Pester Lloyd - esti kiadás, 1930. július (77. évfolyam, 146-172. szám)

1930-07-01 / 146. szám

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Blau, Boros, ayäri & Hagy, Haaseniteln «s Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Wein, Cornet Leopold, Julius Leopold, *agy. hlrdotö-iroda, Rudolf Bosse A-Q., Jos. Schwan, Sikray. Julius Tenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oestorreich : M. Dukes Nachf. A.-G., Wien, WoUzello 16. r.inxolnuinmer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentage« 16 Heller, an Sonntagen 82 Heller. Abendblau 16 Heller. — Für Oesterreioh t Morgenblatt an Wochentagen 80 Gr., an Sonntagen 40 Gr. and Abendblatt 30 Gr. — Für Jugoslawien: Morgenblat» an Wochentagen 3 Dinar, aa Sonntage« 4 Dinar und Abendblatt 2 Dinar 50. Redaktion u.Adnt.:V„ Hirla Valéria-ucoa 12c Telephon der Administration: 849-00. Budapest, Dienstag, 1« Juli 1930« Nr. 146 77. Jahrgang. Reichstag. i. Oberhaus. Einige Tage nach der Verabschiedung des Staatsvoranschlages für das Budgetjahr 1930 1931 mußte das Oberhaus heute wieder zusammentreten, um die inzwischen vom Abgeordnetenhause erledig­ten Vorlagen in Verhandlung zu ziehen. Nach Eröffnung der Sitzung nahm das Haus zu­nächst einen Bericht des Verifizierungsausschusses entgegen, wonach Desider Mikecz in die Liste der verifizierten Mitglieder des Oberhauses aufgenom­men, der kürzlich verstorbene Gabriel C-sekó aus der Liste gestrichen werden soll. Dann hatte das Haus Immunitätsangelegen­­heiten von Graf Ladislaus Cziräkg und Johann Bittner zu erledigen. Gegen den Grafen Ladislaus Czirákv hat der Wiener Bankier Edmund Topo­­länszkil beim Budapester Strafgerichshofe die An­zeige wegen Verleumdung und Kreditschädigung angestrengt, weil der Graf am 17. September v. .1. in Budapest im Parkklub in Anwesenheit mehrerer Personen sich abfällig über Topolánszky geäußert und behauptet hatte, daß er den Fürsten Anton Eszterhäzy zum Abschluß eines Geschäftes überredet und daß dieser durch dieses Geschäft sehr hohe Summen verloren habe. Da, wie es im Ausschuß - berichte heißt, keine genügenden Beweise für die Schuld de? Grafen Ladislaus Cziräky vorliegen, be­antrage der Ausschuß, sein Immunitätsrecht nicht aufzuheben. Auch das Immunitätsrecht Johann Bitt­ners wurde nicht aufgehoben. Es handelte sich um eine Anzeige, die die Hamburger Firma Crossens von Kössem Gí m. h. H. gegen Johann Bittner als Direk­tionsmitglied der Genossenschaft Axungia wegen Unterschlagung und Betrugs erstattet hatte. Oa je­doch die Untersuchung ergab, daß Johann Bittner die in der Anzeige angeführten Strafhandlungen nicht verübt hat, wurde sein Immunitätsrecht, wie erwähnt, nicht aufgehoben. Der Gesetzentwurf des Ministers des Innern über die wirksamere Kontrolle der Haushaltungen der autonomen Körperschaften wurde im allge­meinen ohne Debatte angenommen. In der Spezialdebatte, beantragte Dr. Stefan BEZERÉDJ mehrere stilarische Änderungen, die vom Hause angenommen wurden, nachdem sich auch Minister des Innern Dr. SC1T0VSZKY dafür ausgesprochen hatte. Infolge dieser Abänderungen wird die Vorlage behufs Ergänzung an das Abge­ordnetenhaus zurückgeleitet werden. Ohne Debatte wurde auch der Gesetzentwurf über die Vereinfachung der Aufsicht auf den Aus­wandererschiffen angenommen. Zum Gesetzentwurf über die Vereinfachung der Fremdenkontrollc sprach Innenminister Dr. SCITOVSZKY. der u. a. erklärte, daß die Regelung dieser Frage heute eine viel größere Bedeutung habe als zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie. In der Vorlage werden die Interessen nicht nur der in