Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. június (76. évfolyam, 121-145. szám)

1929-06-01 / 121. szám

Samstag, 1. .Tun! 1929 seinen Wahlkreis mit einer Mehrheit von 11.096 im Kampf gegen einen Konservativen, einen Liberalen und einen kommunistischen Gegenkandidaten seine Wieder­wahl sichern. Im nordöstlichen Bezirk von Derbyshire hat die Arbeiterpartei ihre Mehrheit um 10.000 Stimmen ver­größern können. (Telegramm des Pester Lloyd.) London, 31. Mai. Das Geschäft an der heutigen Börse war unter dem Eindruck des Steges der Arbeiterpartei sehr flau. Staats­papiere, viel Eisenbahn- und Industrieaktien eröffneten sehr zurückhaltend und zeigten stark fallende Tendenz. Auch die rhodesischen Kupferaktien, in denen in der letzteren Zeit sehr stark spekuliert wurde, gaben stark nach. Das Geschäft war sehr gering. Berlin, 31. Mai. , Der Ausgang der englischen Parlamentswahlen wird auch hier mit lebhaftem Interesse verfolgt. Man vermeidet bis jetit noch jede Stellungnahme mit dem Hinweis dar­auf/daß die endgültigen Wahlergebnisse noch nicht vor­­liegcn. Der sozialdemokratische Vorwärts und dessen Spätausgabe, der Abend, feiern die Erfolge der Arbeiter­partei, wie denn auch der Vorsitzende der Sozialdemokra­tischen Partei heute im Aufträge des Magdeburger Partei­tages an Henderson ein Glückwunschtelegramm gerichtet hat. 1 Paris, 31. Mai. Temps befaßt sich mit dem Resultat der englischen Wahlen und schreibt die Niederlage der Konservativen Partei in erster Linie dem Umstande zu, daß die Regie­rung in den letzten Jahren die seit dem Kriege fühlbare i:wirtschaftliche Krise Englands nicht heilen konnte. Die (schwankenden und unzufriedenen Elemente, die im De­zember 1924 gegen die Arbeiterpartei gestimmt haben, weil sie damals durch die Unerfahrenheit der Labourregie­­rung desillusioniert waren, wendeten sich nun gegen die (Partei, die sich an der Macht befand. Die Liberalen (können zwischen diesen beiden mächtigen Strömungen (ihre Niederlage, die sie bereits bei den letzten Wahlen erlitten haben, nochmals besiegelt sehen. Vom Tage. Ministerrat. Die Mitglieder der Regierung versammelten sich heute, vormittags 11 Uhr, zu einem Ministerrat, in dem an Stelle des abwesenden Ministerpräsidenten Grafen Stefan Bethlen Volkswohlfahrtminister Dr. Josef Vass den Vorsitz führte. Zunächst machte Wirtschaftsminister Dr. Johann Bud in Angelegenheit der weiteren Entwicklung und Organisierung des industriellen und landwirtschaftlichen Exports eine Reihe von Unterbreitungen, die der Minister­rat sich einstimmig zu eigen machte. Ackerbauminister Johann Mayer erstattete über seine in den vom Frost heimgesuchten Gegenden gemachten (Erfahrungen und über die mit den Lokalbehörden gepflo­genen Verhandlungen Bericht. Auf Grund dieses Berich­tes unterbreitete der Ackerbauminister detaillierte Vor­schläge über den Modus der Hilfsaktion, worüber eine lebhafte Debatte abgeführt wurde. Mit Rücksicht darauf, daß im Finanzministerium die auf die finanzielle [Vorbereitung dieser Frage bezüglichen Verhandlungen noch nicht abgeschlossen werden konnten, wurde die (Entscheidung bis zum nächsten Ministerrat verschoben. Der Ministerrat, der sich schließlich noch mit laufen­den Angelegenheiten beschäftigte, war um halb 3 Uhr (nachmittags zu Ende. Lord Rothermere an den Geheimen Rat Béla Földes über die Aufgaben der Revisionsarbeit. Lord Rothermere hat an unseren hochgeschätzten Mitarbeiter, Geheimen Rat Béla Földes, das folgende Schreiben gerichtet: — Exzellenz! Ich erhielt Ihren am 19. April im Pester Lloyd veröffentlichten Artikel „Einige neuerliche Statio­nen auf dem Wege zur Revision“, den Sie so freundlich waren, mir zuzuschicken. Der Artikel ist eine bemerkens­wert klare und genaue Behandlung der Frage, und die Schlußfolgerung, daß das Problem seiner Lösung näher­gerückt ist, trifft durchaus zu. Nichtsdestoweniger ist es unbestreitbar, daß noch vieles geschehen muß. Im Aus­lande muß weiter Aufklärung verbreitet werden und — (was