Pester Lloyd - Abendblatt, April 1872 (Jahrgang 19, nr. 75-99)

1872-04-08 / nr. 80

iy ABENDBLATT DES PESTER LLOYD. (Die einzelne Nummer kostet 4 kr. ö. W.) Montag, 8. April. Fünfzehner Ausschuß in seiner Samstagsfigung blos die 88, 75 und 76 der provisorischen Kriminal­­prozeßordnung, losen Eisenbahnen u. unwesentlichen stlistischen Modifikationen angenommen wurde. . = Der Finanzausschuß berieb­ Samstags den Geseßent­­wurf über die garantielose Bahn von Oedenburg nach Preßburg und Lundenburg und nahm denselben mit unbedeutenden Aenderungen an. = Wie die „Reform“ erfährt, wurden zwei Referenten der orientalischen Angelegenheiten aus dem Ministerium des Reußern nach Rest berufen und trafen auch schon Samstags Sie­­ wurden sofort vom Minister des Reußern empfangen. = Die äußerste Linke ist nach der „Reform“ entschlossen, m­ier keiner Bedingung einzuwilligen, daß die Reformgesetentwürfe in den Sinkungen der lebten paar Tage en bloc angenommen Demzufolge haben wir wenig Hoffnung, daß die hauptstäntlsche Or­­ganisation und die Angelegenheit der Kontraktualisten, der f. w. noch zu geseßlicher Erledigung gelangen, ma. Nachdem die" Ernennung des Herrn Franz Lamber­­then­gi zum Vizekonsul des Königreiches Italien für die königl. Freistadt Temesvár bei der österreichisch-ungarischen Regierung angemeldet wurde und dagegen kein Anstand obwaltete, so hat der Mi­­nister des Innern die Jurisdiktionen aufgefordert, den Requisitionen des genannten Vizekonsuln zu willfahren. ma. Im Laufe des ersten Quartals wurden bei der Pester königlichen Tafel 78 Advokaturskandidaten aus dem gemeinrechtl­icchen und 99 aus dem wecselrechtlichen Fache geprüft und mit Di­­plomen versehen. ma. Ueber Antrag des Herrn Justizministers wurde das Amtspersonale der neben dem Pester k. Gerichte aufgestellten k. An­­waltschaft um zwei Substitutenstellen, so auch das Personal der Be­­zirksgerichte zu Sátorallya-Ujhely, Tokaj und Detörmező um je eine Viz-bezirks-Richterstelle vermehrt , die auf diese und noch andere rich­­terliche Stellen Bezug habende a.­h. Entschließung vom 4. April wird demnächst im Amtsblatte publizirt. = Banallocumtenent Vakanovic8 hat an alle Ober­­gespane, Stadtmagistrate und Handelskammern in Kroatien und Slawonien ein Rundschreiben bezüglich der vom Ministerium einge­­lösten Kommission zur Untersuchung der Kommunikations­­­verhältnisse in Kroatien erlassen, dem wir folgende wich­­tigere Stellen entnehmen : „Aufgabe dieser Kommission wird es sein, im Interesse wich­­tigerer Kommunikationsangelegenheiten im Königreiche Kroatien-Sla­­vonien die nationalökonomisc­hen, gewerblichen, merkantilen und topo­­graphischen Verhältnisse der betreffenden Gebietstheile zu studiren und auf Grund­ von persönlichen Erfahrungen, wie auch unmittelbaren Besprechungen mit den betreffenden Interessenten behufs Förderung und Sicherung der Kommunikation3-Interessen die erforderlichen An­­träge zu stellen.­­ DEE 2­7 : Der k. ung. Kommunikation3-Minister wünscht, daß die ge­­nannte, auszusendende Kommission in den weiter unten bezeichneten, Landes-Kommunikation3-Angelegenheiten die nöthigen Daten sammelt und besonders, daß sie untersucht , ob es im wirthschaftlichen Interesse eines Landestheiles Liege, daß der Kulpafluß regulirt wird, ob und in­wiefern in Hinsicht auf die Verhältnisse der dortigen Gegend sich die roßen mit einer solchen Regulirung verbundenen Kosten rechtfertigen leßen, und endlich welce Maßregeln betreff Regulirung des Kulpa­­flusses und der Beseitigung der Seilfahrtshindernisse auf diesem Flusse vorzunehmen wären, ei­n . Ferner wird es Aufgabe dieser Kommission sein, zu prüfen, wie die in Kroatien und Slavonien auszuführenden Eisenbahnbauten unter Beibehaltung der bisher bestimmten Richtung und festgestellten Hauptpunkte auf die geeignetste Weise durchzuführen wären und zwar die Tien, Cs8akathurn--Warasdin, Ivance mit der Verlängerung nach Zapresics, Sifiet - Karlstadt, Sissezk--Ogulin, und endlich Osseg-­­Gradiska. Desgleichen wird diese Kommission zu untersuchen haben,­­wie“beim Baue der betreffenden Eise­nbahnlinien den merkantilen, gewerblichen und nat­onal­ ökonomischen Interessen der betreffenden Gebiete am besten Genüge geleistet werden könnte und in welchen Orten und in welcher Anzahl in Hinsicht auf dies Interesse Eisen­­bahnstationen zu errichten wären.