Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. május (76. évfolyam, 98-120. szám)

1929-05-01 / 98. szám

PESTER jllOYD • 2 • Staaten. Jedenfalls hat sich drüben bisher keine Be­reitwilligkeit gezeigt, von diesen Schulden etwas nachzulassen, aber als Kreditgeber die Regelung der deutschen Kriegsschuld zu erleichtern, sind ja die Amerikaner bekanntlich geneigt. Sie sind allzu sehr verflochten in die europäischen Verhältnisse, um bei dem nach dem Kriege aufgestellten Grundsatz zu verharren, sich von diesem Erdteil fernzuhalten. Der Grundsatz war — wir Europäer unter uns können das ja gestehen — begreiflich genug; aber er war weder mit dem nun einmal Geschehenen, noch mit den Tatsachen zu vereinbaren, und muß, wie es sich zeigt, sozusagen Buchstabe für Buchstabe preis­gegeben werden. Einen' echten Frieden in Europa braucht auch Amerika, und so dürfen wir wohl hoffen, daß es das Seinige tun werde, ihn auch, soweit er vom Schuldenproblem abhängt, fördern zu helfen. Wenn die Siegerstaaten, entgegen ihrem Versailler Versprechen, ihre riesige militärische Über­legenheit beibehalten sollen, so muß dafür die Frie­densstimmung — wie gesagt, die wirkliche — anderweitig in die Welt gebracht werden. Die Amerikaner sind in Paris erschienen als die über den Parteien Stehenden, die der streitenden europäischen Familie mit Rat und Kredit Unterstützung und Be­ruhigung verschaffen können. Wir bedürfen beides von dem in der Ferne reichgewordenen Verwandten. Es scheint, daß nur er die aufregende Frage, in der er schon einmal ein kluges und nützliches Wort ge­sprochen hat, vorwärtszurücken vermag. Miiieletiropäisdie WasserstraßenpoSitik. Von Staatssekretär Dr. ELEMÉR HANTOS. In Verbindung mit der am 3. Mai zu eröffnenden Donauhafen- und Wasser­verkehrsausstellung der internationalen Frühjahrsmesse findet vom 11. bis 13. Mai in der Budapester Handelskammer eine Mitteleuropäische W asserstraßeu­­konjerenz statt. Die folgenden Aus­führungen erhalten hiedurch eine be­sondere Aktualität. Mitteleuropa ist das typische Gebiet der inter­nationalen Binnenschiffahrt. Wasserstraßen und Binnenschiffahrt sind auch in anderen Teilen der Welt integrierende Bestandteile des Verkehrs­systems, nirgend jedoch durchqueren Flüsse so viele nationale Grenzen, nirgend haben sie ihre Stütz­punkte in so entfernten Seehäfen und rollen daher auch nirgend internationale Probleme in solcher Fülle auf, wie das in der Mitte unseres Erdteiles der Fall ist. Rhein, Donau, Elbe, Oder und Weichsel sind die charakteristischen Binnenwasserstraßen des Weltverkehrs. Ihre historische Bedeutung ist viel­leicht noch größer als die gegenwärtige, wenn man an die Zeiten denkt, wo sie die Haupthandelsstraßen waren und außer ihnen nur noch der Landweg für den internationalen Warenaustausch und Personen­verkehr in Betracht kam. Innerhalb der verkehrs­wirtschaftlichen Arbeitsteilung der Neuzeit kommt den Wasserstraßen neben den Eisenbahnen eine er­gänzende Funktioh zu, in der sie als spezifische Verkehrsmittel für Ferntransporte eine Aufgabe zu erfüllen haben. Auf lange Entfernungen unterbieten die Frachten des Wasserweges - vielfach die des Eisenbahnweges so beträchtlich, daß der Wasser­transport trotz oft erheblicher Umwege billiger bleibt als der Eisenbahntransport. Die Erfüllung dieser Aufgabe erheischt den Ausbau der Wasser­straßen, die der Binnenschiffahrt Ferntransporte von ausreichender Länge zusichern. Die Wasserstraßen Mitteleuropas sind schon in ihrer heutigen Verfassung wichtige Träger und För­derer des mitteleuropäischen Verkehrssystems, das auf dem Ineinandergreifen von Landwegen, Wasser­straßen und Eisenbahnen beruht. Aber man kann in der Binnenschiffahrt Mitteleuropas auch heute noch nicht vön einem umfassenden und einheitlichen Netz der Verkehrsadern sprechen, wie man etwa von einem mitteleuropäischen Eisenbahnnetz, einem mitteleuropäischen Postverkehr, einem mitteleuropäi­schen Flugdienst spricht, weil eben