Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1930. november (77. évfolyam, 250-274. szám)

1930-11-01 / 250. szám

Bams tag, 1. November 1930 • 3 • PESTER LLOYD In zeitlicher Reihenfolge steht das Landwirt­schaftliche Institut in Rom an zweiter Stelle. Das Institut wurde im Jahre 1905 gegründet, es ist im wesenlichen ein Organ der Regierungen, in der Hauptsache mit der Aufgabe betraut, einwandfreies wissenschaftliches Tatsachenmaterial zu sammeln. Das Institut besitzt eine übergroße Zahl von bei­­geordneten, beratenden Körperschaften, deren Tätig­keit sich auf das gesamte Gebiet der Agrarpolitik und der Agrarwissenschaften erstreckt, dabei aber in allen Belangen die Kompetenz anderer, freier Be­rufsorganisationen überschneidet. Paris ist der Sitz des Zentralverbandes der Internationalen Landwirt­schaftlichen Berufsvereine, dessen Hauptaufgabe ebenfalls die Zusammenfassung der Landwirte aller Länder bildet. In Prag besteht ein Internationales Agrarbureau, in der Hauptsache die Interessen­vertretung der nordischen und der slawischen Klein­bauernschaft. In den Vereinigten Staaten wirkt die Worlds Agricultures Society. Es gibt drei, mit dem Völkerbunde und mit dem Genfer Arbeitsamte, aber nicht mit dem Internationalen Landwirtschaftlichen Ausschuß in Verbindung stehende Organisationen, ferner gibt es wissenschaftliche Agrarorganisationen, die mit dem römischen Institut nicht kooperieren, elf an der Zahl; außerdem aber sechs Vereinigungen solcher Art, die ihren Anschluß an das römische Institut bereits vollzogen haben. Alle diese Institu­tionen, Vereinigungen, Körperschaften und Kom­missionen bekämpfen sich gegenseitig und ver­suchen, einander den Rang abzulaufen; sie verzet­teln solcherart ihre Kräfte, die sie im Interesse der Weltlandwirtschaft vereinigen sollten. Ein bezeich­nendes Beispiel für die Verwirrung, die auf dem Gebiete der Internationalisierung der Landwirtschaft herrscht, ist das Chaos im internationalen Genossen­schaftswesen. Der Internationale Landwirtschaftliche Ausschuß besitzt einen Sonderausschuß für diese Frage; eine Kommission des Instituts in Rom widmet ihre Tätigkeit ausschließlich diesem Problem, der landwirtschaftliche Ausschuß der interparlamentari­schen Konferenz hat ebenfalls einen Ausschuß für die Ausarbeitung von Vorschlägen eingesetzt, und schließlich beansprucht der Zentralverband der land­wirtschaftlichen Berufsvereine für sich das Recht, eine interstaatliche Lösung des Genossenschafts­problems in agrarischer Beziehung vorzubereiten. Dieses auf dem Gebiete der internationalen Or­ganisation der Landwirtschaft herrschende Chaos ist um so bedauerlicher, vyeil die Agrarproduktion aus inhärenten Gründen nur nach Überwindung be­deutender Schwierigkeiten jene Vorstufe der inter­nationalen Zusammenarbeit zu erreichen vermag, zu der das industrielle und Finanzkapital sich bereits durchgerungen hat. Klimatische Unterschiede, die übergroßen Abweichungen m der Bodenbeschaff en­­heit, das Festhalten an uralten Produktionsformen, dér Interessengegensatz zwischen Groß- und Klein­grundbesitz, der von mancher Seite noch bewußt ge­schürt wird, ferner der chronische Mangel an flüssigem Kapital, unter dem die gesamte Landwirt­schaft des Erdenrundes zu leiden scheint (eines der Hauptübel der internationalen Agrarorganisationen bildet die Schwierigkeit, die Mitgliedsbeiträge einzu­sammeln), und schließlich der tiefreichende Inter­essengegensatz zwischen den Agrarproduzenten der mächtigen industriellen Importländer und der land­wirtschaftlichen Ausfuhrstaaten bilden die Ursachen der mangelhaften internationalen Organisation der Weltlandwirtschaft. Das ist um so bedauerlicher, weil