­­ 2 les Ferner wird die Kommission die Frage über den Sisseker Bahnhof in Hinsicht auf die dortigen Interessen und den dort beste­­henden Bahnhof der k. und k. priv. Südbahn-Gesellschaft zu studi­­ren und auf birselbe Weise auch im Interesse des Aerars als Eigen­­thümers der Zäkäny-Agramer Bahn zu prüfen haben, wie das Ein­­kommen dieser Bahn in Anbetracht der ökonomischen Verhältnisse der betreffenden Gegenden vermehrt werden könnte. BER­NS Außer diesen Gegenständen von größerer Wichtigkeit wird die Aufgabe der Kommission noch sein, an Ort und Stelle die nöthigen Untersuchungen vorzunehmen und betreff folgender Gegenstände, in Wahrheit von geringer Wichtigkeit, aber im Sinne­­ des Ausgleichs- Geseßes in den Wirkungskreis der gemeinsamen Zentral-Regierung gehörend, Bericht zu erstatten, nämlich : betreff mehrerer streitigen Fragen, welche bei der Regulirung der Drau entstanden, „ferner be­­reit der Essegger Draubrüde, der Dampfüberfuhr bei Dalja und der Befestigung des dortigen Drau-Ufers.­­­­ . Der k. ung. Minister für öffentliche Arbeiten und Kommuni­­kation hat mit Bestimmung des kr. sl.-dalm. Ministers die Führung dieser Kommission dem H. Emerich v. Bogovics, Ministerialrath bei dem kr.-sl.­dal. Ministerium anvertraut und zu Mitgliedern derselben die Herren Heinrich Wallandt, Sektionsrath beim Ministerium für öffentliche Arbeiten und Kommunikationen und als dessen Stellver­­treter Koloman Kleh, Ministerial-Ingenieur, von Seite der k. ung. Eisenbahnbau-Direktion über E. Prokopovich, Oberingenieur, ernannt. tragungen drei Stimmen aus einer fabrizirt, muß das als selbstver­­ständlich gelten. Die eigentlich politisch-ethische Bedeutung­­ des ganzen Wahlkampfes hat aber die „Politik“ entde>t. „Liegt unser Recht nicht, so werden Zeiten kommen, in denen Böhmen das für die slavische Welt werden müßte, was Schleswig-Holstein für die germanische war, d. h. die glimmende Lunte an der Pulvertonne des Racenkam­­pfes.“ Das ist offenbar fürchterlicher, als er verständlich ist, welche nach verhandelte längerer Debatte mit vollzogen werden, denn es muß allmälig zum schlechten journalisti­­schen Ton gerechnet werden, noch länger ein so­ durchgesprochenes Thema zu berühren. Allein da die Wiener Blätter täglich förmliche Bulletins über das Stimmenverhältniß im fideifommissarischen und nicht fideifommissarischen Großgrundbefige ausgeben und die einzel­­nen Schwingungen des Pendels nach der einen wie der andern Richtung auf das sorgfältigste verzeichnen, ist es vielleicht nicht über­­flüssig, wenigstens das Eine hervorzuheben, daß die betreffenden Noti­­zen mehr oder weniger sämmtlich eine Zunahme der Chancen der Verfassungspartei konstatiren. Auch in den ministeriellen Kreisen scheint man sich daher einer zuversichtlichen Stimmung hinzugeben und insbesondere soll ein jüngeres Mitglied des Ministeriums von einer während der Osterferien unternommenen Orientirungsreife nach Böhmen sehr befriedigt zuzügekehrt sein. Eine glücklicherweise nicht mehr allzu lang bemessene Frist wird herausstellen, in wie­ferne diese Auffassung berechtigt ist. Aber allerdings läßt sich nicht in Abrede stellen, daß die czechische Presse ihren hohen Ton etwas herabzustim­­men und Heinlauter zu werden beginnt. Nicht ganz mit Unrecht ist übrigens darauf hingewiesen worden, daß dies Resultat zu erwarten war, sobald einmal: das Wahlergebniß von gewissen materiellen Vor­­auslegungen, von dem System der Güterverkäufe, Gütervertheilungen u. dgl. abhängig gemacht wurde. Ueber so großen Besiß der hohe Adel der staatsrechtlichen Opposition gebietet, so ist dem auf mate­­riellem Gebiete das Deutschthum im Ganzen, dem Credienthum über­­legen und wäre es noch vielmehr, wenn nicht manche der deutschen Grafen nicht die Marotte hätten, ihr Adelsprädikat in das czechische „hrabe“ umzuwandeln,­­ die bequeme Form modernen aristokrati­­schen Nationalitätenwechsels. Aber fast komisch muthen die gegenseiti­­gen Rekriminationen bei diesen Bestrebungen an. Auch die Verfas­­sungspartei ist davon so wenig freizusprechen, als ihre Gegner. Wenn etwa Graf Karl Schönborn oder Fürst Schwarzenberg seine Güter theilt, um einige Stimmen zu gewinnen, so ist das natürlich äußerst strafbar, wenn aber der Fabrikant Ringhoffer durc ähnliche Ueber­­hier ein­ werden, Garantie zur Wahlbewegung. Der Ausschuß der Theresienstädter