der systema­tische Ausbau der Wasserstraßen noch fehlt. Wäh­rend das Eisenbahnnetz Mitteleuropas vorzüglich ausgebaut wurde, hat man darüber die inneren Wasserverbindungen-vergessen. Daraus entsteht das mitteleuropäische Wasserstraßenproblem. Als wichtigste Ader eines großzügigen mittel­europäischen Wasserstraßennetzes und als er­strebenswertes erstes Ziel erscheint eine durch­gehende, gleichmäßig befahrbare Binnenwasserstraße von Nordwest nach Südost. In diesem Sinne ist die Donau das natürliche Rückgrat eines zukunfts­reichen mitteleuropäischen Kanalsystems. Wer die wirtschaftliche Annäherung und Hebung der mittel­europäischen Völker erstrebt, hat in erster Reihe die Donau in den Dienst der gemeinsamen Idee zu stellen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Donau­wasserstraße ist jedoch heute noch recht gering. Ihr Verkehr erreicht nicht entfernt den der Oder, geschweige der Elbe, oder gar des Rheins. Das liegt zum Teil an der technischen Unzulänglichkeit der Wasserstraße, an der streckenweise verfehlten Art der Regulierung und an den verhältnismäßig hohen Frachtsätzen im Donauverkehr. Billig könnte dife Donau nur sein, wenn sie. Massenfrachten auch im Talverkehr hätte. Zum verkehrsreichen Strom würde sie am sichersten durch die Fortführung des Wasserweges in die deutschen, tschecho-slowaki­­schen und polnischen Montanreviere, durch die Verbindung mit den nördlichen Wasserstraßen werden. Die dominierende Stellung der Donau im mitteleuropäischen Verkelirssijstem ist daher be­dingt durch die Schaffung eines Wasserstraßen­netzes zwischen den Stromgebieten Mitteleuropas. Unter diesen Stromgebieten stellt der Rhein mit seiner reichhaltigen Wasserführung, seinem wirtschaftlich hochentwickelten Hinterlande das verkehrsfähigste Bef-^depmgssystem dar. Mit fünfzig Häfen am Flußlauf und drei bedeutenden Seehäfen (Amsterdam, ^Fatferdam, Antwerpen.) an der Mündung trägt der, Strom die größten Fracht­mengen auf seinem Rücken, die je der Schiffahrt auf Wasserstraßen zur Verfügung standen. Uber weniger günstige , Fahrwasserverhältnisse und ein von der Natur dürftiger ausgestattetes Einflußgebiet verfügt die Elbe, die vom Standpunkt des.deutschen Wirtschaftsinteresses aber selbst dem Rhein überlegen ist,. da ihre Schiffahrt den See­verkehr rein deutscher Häfen fördert und dadurch zur Verstärkung, der deutschen Seegeltung beiträgt. Nach ihren Verkehrsleistungen steht die Oder an dritter Stelle. Der Oderverkehr leidet unter der Unregelmäßigkeit der Wasserführung, unter unzu­länglichen Fahrtiefen in trockenen Sommern und unter Hochwässern bei stärkeren Niederschlägen, die insgesamt die Scliiffährtperiode, mehr als dies bei anderen Strömen der Fall ist, verkürzen. Trotz dieser Mängel hat der Verkehr auf der Oder sich zu einer bedeutenden Höh£ entwickelt, und zwar in erster Reihe durch die Massengüter, die von Ober­schlesien in Gestalt von Kohle und Eisen zu Tal and von Stettin in Gestalt von ausländischen Eisen­erzen zu Berg verschifft, werden. Das Aschenbrödel der mitteleuropäischen Wasserstraßen ist die Weichsel. Sie wurde von dem früheren russischen Regime stiefmütterlich behan­delt, weil sie Polen in außerordentlich vorteilhafter Weise durchzieht und sie wird vom neuen polni­schen Staat scheinbar vernachlässigt, weil ihr Aus­bau die Lage Danzigs an der Mündung zum Nach­teil anderer Pläne (Gdingen, Riga) zu begünstigen geeignet ist. Die mitteleuropäische Wasserstraßenpolitik hat nun zur Aufgabe, den Ausbäu dieser Hauptströme zu fördern und die Verbindung zwischen ihnen her­zustellen. Es handelt sich in erster Reihe um die Ver­bindung der Donau mit dem Main, der Elbe, der Oder und der Weichsel. Die Pläne für den. Ausbau dieser Wasserstraßen sind technisch hinreichend geklärt, jim als Grundlage für wirtsctiaftspolitische Forderungen dienen zu können. Durch die Verbin­dung der Donau mit nördlichen Flüssen, vom Rhein angefangen bis zur Weichsel, wird ein für die Groß­schiff ahrt geeignetes zusammenhängendes Netz von mehr als 15.000 Kilometer erzielt, wodurch der mächtige, derzeit aber noch verkehrsschwache Strom seine volle Bedeutung als Verkehrsader zwi­schen West und Ost erlangen würde. Der mehr als tausendjährige Traum einer Verbindung des Rheins mit der Donau geht seiner Erfüllung entgegen. Die Rhein-Main-Donau-A.