Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. május (76. évfolyam, 98-120. szám)

1929-05-01 / 98. szám

Einzelnummer an Wochentagen 16, an Sonntagen 32 Heller. Abonnement: Für Budapest: mit täglich zweimaliger Zustellung und lüg dee inland Morgen-I - und Abendblatt: (Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das ■orgenblatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4 P. Auch auf das Abend­blatt allein kann unter den gleioben Bezugs­bedingungen abonniert werden. Für die ■separate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Pengd zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Goldsohmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich : Für Oesterreich und Polen 80 Pengő, für Jugoslawien 84 Pengő, für alte übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werden auch bei sämtliohen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt* Telephon der Redaktion : 848-30*PESTER LLOYD MORGENBLATT B In seratenauf nähme: ln Budapest, in der Administration dea Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: J. BSockner, J. Blau, Győri & Nagy, Haasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Gomel Leopold, Julius Leopold, Magyar hirdetc-iroda, Anton Mezei, Rudolf Mosse, Jos. Sohwarz, Sikray, Julius Tenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich : M. Dukes Naohf. A.-G., Wien WollzeUe 16. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 38 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreioh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. — Für Jugoslawien: Morgenblatt an Wochentagen 3 Dinar, an Sonntagen 4 Dinar und Abendblatt 8 Dinar 50, Redaktion u.Adm.: V., Mária Valéria-ucoal8* Telephon der Administration: 840-00* 76, Jahrgang. Budapest, Mittwoch, 1. Mai 1929* Nr. 98 Das Sclmldenproblem und der echte Friede. (B. M.) Der tiefere Sinn des Schuldenproblems, das jetzt die öffentliche Meinung beschäftigt, ist offen­bar nach dem Willen des Schicksals der, daß die Völ­ker lernen sollen, wie sehr sie miteinander Zusammen­hängen. Ihre Delegierten setzen sich zusammen in der Absicht, eine leidliche vernünftige Lösung der großen Frage zu finden, wie die materielen Kosten des Krieges, in dem sie einander bekämpften, zu verteilen seien. Der Geist der Eigensucht setzt sich, zu ihnen an den Tisch, es entsteht eine Situation, die die Besprechungen an den Rand eines Abbruchs treibt, und in diesem Augenblick erkennen alle, daß dies ein furchtbarer Fehler wäre, den man ver­meiden oder doch mildern muß, weil alle unter ihm leiden würden. Alle, auch die Amerikaner, die als Unparteiische und als Helfer eingeladen waren. Die Regelung des Schuldenproblems müßte ein Fort­schritt zur Herstellung eines echten Friedens­zustandes sein, eines Friedenszustandes, der nicht nur darin besteht, daß nicht geschossen wird. Das Wort „Frieden“ kann sehr verschieden an­gewendet werden. Im internationalen Leben ist Friede ein Zustand, in dem man nicht fürchtet, daß ein Volk, in der Überzeugung, sich damit ein gutes Recht zu erringen, sobald es zu Kräften kommt, Gewalt gebrauche. Wie die Rüstungen beweisen, be­steht dieser Zustand jetzt nicht. Die Siegermächte fragen sich, wie sie selbst an Stelle der Besiegten fühlen oder handeln würden, und geben sich darauf eine Antwort, die sie veranlaßt, ihre Waffenkrafl aufs äußerste zu steigern. Die Antwort ist nicht richtig, aber die Konsequenzen aus ihr werden ge­zogen, auch wieder nicht die richtigen, denn es wäre besser, versöhnende Zugeständnisse zu machen, die einen echten Frieden herstellöh könnten; aber sie beweist, daß der gegenwärtige sehr unvollkommen ist. Die Behandlung der Minderheitenfrage, der Ab­rüstungsfrage, der Schuldenfrage zeigt, wie