Denkpartei hielt gestern Vormittags 10 Uhr im Saale der Schießstätte eine Be­­rathung, welche sich eines besonderen Zuspruchs erfreute. Nächst dem Präses, Herrn Beliczay, waren sämmtliche Funktionäre des Ausschusses auf ihrem Platz. Nach einer kurzen Begrüßungsrede des Präses, welcher der Versammlung die heiligen Interessen der Partei an­s Herz legte, wurde das Protokoll der jüngsten Versammlung vorgelesen, worauf der Präsident meldet, daß für den engeren Aus­­schuß ein Verzeichniß angefertigt und darin 208 Mitglieder der Partei aufgenommen wurden, welche zur Wahl empfohlen werden. Da bei der Drucklegung mehrere Namen ausgeblieben sind, wurde die Liste ergänzt und enthält dieselbe einen großen Theil der Namen, welche wir bereits anlässig der Veröffentlichung des großen Ausschusses der Theresienstädter Denkpartei mitgetheilt haben. In Bezug auf das weitere Vorgehen der Partei bezüglich der Kandidation einer Persön­­lichkeit glaubt das Präsidium vorschlagen zu dürfen, daß ein kleines Komite von höchstens 10 Vertrauensmännern den Kandidaten be­­zeichnen soll, nachdem erfahrungsgemäß ein vielköpfiger Ausschuß hiebei auch viele Schwierigkeiten finde. Paul Tenczer wendet ein, daß von einer Kandidatur heute nor nicht die Rede sein könne, nachdem die Partei einen solchen Beschluß bisher nicht gefaßt hat. Der Präses fügt aufklärend bei, daß die Bestellung eines Kandida­­tionskomitee die natürliche Folge der Wahlbewegung sei und das Präsidium nicht über die Grenzen seiner Vollmacht ging. Josef Baumann ist gegen jede Zeitvergeudung und Er­­müdung der Partei durc häufige Versammlungen, ohne auf den eigentlichen Zweck, die Kandidatur, loszugehen. Redner behauptet, daß die Verhältnisse in der Theresienstadt seit 3 Jahren der Denkpartei­ünstiger geworden sind, wiewohl auch bei den jüngsten Wahlen die Opposition hier eben keinen großen Sieg errang. Heute seien die Wähler ernüchtert und das Vorgehen der Opposition im Parlamente macht Propaganda für die Denkpartei, deren Sache günstiger, denn je sei. Die Zeit ist gekommen, wo die Theresienstädter Denkpartei den Mann bezeichnen müsse, welchen sie in den Reichstag senden will. Bei dieser Stelle werden die Namen Ra­docza, Beliczay und von einigen Stimmen I­n­y­a­y gerufen. Der Redner sagt hierauf, daß die Majorität der hier Versammelten Rad­ocza zu kandidiiren wünsche, es soll deshalb Radocza durch eine Deputation eingeladen werden, die Kandidatur anzunehmen, gleich in die Versammlung zu kommen und die Partei soll es als ihre Pflicht erkennen, ihren Kandidaten mit vereinten Kräften zum Siege zu führen. Dr. Adler erklärt, daß er demjenigen Kandidaten der Partei seine Stimme geben werde, der sich zu den Prinzipien Deák's bekennt und er frage auch heute gar nicht nach dem Namen. Heute kann von einer Kandidatur auch gar nicht die Rede sein, da nur ein Theil der Partei zur Beratbung­erufen wurde. Die ganze Theresienstädter Deákpartei müsse zu einer Generalversammlung einberufen werden und in dieser soll die Kan­­didation geschehen. So erfordert er die Ordnung und das Ret. Der Bräfes theilt mit, daß ihm während der Berathung ein Schreiben zugekommen sei, welches mit Zustimmung der Ver­­sammlung gelesen wird. In dem Schreiben protestiren 40 deäkistische­­­­­­ Sinne sprechen vom Eggenb Dr. Schermann sagt unter lebhaftem Beifalle der Ver­­sammlung, daß die Hauptfrage die sei: wie ist es möglich, der Det partei in der Theresienstadt zum Siege zu verhelfen ? Die Opposition sei organisirt, die Denkpartei nicht ; deshalb müsse sich vor Allem die Partei des Wahlbezirkes konstituiren und fest sammeln. Zur Kandida­­tion sei heute diese Versammlung nicht berechtigt, denn der anwesende Ausschuß hat sich selbst bestellt und müsse ein Mandat erst durch die Generalversammlung der gesammten Partei erhalten. In demselben ofer, Sigm. Brody, Fried­mann (Oberkantor), M. L. Leitner, Hugo Maßak, Adolf S­c­waiger und Galbavi, welche sämmtlich die Einberufung aller Wähler der Theresienstädter zu einer Generalversammlung urgi­­ren. Schwaiger will die Kandidation durch den engeren Ausschuß, Galbavi blos durch ein Komits von 3­4 Wählern vornehmen las­­sen. Der Pr­äses formulirt schließlich als den Willen der Majori­­tät der „heutigen Versammlung, daß für den nächsten Sonn“ tag sämmtliche Wähler der Theresienstädter Denkpartei zu einer Generalversammlung einberufen werden, in welcher die Kandidation der Persönlichkeiten zu erfolgen hat. Die Wähler der Partei erken­­nen es als ihre moralische und patriotische Pflicht, für jenen Kandi­­daten zu stimmen, für welchen sich die Majorität der Wähler erklärt. Damit war die Sitzung zu Ende.