Pester Lloyd - Abendblatt, November 1869 (Jahrgang 16, nr. 250-274)

1869-11-19 / nr. 265

ZW-'ss 1869.-—— Tit 905. BENDBLATT DES PEST ID (Die einzelne Nummter Toftet 4 tr. 5. WB.) j· I­I 0­el­or, Originaltepelchen des Pester Lloyd. Wien, 19. November. (Original-Tele­­gramm.) Der Ministerrath hat die Vertagung der Ini­­tiative für die Wahlreformfrage für so lange beschlossen, bis der Reichsrath diesbezüglich Stellung genommen. ‘Der Regie­­rungsentwurf für­ das Klostergefäß macht für die Zukunft die Grü­ndung von Klöstern von der Zustimmung der Dommi­­zilsgemeinde abhängig und gewährt eine Subvention aus dem Religionsfonde nur jenen Klöstern, welche sie mit dem Unter­­richt der Jugend befassen. Wien, 18. November. Original Telegramm.­ Feldzeugmeister Kuffevics ist hier aus Graz eingetroffen, dem Bernehmen nach in Folge erhaltener Einladung zu einer Ber­sprechung mit dem Kriegsminister. Wien, 19. Novembr. Original - Tele­gramm.) Der Abt Homoky,­ welcher eine Zeit lang Ihre Majestät die Königin in der ungarischen Sprache unterrichtete, it im Starhemberg’schen Freihaufe schwer erfranzt. Der „Wolfsfr." veröffentlicht eine interessante Ansprache des Bis­chofs von Raab an den Diözesanklerus gelegentlich der Pasto­­ralkonferenz. Lemberg, 18. November. Original-Telegramm.­ Die Warschauer Statthalterei läßt die vom unitrten Priester Rapafinski verfaßten illustrirten Gebete: „Unter Deinen Schuß begeben wir uns­, in welchen die Leiden der Unirten unter dem kathelischen Adel grell geschildert werden, unter den russisch-polnischen Unixten verbreiten. Auch hieher sind bereit Gremplare geleitet, um gegen den Katholischen Adel aufzuheben. Bukarest, 19. November. Der Konseilspräsident Co­­golniceanu schlug den ausländischen Agenten vor, zur Ordnung der Möbelstände in der Ostreisteuer, eine gemischte Kommis­­sion aus fremden Kaufleuten und rumänischen Sachverständi­­gen einzulegen. « Paris,18.November.(Original-Tele­­gram­m.)Die Börsengerüchte,daß Qu­ivier ein­e Minister­­stelle angenommen habe,werde 11 als influenzirt bezeichnet. Paris,19.November.»Public«meldet,daß Olli­­vier übernehmen wird.—·Das Journal»Soir«bringt die Meldun­g einer vollständigen Ministerkrisi in Florenz,18.November.(Original-Tele­­gramm.)In Hofkreisen verlautet auf’s Bestimmteste,daß der König vonthalten noch im Laufe des Winters Wien be­­suchen­ werde. " Madrid, 18. November. Man versichert, daß die, Kandidatur des Herzogs von Genua der italienischen Kammer wird unterbreitet werden müssen. Petersburg, 19. November. Ein kaiserliches Mani­­fest schreibt die Aushebung der Mefruten für das ganze Reich und Polen pro 1870 aus. Polen hat überdies die­ früheren Refrutenrücstände noch zu kompletiren. Wien, 19. November. (Vorbörse) N Kreditaftien 245.—, Na­­poleon d’or 9.93%/,, Nordbahn —.—, Ung. Kreditattien —.—, Staatzb 380,­­ Anglo:dungarian —.—,, Lombarden 245 50, _ Anglo-Austrian 248.—, 1860er 94.85, Franco —.—, 1864er 118.75, Tramway 156.—, Baltzier —.—, Baubant ——, Wiener Bant —.—, Theißbahn —, BER —, Barrubis ——, Bolísbant —.—, Stark fhrwang­end, «« ,Frankfurt,18.November.(Abend-Societät.)Kredit­­aktien2331s«,Staatsbahn362.—,Lombarden234.75,Galizier227ss«, Böhmische—,1864erLose­.—,Fet. Patis,18.November.(Schlußbörse.)30s»Rente71.75, 4«i,«s0 Rente101.—,Italienische Rente53.60,Staatsbahn773,Credit Mobilier215.—,Lombards495,Dest.per TagZ74,Dest­ aufzeit­­.—,Consols937X«,Ungar.Anleihe—.­—,Ameritaner94«X«Ungar. Ditbahn 288. Sehr fest. · Triest­ 18.November.(Getreidemarkt.)BosnierMais 116pfd.per Novem­ber 4.30,per Dezember­.Banater4.30 und ungar. Hafer 64—62pffv. 2.75. Spiritue 50 fr. bhöber. Ham­burg, 18. November. (Betreiderach­t.) Weizen preishaltend, Roggen Konsfumgeschäft. Weizen per Dezember-Fänner 108" , per April-Mai 10879, per November 110. Roggen per Dezember-Zänner 82", per April-­Mai 81", per November 78%­, Del­feler Still, Soco 25 °/,, per November 25 °, per Mai_ 241. Spi: zu Kan. loco 19%,, per November 19'/,, per Frühjahr 20, ajet 10 i Berlin, 18. November. (Getreidemarkt.) Weizen per No­vember 56*/,, per November: Dezember 56'/,, per April-Mai 59"/,, Roggen per November 46 °/,, per November-Dezember 45, per April - Mai 44 °/,. Hafer per November 25"/a, per November-Dezember 24 °/,, per April-Mai 25%/,. Gerste —. Del per November 12"/9., per April:Dai’ 12%, per Auli-August 12%2,. Spiritus ver November 14’/,,, per April:Dlai 14 °, per Zuli-August 1579. Kälter. Parts,18.November.iMedemarkt.)Mehlruf­ig,versio­­vember 64.85, per Dezember:Länner 55.