Pester Lloyd - esti kiadás, 1930. február (77. évfolyam, 26-49. szám)

1930-02-01 / 26. szám

Eímelnummer an Wochentagen IO, an Sonntagen 32 Heller. Abonnement; für Budapest: mit täglich, zweimaliger Zustellung und für das Inland Morgen­und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Moryenblatt allein vierteljährlich II P, i^omrtlich 4 P. Auch auf das Abend­blatt allein kann unter den gleichen Bezugs­bedingungen abonniert werden. Für die Separate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Goldschmidt Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich : Für Oesterreich und Polen 20 Pengő, für Jugoslawien Ä4 Pengő, für alle übrigen Staaten 80 Pengő. Abonnements werden auch t>ei sämtlichen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgesteilt. Telephon der Redaktion : 848«30« 77, Jahrgang. PESTER LLOYD ABENDBLATT I nseratenanfftiahme: ln. Budapest, in der Administration dec Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. EiocknerL. J. Blau, Győri & Nagy, Haasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Leopold. Julius Leopold, Magyar hirdetc-iroda, Rudolf Mosse A.-G., Jos. Schwarz, Sikray, Julius. Tenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich : W. Dukos flachf. A.-G., Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer für Budapest und fü® die Provinz: Morgenblatt an Wochentageni 16 Heller, an Sonntagön 82 Heller,, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreich i Morgenblatt an Wochentagen 30 Air., an Sonntagen 40 Gr., und Abendblatt 30 Gr. — Für Jugoslawien: Morgenblatt an Wochentagen 3 Dinar, an Sonntagen 4- Dinar und Abendblatt 2 Dinar 50, Redaktion u. Adm.: V., Mária Valéria-uccalS* Telephon der Administration: 849-09. Budapest, Samstag, 1. Februar 1930. Nr. 26 Äuslandschau. — 1. Februar. — Wie man in Jugoslawien mit dem ungarischen Mittelschulunterricht umgeht. In der Auslandschau unseres Abendblattes vom 15. Januar haben wir auf Grund gewisser Anzeichen der Vermutung Ausdruck verliehen, daß die ohne Bang und Klang erfolgte Enllassung der drei höchsten Beamten des Donaubanats nicht zuletzt durch den Gegensatz veranlaßt wurde, der schon «eit längerer Zeit in bezug auf Behandlung der nationalen Minderheiten zwischen Regierung und Banus bestanden hatte. Gleichsam zur Bestätigung der Richtigkeit unserer Annahme geht uns nun die Nachricht zu, daß durch eine Verordnung des jugo­slawischen Unterrichtsministers die Schließung der achten Klasse der ungarisch-, bzw. gemischt­sprachigen Parallelabteilung des Nagybecskereker Obergymnasiums verfügt wurde, die kurz vorher durch einen Bescheid der Unterrichtssektion des Donaubanats am 15. Januar 1. J. wieder eröffnet worden war. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß dieser Ministerialerlaß recht deutlich die eigent­lichen Absichten der Belgrader Machthaber wider­spiegelt und eine neuerliche Verschärfung des min­­derheitenfeindlichen Kurses bedeutet, ln welch un­glaublicher Weise übrigens das Schulwesen der un­garischen nationalen Minderheit systematisch ge­drosselt und wie durch solch planmäßiges. Zer­störungswerk alles weit überboten wird, was man in anderen minderheitenfeindlichen Staaten an Verfol­gung' und Unterdrückung der Minoritäten bislang geleistet hat, das soll hier in großen Zügen, an der Hand beglaubigter Daten, wieder einmal angeführt werden, die sieh auf die noch übriggebliebenen so­genannten ungarischen Parallelabteihingen des Nagy­­becskereker, Zentaer und Szabadkaer Obergymna­siums beziehen. In Nagybecskerek wurden zu Schulbeginn sämt­liche Klassen der ungarischen Parallelabteilung er­öffnet, da in allen die vorgeschriebene Schüleranzahl (für die unteren vier Klassen je 30-, für die vier oberen je 20) nicht nur erreicht, sondern um