Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1930. december (77. évfolyam, 275-297. szám)

1930-12-02 / 275. szám

Dienstag, 2. Dezember 1930 PESTER LLOYD • 4 • dürfte. Damit erscheint der Heimatblock für die Re­gierungsbildung außer Kombination. Wie es heißt, soll zwischen den Verhandlungs­partnern bereits die Besetzung der meisten Ressorts im neuen Kabinett vereinbart zu sein. Danach über­nimmt den Posten des Bundeskanzlers Dr. Endet, Vizekanzler und Minister des Innern wird Dr. Schober. Das Handelsportefeuille behält Dr. Heini, Dr. Czermák das Unterrichtsportefeuille, Dr. Thaler wird Ackerbauminister, während Vaugoin das Por­tefeuille für Heerwesen übernimmt. Diese letzten vier Minister gehören der Christlichsozialen Partei an. Bezüglich der restlichen vier Portefeuilles dauern die Besprechungen noch an; Das Ministerium des Äußern soll dem Vernehmen nach Dr. Ender selbst übernehmen.* (Telegramm unseres Korrespondenten.) Innsbruck, 1. Dezember. Der Führer der Heimwehr Dr. Steidle hat in einem Schreiben an den Landeshauptmann von Tirol Dr. Stumpf seinen Austritt aus der Parteipolitiik bekanntgegeben. Er will sich nunmehr wieder seinem Advokatenberufe widmen. Die vorbereitende Abrüstungskonferenz. Prag, 1. Dezember. Wie dem Tschechischen Korrespondenzbureau aus Genf gemeldet wird, haben die Delegierte der Kleinen Entente und Polens die in den Arbeiten der Abrüstungs konferenz eingetretene Pause heute nachmittag dazu be­nützt, um bei Dr. Benes zusammenzukommen und den bis­herigen Stand der Beratungen gemeinsam zu prüfen. Hauptgegenstand der Besprechungen war die Frage, welchen Standpunkt sie bei den noch zu verhandelnden Punkten der Konferenz einnehmen mögen, namentlich welche Erklärung sie über den Zusammenhang der Ab­rüstung und der Sicherheit anläßlich der Verhandlungen der Präambel der Abrüstungskonvention abgeben sollen. Über sämtliche zu diskutierenden Probleme ist eine Ver­ständigung erzielt worden. DEUTSCHLAND. Die neuen Notverordnungen. —- Ein seltsames Manöver. (Telegramm unseres Korrespondenten.) Berlin, 1. Dezember. Wenn diese Zeilen in Druck gehen, wird der Reichspräsident die neue Notverordnung zur Sanie­rung der Wirtschaft und der Finanzen Deutschlands unterzeichnet haben. Die Hoffnung, daß dieses nach Umfang und Inhalt gleich bedeutsame Werk auf dem Wege der normalen Gesetzgebung sich werde erledigen lassen, ist also nicht in Erfüllung gegangen. Die parlamentarische Entscheidung läßt sich aller­dings nicht ganz umgehen, denn der Antrag auf Auf­hebung der Notverordnung ist nicht nur zu erwarten, sondern von verschiedenen Seiten bereits gestellt, man hofft aber, daß er keine Mehrheit im Reichstage finden wird. Diese Hoffnung stützt sich psychologisch darauf, daß es für eine oppositionelle Linkspartei leichter ist, zu einem einzelnen Gesetz, gegen dessen Inhalt man Bedenken hat, Nein zu sagen, als einen positiven Beschluß zu fassen, der Deutschland zwar nicht dem Chaos, aber der Diktatur über­antworten würde, sachlich aber darauf, daß die Wünsche der Sozialdemokratie auf Umgestaltung der alten Notverordnungen in ziemlich weitgehen­dem Maße erfüllt worden sind. Durch diese Ände­rungen werden mancherlei Härten gemildert, so insbesondere hinsichtlich der Gebühr für den Kran­kenschein, die allen Erwerbslosen und Sozialrent­nern erlassen werden soll. Bei der Bürgerabgabe ist zwar die zunächst vorgesehene Ermäßigung des un­teren Satzes abgelehnt worden, dagegen werden die mittleren Sätze in der Staffelung weiter auseinander­gezogen und die großen Einkommen noch stärker belastet. Das sogenannte Plafondgesetz, das die Höhe des Haushalts der Länder und Gemeinden begrenzt, ist so nmgearbeitet worden, daß es keine Verfassungsänderung mehr enthält. Die Notverord­nungen aber, die unzweifelhaft eine Verfassungs­änderung enthalten, wie z. B. die Gehaltskürzung der Länder- und Gemeindebeamten, sollen auf an­dere Weise zur Durchführung gebracht werden, und zwar durch Verständigung mit den Ländern. Denn die Frage, ob auf dem Wege der Notverord­nung