eben die be­fugten internationalen Organisationen berufen wä­ren, den letzten Endes ausschlaggebenden Gegensatz zwischen agrarischen Ausfuhr- und Einfuhrländern zu überbrücken. Es ist heute bereits über jeden Zweifel erhaben, daß nur die Angleichung der gegen­sätzlichen Interessen der Agrarproduzenten der Überschuß- und der Einfuhrländer zu einer be­ruhigenden Lösung des großen Agrarproblems zu führen vermag. Die äußerst mageren Ergebnisse der seit dem Frühsommer stattgefundenen Konferenzen der osteuropäischen Agrarstaaten, der heute schon offenkundige Mißerfolg, der dem vereinten Vorstoß dieser Staaten sowohl in der Zollfriedenskonferenz, wie auch in der Herbstassemblée des Völkerbundes beschieden war, sind in erster Reihe auf die bisher befolgte Taktik zurückzuführen. Es liegt nämlich auf der Hand, daß die Landwirtschaft der Ausfuhr­länder in erster Reihe mit der agrarischen Interessen­vertretung der Einfuhrländer eine Verständigung suchen sollte. Die Agrarproduktion aller Industrie­staaten steht, obwohl diese Länder quantitativ auf eine Einfuhr von Lebensmitteln angewiesen sind, dennoch auf einem bedeutend höheren Niveau als Standard 5*1 CSÖVES VÁLTÓÁRAMÚ HÁLÓZATI KÉSZÜLÉK KAPHATÓ RÉSZLETFIZETÉSRE . ich zum erstenmal und sofort, was ich als das Wesentliche Ihrer Kunst empfinde, die Wärme Ihres Wesens, das human Anteilnehmende und Ihre beson­dere plastische Gestaltungskraft. Für mich geschieht die Entscheidung gegenüber einem Buche oder einem Menschen niemals im Gehirn: ich muß Wärme fühlen, die durch den ganzen Leib geht, jenes Auflockernde, das erst Raum macht für die wahrhaftige Erschütte­rung und Rührung. Diese Wärme, sie fühlte ich von Ihrem ersten Buch. Sie hat mich Ihnen aufgetan und diesem Anteil danke ich nun die Kenntnis fast aller Ihrer Bücher und die Liebe zu den meisten, ins­besondere zu Ihrem letzten, zu der großangelegten und Sie zum ersten Male wirklich in Ihrer ganzen Größe darstellenden Romantrilogie: „Die Sintflut“. Ich weiß, es gibt für einen Schriftsteller im ganzen Leben kein beglückenderes Gefühl, als wenn die Welt oder wenigstens die Berufenen in dieser Welt sein letztes Werk als das beste empfinden. Immer hängt uns ja die Angst an, es könnten die Kräfte, die unsere eigentliche Kraft sind, uns ebenso geheimnis­voll verlassen, wie sie geheimnisvoll zu uns gekom­men sind, oder wir könnten, einer anderen Genera­tion entstammend, der neuen dynamisch nicht mehr gewachsen sein. Und tatsächlich, wie selten ist es auch, daß jetzt im raschen Lauf und Raubbau der Zeit ein Künstler seine Höhe behauptet und wie viel seltener noch, daß er beharrlich sich steigert. Dies ist Ihnen, lieber, verehrter Schalom Asch, mit diesem weitausschauenden, nicht nur dokumentarisch, son­dern fast durchweg dichterischen Werke gelungen, in einer selbst für Ihre Freunde unerwarteten Weise. Und eine ganze, bisher wenig welthaft gewordene Literatur, die jiddische, besitzt damit und durch Sie ihr entscheidendes, repräsentatives Werk. Gerade von dieser Höhe, die Sie erreicht haben, wird es nun doppelt rührend für mich, den Weg zu sehen, der Sie emporgeführt und den Sie in Ihrem „Rückblick“ geschildert haben. Wie leicht haben wir es gehabt, wir Westeuropäer, genährt, überschüttet mit Büchern, wir Gymnasiasten, Theaterbesucher, Stu­denten, von Anfang an selbstverständlich und im­mer der Bildung nahe, immer belobt, wenn wir uns um geistige Werte mühten. Und wie schwer Sie, der Sie eine deutsche, eine europäische Sprache nur heimlich als etwas Verbotenes, etwas Sündhaftes bloß durch Leidenschaft und Aufopferung erlernen durften, der Sie aus der Abgelegenheit einer polnischen Kleinstadt ganz allein den weiten Weg