ich von kardinaler Wichtigkeit halte — das Pro­gramm der Revision muß ausgearbeitet werden. Ungarn muß die internationale öffentliche Meinung mit seinen Forderungen bekanntmachen und muß dies so maßvoll tun, daß die Welt die Überzeugung von der Möglichkeit fciner friedlichen Lösung des Problems zur allgemeinen Zufriedenheit gewinnt. Ich entnehme den ungarischen Blättern, daß in den letzten Wochen in diesem Belange (manche Fortschritte gemacht wurden, und ich hoffe, daß die ungarischen Staatsmänner die Zeit finden werden, um die Revision durchführbar zu machen. Ich interessiere mich sehr für Ihre publizistische Tätigkeit und ich möchte gern Ihre genauen Ansichten über den praktischen Aspekt der Revision kennenlernen, sobald Sie die Zeit zu deren [Publikation für gekommen erachten. Ich danke für Ihre Freundlichkeit und zeichne Ihr getreuer Rothermere. Die Arbeiter und die Revisionsbewegung. Der Fronleichnamstag brachte eine neue Manifesta­tion der ungarischen Arbeiterschaft für die Idee der Revi­sion. Eine aus zehn Mitgliedern bestehende Abordnung der 5000 Köpfe zählenden Belegschaft der Uiösgyörer Werke und weiterer 1300 Bergarbeiter der näheren Um­gebung von Diósgyőr ist beim Präsidenten der Revisions­liga Franz Herczeg erschienen, um ihm die Beitritts­erklärung dieser Arbeiter zur Revisionsliga zu über­­bringen und ihn der weitestgehenden Unterstützung der Arbeiter zu versichern. Auf die Rede des Führers der Abordnung, des Schlossers Ludwig Nyitray, antwortete Franz Herczeg in einer längeren Rede. Er apostrophierte die Diósgyőrei1 Arbeiterschaft als die Elite der ungari­ • 3 • PESTER LLOYD schen Arbeiter und dankte in warmen Worten für das Verständnis, das sie der Idee der Revision entgegen­bringen. In der Friedenszeit, führte er weiter aus, haben in Ungarn die bürgerliche und die Arbeiterklasse ein­ander nicht verstanden. Damals war das Land glücklich und konnte sich den Luxus der Meinungsverschiedenheit erlauben. Heute jedoch, da die Existenz eines jeden durch die durch den Friedensvertrag geschaffene Lage aufs schwerste gefährdet äst, kann Ungarn nur durch das ein­mütige Wollen aller gerettet werden. Die Arbeiter nahmen die Worte Herczegs mit tiefer Rührung auf und ver­sicherten ihn nochmals ihrer Entschlossenheit, der Re­visionsbewegung zu dienen. Die Einigung zwischen Deutschland und den Alliierten. Paris, 31. Mai. (Havas.) Die zwei Unterausschüsse der Sachverstän­digenkonferenz haben gestern nachts und heute vormit­tags ein lebhafte Aktivität entfaltet. Der eine Unteraus­schuß besteht aus Stamp, Pirelli, Parmentier und Quesnay. Dieser verhandelte mit dem deutschen Dele­gierten Cassel die Fragen des Moratoriums, sowie der sequestierten Güter. In den Mittagsstunden wurde in bei­den Fragen efue Verständigung erzielt. Der andere Un­terauschuß, der sich aus Moreau, Pirelli und Franqui zu­sammensetzt, diskutierte das Problem der Verpfändung der deutschen Eisenbahnen. Morgen dürfte mit der Abfassung des den Regierun­gen zu überreichenden Schlußberichts begonnen werden. Diese Arbeit dürfte bis Ende nächster Woche dauern. In Konferenzkreisen verlautet es, daß die deutsche Regie­rung heute einen besonderen Delegierten entsenden wird, dessen Aufgabe darin bestehen soll, mit den belgi­schen Delegierten über die belgische Markschuld Ver­handlungen zu pflegen. (Telegramm des Pester Lloyd.) Paris, 31. Mai. Die heutigen Verhandlungen der Reparations­sachverständigen haben — wie wir zuverlässig er­fahren — zu einer Einigung in fast allen noch schwe­benden Punkten geführt. Die Grundlage dieser Eini­gung deckt sich mit den bereits mitgeteilten Anga­ben, zu denen aber noch nachzutragen ist: . Der ungeschützte Annuitätenteil ist für die ganze Dauer des Zahlungsabkommens ungefähr auf 660 Millionen Goldmark einschließlich des Dienstes der Dawes-Anleihe (571 Millionen Goldmark ohne die Anleihe) festgesetzt worden. Deutschland wird das Recht zugestanden, jederzeit, wenn die Verhält­nisse des Finanzmarktes dies