auch Verfassungsänderungen durchgeführt werden könnten, ist nach eingehenden Erwägungen von den zuständigen Stellen verneint worden. Diese großen Entscheidungen nehmen natürlich das ganze Interesse der deutschen Öffentlichkeit in Anspruch. Immerhin hat man noch Zeit, das selt­same Manöver zu beobachen, das seit einigen Ta­gen von Paris aus in den Vereinigten Staaten unter­nommen wird. Es handelt sich um den Versuch, der amerikanischen Öffentlichkeit ein Gemeinschafts­interesse mit Frankreich zu suggerieren, das in einer Beherrschung Europas zur Aufrechterhaltung des „Friedens“* d. h. des Status quo durch die gemein­same Anwendung der finanziellen und politischen Übermacht der beiden Völker gipfeln sollte. Eine ganze Reihe Meldungen aus Paris, Genf und Washington dient augenscheinlich dem Zweck, einen Keil in die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Amerika zu treiben. Man könnte diese Ange­legenheit dem gesunden Urteil des amerikanischen Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Kopfschmerzen stillen und beseitigen Togal-Tabletten. Fragen Sie Ihr» Arzt. In allen Apotheken. Preis Pengő 1.80 Volkes überlassen, wenn nicht die Gefahr bestünde, daß beim deutschen Volke Mißtrauen gegen die Haltung Amerikas erwacht. Dieses Mißtrauen wäre aber ebenso schädlich wie unbegrün­det. In Wirklichkeit liegen die Dinge gerade umgekehrt, als die französische Presse sie dar­stellt. In der Frage der Materialbeschränkung hat der amerikanische Vertreter mit Deutsch­land gestimmt, ebenso bei der Abstimmung über die Offenlegung aller Rüstungsmittel. In der Frage der Reservisten hat sich der amerikanische Vertreter zwar der Stimme enthalten, aber die Berechtigung des deutschen Standpunktes damit keineswegs an­­gezweifelt oder gar bekämpft. Und wenn schließlich in der Frage des Artikels E/a eine Zustimmung Amerikas entgegen der bekannten und eingehend begründeten deutscheen Haltung erfolgt ist, so ist das ausdrücklich wegen der Begründung geschehen, die von der Gegenseite dem fraglichen Artikel mit Bezug auf die früheren Verträge gegeben wurde, also auch auf die für Amerika wichtigen Flottenver­träge, deren Aufrechterhaltung es wünschen muß. So ist denn aus Washington bereits eine Reihe von Dementis ergangen, beziehungsweise hat man die Gedankengänge über die zweigeteilte „Welthege­monie“ mit skeptischem Lächeln aufgenommen und als „völlige Verkennung des amerikanischen Stand­punktes“ bezeichnet. Man denke in Amerika offen­bar nicht daran, eine deutsche Partnerschaft zu übernehmen, die darauf hinausliefe, eine franzö­sische Hegemonie über Europa politisch und finan­ziell unter Einbeziehung der amerikanischen Macht­mittel zu stabilisieren.* Telegramm des Pester Lloyd.) Berlin, 1. Dezember. Amtlich wird bekanntgegeben: Der Reichspräsident nat die ihm von der Reichsregierung vorgeschlagene Verordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung heute in später Abendstunde unterzeichnet und dann zur Ver­kündung an das Reichsgesetzblatt weitergeleitel. Uber die heute nachmittag erfolgte Besprechung des Reichskanzlers mit dem Reichspräsidenten wurde folgendes Kommuniqué verbreitet: Der Herr Reichsprä­sident empfing heute nachmittag den Reichskanzler Brü­ning zu einem abschließenden Bericht über die Vor­schläge der Reichsregierung wegen Erlassung einer Not­verordnung für die Sicherung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage. Reichspräsident v. Hindenburg dankte dem Reichskanzler für die geleistete mühevolle Arbeit und bat ihn, diesen Dank auch den Reichsministern und dem Reichsbankpräsidenten Dr. Luther zu übermitteln. Berlin, 1. Dezember. (Wolff.) Die vom Reichspräsidenten heute Unter­zeichnete Notverordnung besteht aus drei wesentlichen teilen. Zunächst enthält sie auf Grund der inzwischen ge­sammelten Erfahrungen gewisse Abänderungen der Not­verordnung vom 26. Juli dieses Jahres, so hinsichtlich der Krankenversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Gemeindefinanzen. Sodann umfaßt die Notverordnung den