Pester Lloyd, März 1892 (Jahrgang 39, nr. 52-77)

1892-03-26 / nr. 74

/ 1892. — Ur. 74. Abonnement für die österr.-ungar. Howardie, Sürden „Bester Lloyd“ Morgen und Abendblatt­ (Erscheint auch am Morgen nach einem Feiertage). Sür Sudapef : Sanzjahrlihfl.22.— Bierteljährl. fl.5.50 Halbjährlich „ 11.— Monatsd „ 2­— Mit separater Fortversendung des AbendBlattes.­­gar die Illstrirte Frauenzeitung -­­-- -- -- Man pranumerirt für Budapest in der Administration des „zefter Slond“, Dorottpanteza Sir­­is, 1. Stod, außerhalb Budapest mittelst Postenweisung dur alle Beftämter. — Für Wien auch bei Herm. Goldschmidt (I., Wolzeile 6), wosel oft einzelne Summe­n zu haben finde Aktxostverkendmw Ganzjährlichsi.24.—Vierteljsäbtl.fl.c­— Halbjährlich»12­—Monatlich«I.20 fl.I.-Ilttttljåskki"est­­sit­— 99 99 Inserate werden angenommen: Sudapef i. >, Administration des „Pester Lloyd“ Dorottyauteza Nr. 14, I. Stod, ferner: in den Annoncen-Expeditionen Haasenstein & Vogler, A. W. Goldberger, A. Mezei, Bern­­hard Eckstein, I. Bleckner. 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Budapest,25.März­ =Dem Aus­gange der deutschen Regierungs­­krise wird es als ein besonders Gutes nachgesagt,daß er nicht viel Unzufriedene zurückläßt-Selbst die Konserva­­tstiven und,das Zentru­m haben für die Wunde,die ihnen s geschlasgen«wurde,indem­ äußerst huldvollen Anerkennu­ngs­­Schreiben, mit dem ihr Mann, Graf Zedlig, aus dem Mini­­sterium verabschiedet worden, tröstenden Balsam gefunden. Für das Ausland it es, wie bereits erwähnt, von beson­­derer Bedeutung, daß die Leitung der internationalen Bez­ziehungen in denselben Händen geblieben, die sie bisher mit Geschid und Loyalität geführt haben. Speziell die Bundes­­genossen. Des Deutschen Reiches haben alle Ursache, dessen froh zu sein. Er hat fein Mißliches, in so vertrauten DBer­­fekt, wie er zwischen Alliirten üblich, allzu oft auf neue Männer zu stoßen, zumal wenn man es bisher mit einem Staats­manne zu thun hatte, dem man mit Recht volles Vertrauen entgegenzubringen gewohnt war. Die griechische Regierung ist nun ba nicht der Nothunwendigkeit entgangen, das alte Parlament aufzulösen. Sie war hiezu gezwungen, sobald sie zur Erkenntniß kam, daß eine so vollständige Umgestaltung der früheren Delyannis’schen Majorität, wie sie für die gegenwärtigen Regierungszwecke nothwendig wäre, nicht zu erreichen ist. Das gegenwärtige Kabinet wird die Wahlen selbst, leiten und tritt in D­ieselben mit einem Programm wirthschaftlicher Sparsamkeit und politischer Reformen. Das Band, welches, in den besten Monaten , durch politisch finanzielle Machinationen, dem Bankierott nahegebrac­ht wurde — das Goldagio war bis auf 50 Berzent. gestiegen —, wird diesem Programm gewiß­willig Tolge­nleisten, aber­­ bei der ausgesprochenen Parteiorganisation, wie sie nun ‚einmal in dem heutigen Griechenland herrscht, it vorher­­zusehen, daß nicht Die neutrale Regierung, sondern wahr­­scheinlich die Partei Trilupis den Löwenantheil von den bevorstehenden Wahlerfolgen. Davontragen werde. Die tristen Erfahrungen der jüngsten Zeit werden an Tri­upis nit ohne Eindruck vorübergegangen sein und «8 fiht zu erwarten, daß er, wenn er zur Regierung berufen werden sollte, seine Aufmerksame Zeit ganz und gar der finanziellen Regeneration des Landes­­ zuwenden werde. Vom König Georg wurde jüngst erzählt, daß er sich mit dem Gedanken der Abdifation zu Gunsten seines Sohnes getragen habe. Seine Mutter, die Königin Louise von Dänemark, und sein Schwager, der Prinz von Wales, sollen ihn jedoch hievon abgebracht haben, indem sie ihm vorbhielten, daß gerade­ in der gegenwärtigen, schwierigen Epoche