ein Beträchtliches sogar überboten worden war. Zur Abschwächung des überaus günstigen Einschulungs­­ergebnisses setzte sogleich die berüchtigte Namens­analyse ein, und alle Schüler, deren einwandfreie ungarische Volkszugehörigkeit die Schulbehörde nicht anerkannte, wurden von Amts wegen einfach den serbischen Klassen zugewiesen. Einige Wochen nach dieser willkürlichen Korrektur, als der Unter­richt schon in vollem Zuge war, wurde dann plötz­lich, ohne vorherige Anzeige, die Schließung der zweiten, dritten und fünften Klasse mit ungarisch­serbischem Unterricht verfügt. Also mitten im Schul­jahre, ohne die geringste Rücksicht auf die mate­riellen und moralischen Interessen der Schüler und ihrer Eltern, wurden ohne stichhaltige Begründung minderheitliche Mittelschulklassen gesperrt und min­derheitliche Schüler wie willen- und rechtlose Fi­guren in Klassen mit reinserbischer Unterrischts­­sprache gesteckt. So sieht die Lernffeiheit und die von der Diktatur bis zum Überdruß angepriesene Gleichberechtigung in der Wirklichkeit aus! Daß der Unterrichtsminister die behufs Beschwerdeführung um Audienz ansuchende Deputation der durch seine Maßregel in Mitleidenschaft gezogenen Eltern über­haupt nicht empfing, gehört mit zu den Methoden und Requisiten der erlesenen Staatskunst der Belgrader Diktatur. In der ersten Hälfte des laufenden Schuljahres wurden demnach an einem einzigen Gymnasium von acht Klassen vier abgeschafft, was bei Voraussetzung ähnlichen und andauernden Eifers im Abbau ungarischen Schul­wesens bis zum Jahresschluß, spätestens aber bis zum Beginn des nächsten Schuljahres das vollstän­dige Eingehen der Nagybecskereker ungarischen Parallelabteilung zur zwangsläufigen Folge haben dürfte. Das Vorspiel dazu hat mit der von der Schul­behörde bewerkstelligten Entvölkerung der Nagy­becskereker parallelen Vorksschulabteilungen mit ungarischer Unterrichtssprache bereits begonnen. Sollte man sich zuständigenorts unterfangen, dieses barbarische und in der ganzen gesitteten Welt wohl ohne Gegenstück dastehende Vorgehen mit Berufung auf die die Schülerzahl der einzelnen Gymnasialklassen regelnden Bestimmungen des neuen Mittelschulgesetzes zu begründen und darauf hinzuweiseh, daß nach Durchführung der Naniens­­analyse die Schülerzahl der aufgelösten vier Klassen den vom neuen Gesetz geforderten erhöhten Stand etwa nicht erreicht habe, so möge man ja nicht die andere nicht minder gewichtige Bestimmung des Ge­setzes verschweigen (§ 8), laut welcher bei ungenü­gender Schüleranzahl die Schließung der Klassen nur dann zulässig ist, wenn der vorgeschriebene Mini­malstand während drei aufeinander folgender Jahre nicht erreicht werden konnte. Freilich den nationa­len Minderheiten gegenüber haben gesetzliche Vor­schriften keipe Geltung. Die Minoritäten stehen eben außerhalb des Gesetzes, sie sind einfach vogelfrei! Nimmt man zu alledem noch den äußerst cha­rakteristischen Vorfall hinzu, daß in Zenta die obe­ren vier Klassen der ungarischen Parallelabteilung des eine mehr als hundertjährige Vergangenheit auf­weisenden Gymnasiums knapp vor Schulbeginn mit­tels Ministerialerlasses, vom 27. August nach obigem Muster ebenfalls kassiert wurden, und daß die nach Szabadka zur Fortsetzung ihres in so ungehöriger Weise unterbrochenen Studiums iibersiedelten Zen­taer Schüler am 7. November zum Verlassen der entsprechenden höheren Klassen genötigt wurden, wodurch über 60 ungarische Mittelschüler, dar­unter 26 Schüler der achten Klasse, ohne Schul­unterricht geblieben sind und ihr Studium vielleicht ganz aufgeben müssen, so hat man eine ziemlich genaue Vorstellung von der wahrhaft trostlosen Lage des ungarischen Mittelschulunterrichts in Jugo­slawien. Gewiß ist, daß ein derart frevelhaftes Spiel mit dem