Pester Lloyd - esti kiadás, 1930. július (77. évfolyam, 146-172. szám)

1930-07-01 / 146. szám

jDienstag, 1. Juli 1930 grundbesitze zugeführt werden. Die Einführung der Getreidescheine dient besonders den Interessen des Großgrundbesitzes, der dadurch ein nationales Ge­schenk erhalte. Die Sozialdemokratische Partei pro­testiert in schärfster Weise gegen eine neuerliche Belastung der arbeitenden Klassen, Tordere unver­züglich die Zurückziehung der Vorlage und richtet an die Regierung das Ersuchen, zu demissionieren und ihren Platz einer solchen Regierung zu über­lassen, die in erster Reihe die Herstellung der öffent­lichen Freiheiten und des allgemeinen Wahlrechtes und die Ausschreibung von Neuwahlen ermöglicht. ‘ Sie schloß ihre Rede damit, daß alle jene, die die Bollettenvorlage im Hause durchpeitschen, gut daran täten, wenn sie die Boilette auf ihr politisches Ge­päck aufkleben würden, denn durch die Vorlage werden die Revolution und der Aufruhr proklamiert. Da die Partei weder die Revolution noch den Auf­ruhr wünsche, müsse sie die Vorlage entschieden ab­lehnen. (Lebhafte Zustimmung äußerstlinks, großer Lärm im ganzen Hause.) Das Wort ergriff hierauf Abgeordneter Dr. BERKI (Einheit). Weiteres im Morgenblatt. Auslandschau. - 1. Juli. -Ungarn und der Manchester Guardian. Ungarn erfreut sich seit einer bestimmten Zeit eines besonderen Interesses von seiten des großen englischen liberalen Organs, des Manchester Guar­dian. Dieses Interesse tritt indessen nicht in der Form objektiver und erschöpfender Berichte über die innere politische und wirtschaftliche Lage des Landes, über die Fortschritte, die das ungarische Volk während der verflossenen Jahre auf kulturel­lem Gebiete erzielt hatte, zutage. Nein. Das Interesse des Manchester Guardian ist einzig und allein auf eine ziemlich untergeordnete Frage konzentriert, und zwar auf die Frage, welche Behandlung den politi sehen Gefangenen, vornehmlich aber den Kommu­nisten, in Ungarn zuteil wird. Schon während des Aufenthaltes des Grafen Stefan Bethlen in England ergriff der Manchester Guardian die Gelegenheit, um einen Angriff gegen Ungarn und die ungarische Ge­richtsbarkeit zu richten, nun sind aber seither eine Reihe von Berichten eines sogenannten „Spezial­berichterstatters“ in den Spalten dieses großen Blat tes erschienen, die von einseitigen Behauptungen und verzerrten , Darstellungen förmlich strotzen, so daß wir an ihnen unmöglich wortlos vorübergehen können. Es ist überflüssig, uns eingehend mit der voll­kommen einseitigen Behauptung des englischen Journalisten zu befassen, die politischen Angeklag­ten, in erster Reihe die Kommunisten, wären in Un­garn Mißhandlungen und Folterungen unterworfen, um aus ihnen der Polizei genehme Geständnisse herauszupressen. Wir wissen nicht, aus welcher Quelle der Berichterstatter des Manchester Guardian seine Informationen geschöpft hat. Nebenbei be­merkt: zu jeder Zeit und überall wurden ähnliche Anklagen gegen Polizeibehörden erhoben; der Aus­druck „third degree“ ist ja in anglosächsischen Län­dern ein populärer Ausdruck und jeder französische Missetäter kennt die Phrase „passer au tabac“, der in zahllosen französischen Gerichtsverhandlungen etwas verschämt erwähnt zu werden pflegt. In jeder Redaktion 'weiß man, oder sollte doch wissen, daß Angriffe gegen einen Staat und gegen Behörden bloß auf die einseitigen Behauptungen der Angeklag­ten nicht aufgebaut werden dürften. Dies würde den ungeschriebenen Gesetzen der britischen Fairneß widersprechen. Nur Ungarn scheint eine Ausnahme zu bilden, nur gegen die ungarischen Polizeibehör­den darf man allem Anscheine nach solch unbe­gründete und unbewiesene Verdächtigungen aus­­spreohen. Der Manchester Guardian ging diesmal sogar einen Schritt weiter. Er ließ sich dazu hinreißen, nicht bloß die ungarische Polizei, sondern auch die ungarischen Gerichte in unerhörter Weise anzu­greifen und zu verdächtigen. Das Blatt wagte die Behauptung, in dem derzeit vor dem Budapester Strafgerichte im Zuge befindlichen