—, 4 ersten Monate vom November 55.50. Spiritus per November 59.25, in den 4 lebten Monaten 58.— , in den ersten 4 Monaten 58.50. Rübel per laufenden Monat 94.—, in den ersten 4 Monaten 95.50, in den 4 Sommer-Monaten. 96.—, Weizen —, feinster —, Roggen — Gerste —, Hafer —, Paris,18.November.(Getreidemarkt.)Getreide Wochenrückgang 1 Frc.,Weizen29—30,feinste Qualität 33—38,Rog­­gen110 Kilos21,Gerste 100 Kilo187.—191-.,Hafer171-.—181-.. ·Amsterdam-18.November Roggen pr März 189.—,per ——, Rep:­per Herbst —. —, Del per. Mär —.—, pet erbit —.—. — Aus Wien erhalten wir nachfolgende Zuschrift: An eine Löbliche Redaktion des „Weiter Lloyd! Durch drei aus Wien an ihr geehrtes Blatt abgesandte Tele­­gramme veranlaßt, finde ich an mir zu erklären, daß ich die vor­ Kur­­zem erschienene Broschüre über die Militärgrenzfrage weder verfaßt, wo inspirirt, noch irgendwie.beeinflußt habe ; ebenso muß ich vie­l bei mir abgehaltene „Konferenz“ als eine Errichtung e­in. N "B­ien, den 18. November 1869. Mit aller Achtung Baron Metel v.Drzegovica, — , Bejti Napló" bringt in Bezug auf unseren Artikel über die Uneinigkeit in der Dealpartei eine Entgegnung, die in ganz allgemeinen Ausdrücken — nur, wie gewöhnlich, etwas weniger artig, — ungefähr dasselbe sagt, wie der bereits gestern von uns be­­sprochene Artikel des „Eiti lap"; die von uns erwähnten That­­jfahen werden im , Rapló" mit Stillsschweigen übergangen, offenbar weil man sie nicht leugnen kann, denn daß der Wille zur Ber­­aushung der Sache vorhanden wäre, dafür liefert eben der nichts­­sagende Artikel des , Napló" den besten Beweis. = Man erfuhr und um Aufnahme der folgenden Berichti­­gung : „Der „Weiter­elod“ hatte bezüglich des Jagdgefeges die Mittheilung gebracht, daß die 8. Seftien mit ihrem Separatvotum im Zentralausschhsse allein gestanden. Dies ist dahin zu berichtigen, daß die Referenten der 3. und 7. Sektion in Folge der von ihren Abtheilungen empfangenen Instruktion sich gleichfalls den von der 8. Sektion angenommenen Prinzipien anschlossen. Die 3. und 7. Sek­­tion nahmen nämlich ebenfalls die zwangsweise Verpachtung nicht an, und ‚wollten, daß den kleineren Grundbefibern , deren Befikungen aus­sammen hundert Joch ausmachen, auf dem Wege der Gruppirung die Jagd im eigenen Gebiete gestattet­­ werde und sie einen eigenen Jagdbezirk bilden können. Die 3., 7. und 8. Sek­ion blieben indes im. Zentralausschusse in der Minorität­ =. . A Wien, 18. November. Die Blätter leiten aus der Wahl­­reformfrage bereits eine Ministerkrisis ab. CS wird nit zu leugnen sein, daß eine solche Kritiz­ei aus ihr entwickeln kann, aber es wird fonstatirt werden müssen, daß nach Lage der Dinge eine Veranlassung dazu bis jegt nicht gegeben ist. Es ist ein öffentliches Geheimniß, daß das Ministerium, in der großen Frage, die sehr seit acht Tagen den Gegenstand täglicher Berathungen bildet, verschiedenen Anschauungen folgt. Dieselbe Disparität der Ansichten, welche sich in der Bresfe und in den Landtagen­ m­itgegeben, kennzeichnet auch die Debatten des Mi­­nisterrathbes. Aber wo steht blos das Prinzip zur Diskussion, von der Formulirung irgend­welcher Vorlage ist noch gar nicht die Rede und selbst bezüglich des Prinzips it noch keinerlei Beichluß gefaßt. Erst dann aber, wenn förmliche Beichlüffe vorliegen und wenn diesel­­ben mit der Sanftion der Krone bekleidet worden, erst dann Fünfte an die differiirenden Mitglieder der Regierung die Nöthigung herantreten, zu erwägen, inw­ieferne es mit ihrer Webterzeugung vereinbar, sich an der Vertretung und eventuell an der Dachführung vieler Beischlüsse zu betheiligen. Bezüglich des Zusammentreffens der beiden Souveräne von Des­­terreich und Italien, welches die Blätter