­­ Zur Tagesgeschichte. Jules Simon hat mehr Muth als Thiers. Er hielt am 5. d., nachdem er in der Sorbonne der Schlußsichung der Delegirten der ge­­­ehrten Provinzgesellschaften präsidirt und darin eine, von den libera­­len Blättern sehr beifällig aufgenommene Rede gehalten, die man vergebens im „Journal Officiel“ sucht, des Abends zum ersten Male einen offiziellen Empfang in seinem Ministerhotel. Es ist dies inso­­fern bemerkenswerth, als der amtliche Sitz der Regierung bekanntlich noch immer Versailles ist und bisher noch kein Minister gewagt hat, diesem Prinzip zu nahe zu treten. Der Fall wird noch bezeichnender dadurch, daß der Präsident der Republik, mit dem Großkreuz der Ehren­­legion geschmüht, in dieser Spirze erschien und längere Zeit verweilte. Man bemerkte, daß sich Herr Thier3 besonders eifrig mit dem italieni­­schen Gesandten Herrn Nigra unterhielt. Der Unterrichtsminister hatte für diese Festlichkeit ein Konzert veranstaltet, dessen Programm mit anerkennungswerthem Geschmach und Ernst gewählt war ; von deutschen Meistern waren darin Händel, Weber und Schubert­ vertreten. Man kündigt für nächstens eine ähnliche Soiree bei dem Seine-Präfekten an. Villemessant bringt in seinem „Figaro“ einen Epilog zu sei­­nem Prozeß mit Trochu. In diesem Epilog erzählt er spaßhafte Ge­­schichten aus der Belagerungszeit. Der Zufall, sagt er, hat mich mit einem Oberbeamten der Bädereiverwaltung in Verbindung gebracht und so wußte ich jeden Tag genau den Stand der Mehlvorräthe und wie viel Kleie, Hafer, Speicherabfälle im Brode waren ; ich wußte mit einem Worte ganz genau, wann die Hungersnoth der Belage­­rung ein Ende machen mußte. Eines Tages, als­­ ich eben erfahren hatte, daß die Vorräthe noch für 14 Tage ausreichten, begegnete ich einem übrigens sehr intelligenten Kaufmann, der mir aber mit der größten Zuversicht anvertraute, er wisse aus sicherer Quelle, daß die Pariser noch auf 3 Monate mit Mehl versehen wären. „Vollkommen wahr“, entgegnete ich ihm, „aber ich kann Ihnen in Bezug auf un­­sere Verproviantirung noch etwas viel besseres melden: Paris ist nur auf 6 Monate mit Ricinusöl versehen.“ Ja werde auch nie die ungeheure Freude der Pariser vergessen, mit welcher sie die Kunde aufnehmen, daß die Lokal- Armee abgeschnitten wäre. „Das macht, daß wir, jeit­ zwei­ Armeen dort haben, statt einer", riefen die Enthu­­siasten. “Als die Preußen begannen, Paris zu beschießen, glaubte­ ich, daß bas in der Stadt einen ungeheuren Schrecen wegen der dadurch gefährdeten Menschenleben und Denkmäler hervorrufen würde. Ganz und gar nicht ! In den Straßen sagte man: „Die Preußen fühlen, daß sie verloren sind; aus Verzweiflung fangen sie fest an, Paris zu bombardiren.“ Einige behaupteten sogar, das ganze Schießen wäre nur eine Finte, um uns einzuschüchtern. Die „Deutsche Reichskorr.“ hatte eine Erörterung gebracht, worin das Bestehen einer förmlichen Camarilla am Berli­­ner Hofe nachgewiesen wird, die angeblich bereit ihr Haupt wieder erhebe. Die „N. A. Z.“ reproduzirte diese Erörterung mit Vorbehalt, die „Kreuzzig.“ stellt das Bestehen einer Camarilla mit großer Ents­­üstung in Abrede. Es muß daher etwas Wahres an der Sache sein. Die „N. A. Ztg.“ enthält folgendes Communiqué : „Die „Fr. ge läßt sich von hier schreiben, die Vg ak Rückkehr des Fürsten iSmar“ stehe in Verbindung mit der üblen Lage der Dinge in Ru­­mänien ! Es gilt von­ leichtfertigen Erfindungen, was am Schluffe der „Braut von Messina“ von der bösen That gesagt ist. Eine Ente erzeugt mit Nothwendigkeit eine andere, dam­t die Tochter die Mutter rechtfertige. Irgend ein Korrespondent hatte einen späteren Termin der Ankehr des Herrn Reichskanzle­r sich aus den Fingern gesogen ; anders­woher konnte er die Nachricht wohl nicht haben, da der Fürst vor seiner Abreise wiederholt geäußert hatte, er werde schon am Sonnabend hier wieder eintreffen und bekanntlich erst am Sonntag eingetroffen, also länger geblieben ist, als er beabsichtigt hatte. Weil aber einmal geschrieben ist, er habe länger wegbleiben wollen, so