Prozesse gegen eine Gruppe von Kommunisten habe das Gericht die geschlossene Verhandlung mit Verletzung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen angeord­net, um unliebsame Tatsachen vor der europäischen Öffentlichkeit zu verbergen. Die geschlossene Ver­handlung ist nach der Meinung des Berichterstat­ters mit der Unterdrückung der Freiheit der Ver­teidigung gleichbedeutend, sie bedeute auch die Ver­nichtung der elementarsten Freiheitsrechte. Nichts verrät in so schlagender Weise die Unverläßlich-1 keit, die Voreingenommenheit und die Unwissenheit des englischen Berichterstatters als diese Behaup­tung. Eine einfache Frage an einen Juristen hätte ihn ja im Nu eines Besseren belehren können. Nach dem Artikel 293 der ungarischen Strafgesetzordnung steht dem Gericht jederzeit das Recht zu, die Öffent­lichkeit von der Verhandlung auszuschließen, wenn die Verhandhing die öffentliche Moral und die öffentliche'Ordnung gefährdet, also selbstverständ­lich auch in Fällen, wo die Angeklagten den Gerichtssaal als Tribüne zur Verbreitung ihrer sub­versiven Ideen benützen. Das Gericht hatte also volles Recht, im Sinne der ungarischen Gesetze die Öffentlichkeit auszuschließen. Nichts Gesetzwidriges ist in diesem Beschlüsse festzusfellen. uni so weniger, als im Sinne des Gesetzes jedem der Angeklagten das Recht zusteht, je zwei Vertrauensmänner der Ver­handlung beiwohnen zu lassen. Die Böswilligkeit der Berichterstattung geht schon aus der Tatsache her­vor, daß der betreffende Berichterstatter als Ver­trauensmann dieser Verhandlung beiwohnen dürfte! Das sagt genug. Es wäre müßig, die übrigen verleumderischen Behauptungen widerlegen zu wollen. Wer möchte mit einem Berichterstatter streiten, der die Behaup­tung wagt, daß man den Verteidigern der Kommu­nisten in die Arme fällt und sie mit gesellschaft­lichem Druck an der Ausübung ihrer humanitären Tätigkeit zu verhindern versucht. Man wende sich doch an einige ausgezeichnete, politisch links­stehende Anwälte in Ungarn, und frage sie, ob diese abenteuerliche Behauptung der Wahrheit ent­spricht? Wir werfen schließlich in aller Bescheiden­heit die Frage auf, warum denn der Manchester Guardian nicht ebenso heftig während des Tuka- Prozesses, der doch- ziemlich häufig von geheimen Sitzungen unterbrochen worden war, aufbegehrt hat, warum er die Angeklagten des Kroatenprozesses nicht ebenso leidenschaftlich in Schutz nahm und warum er nicht Zeter und Mordio schrie, als das liberale Regime in Rumänien die ungarischen und rumänischen Arbeiter im Zsiltale zu Dutzenden er­schießen ließ? Wir denken, wenn man in England ausnahmsweise nicht englische Sitten befolgt, müßte doch gleiches Recht oder zumindest gleiches Unrecht für alle Gültigkeit haben. Russisch-amerikanische Kohlenkonkurrenz. Rußland beginnt, auf den Weltmärkten eine im Steigen begriffene Eporttätigkeit zu entfalten. Das Auftreten eines neuen und starken Konkurrenten ist immer beunruhigend, und doppelt kann dies im Falle eines Konkurrenten gelten, der an den tausend­fachen Zwang des privatwirtschaftlichen Produzen­ten nicht gebunden ist. Solange Rußland nur mini­male Mengen exportieren konnte, tauchte das Pro­blem der Konkurrenz der unter ganz speziellen Ver­hältnissen arbeitenden russischen Wirtschaft nicht auf. Seitdem sich aber die russische Produktion langsam erholt, ja im Banne des Stalinschcn Fünf­jahreplanes genötigt ist, ihrer Entwicklung einen forcierten Rhythmus aufdrängen ?u lassen, wird das Problem der russischen Konkurrenz immer akuter. Muß doch Sowjetrußland um jeden Preis Waren­mengen im Auslande absetzen, um selbst die riesigen Bedürfnisse der Zwangsindustrialisierung bestreiten zu können. Zu welchen Konflikten diese forcierte Exporttätigkeit führen kann, dafür bietet der Fall des russischen Steinkohlenexporis nach j Amerika ein ganz auffallendes Beispiel. Mit nicht geringen Besorgnissen beobachtet man im Steinkohlengebiet von Pennsylvania die steigende Tendenz der amerikanischen und kanadischen Kohleneinfuhr aus Sowjetrußland, die