Ungarn ansässigen Fremden, son­dern auch die des Staates gewahrt. Sie enthalte Be­stimmungen, durch die. die Fremdenkontrolle nicht nur vereinfacht, sondern auch verbilligt werden könne. Zahlreiche Bestimmungen der Vorlage be­zwecken, die in Ungarn ansässigen oder zu vorüber­gehendem Aufenthalt hier eintreffenden fremden Staatsangehörigen vor Vexationen zu bewahren und die Ausländer zu veranlassen, in größerer Zahl nach Ungarn zu kommen, um sich selber von den hier herrschenden Verhältnissen und von den schweren Leiden des ungarischen Volkes zu überzeugen. Die Regierung sei in der Fremdenkontrolle bis an die äußerste Grenze des Möglichen gegangen, denn sie sei überzeugt, daß eine Vereinfachung der Fremden­­kontrolle die beste Propaganda für den internatio­nalen Fremdenverkehr sei. Der Entwurf wurde im allgemeinen und in den Details angenommen, ebenso die Gesetzentwürfe über die Einverleibung der Gemeinde Boggiszlö in das Komitat Tolna, bzw. der Gemeinde Baja-Szent­­iuán in die Stadt Baja. Zum Bericht des Ministers des Innern über die Verlängerung der mehreren Schiffahrtgesellschaften erteilten Konzessionen sprach Dr. Stefan BERNÄT. Er befaßte sich mit dem Auswanderungsproblem im allgemeinen und meinte, daß die westliche Demo­kratie offenbar auch darin zum Ausdruck gelange, daß die Vereinigten Staaten und Australien in den letzten Jahren der Einwanderung immer größere Schwierigkeiten in den Weg stellen, im Gegensatz ■zu Argentinien, das einen liberaleren Standpunkt einnehme. In Argentinien leben gegenwärtig etwa 30.000 bis 40.000 Ungarn, zumeist Arbeiter. Im ver­gangenen Jahre sei den ungarischen Einwanderern der Aufenthalt in Kanada und Argentinien erleich­tert worden, so daß nach diesen Ländern zahlreiche ungarische Staatsangehörige auswandern konnten. Auf Grund des sogenannten Schwalbensystems seien ungarische Arbeiter in mehreren Gruppen mit Unter­stützung dfer ungarischen, bzw. der argentinischen Regierung nach Argentinien ausgewandert. Über das Schicksal dieser Arbeiter fehle aber bisher jede Nachricht, und Redner müsse daher an den Minister des Innern das Ersuchen richten, das Haus über diese Frage zu informieren. Innenminister Dr. SCITOVSZKY' bemerkte u. a.. daß die Regierung die Auswanderung auch unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht propagieren dürfe, denn es liege doch im Interesse eines jeden Staates, die Auswanderung nach Möglichkeit einzu­schränken. Die Regierung erteile die Erlaubnis zur Auswanderung nur in dem Falle, wenn die Auswan­derer den Nachweis erbringen können, daß ihre Existenz in den fremden Ländern gesichert er-* scheine. Das beziehe sich in erster Reihe auf die europäischen Staaten, besonders auf Frankreich und Belgien, wo mehrere tausend ungarische Arbeiter untergebracht werden konnten. Mit der französi­schen Regierung sei' seinerzeit ein Abkommen ab­geschlossen worden, und es wäre sehr wünschens­wert, wenn mit Frankreich eine Konvention zft­­stande käme, doch müssen vorher noch gewisse Detailfragen, die sich auf die Klassifizierung der Auswanderer beziehen, geregelt werden. In Kanada arbeiten gegenwärtig größere ungarische Arbeiter­gruppen, die auf Grund des sogenannten Schwal­bensystems ausgewandert seien, das siel? übrigens in der Praxis ganz gut bewährt habe. Ein Teil der ungarischen Arbeiter vermochte sich aber den in Argentinien herrschenden Verhältnissen nicht anzu­passen, trotzdem sie für ihre Arbeit reichlich ent­lohnt wurden. Der Transport ungarischer Arbeiter nach Argentinien sei übrigens mit erheblichen Kosten verbunden. Es werde aber trotzdem versucht