muß seine „vorzeitige“ Rückkehr erklärt werden; und zu dieser Erklärung hat dann vielleicht der zufälige Umstand verholfen, daß auf dem Lesetische einer Konditorei gerade zwei Zeitungsblätter nebeneinander gelegen haben, von denen das eine die Anfehr des Fürsten anzeigt, das andere irgend­eine Sensationsente aus Bukarest brachte. Dies Geschäft begreift sich leicht, weniger leicht aber, weshalb ernste poli­­tische Zeitungen eine Nachricht weiter verbreiten mit dem Zufaße, daß sie der Quelle keinen Glauben schenken können. “ Die zu Manchester gehaltene Staatsrede DiSraeli­s liegt nun im Wortlaute vor. Sie fast volle sechs Spalten. Das eigentliche Programm der Tories hatte Lord Derby entwickelt ; es heißt mit einem Worte „abwarten.“ Was Disraeli als das Programm der Opposition bezeichnete, ist nur das allgemeine Glaubensbekenntniß der artei und diente nur dazu seiner Rede den Grundton zu geben. Nach seiner Erklärung hat die konservative Partei in ganz besonderem Grade die Aufgabe die Konstitution aufrechtzuerhalten. Damit war der Anfang gegeben zunächst über die Krone und die Vortheile einer erblichen Monarchie sich zu verbreiten. Im Vergleich mit den Kosten, welche in Amerika der Kongreß und die Staatenlegislaturen ver­­schlingen, wurde hervorgehoben, daß die Monarchie sogar eine wohl­­feilere Regierungsform als die Republik sei. Nachdem in solcher Weise die Krone hinreißend und stellenweise mit einem Hinweis auf Georg III. ziemlich unglücklich verherrlicht worden war, kam das Oberhaus an die Reihe, und dann erhielt auch die Staatskirche ihren gebührenden Antheil. Ueberhaupt war in diesem ersten einlei­­tenden Theile der Redner in gehoben optimistischer Stimmung und geneigt anzunehmen, daß in dem britischen Staatswesen, als unzwei­­felhaft dem besten aller irdischen Reiche, Alles aufs beste eingerichtet sei. Er sprang sich empor bis zu einem Punkte, als wolle er die ganze Welt umarmen, als er von der Kirche zu den übrigen Leuten sprac und schließlich zur Liebe und Eintracht mahnte mit Erinne­­­ung an den Scrifttext : In meines Vaters Hause sind viele Woh­­nungen. Mit der Bemerkung, es sei eigentlich nicht seine Absicht ge­­wesen, eine politische Rede zu halten, leitete Herr Disraeli darauf zu den Worten und Thaten seines Gegners Gladstone über diese Hauptgegenstände hinüber, die er im höchsten Grade unbefriedigend fand. Er stellte den Premier in wenigen kurzgedrängten Säßen als einen Mann hin, dem man nicht trauen könne, der selbst jenen Fre­­hen, die die freche Hand gegen die Krone, das Oberhaus und die Kirce erheben, nicht entschieden entgegentreten wolle oder könne. Aus Philadelphia wird der „Times“ vom 3. April tele­­graphirt : Das Kabinet hat die Erwägung der Granville'schen De, ihr bis Freitag vertagt. Die Antwort wird sehr sorgfältig abge­­ta­t werden. Offizieller Andeutung zufolge bleibt die amerikanische Position unverändert. Der ganze ,casus" muß nach Genf gehen, Amerika überläßt Alles der Entscheid­ung des Schiedsgerichtes. Anders­weitig wird aus Washington von gleichem Datum gemeldet : Die „Evening Bost“ sagt, die Meinungsverschiedenheit zwischen England und Amerika schliebe noch seineswegs zm Handeln auf einer von beiden Seiten ein. England habe im Washingtoner Ver­­träge großmüthig gehandelt und eine umfassendes Entschuldigung ge­­geben, wie eine große Nation sie in Ehren als volle Entschädigung für die zugefügten Beschädigungen annehmen konnte. Amerika theile mit Großbritannien die Ansicht, daß die indirekten Ansprüche unzulässig seien, und haben dieselben nur vorgebracht, als ein Argument für die Zusprechung einer­ Pauschsumme als Schadenersatz. Das genannte Blatt hält diesen Ausgleichsmodus für thunlich und­­ wünsc­henswerth, und erklärt die engste Allianz und Freundscaft mit Großbritannen als die wahre und richtige Politik der Vereinigten Staaten. Varversammlung und Landesversammlung der ungarischen Sparkassen. Abgehalten am 6 und 7. April. Bei der am 6. April Abends zum Behufe der Anknüpfung persönlicher Bekanntschaft arrangirten Vorversammlung­ der Spar­­kassevertreter konnte dieser Zwei wegen der beschränkten Nebenräum­­lichkeiten erst im Bankersaale selbst annähernd erreicht werden. Hier geschah denn­ auch die Ansprache an sämmtliche Anwesende durch den Präses der Landeszentralsparkasse, Georg Bartal, welcher sowohl der