besonders be­unruhigend wirkt, wenn man damit den jähen Rückgang der einheimischen Produktion vergleicht: Kanada, ein Hauptabnehmer der pennsylvanischen Kohle, importierte im Jahre 1928 bloß 6000 Tonnen Steinkohle aus dem Charkowschen Kohlendislrikt und aus dem Donetz-Bassin; im vorigen Jahre stieg der Import auf 117.000 Tonnen. In die Vereinigten Staaten wurden im Februar dieses Jahres 137.000 Tonnen russischer Steinkohle eingeführt, um 6000 Tonnen mehr, als der Gesamtimport aus Rußland im Jahre 1929. Zu gleicher,Zeit zeigt aber die ein­heimische Kohlengewinnung einen Rückgang: im Jahre 1923 produzierte Amerika noch etwa 83 Mil­lionen Tonnen, drei Jahre später aber bloß 75 Millionen und in diesem Jahre wird die Produk­tion wahrscheinlich unter 63 Millionen sinken. Ein sehr bedeutender Ausfall, besonders wenn man be­denkt, welch drohendes Maß die. Arbeitslosigkeit in Amerika bereits angenommen hat. Es ist durchaus begreiflich, daß die amerikani­sche Wirtschaft sich verteidigen will; auch bleibt die Reaktion nicht auf die Arbeitgeberkreise beschränkt. Die kommunistische Agitation arbeitet gern mit dem Schlagwort der Arbeitslosigkeit, doch im penn­sylvanischen Steinkohlengebiet will diese Taktik nicht verfangen. Da sehen die Arbeiter klar, daß es gerade die russische Konkurrenz ist, die ihnen die Arbeitsgelegenheit raubt. Der amerikanische Gruben­arbeiterverband protestiert aufs heftigste gegen die russische Konkurrenz, die die amerikanischen Preise unterbietet, was sie sich wohl leisten kann, da die russischen Arbeiter sich mit einem viel niedrigeren Lebensstandard begnügen müssen, als ihre amerika­nischen Kollegen. Der Präsident des amerikanischen Arbeiterverbandes, William Green, erklärte aber geradeaus, daß die Russen vermöge ihrer Preispolitik die .Existenz der amerikanischen Grubenarbeiter ge­fährden. Ein entscheidender Schritt kam auch bald. Kurz nach der Erledigung der Zolltarifnovelle —• laut deren Bestimmungen Steinkohle auf der Freiliste steht — brachte im Repräsentantenhause der Abgeordnete Brumm aus Pennsylvanien eine Gesetzesvorlage ein, die die Einfuhr der russischen Kohle gänzlich verbietet, da dieses Produkt in den staatlichen Minen Rußlands durch „Zwangsarbeit“ gewonnen wird; zu gleicher Zeit beschäftigt sich ein Spezialausschuß des Hauses unter dem Vorsitze des Abgeordneten Hamilton Fish mit dem Problem, in­wieweit die Ausfuhr der Donetzkoh'le unter den Be­griff des Dumping und daher unter die Bestimmun­gen der Antidumping-Akte fällt. Sowohl die Gesetzes­vorlage als auch diese Spezialuntersuchung gehen von dem Gedanken aus, daß das russische verstaat­lichte Geschäft sich der Privatwirtschaft gegenüber ganz gewaltige und unlautere Vorteile sichern kann. Es ist freilich äußerst schwer, zu bestimmen, ob dia russische Kohle wirklich unter dem Erzeugungspreis auf den amerikanischen Markt gebracht wird; da aber der Staat alleiniger Arbeitgeber ist und die Arbeitsbedingungen selbstherrlich feststellt — Lohn bewegungen und Streiks sind ja verboten —, sind ini Donetzgebiet Bedingungen geschaffen, die nicht allzu weit vom Begriff der Zwangsarbeit fallen. Nach den Zündhölzern, deren Einfuhr aus Rußland schon früher verboten wurde, bildet Stein­kohle den zweiten wichtigen russischen Export-’ artikel, vor dem sich Amerika verschließen will. Es mögen noch andere folgen, so daß Rußland am eigenen Leibe spüren wird, daß forcierte Export-' methoden forcierte Gegenmaßnahmen herausfor­dern — und dabei den in seinen Existenzgrundlagen bedrohten ausländischen Arbeiter gegen die rot# Gefahr ins Feld rufen. • 3 • PESTER LLOYD Vom Tage. Ministerpräsident Graf Beihlens Rechenschafts­bericht in Debrecen. Sonntag, den 6, d., begibt sich Ministerpräsident Graf Bethlen zur Erstattung seines Rechenschaftsberichtes nach Debrecen, dessen Vertreter im Abgeordnelenhause er bekanntlich ist. In seiner Begleitung werden sich etwa 50 Abgeordnete der Regierungspartei befinden. Man sieht der Debrecener Rede des Grafen Bethlen mit großem Interesse