werden, wieder größere Gruppen von Arbeitern nach Übersee zu transportieren. Aus den statistischen Da­ten gehe übrigens hervor, daß in der Auswanderung eine gewisse Zunahme zu konstatieren sei. Schließ­lich ersuchte der Minister das Haus, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. (Allgemeine Zustimmung.) Es folgte die Verhandlung der Vorlage über die Vereinfachung des Gerichtverfahrens. Das Referat führte Stefan OSZVALD, der ein­leitend betonte, daß drei Hauptmotive bei der Aus­arbeitung der Vorlage Berücksichtigung fanden. Zu­nächst mußte das Niveau des Gerichtswesens auf der bisherigen Höhe erhalten bleiben; wurde doch schon anläßlich der jüngsten Budgetdebatte mehr­fach darauf hingewiesen, daß Ungarn trotz seiner Zerstückelung und seiner Armut auf gewisse kul­turelle Ansprüche nicht verzichten könne. Die Spar­samkeit sei nur eine sekundäre Frage; erst dann werde es möglich sein, das Sparsamkeitsprinzip kon­sequent durchzuführen, wenn die Vereinfachung der Gerichtsbarkeit bereits auf der ganzen Linie durchgeführt sein werde. Das dritte Motiv bestehe darin, daß Wesen und Form des bisherigen Ver­fahrens möglichst beibehalten werden. Staatsrecht­licher und Gerichtsausschuß des Oberhauses seien zu dem Entschluß gekommen, daß der Entwurf schon aus dem Grunde annehmbar sei, weil es sich um Vbergangsmaßnahmen handle. Es sei zu hoffen, daß die wirtschaftliche Krise, die vor allem die Schaffung der Vorlage notwendig gemacht habe, ebenfalls nur einen Übergang darstelle. Der Re­ferent ließ nun die einzelnen Bestimmungen des Entwurfes Revue passieren und erläuterte sie mit ausgezeichnetem Fachwissen. Zum Schlüsse kam er auf die im ersten Abschnitte der Vorlage ent­haltene Bestimmung zu sprechen, daß in Hinkunft die Urteilsverkündigungen nicht im Namen des un­garischen Staates, sonderen der heiligen ungarischen Krone erfolgen sollen. Er wies darauf hin, daß die heilige Krone beim ungarischen Volke seit vielen Jahrhunderten ein traditionelles Symbol der Zusam­menfassung der Souveränität der Nation mit dem König darstelle und mit keiner ähnlichen Institution eines anderen Landes verglichen-werden könne. Der Referent gab der Hoffnung Ausdruck, daß auch der vorliegende Entwurf dazu beitragen werde, der hei­ligen ungarischen Krone Ruhm und Ehre einzu­­bringen, und bat in diesem Sinne um Annahme der Vorlage. (Lebhafter Beifall.) De. Josef PAPP, Präsident der Budapester Ad­vokatenkammer, trat in überaus warmer Weise für den Gesetzentwurf ein, obwohl er verschiedene klei* nere Bestimmungen beanstandete. Er war haupt* sächlich bemüht, die Interessen des Advokatenstandesj zu wahren, und ersuchte auch den anwesenden Justiz* minister, die Lage der Advokatenschaft, soweit es in seinen Kräften stehe, zu verbessern. Ein Gesetz kann nur dann gut sein, führte er u. a. aus, wenn die Interessengegensätze vor der großen öffentlich* keit ihren Kampf ausfechten und die geklärten Wahrheiten dann in das Gesetz aufgenommen wer­den. Die Vorbereitung dieses Gesetzentwurfes hat seinerzeit in manchen Schichten der Bevölkerung —< nicht nur in Juristenkreisen — eine gewisse Be* unruhigung hervorgerufen. Da es sich um ein Ver* cinfachungsgesetz handle, ist es selbstverständlich, daß einzelne Arbeitskreise völlig aufgelöst und an* dere wieder verengert werden sollen. Die Bedenken sind aber nach und nach geschwunden, denn ver* gleicht man den ursprünglichen Entwurf mit dem jetzt vorliegenden, so kann man sehen, daß der Herr lustizminister bemüht war, alle Interessenkreise an der endgültigen Ausgestaltung der Vorlage mitwirken zu lassen. So hat er auch