Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1930. november (77. évfolyam, 250-274. szám)
1930-11-01 / 250. szám
TESTER LLOYD I SdM.aii .H. Bundavásárlásra Käroly-körut 20. sz. alatti üzletünk végleg megszűnik! 1 Saját készitményü gyönyörű fc^ndáirakat rendkívül olcsón árusítjuk. cü= SCHLINGER IIWY, SZŰCSÖK UU IV., Károly-kőrut 20. 5923 Kedvező fizetési feltételek ! die Produktion der agrarischen Exportstaaten. Sie ist kapitalkräftiger, wird rationeller und wissenschaftlicher betrieben, verfügt über ausgezeichnete Führer, kann sich eines überragenden politischen Einflusses rühmen, sie ist in den großen internationalen Organisationen der Landwirtschaft ausschlaggebend, und der Umstand, daß ein Staat überwiegend agrarischen Charakter besitzt, gibt ihm noch nicht das Recht, in landwirtschaftlichen Fragen eine führende Rolle zu beanspruchen. Im Gegenteil, dieser Umstand ist bloß der Beweis seiner rückständigen wirtschaftlichen Struktur. Demnach sollte logischerweise der Weg eingeschlagen werden: bevor man mit praktischen Vorschlägen und Anregungen an die industrielleil Importländer herantritt, müßte der Versuch unternommen werden, eine gemeinsame Plattform mit den Agrarproduzenten der Importländer zu finden und zu diesem Behufe die bereits bestehenden kompetenten internationalen Organisationen in Anspruch zu nehmen. Schon aus dem Grunde, weil die Führung dieser Organisation zum überwiegenden Teil in den Händen von Männern liegt, die die politische Haltung der Agrarier der Importländer entscheidend beeinflussen. Es ist ja heute schon ein offenes' Geheimnis, daß das Fiasko der Zollfriedenskonferenz nicht zuletzt auf den Umstand zuriiekzuführen ist, daß die Agrarier aller Länder sich zu dieser Konferenz vollkommen unvorbereitet begaben. Das Völkerbundsekretariat ahnte das herannahende Unheil, Und berief im Januar dieses Jahres, vor der Eröffnung der eigentlichen Konferenz, die Agrarexperten zu einer Vorberatung zusammen. Schon damals trat es klar zutage, daß die agrarischen Interessenvertretungen keine gemeinsame Linie haben; die Export- und Importländer lagen sich in offener Sitzung in den Haaren, und in der Zollfriedenskonferenz selbst, die zwei Monate später eröffnet wurde, vertieften sich die Gegensätze noch mehr. Besonders der Umstand, daß die gegenseitigen Zoll- und Handelsverträge sich zumeist in einem schwebenden Zustand befanden, führte zu einem Zusammenbruch der englischen Initiative, Wo stehen wir heute? Nach den Konferenzen und Beratungen von Bukarest, Sinaia, Warschau und nach der zweiten Konferenz von Bukarest kann die Idee eines auf breiter Basis aufzubauenden osteuropäischen Agrarblocks schon aus politischen Gründen als gescheitert betrachtet werden. Die Möglichkeit der Bildung eines begrenzten Donaublocks, der Ungarn, Rumänien, Jugoslawien umfassen würde, und dem sich vielleicht noch Polen anschließen könnte, ist indessen noch immer gegeben. Es gibt jedoch keinen, einzigen Kenner dieses Fragenkomplexes, der nicht dem beistimmen würde, daß alle Anregungen und Anstrengungen dieses begrenzten Donaublocks ergebnislos bleiben werden, wie dies ja schon in der Völkerbundversammlung geahnt werden konnte, bis nicht die industriellen Importländer, in erster Reihe Deutschland, und Frankreich als Geldgeber, zu dieser Initiative bejahend Stellung nehmen. Die Vorbedingung dieser Entwicklung ist aber eine Verständigung Deutschlands und Franky reichs und die Angleichung der Interessen der Agrarproduktion der Donauländer an jene der mitteleuropäischen