schwer es ist, über die Hindernisse, hinwegzukommen, und wie wenig auch das psychologische Moment -berücksichtigt wird, das doch das Friedensgefühl entscheidend beeinflußt. Nehmen wir an, es würde gelingen, durch Überredung oder Einschüchterung Deutschland zu bewegen, daß es Zahlungsverpflich­tungen übernehme, die über seine Leistungsfähig­keit, die mathematisch genau festzustellen freilich kaum möglich sein mag, hinausgehen. Mit der Zeit würde sich ergeben, daß Deutschland den Verpflich­tungen nicht nachkommen kann, und Verwicklun­gen, die das Friedensgefühl, das Europa dringend braucht, noch mehr herabdrücken, wären die Folge. Aber auch wenn es ihnen aus Furcht vor solchen Verwicklungen nachkäme, um den Preis einer dau­ernd erniedrigten Lebenshaltung der großen Massen und des Mittelstandes, die sich in Kulturrückschritt, Abnahme der Volkszahl, Herabsetzung des Lebens­gefühls ausdriieken würde, so müßte selbstverständ­lich eine wachsende Verbitterung eintreten, die den Frieden zu einem immer unechteren machen müßte. Gewiß, es ist zu allen Zeiten so gewesen, daß, wer im Kriege unterlegen ist, ihn bezahlen muß, durch Hingabe von Provinzen, Kolonien, Geld. Daß dies­mal die Hingabe so außerordentlich groß war und bleibt, haben die Sieger besonders begründen zu sollen geglaubt, indem sie den Mittelmächten die Schuld am Ausbruche des Krieges zuschoben. Aber cs gibt heute in Europa kaum mehr einen vernünf­tigen Menschen, der der Kriegschuldlegende noch Glauben schenken würde. In Amerika haben sich angesehene Forscher bemüht, den wahren Sachver­halt kennenzulernen, sind zu Ergebnissen gelangt, die von der Legende weit entfernt sind, und haben sie dem Publikum mitgeteilt. In England wird sie, mit Reden oder mit Schweigen, nur noch aus inner­politischen oder außenpolitischen Gründen aufrecht­erhalten, und vorurteilslose Männer scheuen sich nicht, zu sagen, wie es wirklich war. Der ohnedies unbegreiflich lang verhüllte Tatbestand kommt allmählich zum Vorschein: die Mobilmachung in dem mit und ohne Absicht dazu ermutigten Ruß­land hat Deutschland zu seinen Kriegserklärungen gezwungen. Und nun stelle man sich vor, wie dieses Deutschland es empfinden muß, wenn ihm auf Grund der widerlegten Legende eine Rechnung vor­gelegt wird, die es nicht begleichen kann, ohne innerlich daran zu verbluten. Es will zahlen, und insbesondere Belgien verdient Entschädigung; aber wer dürfte erwarten, daß es Übermäßiges zahle in einer Stimmung, die Europas Wohlbehagen nicht stört? Das Wohlbehagen Europas ist freilich ein sehr gemäßigtes; die mittelbaren und unmittelbaren Fol­gen des ungeheuren Krieges sind gewaltig. Aber sie werden noch schlimmer, wenn ein so wichtiges Mit­glied der europäischen Völkergesellschaft unter die Stufe sinkt, die seinen natürlichen Bedürfnissen ent-Wenn auch alles Getragene und Selbstbewußte, wenn jede junkerliche Engherzigkeit fehlt, so ist doch die Sphlichtheit und Liebenswürdigkeit von einer mehr unbewußten Würde erfüllt, die zu dein ganzen aufrechten und treuen Manne, zu seiner Ausgeglichenheit und Vorurteilslosigkeit paßt. Alles in dem Gespräch des Fürsten hat Rundung, Stil, viel attisches Salz; ein gewisses Lächeln sagt gelegentlich mehr, als ironische, oder gar spötti­sche Worte. Bei tiefster Innerlichkeit kommt der lebensfrohe Humor der Niedersachsen, den auch Bismarck hatte, zur Geltung, erquickend hinein­leuchtend oft in ernste Gespräche, oder diese ge­schickt auf ein anderes Gebiet führend. Während seiner Kanzlerzeit gab es für den Fürsten gewiß manch’ leidenschaftliche Aufwallungen, die er mit großer Selbstbeherrschung zu'ückdräugle. Packte ihn dann doch einmal der Ärger über heftige An­feindungen und unverdiente Kränkungen, so hielt er, um