die Aufgaben des Herrschers in Griechenland einen ganzen Mann erheirschen und­ für die Schultern eines jungen unerfahrenen Prinzen eine viel zu schwere Bürde wären. Diese Auffassung ist eine der­ gegebenen Situation voll­­kommen entsprechende; wir haben übrigens Grund, zu zweifeln, daß König Georg gerade in der gegenwärtigen Krise an die Abdankung, die er in einer früheren Zeitperiode einmal ins Auge gefaßt, gedacht hat. Er ist ein zu ernster, zu pflichtbewußter Mann, als daß ihm zuzumuthen wäre, er werde in einer kritischen Situation fi aus dem Staube machen und indem er ohne NRadsicht darauf, wie es weiter­­ gehen mag, das Staatsruder einem jugendlichen Prinzen ‚überläßt, diesen jungen Prinzen sowohl wie den Staat hie­­durch­ den größten Gefahren ausfegend. Budapest, 25. März. © Herr Loubet wird schon demnächst die ihm viel­­leicht gar nicht erwünschte Gelegenheit bekommen, Die Stellung des Kabinets zu den Parteien der fran­­zösischen Kammer etwas eingehender zu definiren, denn einige konservative, aber auch einige radikale Abgeord­­nete wollen den Minister-präsidenten über jene Vorfälle befragen, die sich vorgestern in der St. Merry-Kirch­e zu Paris abgespielt haben. Da aber die Antwort bei aller Vorsicht und diplomatischen Feinheit jene gefährlichen Grenz­­gebiete mindestens wird streifen miüssen, auf welchen Die katholischen Parteien fi­eigennügig der Republik zu nähern trachten, dürfte sich wieder eine jener Situationen ergeben, in der man auf eine par­lamentarische Nederraschung gefaßt sein muß. Das Zu­­sammenspiel der konservativen­ und radikalen Fraktionen, die fi­­teop der Spinnefeindschaft ihrer­ gegenseitigen­ Grund­­­ füge aus Widerwillen gegen den gemäßigten Republikanism­us so gern zu gemeinsamenm Angriff verbünden, hat ja von jeher eine dauernde Fertigkeit der inneren Negieru­ngsverhältnisse zu verhindern gesucht und wird auf diesmal die oft er­­probte Wirkung zu erreichen trachten. Der Regierung scheint es ja endlich gelungen zu sein, des Urh­ebers der Dynamit- Explosion auf dem Boulevard Saint-Germain habhaft zu werden und eine Gruppe von Anarchisten ausfindig zu machen, die mit Gift zu arbeiten beschloß. Da heißt es nun, ihr so rasch als möglich Knüppel zwischen die Beine werfen, damit ihre Autorität nicht dermaßen im Lande wachse, daß sie Diesen Parteien durch eine einheitliche Majorität voll­­ständig gewachsen­ei. Und man muß gestehen, daß die jüngsten Vorfälle in der St. Merry-Kirche­­ beiden Parteien genügenden Anlaß bieten, der Negierung ein wenig auf den Zahn zu­ fühlen. Den Kleinfal-Konservativen darum, weil ihnen ein ganz eigenthümliches und pflantes Borredit geschmälert­ wurde, bag sie in den Stand febte, die Kanzel mit dem­ Theater, ja sogar mit dem Tingl-Tangl konfurriten zu lassen und ein Bublik­um in die geweihten Räume zu laden, das auf die­­ Befriedigung etwaiger Andachtsregungen seine allzu große Sorgfalt zu verwenden pflegt. Den Radikalen und Sozia­­listen aber darum, weil sie diese agitatorische und staats­­feindliche Behandlung ganz weltlicher Angelegenheiten, die unter dem Vorwand der religiösen Erbauung geübt wird, nicht länger dulden wollen. Es hat ihnen gerade lange genug­ gewährt, daß parfumirte Abbes Hysterischen Trauen des Adels und der wohlhabenden Bürgerschaft geist­­reichelnde D­orlesungen über politische, soziale und ganz andere­­ Verhältnisse hielten und so durch die zerm­irschten und sinnlich überreizten rauen Einfluß auf das Familien­­leben zu gewinnen suchten , während auch zügige FTasten­­prediger eine derbere Zuhörerschaft theils mit » gepfefferten Wisen über Dinge unterhielten, die sie verdammten, und­­ ausmalten, theils­ zur Unzufriedenheit gegen die staatliche und gesellschaftliche Ordnung aufstachelten. Kam es doc­hchon so weit, daß eine Chansonnetten-Sängerin, die derzeit berühmte Duette Guilbert, öffentlich darüber Hagte, ihr gefährlichter Mitbewerber um die Gunst Des feineren­­ Bublistums sei der Pater Didon, und der Sefait Lemoigne fid ágon zweimal die soziale Frage zum Stoffe seiner wählerischen Kanzelberechtsamkeit anserfor, um unter den wechselnden Aussichten auf Paradies und Hölle darzutthun, daß eine Lösung Dieser Frage nur unter Befol­­­­gung geistlichen Nathes und unter Anwendung religiöser Mittel möglich sei. Beim zweiten Male kam er aber recht übel weg. Ein Pariser Stadtvater rüdte ihm hart an den Leib, es entstand in der Kirche eine arge Balgerei, der Pre­­diger mußte flüchten und noch auf­ der Straße wurden Die P­rügeleien zwischen den feindlichen Theilen der­­ empörten Menge fortgefegt. Der eine Theil bestand aus Klerifal, Der andere aus sozialistisch Gesinnten und da ist es dann leicht begreiflich, daß ihre politischen Repräsentanten eine cause célébre in der Kammer aufführen. Vom Pariser Gemeinde­­rathe plant man aber gar den Antrag, daß Erörterungen über politische Angelegenheiten in den Kirchen nur in fontra­historischer Form stattfinden dürfen. Da die jeweilig Erwidern­­den, selbst bei Einhaltung strengster Ordnung und Bezähmung aller Leidenschaftlichkeit, die schmwerl­e an die vorgeschriebenen Formeln der Nefpenforien halten dürften, vermag man ich allerdings eine Vorstellung davon zu machen, wie sehr Die Heiligkeit des Ortes und die Würde des geistlichen Standes ‚dabei respertirt bleiben künnten. Freilich wird es sich dem Des­meinderathe, in welchem ja auch viele besonnen denkende Männer sigen, schwerlich um­­ die Einführung von Wortgefechten in die Andac­htsübungen handeln. Ein solcher Antrag wäre nur die etwas bizarre Form eines Protestes gegen die geistlichen Uebergriffe des Fanatismus, der das Weltliche, das „Pro­­fane“ unter kirchliches Z­wangsmaß rüden möchte und dabei nichts Anderes erreicht, als in dem­ Urtheil der Menge das Kirchliche zu profaniren. Wenn nun der französische Justizminister, dem ja auch das Nesfort des Kultus zugetheilt ist, auf die Sinterpellation antworten soll, dürfte er die Schuldtragenden schwerlich aus­­schließlich unter den Laien zu finden suchen. So angenehm es der französischen Negierung auch sein mag, daß der Batk­an das Einschwenken einiger seiner Kombattanten an die­ Seite , der Republikaner angeordnet hat, der Minister wird doch­ das entschiedene Bestreben der Regierung Fund( thun miüffen, jedem Meißbrauch) der Kanzel se­wohl im Interesse des Staates mie in dem der Kirche energisch entgegenzutreten, jede Provokation der öffent­­lichen Meinung zu verhindern. Die Regierung wird sich atig, um überflüssige Konflikte zu vermeiden, des Dreistandes der Hohen Geistlichkeit und vielleicht gar des der Kurie versichern, der, wenn er bei der „Zuleh­­­rung der Republit“ nicht versagte, in diesem Falle schwerlich verjagt werden wird. Wie lange er vorhält und wie weit er reicht, das hängt von Umständen ab, die mit dem vorliegen­­den Streitobjekt — gar nichts zu thun haben. Und darım it es auch noch nicht gewiß, ob eine derartige Antwort‘ die beabsichtigte, Falmirende Wirkung haben wird. Denn die Konservativen wie die Radikalen werden zu ihrer Aktion vor­­­ehmlich aus inneren Parteibeschwerden gedrängt. Die Partei­verbände beider werden täglich brüchiger. Die äußerste Linke der französischen Deputirtenkammer hat sich bereits in Gruppen gespalten. Von dem Gros, unter Führung Elöimencean’s, der fortwährend die