neuestens von Brindisi nach Rofiore, der augenblldlichen Desidenz des genesenden Königs, verlegen zu müssen glauben , sind noch gar feine definitiven Dispositionen­ ge­­troffen , die übrigens selbstverständlich nur von Wien, sondern von Kairo aus zu erfolgen haben. Wenn aber einzelne Meldungen den Kaiser gleichzeitig einen Besuch in Rom abstatten lassen, wo die Köni­­gin von Neapel, die Schwester der Kaiserin, ihrer Entbindung entge­­gensiebt, so dürfen vieselben unbedingt in den Bereich nicht sehr glüc­­licher Erfindungen ver­wiesen werden. —ng. Wien, 18. November. Während­ einerseits in sämmtli­­chen Ministerien die größte Thätigkeit herrscht, um die Vorlagen und Gefegentwürfe auszuarbeiten, deren Einbringung für den Beginn der Reichsrathefession bestimmt ist, [hwirren andererseits die buntesten und verworrensten Gerüchte über Ministerdifferenzen u. s. w. in der Luft, die von einer vielge­häftigen Yama mit besonderem Wohlgefallen auf­­genommen und verbreitet werden. Die Kombination einer fö­deralistisch gesinnten Partei unter den Ministern dur das Trifolium Taaffe, Berger, Botoc­ki repräsentirt,­­ist aber schon zu veraltet, als daß sie noch im Ernste aufrecht erhalten werden könnte, sie tauchte bereits in diesem Frühjahre auf und wurde während des ganzen Som­­mers als fette Neuigkeitsente aufgetu­ht, wenn sensationssüchtigen Blättern jeder andere Braten ausgegangen war. Ob das Ministerium mit den Verfassungsreformen, welche es dem­­ Reichsrathe vorzulegen bes­chlossen bot, die Malfontenten und Mißvergnügten, deren es im Reich, eben mehr als genug gibt, zu befriedigen und die Integrität der Berfaffung zu wahren im Stande sein wird, ist freilich eine Stage die jebt zu beantworten, den Ereignissen vorgreifen ließe. Allein ge­­genüber den vielköpfigen Gerüchten über die Uneinigkeit des Mtinister­­iums dürfte die ganz entschiedene Erklärung am Plage sein­, daß bissegt sämmtiihe Beischlüsfe der Mitglie­­der im Nam­e der Krone einstimmig gefaßt wurden. 68 erkft­rt daher gegenwärtig weder eine partielle Ministerkrisis, noch eine solche, die sich auf das­ Gesammk­abinet erstrecken würde. —ng. Wien, 18. November. Das englische Unterhausmitglied Herr Richard, welcher bekanntlich weilte, um inauguriren, Antrag darunter vor meinen europäischen Entwaffung hat für seine Bemühungen einen einen mesbezüglichen Antrag in auch in Wien hier einer allge: persönlich zu dankbaren ‘Boden ge­funden. Denn beim Zusammentritte des NeichSrathes wird die­ Liste des Abgeordnetenhauses fast alle steierischen und oberösterr­­eichischen Abgeordneten mit Reh­bauer an der Spike, sofort einen der österreichischen Militärmacht einbringen. Wie verlautet, sol er auch im Herrenhause ein Mitglied unternehmen, der gerin­gen Diorgennummer des „Neuen ‚Sterbenblattes" Dr. Lagas meine Mittheilung über die ihm vom Sie­ Singer Hofe übertragene Mission in der M­eife zu vernentiren, daß er, den Inhalt der Meldung entstellend, dieselbe ihrem ganzen Umfange nach auf si bezieht. Am Beten wird dieses Dementi dadurch charak­­terisirt, daß das „N. Feobl.” erklärt, durch dessen Abbruch seineswegs für dasselbe Partei ergreifen zu wollenI Ich habe dieser Bemerkung nur wenige Worte hinzuzufügen.Die Hetzereien des Exkönigs von Hannover dauern noch ununterbrochen fort und nicht nur Heer v. Lagas hat in·dessen Diensten Süddeutschland bereist und hanno­­veranisch,,bearbeitet«,sondern auch der bekannte geheime Agent Heer v.Meding,­un­d auch nicht nur dieser,sondern ein ganzes Heer von geheimen Söldlingen welches sich in den süddeutschen Staaten eingenistet.Sollten es die Herren wünschen,so stehen ihnen die nähe­­ren Daten zu Gebote,wenn diese bis jetzt nicht in voller Ausdehn­ung veröffentlicht wurden-so findet dies seine einfache Erklärung in dem Grunde,daß man nicht gerne in ein Wespen fest sticht. Politische M­Utfch am­ 19.November.Aus Dalmatien sind keine neueren Nachrichten eingelangt.Das Hauptquartier befand sich vorgestern in Cerkvice.Sämmtliche Colonnen sind in einem mehr oder minder bedeutenden­ Gefechte mit deansurgenten verwickelt ge­­wesen.Das Resultat dieser Kämpfe scheint übrigens nicht so günstig zu­ sein,t­ie man es nach den rosenfarbenen Berichten des ersten Operation­stages zu erwarten berechtigt war,da sonst die Truppen­ Dragali schon längst besetzt haben müßten.Zur Transportirung der Blessirten werden nicht schwere Sanitätswagen,sondern sehr leicht ge­­baute,aus Federn ruhende,offene Blessirtenwagen angewendet.Im Gefechte bei Gorasda am 23 v.M.verloren die Insurgenten W Todte und 110 Verwundete.Dieses Gefecht gab die erste Gelegenheit zur wirksamenAU Wendun­g des Schnellfeuers,sowie zur Erprobung der Wänzl-Gewehre. Die Gkazek­,Typs.