Einfuhrstaaten. In Deutschland, aber auch in Österreich ist die Neigung zweifellos vorhanden, an der Befriedung der mitteleuropäischen Landwirtschaft mitzuwirken. Männer, wie Hermes und Schiele in Deutschland, Reiter und Dollfuß in Österreich, haben sich wiederholt in sehr versöhnlichem Tone in diesem Sinne ausgesprochen. Die letzte Vorbedingung der internationalen Organisation der Landwirtschaft zur Überwindung der Agrarkrise ist die unumgänglich notwendige Verständigung mit den überseeischen Agrarproduzenten. Der ungarische Ministerpräsident Graf Stefan Bethlen hat wiederholt, schon in seiner Debrecener Rede, darauf hingewiesen, daß die europäischen Agrarproduzenten mit der amerikanischen Landwirtschaft unbedingt in Fühlung treten müßten. Auf die Initiative des ungarischen Premiers mag es vielleicht zurückzuführen sein, daß die Getreidekommission der Bukarester Konferenz den Beschluß gefaßt hat, mit kompetenten Vertretern der amerikanischen Agrarorganisationen in Verbindung zu treten. Wir wollen nicht verhehlen, daß der Weg ein sehr schwieriger ist; ich habe jedoch im Laufe meiner langen Tätigkeit auf internationalem agrarischen Gebiete die Erfahrung gemacht, daß die Vertreter der amerikanischen Agrarproduktion sich bei allen Gelegenheiten stets von den Gefühlen der vollsten Solidarität und Kollegialität leiten ließen. Im Jahre 1919, inmitten der größten Verwirrung, haben die Leiter der amerikanischen Agrarorganisationen die erste Agrarkonferenz in Beaune einberufen und dort nachdrücklich den Standpunkt vertreten, daß die europäische Landwirtschaft unter der Ägide des Völkerbundes interstaatlich organisiert werden müßte, um den Zerfall und Niedergang der Produktion zu verhindern. Bis zu dem Jahre 1926 haben die Amerikaner das Institut in Rom mit großen Geldopfern unterstützt und ihm die Möglichkeit geeben, seine wissenschaftlichen Arbeiten zu veröffentlichen. Nach 1926 haben sie ihre finanzielle Hilfe dem Institut entzogen mit der Begründung, es verfolge keine praktischen Ziele; sie unterstützen seither den Internationalen Landwirtschaftlichen Ausschuß und haben diesen zu einer Beratung in Amerika vor kurzem eingeladen. Der Weg ist demnach klar vorgezeichnet, wie ihn Graf Stefan Bethlen der östlichen Landwirtschaft mit bewunderungswürdigem Scharfblick gewiesen hat: Verständigung mit den Produzenten der Agrarstaaten, sodann Fühlungnahme und vorbereitende Beratungen mit den überseeischen Produzenten, beide im Wege der bestehenden internationalen Organisationen, die entsprechend befestigt und umgebildet werden müßten. Hoffen wir, daß die Enttäuschungen der letzten Monate und die Initiative des ungarischen Ministerpräsidenten, wie auch der Druck der sinkenden Preise, die europäische, besonders die osteuropäische Landwirtschaft auf diesen Weg der Gesundung drängen werden. nicht elegante Art. Die intimsten Empfindungen eines Menschen in mehreren tausend Exemplaren veröffentlichen? Nein, ein Dichter geht doch über jene Grenzen hinaus, die für den Kavalier verpflichtend sind. Nachdem ich in meiner Jugend nach ernstem Seelenkampf — obgleich gegen den heftigen Widerwillen meiner Familie — beschlossen hatte, auf dem Scheidewege nicht rechts, sondern links zu gehen und nicht Ritter des Goldenen Vlieses, sondern Schriftsteller zu werden, habe ich den Ansprüchen des vollendeten Gentlemans mir selbst gegenüber entsagt, hingegen aber im Sinne meines Metiers darf ich öffentlich erzählen, was ich von anderen nicht öffentlich erfahren habe. Und während der Kämmerer Fremden