entgegen, da er sich über mehrere wichtige aktuelle Fragen äußern dürfte. Sanierung der Landes-Sozialversicherungsanstalt. Volkswohlfahrtminister Vass hat heute dem Abgei ordnetenhause einen Gesetzentwurf über die Regelung der finanziellen Lage dér Krankenversicherungszweige der Landes-Sozialversicherungsanstalt unterbreitet. In dieser Vorlage heißt es: Der Volkswohlfahrtminister wurde er­mächtigt, jene Verfügung der Sozialversicherungsanstalt zu .genehmigen, wonach der Krankenversicherungszweig aus den Beitragseinkünften des Versicherungszweiges für Alter, Invalidität, Witwen und Waisen ein verzinsliches Darlehen bis zur Höhe von 35 Millionen Pengő in An­spruch genommen, beziehungsweise bis Ende 1930 in An­spruch nimmt. Hievon werden als Fehlbetrag der Jahre 1929 und 1930 21,500.000 Pengő vom ersten Quartal des Budgetjahres 1931/32 angefangen samt 41/sprozentigen Zinsen in Amortisationsraten von jährlichen 1,200.000 P zurückerstattet. Den durch das Afar nicht gedeckten Teil des innerhalb des erw'ähnlen Rahmens in Anspruch ge­nommenen Betrages hat der Krankenversicherungsweig dem Versicherungszweig für Alter, Invalidität, Witwen und Waisen nach einem bestimmten Tilgungsplan zurückzuzahlen. Diesen sowie den Beginn und die Dauer der Amortisation und die Verzinsung stellt die Direktion der Anstalt fest. Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Pro­­mulgierung in Kraft und mit seinem Vollzüge wird der Volkswirtschaftsminisler betraut, ln dem Motivenbericht wird erwähnt, daß der Krankenversicherungsverein laut der 1929er Schlußrechnung voraussichtlich ein Defizit von 13‘/2 Millionen Pengő aufweisen wird. Erschwert wird dieser Umstand noch dadilrch, daß der Reservefonds des Krankenversicherungszweiges durch Liegenschaften im­mobilisiert ist. Trotz der zu treffenden Maßnahmen wird auch das Jahr 1930 nicht ohne Defizit abgeschlossen wer­den können. Dieses Defizit wird ungefähr 8 Millionen Pengő betragen. Der Völkerbund. Neuorganisierung des Völkcrbundsekretariats. Genf, 20. Juni. Das Sachverständigenkomitee des Völkerbundes regtfc in bezug auf die Umorganisierung des Generalsekretariats mehrere beachtenwerte Probleme an. So sollen die Be­amten des Völkerbundes nach löjährigem Dienst pen­sionsberechtigt sein, die Zahl der stellvertretenden Gene­ralsekretäre soll von 5 auf 10 erhöht werden, damit auch die kleineren Staaten bei diesen Posten vertreten werden. Deutschland und Italien wünschen demgegenüber, daß an die Seite des Generalsekretärs vier stellvertretende Gene­ralsekretäre mit beratender Kompetenz gesetzt werden mögen. Eine Minderheit nimmt dafür Stellung, daß nur das nötigste technische Personal für Lebensdauer ernannt werden soll. Die führenden politischen Stellen mögen auf Grund eines siebenjährigen Vertrages besetzt werden. Das aus 13 Mitgliedern bestehende Komitee hat übri­gens gestern seine Arbeiten beendet. Sein Bericht wird nebst mehreren Minderheitsberichten in 14 Tagen ver­öffentlicht, den einzelnen Regierungen zugestellt und der nächsten Vollversammlung unterbreitet werden. Das befreite Rheinland. Berlin, 1. Juli. (Wolff.) Die Befreiungsfeier des Rheinlandes spielte sich in ganz W estdeutschland in einem imposanten Rahmen ab. Wie aus Wiesbaden gemeldet wird, wurde Punkt 12 Uhr nachts unter Glockengeläute die schwarz-rot­­goldene Fahne auf dem Schloß hochgezogen. Nach mehre­ren Rednern w'iirdigte der preußische Ministerpräsident Braun in einer schwungvollen Rede die Bedeutung des Tages und gedachte dabei auch jener Staatsmänner, deren Politik es zu verdanken sei, daß das Rheinland wieder von Besatzung frei geworden ist. Bei der Trierer Befreiungsfeier hielt Reichsminister Dr. Guerard eine große Rede und dankte in warmen Worten der Trierer Bürgerschaft für das Verhalten, das sie wähend der ganzen Zeit der Besetzung an den Tag legte. Nach Dr. Guerard überbrachte der preußische Handelsminister Dr. Schreiber die Grüße und Glück­wünsche der preußischen Staatsregierung.

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