««bringt ü­ber die Verhaftung des Handels­­kapi­täns Marco Gyurkovics ganz merkwürdige Dinge.Aus Anreichen des FML Möring begleitete er den GM-Greifen Auersperg nach Dalmatien, um als Vermittler zu dienen. Während der Reise auf dem Dampfer hat er die­ ganze Geschichte über die­ Administration des Statthalters v. Wagner, des Bezirkshauptmanns Franz, des Hofrathes Lapenna, dem Grafen Auersperg erzählt. Er schiffte sie in Nisano aus, während der Dampfer die Reise nach Cat­­taro fortießte. Doch am nächsten Tage kam auch er nach Cattaro, und als er Abends sich im Gasthause ins Bett legte, wurde er aufgeweht und in der Nacht in’s Gefängnis abgeführt. Wie wir bereits melde­­ten, in Gyurfovics vor einigen Tagen in Freiheit gefest worden. Anders soll sich die Sache mit Zoo Zovanovics, Podesta in Rifano, verhalten, der bekanntlich ebenfalls verhaftet wurde. Nach der „Zopft.” sol er in Rifano Bauern, welche mit ihren Mauleseln der Regierung dienten, zugerufen haben: „auch ihr kommt, um unseren Brüdern zu Schaden ?” Er scheint, daß diese Worte auch dort gehört wurden, wo dies dem Lovanovics nicht genehm sein konnte, jedesfalls erfolgte dieser Ansprache wegen seine Arretirung. Man nahm auch eine Hauguntersuchung vor und fand bei ihm Waffen. Nur der be­­kannte kaiserliche Befehl aus Athen rettete ihn vom Kriegsgericht. Die „Bolitit” schreibt­ von schredlichen Dingen, die auf dem Kriegsshauplage geschehen sollen. Nicht­ nur ganze Dörfer und Kir­chen, sondern auch die Wein- und Obstpflanzungen sollen zerstört wor­­den sein, und das Land wurde auf­ ein halbes Jahrhundert zur Wülfte gemacht. Das Schönste ist aber, das : der Korrespondent von Neuße, tungen wife, die dahinlaufen, man würde, sobal man mit­ der Aus­­brennung der Rodhhe di Cattaro fertig sei, aus Bosnien ausbrennen. Das ist doch schon zu phantastisch ausgewacht! Den Berichterstatter sollte man einfach in’s Leopold­feld senden. Die vom „Journal des Débats" gebrachte „Staatsdeperche” hat viel Staub aufgewirbelt. Doch stellt es sich heraus, daß sie seine „Staatsdepetche”, fordern eine einfache Instruktion ist, die solche an die Gesandtschaften Lithographie­ versendet zu werden pflegen. Auch trägt diese Instruktion ein viel älteres Datum, al wie vom genann­­ten Blatte angegeben wird. Preußische Blätter machen sich noch immer ein Vergnügen dar­­aus, Alles für Preußen unangenehme Defterreich zur Last zu legen. Die „Shl. 3." rüht mit der, Erklärung heraus, daß das Gerücht der Entzweiung von Preußen und Rußland eine aus Wien und Hieking stammende Erfindung sei. Die Defterreicher und Welfen — fügt das genannte Blatt hinzu — haben aber mit ihren Erfindungen wirklich Unglück, denn die glänzende Aufnahme, welche der Kronprinz von Preußen in dem raffenfreundlichen, russisch gesinnten Athen fand, straft dieses Gerücht Lügen. Die „Sl. 3." vergißt übrigens, daß das Thema einer Dissonanz zwischen Berlin und Petersburg gerade von preußenfreundlichen Blättern aufgeworfen und mit Vorliebe behandelt worden. Die italienische Königsfamilie wurde in den letzten Tagen von großem Glücke begünstigt. Die schnelle Genesung des Königs, die Ge­burt eines Thronerben sind glückliche Ereignisse ; nicht unbedeutend ist an die Errettung des Herzogs von Nofta sammt Frau und Sohn. Ein Dampfkessel des Banzerriffes, das die prinzliche Familie nach Italien zurückbrachte, sprang, und eilf Leute wurden getö­tet, über dreißig zum Theil sciwer verwundet, die herzogliche Familie aber kam mit dem bloßen Schred davon. — Graf Trautmannsdorf