gegenüber sich in ein verstocktes Schweigen hüllt, denn er ist ein wirklicher francisco-josephinischer Gentleman, will ich mit meiner leichteren Ethik die Geschichte einer Jahresrente erzählen, die er mir, auf Grundlage unserer Freundschaft, zum privaten und nicht zum Allgemeingebrauch mitgeteilt hat. Der Kämmerer stand in steifer Habtachtstellung vor dem alten Herrscher und erstattete seinen Bericht. Als er das letzte Aktenstück erledigt hatte, blickte das Oberhaupt der Monarchie, der Kaiser von Österreich, der apostolische König von Ungarn usw., usw., zu ihm auf. Von draußen strahlte der lachende Sonnenschein des Ischler Sommermorgens herein. „Als ich heute früh meinen Spaziergang machte ■— sprach der Herrscher —, vernahm ich auf der Berglehne bei der zweiten Biegung des Saumpfades durch das offene Fenster eines rotbedachten Häuschens Orgeltöne. Jemand spielte die Volkshymne. Gerade heute.“ „Jawohl, Majestät,“ — sprach der Kämmerer als Folge des auf ihn gehefteten Blickes und verbeugte sich tief — „heute ist der achtzehnte August.“ „Nun und? Unter gewöhnlichen Umständen ' pflege ich nicht dort spazieren zu gehen, der bell elf ende Orgelspieler konnte mithin nicht wissen, daß ich heute früh da vorübergehen werde. Die mir und meinem Hause erzeigte warme Offenbarung seiner Huldigung kann also als spontan angesehen werden. Notieren Sie,“ Der Kämmerer hob seinen Bleistift, um den allerhöchsten Befehl aufzuzeichnen. Der Befehl lautete: „Es ist auszuforschen, wer Orgel gespielt hat, morgen sind Einzelheiten zu melden, über seine Belohnung Vorschlag zu unterbreiten. Schluß.“ Der Kämmdrer zog sich, rückwärtsschreitend, aus dem Gesichtskreis des Herrschers zurück. Die Erhebungen wurden eingeleitet, die Identität des Orgelspielers festgestellt. Der Volksschullehrer Johann Grotze war der loyale Untertan gewesen, der am Morgen des achtzehnten August ih seiner Wohnung auf der Orgel die Volkshymne I gespielt hatte. Am folgenden Tag wurde hierüber Vortrag gehalten. Franz Josef nickte und ordnete an, c aß der Volksschullehrer Johann Grotze, wohnhaf: in Ischl, zu Lasten der Privatschatulle der allerhöchsten Belohnung von fünfhundert Gulden te lhaftig werde, außerdem sei die Kabinettskanzlei zi verhalten, in Hinkunft jedes Jahr vor dem achtz :hnten August die Belohnung des Volksschullehrers «ohann Grotze, wohnhaft in Ischl, zu unterbreiten. Volksschullehrer Grotte erhielt dis ansehnliche Geschenk. Außerdem durfte er in einer Privataudienz von siebzehn Minuten Dauer erscheinen, in der er für das kaiserliche Geschenk seinen untertänigen Dank abstotterte. Im Vorzimmer wurde er von c em Kämmerer etwas schroff behandelt. Es hatte sich nämlich herausgestellt, daß das Privatleben Grotzes nicht ganz makellos war. Er war ein gem :iner Kerl, behandelte die Kinder schlecht, und die Eltern hatten gegen ihn schon wiederholt Beschwerde geführt. Am achtzehnten August hatte er die Volk hymne durchaus nicht aus Loyalität gespielt, sond< rn weil er am selben Tage bei einer offiziellen Schulfeier das Kaiserlied spielen sollte, also am Mo gen in seiner Wohnung die Hymne übte, um nie it stecken zu bleiben. Der Kämmerer wußte alles, der Herrscher jedoch wußte nichts. Grotze betastete vergnügt grinsend die fünfhundert Gulden in seine 1 Tasche. Ein Jahr verging. Grotze bekam > wiederum fünfhundert Gulden. Im folgenden Jahr bekam er sic wieder und dann wieder. Im fünften Jahre setzte sich der Kämmerer mit seinem Gewissen auseinander. Es sei loch unerhört, daß dieser unsympathische Geselle ohne jedes Verdienst nunmehr schon zweitausend Gulden eingesackt und eine so beträchtliche Summe anderen entzogen hatte, die den hübschen Betrag eher verdient hätten. Als der Kämmerer wiederum vor dem Schreibtisch des Herrschers stand und sein Referat erstattete, räusperte er sich bei der Causa Grotze ganz sonderlich. „Johann Grotze, wohnhaft in Ischl, Volksschullehrer. Hat einen besonderen Beweis seiner Loyalität geliefert. Über alleruntertänigste Unterbreitung der Kabinettskanzlei: hundert Gulden Belohnung.