minderheitlichen Schulwesen und den heiligsten Gütern der nationalen Kultur derzeit in keinem anderen Lande Europas getrieben wird. Arbeitslosigkeit und Kommunisten­putsche in Deutschland. Die deutsche Arbeitslosigkeit steigt. Sie steigt in bedrohlichem Tempo und hat bereits den vorjährigen Rekordstand von zwei Millionen überschritten. Dabei muß berücksichtig! werden daß das Vorjahr vom Standpunkt der Arbeitslosigkeit an sich schon eine ungünstige Vergleichsbasis bildet, da der harte Winter die ganze Bautätigkeit vollständig stillegte und auch die Rückwirkungen der großen Eisenaus­sperrung noch fühlbar waren. Die Lage des Arbeits­marktes in Deutschland ist daher als zweifellos ge­fährlich anzusehen und schon die kritische Finanzlage des Reiches jede Erhöhung der Arbeitslosenrenten als ausgeschlossen erscheinen läßt. In einzelnen Großstädten, wo die chemische, Metall- und Elektro­industrie stark vertreten sind, und in Hafenstädten, die besonders unter dem starken Rückgang des Außenhandels zu leiden haben, stieg die Arbeits­losigkeit besonders stürmisch und hat eine erbitterte Stimmung der Massen zur Folge. Nur auf diese Ge­legenheit hat aber die Kommunistische Partei Deutschlands gewartet. Wie innerlich faule Gemein­wesen ihre innere Auflösung stets dadurch über­kleistern möchten, daß sie in äußeren Konflikten Entladung für ihre schwülen Energien suchen, so war auch für die innerlich morsche deutsche Kom­munistenpartei die Gestaltung des Arbeitsmarktes eine günstige Gelegenheit, um sich wieder einmal am Arbeiterblute gesundzuputschen. In Hamburg und in Berlin sind große Pläne für Straßenkämpfe am 1. Februar ausgearbeitet worden, Moskauer Emissäre sickerten scharenweise unter dem Schutze der deutsch-russischen wirtschaftlichen „Zusammenar­beit“ nach Deutschland durch, und es ist allein dem hitzigen Temperament der Hamburger Jungkommu­nisten zu verdanken, daß durch die vorzeitige Explo­sion der Unruhen die deutschen Behörden auf die Spur der Putschpläne gekommen sind. Gestern sind bereits in Berlin bedeutende Waffenlager ausgehoben, einige Gruppen von Rädelsführern, darunter auch kommunistische Reichstagsabgeordnete, verhaftet worden, und so kann gehofft werden, daß die Be­wegung noch im Keime erstickt werden kann. Aber die sich regelmäßig, erneuernden kommunistischen Aufstandsversuche sollten doch die Leiter der deutschen Außenpolitik über den wahren Grund der Unruhen aufklären und sie bestimmen, Moskau dort zu packen, wo seine größte Energie konzentriert ist: beim Geldbeutel. Genügten den deutschen Behörden die Enthüllungen der deutschen demokratischen Presse über die verbrecherische Tätigkeit der russi­schen Wirtschaftsorganisationen in Deutschland nicht? Ist es nicht klar erwiesen, daß deren Mit­glieder eine regelmäßige kommunistische Propaganda in Deutschland entfalten? Ist die Rapallolinie auch heute noch ein Rührmichnichtan der deutschen Außenpolitik? Sollte die Arbeitslosigkeit weiter stei­gen, so kann das Frühjahr in Deutschland wieder zu einer blutigen Kraftprobe zwischen Demokratie und Linksputschismus werden. Kapitän Erhardt und seine Gesinnungsgenossen aber sehen mit gefalteten Armen ruhig zu. Erst den kommunistischen Bundesgenossen vorauszuschicken, und der Demokratie, nachdem sie an ihrer eigenen Energielosigkeit verblutet ist, den Gnadenstoß zu versetzen: darin liegen ihre Hoff­nungen. Der Fall Kutjepow. Unter den potentiellen Kräften, die für die Ge­staltung der europäischen Zukunft noch von ent­scheidendem Einfluß werden können, steht die m allen Weststaaten zerstreute russische Emigration nicht an letzte Stelle, ln den großen Metropolen des Westens ballt sie sich zu besonderen Organis- ' men von den mannigfachsten sozialen, kulturellen und auch politischen