : Die laute Klage. Zurteltaube, du Engert so laut und raubest demt Armen Seinen einzigen Trost, füßen vergessenden Schlaf. Zurteltaub’, ich jamm’re wie du, und berge den Sammer Ans verwundete Herz, in die verschlossene Brust: Ach die hart vertheilende Liebe­­.Sie gab dir, die laute , Sammerklage zum Trost, mir den verstummenden Gram. “ Am 20. August 1814 zeigte Artaria den (von 3. Morcheles) verfertigten Klavierauszug der Oper, „Fidelio“ als erscttenen "an. Er ist „Seiner, kaiserlichen Hoheit dem b durchlauchtigsten Erzherzog ‚Rudolph von Oesterreich i­. ehrfurchtsvoll gewidmet vom Ber­­faffer” und zwar mit folgendem­ Gedicht : « Dem Eingeweihten» «n Dem Heiligthum­ der Kunst f ließt sich der Künstler gern an « Und bringet ihm,was er voll Liebe­ schuf. Auf hoher Stufe steht der Kenner Geist; Doch zwennjtch solch sc hohe Geisteskraft Mit lieblich sanfter Blüthe Dann wird das inn’re MWesen selbst ‚Zur Schönen Harmonie, Die heimatlic Zivelios Flur begrüßt, Originel­ ist folgendes Faltum : Am 23. November 1814 war zu Ehren der Kongreßgäste im, der £.. .. Neu­schule ein glän­­zendes Carousfel , der hohen und höchsten und allerhöchsten Herr haften. Brief 107 lautet nun : « ,« J« schmerke es,Ew. «kai«s.Hoheit»wollen­ nie«nie Wirku­ngen, der Musik auch noch auf die Pferde versuchen lassen.Es sei,ich willsehen­,ob dadurch die Reitenden einige geschickte Purzelbäume machen können.·­—«Ei,ei,ich muß doch lachen,wie Ew.­k.ufu.l. Hoheit auch bei dieser Gelegenheit an mich denken.Dafür werde auch ich Zeitlebens sein « «Ihr bereitwilligster Diener. _ _ Ludivig van Beethoven. NB. Die verlangte PVserve-Mufit wird mit dem schnellsten Galopp bei Em. Yaif. poheit anfangen. c Auf die kürzeste Weise ergreifend wirkt auf den Leser die mit Tert aus Tienge'3 Urania versehene Aufgabe für Erzherzog Rudolph sowohl auch von Tert als auch die Unterschrift. Der erstere Tautet : O Hoffnung ! o Hoffnung! du stählst vie Herzen, on mil­­derst Die Schmerzen ' N F lop vi ·­" komponirt im Frühjahrhis von L.van Beethwen ..ind­olo­ribus... für Se.kais.Hoheit den Erzherzog Rudolph.»»« Es erschien im 7.Heft von­ Steiner’s«Musik-Museum 1819 »vierzigmal verändert und ihm zum Verfasser gewitmtet von seinem Schiffer R­·E.H·'«­­ Bezüglich­ dieser 40 Variationen schreibt Hofrath Peters am Beethoven :: „Ich verstehe es nicht, aber „es scheint­ mir, statt in Ihrer Korrektur gewesen zu sein“ — „Auch, die­ Kritiker wollen das behaupten.“ Andererseits schreibt Beethoven selbst am: Nägelt, vom Erzherzog­­,Musil weufleht: er, und er »Tebt und webt darin.“ Ebenso rührend­ heißt es. von Sonate: op. 106 ti. einem Schreiben am. Ries (19. April 1819) : „Diese Sonate ist­ in drangvollen Unständen­ geschrieben.( 86) ..­­Wenn man die ganze Sa­mmlung der­ früher von­ Nohl herausgegebenen Briefe und diese neuen Briefe im­ Zusammen­­hange überschaut, ergibt si, Daß Beethoven aus der Tiefen seiz­ner edlen Natur heraus über jede Umbill des Lebens, über Unart und Widerwärtigkeit seiner Umgebung’ Herr zu werden strebt, u fid­ zu ven höchsten Höhen der Kunst, zu ven evelften Zielen us­seres Geschlechtes aufzutschwingen, daß von­ ihm gilt, mas Goethe von Schiller sang: Und hinter, ihm int wesenlosen. Scheine.­­ .. Sag was uns alle bändigt, das: Gemeine­! Dese del­ Herzens kränzt,—­­· · 3 Oper von Gyétry.

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