gestatten, den Rück kauf von bereits ausgegebenen oder konvertierten Anleihen vorzunehmen. Der auf die rückgekauften Anleihen entfallende Teil der Annuitäten braucht also von Deutschland nicht mehr bezahlt werden. Die Liquidationsklausel ist gleichfalls angenönnnen worden. Die Frage der Heranziehung der Nach­folgestaaten ist so gelöst worden, daß die Gläubiger innerhalb eines Jahres zu erklären haben, ob sie ihre Guthaben erlassen wollen, oder nicht, damit die deutsche Regierung nach Ablauf ihrer Frist Klar­heit hinsichtlich der Deckung der letzten 21 An­nuitäten gewinnt. _ Auch fiir die Verteilung der Gewinne der inter­nationalen Zahlungsbank sind Vereinbarungen ge­troffen worden. Achtzig Prozent des Gewinns geht zukünftig zu den Spezialfonds und an die Reserve. Im übrigen erhält die Bank ein Kapital von 400 Millionen Goldmark. Die Alliierten werden 200 Mil­lionen Goldmark, die sich ständig in der Kasse des Generalzahlungsagenten befinden, bei der Bank zins­los einzahlen. Von deutscher Seite werden 100 Mil­lionen, die beim Kommissär fiir die laufenden Ein­nahmen liegen, ebenfalls unverzinst zur Verfügung gestellt werden. Außerdem haben die Gläubiger be­schlossen, eine ungeschützte Annuität, also rund 600 Millionen Goldmark, verzinslich bei der Bank stehenzulassen. Der Völkerbund. Genf, 31. Mai. (Schweizerische Depeschenagentur.) Das aus Adatci, Chamberlain und Quinones de Leon zusammengesetzte Dreierkomitee des Völkerbundrates hat sich bekanntlich in einer im April in London abgehaltcnen Tagung mit der Minderheitenfrage befatß. Der von dem Komitee aus­­gearbeitete Bericht enthält einige interessante Angaben. Der Bericht, der von dem in Madrid am 6. Juni zusam­mentretenden, aus Vertretern aller, dem Völkerbundrat angehörenden Staaten zusammengesetzten Komitee ge­prüft wird, lehnt die von gewissen Kreisen angeregte Schaffung einer ständigen Kommission zur Prüfung der Minderheitenfragen als dem Völkerbundpakt wider­sprechend ab. Ferner wird auch der Antrag des kanadi­schen Senators Dandurand verworfen, wonach ein aus Vertretern aller dem Völkerbundrat angehörenden Mächte zusammengesetztes Ratskomitee die Petitionen der Min­derheiten einer Vorprüfung unterziehen solle. Die bisher bestandene Einrichtung des Dreierkomitees des Völker­bundrates zur Vorprüfung der Petitionen wird grund­sätzlich auch fiir die Zukunft als maßgebend erklärt. Ferner wird die Anregung Danüurands abgelehnt, wonach vor der Prüfung durch die Dreierkomitees zwischen der Minderheit und der Regierung des betreffenden Landes, der sie angehört, eine direkte Verhandlung gepflogen werde. Andererseits soll der Generalsekretär des Völker­bundes ermächtigt werden, entgegen der bisherigen Praxis der Minderheit Kenntnis von dem Schicksal ihrer Petition zu geben und im Falle der Ablehnung der Peti­tion den Petitionären eine Mitteilung über die Gründe des negativen Beschlusses des Dreierkomitees des Rates zii' machen. Bukarest, 31. Mai. In Vertretung Rumäniens wird Staatssekretär Ga­­fencu zur Tagung des Völkerbundrates nach Madrid fahren. Der Staatssekretär trifft Titulescu in Paris; sie werden dann zusammen die Reise nach Madrid antreten. Internationales Arbeitsamt. Genf, 31. Mai. (Ung. Tel.-Korr.-Bureau.) Die ungarische Delegation der zwölften Konferenz des Internationalen Arbeitsamtes ist hier eingetroffen und nahm an der Eröffnungssitzung der Konferenz vollzählig teil. Die Delegation setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen: die Vertreter der Regierung sind Gesandter Rudolf Märffy-Mantuano,. Staatssekretär Géza Papp und stellvertretender Staats­sekretär Johann Jezsovits, ferner die ihnen zugeteilten Sachverständigen und der Direktor des Sozialversiche­rungsinstituts Ludwig Pfisterer. Die Vertreter der Arbeit­geber sind Staatssekretär a. D. Kornél Tolnay und der Sekretär des Bundes Ungarischer Industrieller Alexander Knob, die Vertreter der Arbeitnehmer die Abgeordneten Karl Peyer und Johann Tobler. Genf, 31. Mai. (Schweizerische Depeschenagentur.) Die internatio­nale Arbeilskonferenz ratifizierte die Vorschläge der An­tragskommission in bezug auf die Zahl der Delegierten. die die verschiedenen Kommissionen bilden sollen. ÖSTERREICH. Eine Rede des Bundeskanzlers Streeruwitz. Wien, 31. Mai. (U. T.