Republitaner vor den Annäherungsversuchen der Monarchisten warnt und forte während mit diesen Konspiiirt, hat fid­ die „Groupe re publicain radical-socialiste“ losgelöst, von welcher Schaar fid­ wieder an vierzig Abgeordnete als „demokratische Linke“ sonderte er, die das Sozialistische des neuen Parteiprogramms nicht beschwören wollen. Den Konservativen geht es aber um gar nichts besser. Mach) der Sezession Biows und seiner von Rom­ans gelenkten Anhänger, die sich als anspruch­­volle Säfte der Republik geberden, hielten wenigstens die royalistischen Mitglieder der Union catholique zus­ammen. Aber auc­hm dieser hat das Manifest der Kardinäle und die Encycsifa Leo’3 XIII. einen tiefen Riß verursacht. Graf Mun beantragte, das Sendschreiben, welches sich diesen oberhirt­­lichen Kundgebungen anschließt, zu vertagen und trat, als sein Vorschlag abgelehnt wurde, mit seinen Genossen aus dem Parteiverbande aus. Auf der einen wie auf der anderen Seite sucht man nun duch die Anregung einer kirchen­­politischen Debatte die Zerstreuten zu sammeln und sie unter gemeinsamer Fahne ins Gefecht zu führen. Gelingt dies und kommt das alte verrätherische Zusammen­wirk­en der beiden stets auf der Lauer liegenden Parteien neuerdings zu Stande und Halten alle übrigen Republikaner nicht die strammste Disziplin, dann kann Carnot bald wieder in die Berlegenheit kom­men, ein neues Kabinet zu finden. .— Some. Ba­­­»..».. Gefeß zeige. Die liberale Breffe hält allerdings auch daran fest, daß einem erheblichen Theile der konservativen Fraktion allmälig vor dem Zedlis’schen Entwurf bange geworden sei. Nach wiederholten Unter­­redungen mit Abgeordneten vom linken wie vom rechten Flügel der Fraktion kann ig nur versichern, daß voraussichtlich die­ ganze Fraktion mit geringen Ausnahmen mit dem­­ Grafen Zedlit bis ans Ende gegangen wäre. Die konservativen Anhänger des Reichstags- Abgeordneten v. Helldorff sind im Abgeordnetenhause sehr Dünn gefäet. 3 bedurfte aber gar nicht dieser Fiktion, und sie brauchte in den Erwägungen des Ratsers, die sich hauptsäglich auf den entschiedenen Widerstand der durch die Mittelparteien und die Freisinnigen vertretenen protestantischen Streife bezogen, seine Rolle zu spielen. Was nun den häufigen, mehr oder weniger zwwanglosen B­ere­febr mit B Personen in unt­verant­wortlichen Stel­­lungen betrifft, so­ hat er wie jedes Ding zwei Seiten. Es wäre eine unnatürliche Forderung, wollte man von dem jugendkräftigen, von lebhaftem Wissens- und Schaffenstriebe beseelten Herrscher erwarten, daß er sich in die streng gemessenen Formen Kaiser Wilhelm’s I. und dessen absolute Korrektheit in dem Verkehr mit den Ministern und in der Abmessung aller Kompetenzen fügen sollte. Die häufige Berührung mit unverantwortlichen Personen, mit denen sich der Kaiser über politische Stimmungen und Eindrücke unterhält, tönnte gewiß bei einem Herrscher von geringerer geistiger­­ Selbstständigkeit, als sie mit vollem Rechte Kaiser Wilhelm II. nachgerühmt wird, bedenkliche Wirkungen h­ervorbringen. In ihrem begreiflichen Berger sollten 009 die Kreise, die über „Ohlorenbläserei“ flagen, nicht ver­geffen, Daß der gesellschaftliche Verkehr des Kaisers während der letten Wochen seineswegs auf Mittelparteiler und „sogenannte“ Konservative beschränkt gewesen ist, sondern daß zu ihn manche per­sönlichkeit zugezogen war, die aus ihrer dem nunmehr vollzogenen Umsirmung entgegengelegten Welterzeugung sein Hehl gemacht hat. Immerhin werden die Minister, nit nur formell und nicht nur dem Range, sondern an dem Wesen und der­ Zeit nach die ersten Nachgeber der Krone bleiben müssen An ihnen selbst aber mird es