Entschuldigung darüber, daß der Statutenentwurf des ungarischen Landes-Sparkassen-Vereins noch nicht in die Händen der einzelnen Vertreter habe gelangen­ können, als dem Versprechen, daß dies noch vor der ersten Sipung geschehen werde, Ausdrug verlieh und seine Freude kund­gab, die zahlreich erschienenen Vertreter der Sparkassen (es waren drei Viertheile sämmtlicher Sparkassen des Landes ver­­e in herzlicher Weise mit patriotischer Befriedigung begrüßen zu­önnen. Das Bankett hatte nur je Zeit gewährt, als Ministerpräsident Lönyay, die Minister Szlávy, Kerkapolyi, Bitts, Wendheim erschienen und­ mit Elsens begrüßt wurden. Er erhob sich bei Präses Bartal und brachte in spwunghafter Weise Toaste auf den König und die Königin aus und gab damit das Signal zu­ weiteren Tafelreden. Es folgten nun in kurzen Pau­­sen Gabriel V­árady's vorzüglicher Trinkspruch auf das Gedeihen der materiellen Wohlfahrt des Landes, welcher mit einem Toast auf jene Männer, die um die Förderung dieser anyagi erheken sich Ver­­dienste in erster Linie erworben, auf den Handelsminister und seine Kollegen schloß ; des Ministers Szlávy sc­hlagfertige Beantwortung, worin er die beim weißgedegten Tische so reichlich fließenden Kompli­­mente Várady's um so eher ablehne, als sie ihm und seinen Kollegen von demselben Redner am grünen Tische nie zu Theil werden. Der Herr Minister sprach die bescheidenen und wahren Worte, daß weder er allein, noch die Regierung insgesammt jenes große Ge­­deihen der Nation hervorrufen können, sie könne nur Hindernisse ent­­fernen, Geseße verbessern u. s. w., das eigentl.H­ zu. Vollbringende ne die Arbeit des Volkes 13 leisten und durch Sparsamkeit an­­häufen. Er trinke deshalb auf das Wohl der Vertreter dieses Prinzips, der Vertreter der Sparkassen. Mach einer etwas mal-a-propos ange­­brachten“ Apostrophe eines uns unbekannten Anwesenden, welcher an­­knüpfend an Minister Slavys Toast die Bemerkung machte, daß Vá­­rady und Konsorten gewiß auch am grünen Tische ihr­ Kompliment widerholen würden, wenn die Minister Selbständigkeit des ungar. Geldwesen anstreben und a wa­iv würden, sprach Aurel Kecstemety den effektvollsten Toast des Abends. In humoristischer Weise des Umstandes gedenkend, daß er stets die Par­­­­­­­­ligkeit, Nach dem Französischen von Ernest Daudet. Friedrich Coßmann. Erster Theil. Fortseßung.­ Mit der Schnei­­die sein plößliches Wachsen charakterisirt, und die aus diesem friedlichen Flusse den reißendsten der Ströme macht, waren seine Ge­­wässer schnell gestiegen, hatten sich über die Felder verbreitet und feg­­ten auf ihrem Wege Alles mit sich fort. Sie bewegten schon die Füße der erschrodenen Zigeunerin. So weit ihr Auge reichen konnte, sah welche Bäume. Das Geschrei, das sie gehört hatte, rührte von einigen Frauen wo sie ihre Wäsche wuschen, von den Wogen überrascht worden waren und die neben der überstwemmten Straße geflüchtet hatten. Die Gewässer stiegen noch ununterbrochen. Diese große Wasser­­masse suchte in dem von den Hügeln gebildeten Engpasse, der für den Lauf des Gardon gewöhnlich genügt, vergebens einen Ausgang. Sie fand darin nur einen unzureichenden Weg kehrte dann schräumend und sie brach­ sich gegen die Felsen oder die Brüdkenpfeiler, welche sie heftig zurücktießen, meist aufs dem von ihr durchlaufenen Wege zurück und stieg bis zu dem Augenblick den das Geräusch verursachte, fang der Weberschwenkung den Fluß hinauf, Sie wo sie neue Wogen traf, welche der Strom ununterbrochen herbeiführte. Den Stoß, hatte Tiepoletta gehört. Ein wüthendes Meer hat keinen glänzenderen Zorn und bildet keine Wirbel, die mehr Schwindel erregen. Man hätte diese Uebers,wenn­­fragmentarische Episode der allgemeinen Sündflut. Fünf Minuten hatten für Tiepoletta hingereicht, um den Um: zu erkennen. Sie stand da mit starren Augen, losen Haaren, in der Unordnung eines betäubenden Schmerzes. Plößlich bewegte eine sehr große Woge mit dem Brüllen eines wilden Thieres ihre Füße. Sie preßte ihr Kind enger an sich und wich zurück. Eine neue Woge stürzte herbei in ihren Adern. Sollten die Gewässer vielleicht die Grotte füllen ? Bei diesem Gedanken erstarrte das Blut unbeschreibliche Unruhe bemächtigte sich ihres . Diese Aufregung ging nach allem dem, was sie in den lesten drei Tagen erlitten hatte, über ihre Kräfte­ an handelte und dachte sie unter der