wird am 28. in feierlicher Aupdienz seine­ Crevitive dem Papst überreichen. Der Bapst verbot das bekannte Werk über das Konzil des Bischofs Maret für den Umfang des Kirchenstaates, seines Hochamt gehalten, welches der hahmw. Exlauer Erzbischof Bela v.Bartafovicz unter zahlreicher geistlicher Afsistenz pontifizirte. Dem Gottesdienste wohnten bei: die Herren Minister und Würden­­träger des Bandes, zahlreiche Notabilitäten, die Präsidenten beider Häu­­ser des Reichstags und viele Mitglieder derselben, der Universitätd­­senst, höhere Staatsbeamte, Deputationen der Magistrate und Reprä­­sentanzen beider Städte, der landeskommandirende General mit der Generalität und dem Offizierskorps der Garnison, die Honved-Stabe­­und Oberoffiziere, verschiedene Korporationen und ein sehr zahlreicher Kreis von Andächtigen aus allen Ständen. Nach dem Gottesdienste be­­gaben sich die Deputationen der beiden Städte unter Führung der respek­­tiven­ Stadtrichter Bogifits und Mloafy zu dem Hrn. Minister Baron Edtvdd, als Stellvertreter des Ministerpräsidenten, wo sie Namens der Gesammtbevölkerung beider Kommunen die Loyalsten Glüdwünsche für Ihre Majestät die Königin, Se. Majestät den König und die erlauchten königlichen Kinder mit der Bitte ausprühten, daß der Herr Minister diese Gefühle der Unterthanentreue und die Segenswünsche der Bev­völkerung Ihrer Majestät der Königin zur Kenntniß bringen wolle, was der Herr Minister unverzüglich zu ihun versprach. Die meisten Dampfschiffe prangten in vollem Flaggenschmude und auf den Rath­­hausthürmen und mehreren Gebäuden waren Nationalfahnen aufgezogen. Abends finden anlässig des allerhöchsten Namensfestes in den Theatern Seftvorstellungen bei Beleuchtung des äußeren Schaupfabes statt. — Im städtischen Armenversorgungshaufe­n Elisabethinum”, welches unter dem P­rotektorate Ihrer Majestät der Königin steht, wurde um 9 Uhr im Beisein des Herrn Oberbürgermeisters Ga­mperl und der Kommis­­sion ein Gottesdienst in der Hauskapelle abgehalten und Mittags be­­dachte die Stadt ihre Pfründner mit Braten und Wein. Personalien.­ Der Herr Minister des Innern Paul v. Rainer hat sich heute Früh nach Gövölld begeben, um Ihrer Ma­jestät der Königin zahlreiche an ihn gelangte Glüdwünsche zum Na­­mengfette zu überbringen.“ (Die Petition in der Bankfrage), welche einige Freunde des Herrn Jósai an den Reichstag zu richten gedenken, beginnt mit dem Nachweise der Vortheile eines selbstständigen Bank­­wesens und ruht dann vorzuthun, daß die österreichische Nationalbank den diesfälligen Anforderungen nicht entspreche, auch wenn die Dota­­tion fixiert würde.­­ Mederdies — heißt es dann weiter — genügt es durchaus nicht, daß die Filialen von Veit, And, Temesvár, Debregzin, Kaskau u. s. w. genügend dotirt und vieleicht noch einige andere Filialen eröffnet würden. Ungarn muß, wenn der beginnenden Verkehrsthätigkeit ernit­­li unter die Arme gegriffen werden sol, allmälig mit einem voll­­ständigen Net von Banffilialen überzogen sein, damit dem Verkehr überall direkt zu Hilfe genommen werde, damit die Anmessungen und Zahlungen von Ort zu Ort vermittelt, damit namentlich die Geld- und Kredit-Beziehungen zwischen PVest und der Provinz ihre heutige lähmende Sch­werfälligkeit verlieren. In Preußen z. B. zählt man weit über hundert Filialen, Das K­leine Schottland (nut */; von Ungarns Bevölkerung !) besißt mehr als 600 Bannfilialen und danft ihnen zum großen Theil seine sprichwörtlic gewordene Blüthe und Splivität. Die Petition geht dann auf eine Besprechung der jüngsten Har­lamitäten über und fährt dann fort. An den beregten Mik: und Uebelständen kann nur doch Un­­garns finanzielle Emanzipation ein Ende gemacht werden. Der Ruf nach einem selbstständigen und vollständigen ungarischen Geld­ und Kreditwesen ist in Folge dessen seit einigen Wochen allseitig laut ge­ worden. Diesem Ruf wollen wir an Anspruch geben, und ihn un­­mittelbar an die Vertreter der Nation richten. Nachdem nun weiters angeführt wird, dab vom R­ech­t 3 Stand­­punkte aus gegen die Emanzipation Ungarns von der Nationalbank sein Hinderniß obwalte, schließt die