-G. hat auf Grund eines Staatsvertrages zwischen Reich und Bayern die Aufgabe, als ersten Teil der Rhein-Main-Donau-Groß­­schiffahrtsiraße zunächst die 160 Kilometer lange Flußstrecke von Aschaffenburg mainaufwärts bis Würzburg und dann weiter die Schiffahrt bis Nürn­berg auszubauen und dieses Werk bis zum Jahre 1935 zu vollenden. Damit soll der Großschiffahrt­weg vom Rhein zum Main, der jetzt in Aschaffen­­burg endet, bis Würzburg und Nürnberg vorgetra­gen werden. Nach Abschluß dieser Aufgabe folgt dann später, die Fortsetzung der Wasserstraße und die Verbindung des Mains mit der Donau. Die neue Wasserstraße wird in solchen Aus­maßen hergestellt, daß ein Schleppzug von einem Dampfer und zwei 150t0-Tonnenschiffen im Anhang durch die Schleusen gehen kann. Die Donau von Kehlheim bis Rogonsburg w’ird kanalisiert, die alte Donaubrücke in Regensburg wird umgangen, die Donau zwischen Regensburg und Passau reguliert. In der Donau bei Passau geht ein gewaltiges Bau­werk, die Kachletstufe, die die gefährliche Felsen­strecke zwischen Passau und Vilshofen überstaut, seiner allmählichen Vollendung entgegen. Mit der Vollendung dieses Werkes . wird der Donaustrom an das deutsche Wasserstraßennetz angeschlossen sein. Rheinschiff und Donaukahn werden im Wettbewerb von Rotterdam bis Sulina einen großen Teil des Gü­terverkehrs von Europa vermitteln. Die Perspekti­jenes Zweiges unserer Familie lautete: „Bleibe bei gutem wie bei schlechtem Wetter der Unbeständig­keit des Wetters eingedenk.“ Dieser Devise ist der Dennewitzer stets treu geblieben. Des letzteren ge­dachte auch einmal Fürst Bismarck, der mir er­zählte,-in seinem elterlichen Hause habe ein Major v. Biilow verkehrt, der ein großer L’hombre-Spieler gewesen sei und dabei einen unbändigen Stolz auf seinen Namen besessen habe; er hätte mit Vorliebe die Äußerung des genialen, aber unglücklichen Dietrich v. Bülow wiederholt, der von seinem Bru­der Friedrich Wilhelm, dem Dennewitzer, zu sagen pflegte: „Mein Bruder Friedrich Wilhelm ist der dümmste von uns allen Brüdern, aber immer noch der beste Offizier der Armee!“ Die Erwähnung Bismarcks brachte das Ge­spräch auf die Beziehungen des Fürsten zu seinem großen Vorgänger: „Mein seliger Vater hatte Bis­marck schon 1852 in Frankfurt a. M„ wo er als Bundestagsgesandter für die damals unter dänischer Oberhoheit stehenden Herzogtümer Holstein und Lauenburg tätig war, kennengelernt und war ihm näher getreten. Es wurde eine Freundschaft fürs Leben! Nach dem so plötzlichen Tode meines Vaters auf einer Erholungsreise nach Italien, im Herbst 1879, telegraphierte mir der Fürst in be­wegendster Weise, wie hart, persönlich und amt­lich, ihn der Verlust betroffen. Als mein Vater den Fürsten Bismarck fragte, ob er mich als Attache in , den auswärtigen Dienst übernehmen wolle, machte er ihn darauf aufmerksam, daß schon drei Bülows dem auswärtigen Dienste angehörten: mein Vater selbst, der damals Staatssekretär des Aus­wärtigen war, der Geheimrat Ernst von Bülow, Bülow I., wie er während vieler Jahre im Auswär­tigen Amt genannt wurde, und der langjährige Reisebegleiter und spätere Gesandte in Rom Otto von Bülow. Mein Vater fragte, ob vier Bülows nicht etwas zu viel wären, worauf der Fürst freundlich erwiderte: „Von der Sorte körmén wir nicht genug bekommen!“ Und als ich einige Tage später dem großen Manne vorgestellt wurde — ich sehe ihn noch vor mir, die riesige Figur, die buschigen Augenbrauen und unter ihnen das tiefe, uner­gründliche Auge — da fragte er mich in seiner humorvollen Art und mit der leisen und verhaltenen Stimme, die bei seiner Reckengestalt doppelt ein­drucksvoll war: „Haben Sie schon einmal einen dummen Bülow gesehen?