auch mit liegen, daß selbst der Schein nicht auf­­kommen darf, als gingen die Eingebungen irgend einer Art von Kamarilla ihren Rathschlägen vor. Zur­ Berliner Grife, (Original-Korrespondenz des „Bester Lloyd“) in der konservativen Partei eine unwachsende Abneigung gegen das V Berlin, 23. März. Die Rede des Kaisers vom 24. Teber über die „Nörgler“ war vom größten Theil der Presse sehr erregt beurtheilt worden. Man konnte sich nicht über den Tageslärm erheben, der wegen des Volfs- Schulgefäßes entbrannt war, sah die Adresse der kaiserlichen Mahnung in der Opposition gegen dieses Gefet, rief die verfassungsmäßige Meder und Vreßfreiheit an und betonte die Pflicht jeder charaktervollen Partei, verderbliche­n Regierungsmaßregeln kräftig zu bekämpfen. In dem Berliner Kommentar, den der „Bester Lloyd“ dazu brachte und der in der deutschen Presse Beachtung und auch manchen Widerspruc fand, wurde dagegen hervorgehoben, daß der Kaiser das Volksschulgefeg mit feiner Sylbe erwähnt und daß sich die Mahnung zum Vertrauen in den kaiferlihhen Kurs überhaupt nicht auf eine einzelne Tagesfrage, eine bestimmte Maxtei, sondern auf die trübselige Stimmung des im Auslande nach schtöneren Dingen herumspähenden „Die Belsimom“, auf die aus Anhängern aller Parteien zusammengefegte Bartei der Pfeffimisten bezogen habe. Die weniger gedächtnisschwachen Organe unter den Blättern, die sich am lebhaftesten gegen die kaiserliche Rede ereifert hatten, erinnern sich ihrer jeit, und die offeneren unter ihnen befennen, daß sie sich mit ihrer beschränkten, nur dem augenbllcklichen­­ Tagesstreit hingegebenen Auslegung grü­ndlich geirrt hatten. Mit etwas weniger Leidenschaft und mehr Objektivität hätte man sich den Abbruch megs mwerfender Kritiken englischer Blätter und jene bitteren Neu­erungen, die eifrige Staatsanwälte zur Einleitung der inz­wischen eingestellten Untersuchung wegen Majestätsbeleidigung veranlachten, vollständig em­paren Fünnen. Es ist wahrscheinlich, daß der Kaiser nicht erwartet hatte, daß seine nach der geschäftlichen Gitung des Kronraths gethanen Heußerungen über die Behandlung der Boltsschulfrage und die Mehr­­heit, von der er ein solches Gefes beschloffen zu sehen münschte, das Entlassungsgesuch des Grafen Zedlis und weiterhin eine Kanzler- und Minister-Präsidenten-Krisis zur Folge haben würden. Wäre die Ent­­fernung der umstrittenen Vorlage aus der politischen Arena beziebt gewesen, so wü­rde gewiß in der geschäftlichen Situng des Kron­­raths darüber verhandelt worden sein. In denjenigen Kreisen, denen der Wandel der politischen Situation sehr unerwünscht ist, namentlich­ in einzelnen konservativen Blättern, werden mit äußerster Schärfe „Die hinter den Grouliffen wirfenden ur­verantwortlichen Rathgeber“ angeklagt, deren Einflüsterungen es gelungen sei, den Kaiser „umzustimmen“. Sie werden beschuldigt, ihm Fabeln zugetragen zu haben, die die, daß si­e Gegenüber einer jüngst in mehreren biesigen Blättern ers fchienenen Belgrader Meldung erfährt ,D. É." aus kompetenter Duelle, daß seitend der ungarischen Regierung in der jüngsten Zeit sein Vertrauensmann in Serbien sich aufhielt, um dort die Veterinär­­verhältnisse zu studiren, daß also ein solcher sich aue weder in tadelndem, noch in lebendem Sinne über die dortigen Veterinär­­verhältnisse äußern konnte. Die ungarische Regierung hat es übrigens umso weniger nöthig, sich fest und auf eine solche Weise in dieser Angelegenheit Informationen zu verschaffen, da die derzeit leider zieme­lich ungeregelten Veterinärverhältnisse Serbiens den hiesigen kompet­­enten Breifen schon lange vollkommen bekannt sind. Telegramme des „Befter Lloyd“. ‚Berlin, 25. März. Kaiser Wilhelm Bat Heute vormittags­ in Hubertusstod den Minister - Präsidenten Eulenburg empfangen und den Vortrag des Kriegs­­ministers, so­wie des Chefs des Militärkabinets entgegen­­genommen. Berlin, 25. März. Nachmittags findet eine Sagung des Staatsministeriums statt, in welcher der neuernannte Minister-präsident Graf Eulenburg und der neuernannte Kultusminister Dr. Boffe eingeführt werden. Berlin, 25. März D­rig.