Herrschaft einer von der Furcht veranlaßten Art von Wahnsinn. Sie mußte fliehen. Aber auf welchem Wege , be­­nachbarten Dörfer zu erreichen, war unmöglich. Die Gewässer bede>­ Eines­ten die ganze Ebene. Plöglich erinnerte sich Tiepoletta, daß auf dem Gipfel des Hügels, unter dem sie ich befand, sich ein Schloß’ erhob, wo die Zigeuner zuweilen um ein Almosen gebettelt hatten. Man gelangte dahin auf einem breiten, an­ der Seite des Hügels angelegten Fußpfade, der sich einige Metres oberhalb­ der Grotte von der Landstraße aus eröffnete. Aber um diesen tragen gebliebenen Fußpfad zu erreichen, mußte sie durch das Wasser waten. Sie zögerte nicht. Jede Minute der Verzögerung vergrößerte die Gefahr und konnte ein unüberwind­­liches Hinderniß zwischen sie und ihre Rettung sehen. Sie hob ihr Kleid in die Höhe, befestigte es um ihre Hüften, band ihr Kind auf ihrem Roden fest und­ schritt muthig voran. Welche Todesangst auf diesem kurzen Wege ! Das Wasser ging ihr bis an die Schenkel Der erweichte Bo­­den war schlüpfrig, die Strömung des Gewässers heftig und schnell. Sie bedurfte eines unbezähmbaren Willens, um nicht zwanzigmal der Gewalt des entfesselten Elementes zu weichen. Mehrmals mußte sie stehen bleiben, um wieder Athem zu schöpfen, und erst nach zehn Minuten — für sie Jahrhunderte — eines angestrengten Kampfes erreichte sie endlich den Fußpfad, welcher nach dem Schlosse führte.­­ Sie war gerettet ! In der Eile trocknete sie ihre vom Wasser triefenden Glieder, ließ ihr altes Kleid wieder herabfallen und ohne eine kostbare Zeit damit zu verlieren, daß sie auf den gefährlichen Weg zurücblickte, den sie eben zurückgelegt hatte, erkletterte sie schnell den Hügel. Einige­­ Minuten später kam sie in einem Zustande, der bemitleidenswerth war, an dem Thore des Schlosses an. Es war hohe Zeit. Noch eine Minute und ihre Beine, deren Kraft gebrochen war, würden sie nicht länger getragen und aufrecht erhalten haben. Sie fiel auf ihre Knie, legte ihre Kleine auf das Haidekraut, das dort" in Menge wu<h38 , dann ihre Hand erhebend, ergriff und zog sie mit einer legten Anstrengung eine neben dem Thore herabhängende Kette. Sofort ertönten die Töne einer Obode. Als ob ihre geschwächten Kräfte nur diesen Augenblick erwartet hät­­ten, um sie zu verlassen, sank sie in dem Augenblice, wo das Thor sich öffnete, ohne Bewußtsein nieder. II. (Voiman in das S<loß Chamondrin eindringt.­ Der Mann, welcher sich einfand, war jung. Troß seiner brau­­nen Gesichtsfarbe und seines starken Bartes enthüllten seine Züge, der Ausbruch seines Blies, die ihm innewohnende Aufrichtigkeit und Güte. Sein Ri­ng, der aus einer alten Uniform gefertigt war, war eben sowohl der eines Soldaten, wie eines Dieners. Man sah daran das in Silber gefü­dte Wappen des Marquis von Chamondrin, des Befigers des Schlosses. Bei dem Anblickk der ohnmäctigen Tiepoletta und des einige Schritte von ihr schlafenden Kindes konnte dieser Mann den Aufruf einer so merzlichen Ueberraschung nicht zurückhalten. „Was gibt es denn, Coursegol?“ fragte ein Herr, der ihm folgte. „Sehen Sie doch, Herr Marquis”, antwortete Coursegol, indem er auf Tiepoletta wies: „Eine unglückliche Zigeunerin, welche vor der Ueberschwemmung floh, wird sich hieher gerettet haben.“ „Ist sie todt ?" rief der Marquis, der nach ihr hineilte. Zu derselben Zeit kniete er, von der Schönheit Tiepoletta's er­­griffen, nieder und legte seine Hand auf das Herz der armen Frau. Das Herz schlug noch, aber so schwach, daß es dem Marquis Mühe machte, die Schläge desselben zu zählen. Er erhob­ sich. „Sie lebt“, sagte er, „aber ich weiß es nicht, ob es uns gelin­­gen wird, sie zu retten. Schnell ! Coursegol, sorge dafür, daß man sie und das Kind in's Schloß schafft und Sorge für Beide trägt.“ „Oh, das Kind befindet sich wohl,“ antwortete dieser ; „es bedarf weiter nichts, als einer guten Milz und für heute wird eine unserer Ziegen die Amme desselben sein.