sich Luft zu machen, in vertrautem Kreise wohl eine Rede gegen sich seihst. „Wenn ich der und der wäre, da würd ich dem Bülow —“ und nun folgten die grimmigsten Anschuldigungen im Tone seiner schärfsten Gegner. Von dem Salon in der Elb-Villa, in dem der Fürst seine Gäste empfängt, schweifen die Blicke auf den wohlgepflegten Park und die hinter demselben breit und lang strömende Elbe mit ihrem regen Schiffsgetriebe. Mit voller Liebe hängt der Fürst an diesem Stückchen Erde und an diesem Besitztum, in dem er vor achtzig Jahren geboren wurde, für ihn bedeutet es die eigentliche Heimat. Schon von erster Jugend 'an wurde hier, wie er in einem Gespräch hervorhob, der Blick des Knaben ins Weite und auf große, ferne Ziele gelenkt; hier, wo man deutlich den Pulsschlag der nahen großen Handelsstadt merkte, fühlte er früh, daß das deutsche Volk nur einig und geschlossen die ihm in der Welt gebührende Stellung einnehmen konnte. Das benachbarte Hamburg zeigte ihm rastlose Arbeit und strebsames Vorwärtsdrängen, daneben ein klug und umsichtig verwaltetes Ge­meindewesen, das alles unterstützte, was zur För­spricht. Vom rein praktischen Standpunkt aus läßt sich sagen, daß an der Lösung der Schuldenfrage zunächst auch Deutschlands östliche Nachbarn: Österreich, die Tschecho-Slowakei, Polen interes­siert sind. Diese Länder stehen in so engen Bezie­hungen zu dem Sechzigmillionenreich in der Mitte Europas, daß seine Aufnahmsfähigkeit als Markt für sie.ungemein wichtig ist. Österreich fühlt aus na­tionalen Gründen mit Deutschland, und ebenso die deutsche Bevölkerung des tschecho-slowakische» Staates; aber auch die Völker, die Deutschland ge« fühlsmäßig gleichgültig oder unfreundlich gegen­­iiberstehen, werden es zu spüren bekommen, wenn Deutschland endgültig verarmt und niedergeht. Gerade die Reparationsfrage ist geeignet, sie auf dia nun einmal unlösbare Verbindung aufmerksam zu machen, die die Wirtschaftsgeographie geschaffen hat, und die auch durch politische Gegensätze nicht zerrissen werden kann, ohne daß ihm schwerer; Schaden daraus erwächst. Und die nordischen Staaten! Und England, dessen bester Abnehmer vor dem Kriege Deutschland war, und Amerika, und selbst Frankreich! Die Pariser Börse hat die' Zusam­mengehörigkeit aller in diesen Tagen recht unan« genehm empfunden. Bis zu einer gewissen Grenze kann sich ein Teil sicherlich auch auf Kosten eines andern bereichern, aber darüber hinaus wird der Spruch, daß Geld allein nicht glücklich macht, auch ein wirtschaftliches Wahr wort. Es genügt nicht, daß Gold von hier nach dort übertragen werde; was die Wirtschaft belebt, ist das Fluten von Land zu Land, ist Entfaltung aller Kräfte und nicht die Lahmlegung einzelner. Der Weltkrieg war, wirt­schaftlich gesehen, eine sehr gemeinsame Angelegen­heit, und es wäre vergebens, dies verwischen zu wollen. Das Schuldenproblem ist ein gesamteuropäisches, sogar ein europäisch-amerikanisches Problem, und es ist, über das Finanzielle hinaus, auch ein Teil des großen Problems der Herstellung eines echten Friedens an Stelle des unechten und unerfreulichen, den wir jetzt haben. Ein solcher Teil ist auch die Minderheitenfrage und die Frage der Verminderung der Rüstungen, in der Amerika soeben Frankreich das weitgehende Entgegenkommen bewiesen hat, sich seiner Anschauung in bezug auf das Nicht-Mitzählen der Reserven anzuschließen. Wir wissen nicht, ob dies, außer mit dem Wunsche, die endlose Diskussion dadurch um einen Schritt vorwärts zu bringen, auch im Zusammenhang steht mit der Angelegenheit der französischen Kriegsschulden an die Vereinigten derung der Stadt, zur Hebung des Handels und Wan­dels beitragen konnte. Auch heute noch verfolgt der, Fürst alles, was mit Hamburg im engeren