“ Nun, ich bin immer ehrlich gewesen, „Alle Bülows ehrlich“ lautet unser alter Wappenspruch, und die Wahrheit ist, daß es auch bei uns minder Erleuchtete gibt. Also ich antwortete dem Fürsten: „Jawohl, Durchlaucht — aber nicht viele!“ Da lachte der Fürst und drückte mir herzlich die bland. —- Jener Begegnung und meines teuren Vaters gedächte der Fürst, als ich ihn, nach meiner Ernennung zum Staatssekretär, im Sommer 1897, mit dem Kanzler Fürsten Hohen­lohe in Friedrichsruh besuchte. Er wußte, ohne darüber Näheres zu sagen, wie mein Besuch ge­meint war und es hatte ihn sichtlich gefreut! Immer wieder nehme ich seine Reden, Briefe, Erinnerungen zur Hand, eine unerschöpfliche Quelle des Genusses!“ Da lag die Frage nahe, wie es um des Fürsten eigene Erinnerungen stände, von denen die Zeitun­gen wiederholt Mitteilung gebracht und ob nicht eine Veröffentlichung zu erwarten wäre: „Nein, ich tue es nicht, — und es sind bestimmte Gründe, die ich ja nicht erst zu erörtern brauche, welche mich daran hindern. So manche Erinnerungen einst an besonderer Slelle gestandener Menschen sind in den lefzten Jahren erschienen —- ich will nicht erst Namen nennen —r- die mit Recht Unwillen erregten; eines dieser Bücher, der Verfasser stand mir amt­lich sehr nahe, warf ich ergrimmt in die Ecke!“ Wir sprachen von der Presse, von ihrer zu­nehmenden Bedeutung, von einzelnen Vertretern derselben, die der Fürst persönlich gekannt und ge­schätzt: „Ich habe mich stets bemüht,“ so meinte Fürst Bülow, „mit der Presse gut zu stehen, ihre Wichtigkeit war mir früh klar geworden,, und ich habe eine ganze Reihe ausgezeichneter Journalisten kennengelernt, mit denen ich gern verkehrt und mich mit Freuden unterhalten. Übrigens: meine ersten Er­fahrungen mit der Presse waren recht böse. Wir. saßen eines Abends in Frankfurt, der'schönen Main-. Stadt, um den runden Familientisch, meine Eltern, meine Geschwister -und ich, als das Abendblatt hereingebracht wurde. Voll Wißbegierde griff ich zehnjähriger Bengel nach dem Blatt, fuhr in meinem Eifer mit allen fünf Fingern an den heißen Zylinder, der Lampe, die auf dem Tisch stand, und verbrannte mich greulich. Das war das erste. Mal, daß ich mir die Finger mit der Presse verbrannt habe! Und ein erstes Mal, daß sich die Presse mit mir beschäftigte, fand eine ganze Reihe von Jahren später statt, als ich jugendlicher Geschäftsträger in Athen war. Da las ich in einem großen Wiener Blatt etwa folgen­des: „Fürst Bismarck muß ein wahrer Meister der diplomatischen Kunst sein, wenn -er alle Torheiten wieder gutmachen will, die der deutsche Geschäfts­träger in Athen jetzt anrichtet. Schon das Äußere desselben, wie Nr. 5 am Geschütz — das war der Kanonier, der gar nichts zu tun hatte —, so einfältig schaut dieser junge Herr v. Bülow in die Welt.“ Nun, später hat sich dasselbe Blatt besser und ein­gehender mit mir beschäftigt, ich konnte auf seine guten Zensuren stolz sein! Während ich an Unserer Pariser Botschaft tätig war, da richtete mich einmal ein Mitglied der Presse, es war der bekannte Biowitz, der Vertreter der Times, ein kluger Mann, recht auf. Ich war in melancholischer Stimmung, fand, mein Avancement ging nicht rasch genug, und da. fragte ich Biowitz, ob ich Aussichten im Journalismus hätte. „Sofort bringe; ich Sie an, mit 30.000 Frkncs jährlich,“ antwortete er mir. Das hat damals mein Selbstvertrauen sehr gestärkt, und noch heute macht mir die Erinnerung Vergnügen.“ Eines gemeinsamen' Bekannten würde gedacht; Fürst Bülow fragte nach seinem Alter, gleich hinzu­setzend: „Wenn man so alt ist wie ich, soll man freilich nicht nach dem Alter anderer fragen.“ Er knüpfte dann an den alten Kaiser an, dem es, als er schon selbst an die Neunzig war, sehr angenehm war, wenn man ihm ältere Herren als Minister vor- Mittwoch, 1. Mai 1929

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