“ Indem Coursegol so sprach, rief er eine Magd, der er das Kind übergab. Dann nahm er die Mutter in seine kräftigen Arme, trug sie in ein Zimmer und legte sie auf ein Bett. Coursegol war dreißig Jahre alt. In dem Schosse geboren, in dem sein Vater und sein Großvater dem Marquis von Chamon­­drin gedient hatten, war er an der Seite des Erben derselben erwach­­sen, dessen Spiele er anfangs iheilte und der später sein Gebieter wurde. Coursegol hegte für den Marquis eine absolute Ergeben­­heit, einen wahrhaften Kultus, der sich aus Achtung und Freund­­schaft gebildet hatte. Außerhalb des Schlosses und derer, die es bewohnten, konnte den braven Menschen nichts interessiren und ihn anziehen. Er hatte sein Herz, seine Einsicht, sein Leben nur, um sie ihnen zu weihen. In den Dörfern in der Umgegend sprac er von den Cha­­mondrin's so begeistert, daß es Niemand gewagt haben würde, vor ihm ein Wort auszusprechen, das nicht zu ihrer Ehre und zu ihrem Ruhme gewesen wäre. Im Sclosse lag ihm kein besonderes Geschäft ab, aber er ver­­richtete sie alle, denn er besorgte die Funktionen des Portiers, des Wächters, des Gärtners, des Haushofmeisters, ja zuweilen selbst die des Koch. Er mußte jeden Tag den Knaben des Marquis Unterricht im Reiten und Fechten geben, denn er hatte zwei Jahre in­­ der Ka­­vallerie­­ des­ Königs gedient. Er war sehr geschicht, Pfeifen aus Weidenzweigen zu schneiden, Hunde, Falken und Frettchen für die Jagd abzurichten, Vögel auszu­­stopfen, Schmetterlinge zu erhaschen und einen flachen Stein mit einem einzigen Wurfe sec­­smal von dem Wasser in die Höhe sprin­­gen zu lassen. Er fing an diese schönen Sachen Philipp , dem Sohn seines Gebieters, einem freundlichen vier Jahre alten Knaben zu leh­­ren, der gar nicht ohne ihn leben konnte. Außerdem besorgte Coursegol die Pferde und das Geflügel, ja er war sogar ein wenig Arzt, denn da er immer auf dem Lande gelebt hatte, so kannte er die Namen aller Pflanzen und ihre Heilkräfte. Niemals war diese Wissenschaft ihm nothwendiger gewesen, als an diesem Tage. Die unglückliche Tiepoletta hatte ihr Bewußtsein so nicht wieder erlangt, und unter ihrer Leichenbräfte und in ihrer Unbeweglichkeit schien sie bereit, ein Opfer des Todes geworden zu sein. Von dem Wunsche beseelt, sie ins Leben zurückzurufen, begab sich Courtegor nicht ohne einige Aufregung lebhaft an sein Werk. Es war das erstemal, wo er eine kranke Frau behandelte. Die Be­­trachtung ihres reinen Gesichts beunruhigte ihn bis ins Herz. Er würde gern einen Theil seines Blutes dafür gegeben haben, um Tier­poletta sprechen zu hören und ihn anlächeln zu sehen. „Sehen Sie nur, Herr Marquis,” sagte er, „wie schön sie ist. Sie ist sicher no< keine zwanzig Jahre alt. Ihre Arme oberhalb der Hände sind so fein wie Atlas. Und ihre Haare!­­st es wohl mög­­lich, noch schönere zu sehen ? Zur derselben Zeit suchte Courfegol die Zähne der Zigeunerin von­einander zu trennen, und ihr zwischen ihre erbleichten Lippen etwas heißen süßen Wein, in den er etwas Zimmt gethan, einzufüllen, dann rieb er mit wollenen Lappen recht kräftig die Füße der Unglück­­lichen, um das Blut und die Wärme wieder dahin zu ziehen. „Sie sind wund und geschwollen,“ fügte er hinzu. „Sie muß weit gegangen sein, ehe sie hier angekommen ist!“ „Nun wohl, kommt sie wieder ins Leben, zurück?” fragte der Marquis, welcher der Operation mit traurigem Auge folgte. „So weiß es nicht gewiß. Sehen Sie selbst, Herr Marquis. € 3 scheint mir, daß sie eine Bewegung gemacht hat.“ Der Marquis näherte sich. In demselben Augenblice öffnete Ziepoletta die Augen. Sie blidte rechts und links und mit einer fast erloschenen Stimme murmelte sie einige Worte in einer fremden Sprache. „Sie hat gesprochen,“ sagte der Marquis. „Aber was verlangt sie ? Sie scheint unruhig, besorgt.“ „Sie will ihr Kind sehen,“ rief Coursegol plößlich. Und er lief fort und kam bald zurück. Während seiner Abwesenheit war Tiepoletta so weit wieder zu ihrem Bewußtsein gelangt, daß sie sich der Ereignisse erinnern konnte, aber sie war so schwach, daß sie kaum zu reden vermochte. Bei dem Anblick Coursegol's, der ihr Kind in seinen Armen hielt und es lieb, foste, lächelte sie nichtsdestoweniger und sie strebte ihre Hände aus. „Umarmen ‚Sie das Kind, aber nehmen Sie es nicht," sagte­­der Marquis. „Sie sind no< nicht stark genug.“ (Fortlegung folgt.) Sie nichts weiter Weinstöße, Ruinen von Häusern, Möbel, Thiere, Leichname mit sich führten. her, Augenblide eine Von­ ­ 2. Der Gardon war aus seinen Ufern getreten, als aufgeregte, die in dem Augenblic, mung für halten können, armen Kopfes, und und Eine bewebte fchmusige Wogen, sie wieder. selbst menschliche sich fest auf einen Felsen Von diesem der :

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