mehrfach die Advokaten* kammer um ihr Gutachten befragt. Somit ist es möglich geworden, daß der Gesetzentwurf heute von jedermann im allgemeinen angenommen werden kann. Diese Vorlage stellt aber nur ein Glied in der Kette des Vereinfachungsprogramins dar. Da ist vor allem die Erhöhung der Wertgrenze, die Institution der Vriedensrichter und der Urkundenzwang. Alle diese Probleme hängen eng zusammen. Die Er* höhung der Wertgrenze bezweckt vor aliem eine Ent* lastung der Gerichte. Da gewisse. Angelegenheiten nicht mehr vor die ordentlichen, sondern vor die Gemeindegerichte kommen sollen, könnte die Gefahr eintreten, daß nicht die volle Ga* rantie geboten wird wie im bisherigen Gerichtsver* fahren. D’e Rechtssicherheit kann eine Einbuße erleiden, denn es werden verschiedene Auffassungen bei den einzelnen Gemeindegerichten vorherrschen. Der Redner erinnerte auch daran, daß bis zum Kriege die Höhe der Wertgrenze nichi durch Gesetze, sondern nur durch Verordnungen geregelt wurde, und beschäftigte sich dann noch sehr ausführlich mit der Institution der Friedensrichter und dem Wesen des Urkundenzwanges. Er gab der Ansicht Ausdruck, daß an Stelle der heutigen Gemeinde­­richter- die Friedensrichterinstitütion stufenmäßig eingeführt werden sollte, weil sich dann die Rechtssicherheit erhöhen würde. Im Hinblick auf den Urkundenzwang fechte die Advokatenschaft einen doppelten Kampf gegen die öffentlichen Notare, beziehungsweise gegen die Ge* nieindenotäre aus. Der Minister habe erkannt, daß im Hinblick auf die schwierige Lage der Advokaten­­sehaft den Rechtsanwälten weitere Verdienstmöglich­keiten nicht entzogen werden dürfen, ja daß man im Gegenteil bestrebt sein müsse, ihnen noch andere Er­werbsmöglichkeiten zukommen zu lassen. Die wirk­liche Entlastung der Gerichte, betonte der Redner, kann nur dann durchgeführt werden, wenn der Richter die einzige Aufgabe zu erfüllen hat, die Rechtsangelegenheit zur Entscheidung zu bringen. Alles andere, Administration, außerprozessuale Be­trauungen usw., müssen ihm weggenommen werden. Der Redner lenkte dann die Aufmerksamkeit des Justizministers auf den Umstand, daß in den letzten zehn Jahren mehr als 50.000 Advokaten sich als cx-offo-Verteidiger zur Verfügung gestellt haben. Seiner Ansicht nach sei die Zeit gekommen, da man diese Arbeit nicht mehr als nobile officium betrach­ten dürfte, sondern entsprechend entlohnen müßte. Im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen dankte der Redner dem Justizminister, daß er bei den grund­­bücherlichen Eintragungen seinem Arbeitsprogramm getreu vorgegangen sei. Er wünscht ferner eine Förderung des Pensionsinstituts der Advokaten und die Abschaffung der Inkompatibilität, wonach ehe­malige Richter bei ihren führenden Gerichtsstellen als Advokaten fungieren. Er begrüßte es, daß vorerst eine auf drei Jahre lautende Inkompatibilität aus* gesprochen werden soll. Er müsse es beanstanden, daß die Rechtsremedur in 'zweifacher Hinsicht be­grenzt ist. Auch das einzelrichterliche Verfahren in bürgerlichen und strafgerichtlichen Prozessen müsse er bemängeln. Es ist notwendig, erklärte er, rich­terliche und Advokatenindividualitäten zu schaffen. Wir brauchen Menschen, und nicht so sehr Rechts­satzungen, denn der gute Richter, der gute Advokat können die Mängel und Lücken der Gesetze er­setzen. Ich halte es schließlich für bedenklich, daß den Staatsanwaltschaften durch das Gesetz sehr große Machtbefugnisse eingeräumt werden, weil dies die persönliche Freiheit stark be­einträchtigen kann. Im Hinblick auf die

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