Petition mit folgenden Säßen : € 3 wäre nahezu Anmaßung : von unserer Seite, hier auf die Einzelheiten der Ausführung eingehen und al nur Andeutungen darüber geben­­ wollen, wie die finanzielle Emanzipation Un­­garns ins Wert zu fegen und die Niedergangsschwierigkeiten zu beseitigen wären. Nur daran wollen wir erinnern, daß die Unzu­­kömmlichkeiten des gleichzeitigen Umlaufes, der entwertheten öster­­reichischen und der vollwerthigen (teils immer gegen Geld einzu­­lösenden) ungarischen Banknoten durchaus nicht so arg wären, als sie ver Routine feinen mögen. In Nordamerika zirkulirten bis zur 1864er Bankverfassung Hunderte von Banknoten unterschiedlichen Wer­­thes; das lombardisch venetianische Königreich hatte, troß des Zmangs­­wurfes der österreichischen Banknote, seine vollmerthige Gold- und Gil­­berzirkulation aufrechtzuhalten gewußt. Und wird nicht auch heute im gesammten Delterreich, auf den Bahnhöfen, auf den Zollämtern u. f. m. in zwei verschiedenen Gelpforten gerechnet und der­ Preis anders bes­­timmt, je nachdem in entwertheten Noten oder in vollwerthiger Me­­tallmünze gezahlt wird? Wir sind überdies der festen Ueberzeugung, ‚daß Ungarn auch vor einem freiwilligen Geldopfer, vor der Hebernahme gewisser temporärer Lasten nicht zurückschieden werde, wenn sie zum Gedeihen einer Finanzoperation erforderlich sind, durch die der baldige Einzug der Staatsnoten und dadurch die Regelung der Balutaverhält­­nisse in der Gesammtmonarchie zu erzielen wäre. Die Regierung, indem sie, durch den am 9. I. M. votirten Be­­schlußantrag, den Reichstag zur Ergreifung der Initiative auffordert, und der Reichtag, indem er zu diesem Briede eine eigene Kommission entsendet, haben, in U­ebereinstimmung mit der Öffentlichen Meinung des Landes, anerkannt, daß die gegenwärtige Lage unhaltbar, daß die Reform unseres Bank- und Kreditwesens verläßlich, unverschiebbar ist. Wir tön­en nach all dem Vorgebrachten eine befriedigende, den Interessen und der Würde des Landes entsprechende Lösung nur in der Gründung eines selbstständigen ungarischen Geld- und Bankunwesens feben und ersuchen ein geehrte Repräsentantenhaug, die ihm zugewie­­sene Frage möglichst rasch in solchem Sinne zu erledigen. 63 sind dies, wie man sieht dieselben Anschauungen, welche seit Wochen von den Oppositionsjournalen vertreten werden und deren Untichtigkeit wir fon so oft und so eingehend erörtert haben, daß Sn fuht Herr die von ihm­­ in Szene auf Abrüstung gejechte Kurzem Agitation der Balrsfammer zu stellen, om anaanen mann mann Engelneuigkeiten. B Das Namendfest Ihrer Majestät oder Köni­gin) wurde heute von den Schweizerstädten in feierlicher Weise be­­gangen. Um 10 Uhr wurde in der Dfner Festungspfarrfische ein fo­ Von Sünde zu Sünde. Roman von Mar von Schlägel. Erfer Thu: Su der Provinz (8. Fortseßung.) An einem seinen aber sehr freundlich ausgestatteten Zimmer, An einem Rolstuhle­­itend, empfing Frau Wallner, den Besuch der neuen Nachbarn. Frau Bernstein hatte sich ein altes graues Mütterchen vorge­­stellt und stand nun vor einer Frau, deren etwwa fünfundvierzigjähri­­ges And­ig­no die deutlichen Spuren einstiger großer Schönheit trug. Da, wenn die Spuren jahrelanger Krankheit ausgeglichen werden konn­ten dur ein wunderbar großes seelenvolles Auge, das eine ganze Les­bensgeschichte von hingebender Liebe und mildem Dulden verklärend darüber ausgoß, so war Frau Wallner no­chön. Dieser Blick ruhte einige Augenblick behwundernd auf Gesicht und Gestalt der Mufiteröfran. 63 wäre die bitterste S­ibitironie, wenn ich mich entschuldigen wollte, daß ich Sie nicht stehend empfange. Ic bin seit Jahresfrist lahm, wie Sie vielleicht schen willen. Doch jegen Sie si hieher, neben mich, Schöne Frau ! Sie gefallen mir so gut! Und Leiden und Kumz­mer haben mir wenigstens den frommen Glauben nicht rauben kön­­nen, doch Schön und Gut doc eigentlich dasselbe sei Frau Wallner hatte das mit sehr sanfter melodischer Stimme gesagt und mit einem Tone, worin sich die feinte Weltbildung mit der natürlichsten Herzensgüte ganz eigenthümlich verschmolz. Mit einer Wärme, welche Conrad überraschte, nahm Anna auf dem Stuhle neben der Kranken Plab und drücte die dargebotene abgezehrte Hand um ihre Lippen. Sonst war Frau Bernstein immer etwas fast in Gesellschaft geriesen und hatte si aller konventionellen Unterhaltung, selbst Huldigungen gegenüber stets sehr einsilbig ver­­halten. X überlaffe mich noch immer gern den ersten Einbrüchen, ob­­wohl sich das für mein Alter nicht mehr recht finden will, fuhr Frau Mallner fort. Aber um lange Bekanntschaften zu pflegen, bevor ich mir ein U­rtheil erlaube, dazu lebe ich nicht mehr lange genug. 