-Telegr. Der K­aiser wird demnächst in Koblenz mit der Königin Bistoria zusammentreffen, welche auf Schloß Stolzen­­fels bei Koblenz Aufenthalt nehmen wird. Berlin, 25. März (Drig-Telegr.) Die , Bolt" meldet . Zuverlässigen Nachrichten zufolge hat die gute Luft und die Körperbewegung auf das Befinden des Kaisers äußert günstig eingemirzt. Alle Nachrichten über eine momentane Indisposition, wie beispielsweise von Asthma 2c, sind daher übertrieben. Der Kaiser hat in den letten Tagen­ angestrengte Galoppritte unternommen, welche ihm sehr gut gethan haben. « , - Berlin,25.Mo’irz.Dem Vernehmen nach wird der Kais­er morgen­ Nachmittags von Hubertusstockhieher zurückkehren. Berlin­,25.9.1kärz.(Hrig.-Telegk.)Der Kaiser kommt morgen Nachmittags nach Berlin zurück und begibt sich un­­mittelbar darauf zum Diner beim Grafen Széchenyi. Berlin,25.März.Grafsedlitz verabschiedete sich Vors mittags von den höheren Beamten des Kultusministeriums und stellte sonach seinen Nachfolger vor. Berlin­ 25.März.Die Blätter lassen bei Besprechung der Lösung der Ministerkrise der Person der neuen Minister, Grafen Eulenburg und Dr.Bos­se,durchwegs eine bei­­fällige,sehr anerkennen­de Würdigung zutheilwerden,fahren aber mehr oder weniger fort,zu bezweifeln,ob die schon einmal unter Bismarck versuchte Trennung der Reichskanzlerschaft vom preußischen Minister­­präsidiumm­ sich bewähren werde.Das»Berliner Tage­­blatt«meint,der Ministerwechsel habe noch keine völlige Klarheit in die Lage gebracht Die,,Vossische Z­eitung«sagt,die innere Lage habe durch die neuen Verschiebungen nicht die gewünschte Klärung erfahren.Das Ministerium sei keineswegs von einheitlichem Geiste erfüllt und seine Beziehungen zu den­ gesetzgebenden Körper­­schaften­ und den Parteien seien undurchsichtig geblieben. Straßburg­ 25.März.Der,,Straszburger Pof«zufolge ist in den bestunterricteten Kreisen Straßburgs von der angebliche Er­­nennung Buttlamers zum Staatssekretär des Reichsjustiz­­amtes nichts bekannt. Thorn,25.9)März.(Orig.-Telegr.)Kaiser Wilhelm wird im Anschlusse seiner Reise nach Danzig Mitte Mai unsere an der russischen Grenze gelegene Stadt besuchen und deren Festungswerke,"sowie die Außenforts eingehend besichtigen. Paris,25.März.(Orig.-Telegr.)Die Polizei verhaftete heute die Anarchisten Bastar und Simon,die Urheber des Dynamit-Attentats in der Lobau-Kaserne.Jetzt sucht die Polizei noch nach den Brüdern Mathieu und Ravachol,den Urhebern der anderen Attentate.17 Individuen wurden verhaftet. Paris­ 25.März.In der Kommission der Kammer gelangte der Bericht Burdeart’s über die neuen,die Bank von Frankreich betreffen­den Bestimmungen zur Verlosung. Nach denselben werden landwirthschaftliche Syndikatsvereine,sowie andere als solvent erkennte Gesellschaften zum Eskompte zugelassen. Die dem Staatsi­hage zu gewährenden unverzinslichen Borschüffe werden sich auf den Betrag von 40 Millionen belaufen, melcher zur Verproviantirung der Festungen dienen könnte. Die der Bank auf­­erlegten Opfer werden auf 140 Millionen geschäst. Das Privilegium der Bank wird auf drei Jahre verlängert und die Emissionsgrenze auf 4 Milliarden Francz festgelegt. Baris, 25. März Orig.Telegr­­an der Christ­lichen