-K.-B.) In der heutigen Generalversammlung des Hauptverbandes der Industrie hielt der neue Bundes­kanzler Streeruwitz eine Ansprache, worin er unter an­derem auf seine jahrelange Tätigkeit für die Industrie er­innerte und sagte, es sei keine Kunst und erfordere nicht übermäßig viel Verstand, die Erde zum Stillstand zu brin­gen, es scheine ihm aber auch, daß man heute auf Ba­jonetten weniger sitzen könne, als vorher, und daß die Wirtschaft von heute nicht wie ein Raketenwagen ge­fahren werden könne. Auf die augenblicklichen Gegensätze zwischen Heimwehren und Arbeiterschaft zielend, sagte der Bundeskanzler: Es sei unleugbar, daß die eigentlichen Begründer der systematischen Massenaufbietungen aus wirtschaftlichen Argumenten zu allerletzt berechtigt seien, die Übernahme dieses Systems durch andere zu tadeln. Dagegen müßten jene, die als Schützer der Ordnung auftreten, ihre eigentliche Befähigung hierzu selbst beweisen. Es ist, so schloß der Kanzler, mein festes Wollen und der aller meiner Kolle­gen in der Regierung, den drohenden wirtschaftlichen Gefahren mit Tatkraft zu begegnen und den Wiederauf­bau, dessen Fundamente die unerschütterliche Währung und der geordnete Staatshaushalt sind, zu fördern. Hierzu bedarf ich der Beihilfe der gesamten Bevölkerung und der Unterstützung der wirtschaftlichen Körperschaften. Ich suche nicht nach Gunst und Beliebtheit und bin ge­wohnt, Gegnerschaft zu ertragen; nur wer der Sache, die wir führen, mit schädlichen und ungesetztlichen Mitteln zu Leibe gehen wollte, würde auf harten Widerstand stoßen. Die Forderungen der Staatsbeamten. Wien, 31. Mai. (Wiener Amtliche Nachrichtenstelle.) Heute fand eine Aussprache zwischen der Regierung und den Ver­tretern der Beamtenschaft statt, in der diese ihre For­derungen überreichten. Die Verhandlungen zwischen den Beamten und der Regierung werden Mitte nächster Woche beginnen. Die Vertreter der Beamtenschaft verlangen zunächst einen Vorschuß auf die im Dezember fällige Auszahlung. Die Regierung erklärt, die meritorischeo Verhandlungen ehesttufflieh aufnehmen zu wollen. DEUTSCHLAND. Der Sozialvcrsicherungsvertrag mit Österreich. Berlin, 31. Mai. (Wolff.) In den letzten Tagen fanden im Reichs-. arbeitsministerium Verhandlungen mit einem Vertreter der österreichischen Regierung über einen neuen Vertrag auf dem Gebiete der Sozialversicherung statt. Der Ver­trag soll das bisherige Abkommen vom 8. Januar 1926 dem jetzigen Stand der Gesetzgebung auf beiden Seiten anpassen, und zugleich auf neue Gebiete ausdehnen. Die schon jetzt engen Beziehungen zur österreichischen Sozialversicherung werden durch den Vertrag, der in den nächsten Monaten unterzeichnet werden soll, weite* verstärkt werden. Verurteilung des kommunistischen Redakteurs Schrader. Leipzig, 31. Mai. (Wolff.) Der vierte Strafsenat des Reichsgerichts ver­urteilte den Schriftleiter der Roten Fahne Karl Schräder wegen Vorbereitung zum Hochverrat, Unterstützung einer staatsfeindlichen Verbindung und Beschimpfung der ver­fassungsmäßig festgeslellten Staatsform zu einem Jahr Festungshaft und 100 Mark Geldstrafe. Der Angeklagte hatte als verantwortlicher Schriftleiter im November 1928 zwei Artikel veröffentlicht, und zwar zum 11. Jahrestag der russischen Revolution den Artikel „Es lebe die Dik­tatur!“ und nach der Reichstagsdebatte über den Panzer­kreuzer den Artikel „Der deutsche Säbel rasselt“. In den beiden Artikeln handelt es sich nach Überzeugung des Gerichtes um praktische Vorbereitung zum gewaltsamen Umsturz der Reichsverfassung. Dem Angeklagten wurde die Überzeugungstäterschaft zuerkannt, mildernde Um­stände wurden ihm jedoch versagt.

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