“ Der alte Herrscher erhob das Haupt. „Ja, ja, der Mann, der Orgel gespielt hat. Aber warum hundert Gulden? Bisher hat er mehr bekommen, nicht?“ „Jawohl, Majestät, im Vorjahr hat er fünfhundert Gulden bekommen.“ Die Herrscherstimme wurde um eine Nuance härter, der Herrscherblick wandelte sich um eine Nuance ins Schroffe. „Weshalb wünscht die Kabinettskanzlei meina Gabe zu schmälern?“ Der Kämmerer atmete tief auf, um den Hintergrund der Causa Grotze zu erzählen. „Majestät, die Sache verhält sich so“ ... Aber während er zögernd die Worte suchte, unterbrach ihn der Herrscher. Seine Worte klangen ziemlich hart. „Wenn ich die Erfahrung mache, daß ein Untertan mich liebt und ich ihn belohne, warum tut der Kabinettskanzlei dieses bißchen Geld leid? Was?“ Der Kämmerer sah vor sich hin. Er wollte etwas sagen, aber dann überlegte er sich’s. Er schwieg. Und der Monarch herrschte ihn streng an: „Fünfhundert Gulden. Gehen wir weiter.' Der Kämmerer nahm die nächste Angelegenheit vor. Und Grotze erhielt bis zum Tode des Kaisers stets am 18. August die fünfhundert Gulden. Wenn der Kämmerer während der Ischler Séjours ab und zu dem nichtsnutzigen Grotze auf der Straße begegnete, wandte er den Kopf seitwärts, um den grinsend unterwürfigen, duckmäuserischen Gruß des loyalen Untertanen nicht erwidern zu müssen. 4 ® Samstag, 1. November 1930 Weltchor der Selbstkritik. Von Dr. EUGEN KEKPEL. Kaum verkündeten die Drahtmeldungen des deutschen Wahlsonntags, daß sechsundeinhalb Millionen Stimmen der nationalsozialistischen Fraktion zufielen, als die französische Presse, wie von der ärgsten Attacke betroffen, aufbegehrte. Ihr rechter Flügel sah die bösesten Prophezeiungen des Mißtrauens erfüllt, den neuen Vcrteidigungswall von Straßburg bis Verdun mehr denn gerechtfertigt; ihr linker Flügel indessen fühlte sich enttäuscht und verraten. Ein seelischer Abgrund tat sich auf entlang des Rheins, wie er tiefer kaum vor Juli vierzehn klaff te. Da erhob sich eine einsame Stimme aus der Schweiz. Die Romain Rollands. Auch sie zog die Konsequenz jener beispiellosen Wahl. Doch das Eri gebnis klang als Mahnung — heimwärts gerichtet. Der Dichter und Psycholog wußte Tieferes als die Presse Frankreichs vom Ausschlagen des seelischen Pendels, und wenn dieser auch dem Gehäuse eines ganzen Volkes gehört. Des deutschen Volkes, vom Schöpfer des „Jean Christoph“ besser denn von irgendeinem seiner Landsleute gekannt. Somit wußte er auch, daß Piratentum und Zerstörungswut fern von dessen Wesen liegen. Da es aber dennoch geschah, daß sich Millionen einer Ideologie verschrieben, die als polare Verneinung der europäischen Sendung dieses Volkes gelten mag, so fand er als Schlüssel: die Verzweiflung. Dermaßen ward der deutsche Koloß vom Versailler Friedensvertrág politisch und wirtschaftlich gedrosselt, daß er, dem Ersticken nahe, um sich zu schlagen begann. Diese Erkenntnis der Wahl, als der Zuckung einer Agonie, erweckte im Dichter den Ethiker der Menschenrechte, aber auch, der Gefahr eines solch Tobenden