bis zum Weltruhm zurücklegen mußten. Wenn nichts, so be­wiese schon dies das Maß und Übermaß Ihrer ethi­schen Kraft und nicht minder, daß Sie, obwohl nach Europa übergewandert, dieser kleinen Litera­tur, dieser eigentlich für Europa gar nicht existieren­den Literatur, der jiddischen, treu geblieben sind. Dazu gehört Aufopferung, täglich und immer wieder erneute, denn ich weiß um die tragische Situation aller Künstler, die in einer zahlenmäßig begrenzten Sprache schreiben, ob jiddisch, oder katalonisch, oder bulgarisch, oder proven^alisch. Immer ist es ein enger Kreis, eng und erdrückend, immer die Wirkung irgendwie provinzial, kleinstädtisch eng und ohne Luft, ohne Atem, denn die Besten der Welt in Frankreich, in England, in Deutschland, für sie ist ein solches Buch mit krausen, ungewohn­ten Buchstaben und Lauten nur bedrucktes Papier. Man kann nicht ins Weite wirken, man gehört zwar seinem Volk, aber ein wie winziger Teil der Mensch­heit ist doch so eine jede Sprachnation von zwei oder drei oder fünf Millionen, wie begrenzt ihre Wirkung, und insbesondere die eines armen, ge­drückten, abseitigen Volkes! Aber so tragisch es darum ist, Dichter einer kleinen Nation zu sein, Dichter in einer beinahe privaten, kaum von Philologen gekannten Sprache, so herrlich ist es, wenn dieseWerke aus dieser einen engen Sprache sich in alle Sprachen der Welt ergießen, denn dann bezeugt der Dichter dieser Nation nicht nur sein eigenes Wesen, sondern tritt auch als Zeuge vor für sein ganzes Geschlecht, für ein ganzes Volk, und er fügt es mit dieser Tat, die er scheinbar nur für sich getan, in die große Gemeinschaft der Weltliteratur. Das haben Sie, lieber, verehrter Schalom Asch, für die junge, wenig gekannte und noch weniger geachtete jid­dische Literatur mehr als alle Ihre Vorgänger voll­bracht, und ich glaube, in manchen Stunden des inneren Zweifels, wie sie uns allen unerläßlich und wohl notwendig sind, sollten Sie sich dieser Leistung erinnern, um glücklich zu sein oder um mindestens Ihr atmendes Leben als ein Sinnvolles und Wichtiges zu empfinden. Lassen Sie sich also sehr herzlich daran erinnern, daß Ihr Name, Scha­lom Asch, Millionen aus einem Wort ein Wert ge­worden ist, so wie Sie mir selbst, seitdem ich die Freude hatte, Sie kennen zu lernen, aus einem Kol­legen ein Freund geworden sind. Ich habe Ihnen viel zu danken: viel künstlerischen Genuß und auch menschliche Bereicherung durch ein kurzes, aber brüderliches Zusammensein und vor allem wieder die erneute moralische Bekräftigung, daß ein wahr­haft Dichterisches ohne innere Wärme, ohne den j wahrhaften Menschen nicht denkbar ist. Den wahr- i haften Menschen, den Dichter und dazu noch den Freund in Ihnen grüße ich darum mit herzlicher Liebeskraft zu seinem fünfzigsten Geburtstage. Die Jahresrenie. Von ZSOLT HARSÁNYT. Aufrichtige Freundschaft knüpft mich an einen Herrn, der seinerzeit der Umgebung des Königs Franz Josef angehört hat. Sowie englische Schrift­steller mit restloser Plastik eine Romanfigur zu charakterisieren vermögen, wenn sie anstatt der ge­nauen Beschreibung ihres Äußern, ihrer Manieren und ihres ganzen Habitus ihr einfach das Attribut „old victorian“ verleihen, habe auch ich alles über solche Gestalten gesagt, wenn ich sie francisco­­josephinische Menschen nenne. Inr nachfolgenden werde ich meinen Mann nur als „Kämmerer“ anführen. Ich will, daß kein Mensch ihn erkenne. Der Kämmerer hat nämlich eine unüberwindliche Abscheu vor der Druckerschwärze. Auch diese Abneigung gehörte zur Atmosphäre Franz Josefs. Vor der Öffentlichkeit erzählen, was man von einem anderen erfahren hat? Nein, das ist

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