Lebensäußerungen zusammen, mit denen die Herrscher im Kreml aufs ernsteste rechnen müssen. In den ersten Jahren nach dem Kriege war Berlin das Zentrum der russischen Emigranten aus den verschie­densten Gesellschaftsschichten und politischen Par­teilagern. Im Jahre 1920 wurde ihre Zahl in der deutschen Reichshauptstadt auf zumindest 200.000 geschätzt. Sie hatten dort vier große Tagesblätter, eine Reihe von Zeitschriften, mehrere Kirchen, Schulen, Klubs, Buchhandlungen, Restaurants und eine stattliche Anzahl von Unterhaltungslokalen. Zwei Momente: der Ausbruch interfraktioneller Zwistigkeiten, in denen sich der Fluch der zaristi­schen Verhältnisse gleichsam in die Verbannung fortzuspinnen schien, und die sich besonders kraß durch die Ermordung des Kadettenführers Nabokow offenbarten, und mehr noch die in Deutschland nach Liquidierung der Inflationserscheinungen ein­setzende Teuerung bewirkten eine Verlegung der Emigrantenzentrale nach Paris. Unter der Ägide der französischen Gastfreund­schaft schienen sich die prinzipiellen Auseinander­setzungen zwischen den einzelnen Parteien, nament­lich aber zwischen den zaristischen und republi­kanischen Gruppen gemildert zu haben. Demgegen­über zeitigte der Gegensatz zwischen Emigranten und Kommunisten immer schärfere Formen. Die Sendlinge der Dritten Internationale suchen seit einiger Zeit ihren Zorn ob der außenpolitischen Mißerfolge des Moskauer Kurses an cKn Emigranten zu entladen, deren prominentere Vertreter sich in Paris von den nach dem Ausland entsandten Be­obachtungsorganen des GPU wiederholt belästigt fühlten. Dieser latente Gegensatz hat nun durch den mysteriösen Fall der Verschleppung des Generals Kutjepow akute Formen angenommen. Nach dem Tode des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch ging die Leitung der Pariser Emigration in die Hände Kutjepows über, der als früherer Adjutant der Ge­nerale Wrangel und Denikin kraft seines nicht all­täglichen Organisationstalentes für dieses Amt am berufensten schien. Seit vorigen Sonntag mittag ist nun der General, der mit seiner Familie eine kleine Wohnung in einer Pariser Vorstadt bezogen hat, plötzlich verschwunden, und trotz der emsigsten Nachforschungen von seiten des gesamten Pariser Polizeiapparates gelang es bisher noch nicht, irgendwelche Spur des Vermißten zu ent­decken. Doch weisen alle Zeichen darauf hin, daß Kutjepow ein Opfer kommunistischer Umtriebe geworden ist, zumal er der in kommunistischen Kreisen am meisten Gehaßte unter den Pariser Emigranten ist, der ständig verfolgt und des öfteren bedroht wurde. Alle Verdachtsmomente kon­zentrieren sich also gegen die in Paris wirksamen kommunistischen Verbände, und die Pariser Öffent­lichkeit erachtet den Fall nicht bloß als einen Kriminalfall oder als eine russische Innenangelegen­heit, sondern zugleich als eine hochpolitische Affäre, die die französischen Interessen unmittelbar be­rührt. Sie gewinnt um so ernstere Konturen, als das Verhältnis zwischen Frankreich und Sowjetrußland seit den Pariser kommunistischen Umtrieben im vorigen Sommer und mehr noch seit der Affäre Herbette besonders gespannt ist. Einzelne franzö­sische Blätter gehen in ihrer Entrüstung über den Fall so weit, daß sie sogar die Pariser russische Bot­schaft als mitschuldig hinzustellen trachten und Sanktionen fordern. Solange die Recherchen ergeb­nislos verlaufen, kann freilich von diplomatischen Weiterungen der Affäre nicht gesprochen werden. Sollten sich jedoch die Vermutungen in bezug auf einen bolschewistischen und erst recht auf einen offiziell-bolschewistischen Ursprung von Kutjepows geheimnisvollem Entschwinden bewahrheiten, so kann I sich der Fall Kutjepow leicht zu einem ähnlichen

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