Union, einem großen, unter dem Präsidium des Bariser Erzbischofs stehenden Katholikenverein,­ ist eine Spaltung ausge­brochen. Der Ansicuk beabsichtigte nämlich in Betreff des Verhaltens gegenüber­ der päpstlichen Encyklifa ein Zirkular an die Katho­­llten F­rankreichs zu­ erlassen, worauf ein Theil der Ausflugmitglieder­ zurücktrat. .... Bari, 25. März. Der z­wischen Frankreich und den Ver­­einigten Staaten Nordamerikas abgeschlossene Auslieferung­vertrag wurde heute Früh von dem­­ Minister de Reußern NRibot und dem amerikanischen Gesandten Reid unterzeichnet. Nom, 25. März Der Ba p st affistirte heute der eine Stunde dauernden feierlichen Versündigung der Defrete, welche aus Anlaß von drei bevorstehenden Seligspredgungen die erforderlichen Wunder fonstatirten und hielt hiebei eine Ansprache, in welcher er das Leben der Betreffenden schilderte. Hiedurch erscheint das Gerücht von der Wiedererkrankung des Bapstes widerlegt. London, 25. März Orig -Telegr) Nach einem römischen Telegramm des „Daily Chronicle“ für die französische Regierung bei Italien gegen die Ernennung des Grafen Taverna zum Botschafter in Berlin pro­­testirt haben (2). London, 25. März (Orig.-Telegr) Die Drohung des Präsidenten Harrison, daß, wenn britischerseits nicht ein modus vivendi hergestellt werde, amerikanische Kriegsschiffe ins Behhringsmeer würden entsendet werden, um die kanadischen Nobbenfänger daraus zu vertreiben, wird von der englischen Presse nicht sehr ernst genommen. Die „Times“ bezeichnen das Vorgehen Harrison’s als ein Wahlmanöver und bezweifeln, daß ein erster Streit mit England seine Aussichten, wiedergewählt zu werden, fördern rvoiirde­ Bersuche, Schiffe unter britischer Flagge auf hohem Meere zu fapern und zu Tonfisziven, könnten fehmerlich in Gegenwart der Kriegs­­schiffe des britischen Pacific-Geschwaders ausgeführt werden. London, 25. März. In der heutigen Situng des Unter» baufes erklärte Unterstaatssekretär £ 0 mt B­e­r, die Regierung beschäftige sich gegenwärtig viel mit der Antwort auf die lette Note der Vereinigten Staaten von Nordamerika bezüglich des Arrangements für die bevorstehende Fischereisaison im Behrungsmeere. London, 25. März (Drig-Telegr.) Die Lage in den Kohlendistrikten it eine sehr ernste. Die Polizei ist unvermögend, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Voraussichtlich dürfte Militär dahin entsendet werden. Einige Gruben sind bereits überschwemmt. Die Bergleute verhindern das Auspumpen des Wassers. Die Grubenbefiger bestehen jet aus einer Tohnreduktion von 15—20, anstatt der frühern 10 Berzent. Wetersburg, 25. März (Drig.-Telegr.) Die Staatsregierung hat beschlossen Erhebungen über die an allen Plänen des russischen Reiches vorhandenen Getreidevorräthe anzustellen. Von dem Resultat soll die Lösung der Frage abhängen, ob die Aufhebung des Getreide-Ausfuhrverbots überhaupt möglich sei. Petersburg, 25. März. Die Gesesammlung veröffentlicht einen kaiserlichen Befehl, wonach die höheren Beamten sämmtlicher Eisenbah­n-Ge­sellschaften, wie die Eisenbahndirektoren, die Chefs der einzelnen Dienstzweige auf der Linie und die Sub­­stituten derselben der­ Betätigung im­ Amte- duch den Kommu­­nikations- Minister unterliegen. Warscehall, 25. März. Orig.-Telegr.­ General- Gouverneur Gurko,­it heute aus Petersburg zurück­­gekehrt.