34 greife daher schnell zu, wenn mir jemand nahe kommt, der mir ge­­fällt. Und um mich nicht gar zu sehr, bloßzustellen gegenüber dem, was die Leute gereifteres Denken nennen, habe ich mir herausgeflügelt, paßt bevorzugte Kreaturen mit dem Gefühle gewisser einiger Wahrhei­­ten auf die Welt kommen, und daß diese Wahrheiten dur das, was man auf unserer Heinen Welt Erfahrung nennt, höchstens verwirrt und verdunkelt werden können, einer Bestätigung dur das Zufällige aber gar nicht bedürfen. Dabei kopfte die Franke Dame sanft auf der Lehne ihres Sorgenstuhles ruhte, dachte­ bei sich, das sei eine ganz eigenthümliche Art Visitengesprä, wie­ er sie no& nicht erlebt. Anna’s Augen leuchteten. Sei es was er wolle, dem ich’ verdanke, ‚daß Sie mich gerne haben, Frau Wallner — ich nehme diese Freundschaft an und erwiddere sie von ganzem Herzen. Frau Wallner blicke freundlich lächelnd in das­ freudig erregte Gesicht der jungen Frau und sagte seherzend : Gut, daß uns Niemand von den Verständigen und Nüchternen hört! Ob sie mir auf­ meinen furzen gewiß, stotterte er, das Lebensrest ein wenig Ueberspanntheit mitgeben, daran läge mir unwenig; ich wirkliche noc "gebe meine franse Seele doch nicht für tausende von diesen gefunden und norma­­len. 62 lebt sich rasch, aber es lebt sich doppelt so. ‚Aber Sie sind eine junge Frau, die so lange zu leben und glücklich zu sein und zu machen hat, Sie dürfen sich nit für eine Schwärmerin erklären lassen. Das Schwärmen ist bei und erst nach der dritten Tasje Thee und dann nur bis zur Hausthüre erlaubt. Die Morgensonne darf die romantis­­chen Spufgestalten nicht mehr treffen. Nicht so, Herr Nachbar? wendete sr die lebhafte Frau gegen Herrn Conrad Bernstein. Gewiß, andere Ansprüche. Leben macht eben Das wirkliche Leben b­ief Anna.Dieses Gegenüberstellen von Ideal und Wirklichkeit verletzt mich stets auf das Tiefste.Ich kenne keinneal,das ausserhalb des Lebens steht,ich kenne keine Wirklichkeit, die das Ideal ausschließt und werth wäre,daß man sie ertrüge.Das Ideal ist mir nichts vom Leben Getrenntes,in der Luft Schwebendes, sondern die höchste Potenz des Lebens,seine Summ­­e. Nicht blos Conrad,auch Frau Wallner schaute überrascht an die zwanzigjährige Frau,welche sokeck ererbten Schulbegriffen ent­­gegentrat.So sehr sie seinen bisherigen Ansichten widersprach,war doch Conrad außer sich vor Staunen,daß er eine so geistreichequ habe;daß sie gescheit sei,wußte er längst—aber um derartige Aus­­brüche geistiger Energie zu veranlassen,hatte er bis jetzt noch nie den Schlüssel gefunden.So hatte sie noch nie mit ihm gesprochen. Frau Wallner schaute mit ihren eigenthümlichen Augen von einem­ der Gatten zumandeln.Mitleidig blieben ihre Blicke zuletzt auf der langen Frau haften.Sie hatte den schrillen Schmerzensschrei eines Herzens verstanden,das nicht glauben wollte,daß dasteal außerhalb­ des Lebens stehe und sich mit seinen wildesten Zuckungen gegen dasjenige wehrte, was man ihm als Wirklichkeit aufdrängte. Frau Wallner sagte : Derzeihen Sie einer alten Srau, die meistens allein ist und Zeit zum Grübeln hat, Sie auf vieles sonderbare Thema gebracht zu haben, Wäre mein Sohn da gewesen, so hätte ich mich nit so weit verirrt. E3 it auch ein sonderbares BVerhältniß, nicht wahr, wenn ein Sohn der Mutter gegenüber die Nüchternheit und Vernunft vers­treten muß ! Warum? meinte Anna, Bildung und Anlage , stellt ja den Mann gewöhnlich ho über unser Geschlecht und die Achtung vor der Mutter wurzelt ja doch auf einem tieferen Boden, als alle Errungens­chaften des Geistes. Conrad