und mit der nahen Heimat im weiteren zusammenhängt, voll regsten Interesses. So gern er den Winter in Italien verbringt, so freudig rüstet er dort bei Frühlings­beginn für die Heimkehr. Beim erwähnten letzten Zusammensein brachte der Diener Wein; mein ältester Sohn, dessen Pate der Fürst ist, nippte nur am Glas, der Fürst meinte, daß man niemand, am wenigsten die Jugend, zum Trin­ken ermahnen solle. Ich entgegnete: „Das alte Wort hat aber wohl auch noch recht — wer lange supt, lebt lange, und die Biilows sollen das früher sehr, gut gewußt und befolgt haben! Wir kamen, durch die von mir überbrachten Grüße eines nahen Verwandten des Fürsten, auf die Biilows zu sprechen. Der Fürst: „Wir sind ein weit­verzweigtes Geschlecht, auch bei uns gab’s auf und nieder, gute und böse Zeiten, aber ich glaube, sagen zu dürfen, daß wir immer den Kopf oben behalten und nie ein offenes Wort gescheut haben. Als mein Urgroßvater, der mecklenburg-schwerinsche Ober­hofmarschall Bernhard Joachim von Bülow, an der Spitze einer ständischen mecklenburgischen Depu­tation in Warschau vor Kaiser Napoleon stand, um die Wiedereinsetzung des- von den Franzosen ver­triebenen rechtmäßigen Landesherrn zu betreiben, imponierte seine würdige Haltung in so schwieriger Lage dem Imperator derart, daß er zu seinen Mar­­schällen sagte: „Zu französischen Marschällen habe ich euch machen können, aber zu mecklenburgi­schen Edelleuten kann ich euch nicht machen!“ Nachdem ich zum Reichskanzler ernannt worden war, im Oktober 1900, besuchte ich die damals fast neunzigjährige Tochter des Siegers von Dennewitz in ihrem Homburger Heim. Sie war noch sehr jung, als ihr Vater starb, aber sie war in seinem Geist er­zogen worden, und sie faßte ihr Urteil über ihn in die Worte zusammen: „Er ruhte in sich selbst, und darum verlor er nicht das innere Gleichgewicht, weder im Glück noch im Unglück.“ Der Wahlspruch ■' . ----------i~~~-.izr:..........r^-r Feuilleton* Fürst von Bülow. Zum achtzigsten Geburtstag. Von PAUL LINDENBERG (Berlin). ociion achtzig — nein, man könnte es nicht glauben, wenn man’s nicht ganz bestimmt schwarz auf weiß besäße! Schlank und rank, frisch und leb haft, nichts, aber auch gar nichts von den Spuren des Alters verratend, trat mir im Herbst des letzten Jahres Fürst Bülow entgegen, als ich ihn, wie des öfteren zuvor, in seiner schönen Elb-Villa in Klein- Flottbeck bei Hamburg besuchte, die Teestunde bei ihm verbringend. Und nicht minder wie seine kör­perliche Rüstigkeit überraschte seine geistige. Welch' bewundernswerte Regsamkeit im Erzählen., welch' staunenswertes Gedächtnis, wie viele bald fesselnde und unterhaltende, bald geschichtlich­­politische und persönliche Denkwürdigkeiten aus sei­nem überreichen langen Leben! Immer ist’s ein er­neuter Genuß, dem Fürsten zuhören zu können, der, nie einseitig, nie parteiisch, die Plauderkunst in voll­endetem Sinne des Wortes versteht, seine Ansichten über Personen und Dinge in feiner, gütiger Auf­fassung vorbringend, nie abfällig oder gar ver­letzend, obwohl ihm so viel Menschliches, so viel Eitles und Nichtiges in seiner von Stufe zu Stufe, von Erfolg zu Erfolg führenden Laufbahn offenbar geworden. Ein gut Teil der letzteren, von der Gesandten­zeit in Bukarest an, konnte ich aus nächster Nähe verfolgen, konnte so manche Stunde mit dem Für sten verbringen, in und fern Berlin. Noch nie ist mir eine Persönlichkeit begegnet, die sieb so gleich ge­blieben in ihrem Wesen und Sichgeben, in freund­schaftlicher Gesinnung, in der Lauterkeit einer ab­geklärten Herzensbildung — von der vielunffassen­­;den anderen Bildung ganz zu schweigen —, in der Wahrheit und Klarheit des Denkens und Fühlens.

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