­­ Bes dem Bernehmen nach erhielt derselbe vom Star umfassende Bollmachten in Betreff der weiteren B­ef­es­ti­gung Barsdau 8 und der übrigen Festungen­­ Polens. — Von der Ankunft des Ezarenpaares und des Thronfolgers ist hier absolut nichts bekannt. Athen, 25. März. Ein künigliches Dekret ordnet die Au­flösung des Kammer, die Vornahme Der Bahl am 15. Mai und den Zusammentritt der neuen Kammer am 25. Mai an. In einigen Tagen wird Die Berz­öffentlichung des Wahlprogramms der Regierung erwartet. Athen, 25. März. Der diplomatische Agent Griechenlands in Sophia, Gryparis, wurde nach Alexandien und der Diplo­­matische Agent Argyropulos von Alexandrien nach Sophia versegt. Konstantinopel, 25. März. Entgegen den Behauptungen der Journale erklärte die „Agence de Constantinople“, daß Achmed Eyub Balga mit dem Investitur­ Ferman nach Egypten abgegangen sei. Sophia, 25. März, (Orig. -Telegr) Die ziviulirenden Gerüchte von einem Attentat gegen Stambulom­ sind vollständig unbegründet. Stambulom erfreut sich des besten Wohlseins. , Bukarest, 25. März. Der König­ empfing heute die­ Delegirten des Senats, welche ihm die Adresse desselben überreichten und sprach für die im Der Adresse niedergelegten Gefühle für den König und die Königin seinen Dank aus. Er drüht ferner die Hoffnung aus, daß die Regierung im Senat eine erleuchtete Beihilfe finden werde, welche für den regelmäßigen Gang der Geschäfte nothwendig sei. Der König wies darauf hin, daß die wichtigen vom Lande gemünschten Reformen und Berbeffeiungen nur durch­ die vollständige Einigkeit unter den Staatsge­walten ver­­mirklicht werden künnen und daß nur auf diesem Wege ich der Fort­­schritt befestigen werde, welcher Wohlfahrt nac innen und Vertrauen nach außen gemähre. Belgrad, 25. März. In den Ausschuß zur Berathung der Geiegvorlage betreffend die Verlängerung des Handelsver­trages z­wischen Serbien und Oesterreich-Ungarn wurden unter Anderen auch die früheren Minister Buics und TZaufhane Dick gemählt. Washington, 25. März. In der gestrigen sehr erregten Lisung des Repräsentantenhausers, mo selbst seit dem 22. b. über die Bland’she Silberbill verhandelt ,­ verhinderten die Gegner der freien Silberprägung die Abstimmung über die Vorlage, nachdem der Antrag auf Zurücklegung derselben bei Stimmengleichheit durch die Entscheidung des Sprechers verworfen worden war. Die Berathung wurde nach Mitternacht auf unbestimmte Zeit vertagt. .... Washington, 25. März. Die , Senatskommission für, aus­­wärtige Angelegenheiten hat sich für die Nazifikation des zwischen England und den Vereinigten Staaten abgeschlossenen ‚Vertrages be­­treffend die schiedsrichterliche Entscheidung der Behbringsmeer- Frage ausgesprochen. A = Da in der morgigen (Samstag:) Situng des Abs­geordnetenhauses Ausschußmahlen vorgenommen werden, ergeht an die Mitglieder der Liberalen Partei die Aufforderung, in der Sigung möglichst vorgährig zu erscheinen. Wien, 25. März. DOrig:Telegr­ Im Palais Rothbschild sind seit gestern viele Hunderte telegraphische und briefliche Beileidsbezeigungen eingelaufen. Heute traf von Baron Nopcsa namens der Kaiserin ein Beileidstelegramm aus Korfu ein. Persönlich fondalirten Graf Taaffe mit Gemahlin, die Minister Kallay und Szögyeny, der deutsche, der italienische und der französische Bottgaster, der amerikanische Gesandte, Obersthofmeister Hohenlohe, Prinz und P­rinzessin Schwarzenberg, Prinz und Prinzessin Croy, sowie viele andere Mitglieder der Aristokratie, der Finanz, K­ünstler- und der hohen Beamtenwelt. Nachmittags wurde die Leiche in einem einfachen Eichenholzfarge aufgebahrt, melden die Kranzspenden der Angehörigen und einiger mit der Familie befreundeter Mitglieder der Aristokratie Schmüden. Wien, 25. März. Orig. Telegr) Der Direktor der kaiserlichen Gemäldegalerie, Ritter v. Engerth, wurde von einem Schlaganfall getroffen, befindet sich jedoch bereits auf dem Wege der Bellerung. -

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