Bernstein sah zu Boden. Zu diesen Männern gehörte er nicht. Frau Wallner warf mieber einen raschen Blick auf die beiden Gatten und sagte: Leopold wird sehr bedauern, daß er nicht Gelegenheit hatte, Sie zu begrüßen, wird aber nicht unterlassen, in meinem Namen von Be­­ru‘ baldigst zu ermitteln. D Frau Wallner! mit diesen Worten ergriff Anna Bernstein die beiden Hände der Kranken. Spiehen Sie wie vorhin! Keine Rez­densarten! Ich weiß ja, daß Ihr Sohn seit dem Tode seiner Gattin die Menschen meidet. CS muß recht hart sein, immer unter Leuten zu sein, wenn man f9 gern allein wäre. Er braucht unseren Besuch nicht zu erwidern. Aber ich werde nach Ihnen sehen und mit Ihnen plau­­dern, so oft Sie es erlauben, Ist aber wollen wir gehen, denn Sie sehen­ wirklich angegriffen aus. »Die schönen Augen der Kranken schauten freundlicher als je, Sie drüdte die beiden Hände der jungen Frau an die Brust. Nein, nein! Ich will seine Redensarten gebrauchen !'' Dann, tausend Dank für die herrlichen Augenblide, die Sie mich wieder leben ließen. Wenn Sie einen Augenblick freihaben, dann schlüpfen Sie zu mir herüber — Sie sehen ja, wenn auch frank, bin ich doc­­h eine so grießgrämige Alte und Fann noch mit der Jugend fühlen und denen. Anna füßte der Frau Wallner die Hand, Conrad folgte ihrem Beispiel. Empfehlen Sie mid­ Herrn Leopold Wallner ! sagte er. Richtig, Sie rennen sich ja, rief Frau Wallner und hielt die Hand des Musikers fest. Sie sind ja der Direktor der Concordia. AS ih fragte, was für Leute da drüben einzögen, nannte er ihren Namen und sagte, Sie seien sehr gut mitsammen ausgenommen in der Gesell­­schaft. Er wird sich jedenfalls sehr freuen, wenn er hört, daß Sie da gemefen­ sind, der arme Leopold ! Leben Sie wohl, Herr Direktor. Auf Wiedersehen, meine theure.. . . Wie heißen Sie? Anna, Auf Wiedersehen, mein Nennen ! Die Gatten stiegen zu dem Chemisettenzeichner empor. est begreife ich, warum diese Leute Niemanden empfangen ; und von den M Wenigen, mit denen sie verfehren, für Sonderlinge er­­tärt werden, sagte Frau Bernstein. Und mit Net, denn die Richtung, welche unsere Unterhaltung gleich anfangs nahm, war doch sehr ungewöhnlic, und wenige Leute wären so empfänglichh dafür getreten, wie Du. Frau Wallner hatte also allen Grund sich abzuschließen. Sie würde unter den hiesigen Leuten sehr wenig in Beziehung kommen, ähnlich zu sprechen. Sie hat offenbar nicht mehr lange zu leben, und wenn sie sich nicht mehr mit leeren ‚Formen und gefälligen Rügen quälen will, so finde ich das sehr vernünftig. Ich weiß, wir sind hier verschiedener Ansicht, fuhr Anna Bernstein fort, als ihr Mann den Kopf schüttelte. Du hälst das­ Aufgehen in den Ge­wohn­­heiten Anderer, das Unterordnen subjektiver Eigenthümlichkeiten unter die herrschende Stimmung für eine gesellschaftliche Pflicht, und da Dir dies Opfer nicht die geringste Mühe hostet, so hast Du vielleicht Recht,­­ zu bringen. Und Du, Anna? fragte Here Bernstein, ‚denn er konnte ihm nicht entgehen, daß seine Frau damit auch leise vie­lluft berührte, die seit lange zwischen ihnen lag. Was bei Dir Gewohnheit ist, ist bei mir Pflicht! sagte Frau Bernstein und gab sich Mühe, freundlich zu­­ Lächeln. Ich werde Dess nen Anschauungen in Zukunft nicht mehr so sehr oft entgegentreten. Du mußt mir verzeihen, ich bin eben noch sehr jung und unsere Er­­ziehung war doc eine ganz verschie­dene. 63 ist auch gut, wenn ich mich daran gewöhne, Nachsichten zu nehmen für die Vorurtheile der Leute, denn Frau Wallher hat Recht, ic habe wahrscheinlich noch etwas länger zu leben, als sie. Herr Bernstein blieb stehen und nahm seine Frau bei der Hand. Anna! Lieber Deinen Trot, als diese Designation Ein halb Dusend dürftig gekleideter aber frisch und munter aus­­sehender Kinder von 7—14 Jahren stürzten schreiend und ladend die Treppe herunter und blieben überrascht vor Frau Bernstein stehen. Dann machten sie Kehrt und polterten mit dem Ruf: Mutter, Mutter, eine wunderschöne Dame! wieder in ihre Wohnung zurück, welche auf e­ine Hand Anna’s, Conrad . . . .­­ iss

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