Wirtschafts- und Finanzplan der Reichsregierung wie er vom Reichsrat genehmigt worden ist. Der dritte be­deutsame Teil der Notverordnung umfaßt die Maßnahmen zur Stützung der notleidenden Landwirtschaft, so Maßnahmen zur Sicherung der heimischen Produktion, Zolländerungen usw. Die ge­samte Notverordnung gliedert sich in neun Teile, und zwar: Änderungen der Notverordnung vom 26. Juli 1930, Sicherung des Haushaltes, Steuerverein­fachung und Vereinheilichung, Senkung von Realsteuern und Verkehrssteuern, Finanzausgleich, ferner Fragen der Reichsbank und der Rentenbank, Wohnungswirtschaft, Schutz der Landwirtschaft und schließlich Vereinfachun­gen auf dem Gebiet der Rechtspflege. Wie amtlich mitgeteilt wird, wird von einer ein­gehenden Begründung der Notverordnung abgesehen, zumal der Wirtschafts- und Finanzplan, der den wesent­lichen Inhalt der Notverordnung bildet, bereits am 30. September eine eingehende amtliche Begründung er­fahren hat. Dr. Curtius über die deutsche Außenpolitik. (Telegramm des Pester Lloyd.) Berlin, 1. Dezember. An der heutigen Sitzung des Zentralvorstandes der Deutschen Volkspartei nahm auch Außenminister Dr. Curtius das Wort zu Ausführungen über die deutsche Außenpolitik. Er knüpfte dabei an seine programmati­schen Erklärungen im Reichsrat an und ging im einzel­nen noch einmal auf die dort vorgetragenen Gesichts­punkte ein. Er kam auch auf die Genfer Abrüstungs­konferenz zu sprechen und stellte unter lebhaftem Bei­fall der Versammlung fest, daß der deutsche Vertreter Graf Rcrnstorff mit Mut und Entschlossenheit und auch mit Würde die deutschen Interessen vertreten habe. Den Anspruch auf Sicherheit könne mit vollem Recht auch Deutschland erheben. Der Minister wies dann weiter auf die Reparationen und auch auf die Vorgänge bei den letzten Wahlen in Polen hin. Seine Ausführungen fanden den lebhaften Beifall des Zentralvorstandes. Der Lohnabbau. (Telegramm des Pester Lloyd.) Berlin, 1. Dezember. 'Die Lohnabbaubewegung wird dadurch eine eim schneidende Fortsetzung erfahren, daß jetzt auch von seiten des Berliner Einzelhandels, der 40.000 Arbeitneh­mer beschäftigt, das Tarifabkommen zum Ultimo Dezem­ber gekündigt wurde. Ebenso haben auch die Arbeitgeber im Möbeltransportgewerbe und die Berliner Fuhrwerk- Unternehmer die Lohntarife gekündigt. ...I HALEN. Französische Auslegung der Besuche von Litwinow und Tewfik RüschdL (Telegramm des Pester Lloyd.) Paris, 1. Dezember. Zu dem Besuch des russischen Volkskommissars Litwinow und des türkischen Außenministers Tewfik Rüschdi Bei in Italien veröffentlicht heute der bekannte Publizist Gabriel Perreux einen aufsehenerregenden Ar­tikel im Paris Midi. Perreux erklärt alle bisher veröffent­lichten Nachriöhten über die bei diesem Besuch geführten Besprechungen für übertrieben und behauptet, aus abso­lut sioherer Quelle erfahren zu haben, daß die Reise Litwinows nach Mailand die de jure-Anerkennung der Sowjets durch Ungarn zum Ziele gehabt habe. Ein der­artiger Akt würde die Stellung Rußlands auf dem Balkan bedeutend stärken. Ferner halbe Litwinow eine andere Aktion endgültig abgeschlossen, nämlich die mit den Werften von Spezia und Genua über den Bau einer Kriegsflotte für die 'Sowjets geführten Verhandlungen. Es handelt sich also um die Fortsetzung der Einkreisung des Balkans durch Italien und Ungarn im Westen, durch die Sowjets im Osten und Bulgarien im Süden. So könnte Rumänien, „der arme Verbündete Frankreichs“, keinen Widerstand mehr leisten. Der anschließende Besuch Tewfik Rüschdi Beis habe dem Abschluß eines Paktes zwischen Athen, Rom und Ankara gegolten, durch den sich die drei Mächte verpflichteten, den Statusquo im Ägäischen Meer aufrechtzuerhalten und dieses Meer vom politischen Standpunkte aus für die ausschließliche Do­mäne der drei Uferstaaten: Türkei, Griechenland und Italien, zu erklären. Damit sei, wie Rumänien, auch Jugo­slawien eine Fessel angelegt. Es sei verfrüht, von einem italienisch-deutsch-russischen Block zu sprechen, aber nichts hindere Deutschland daran, sich später diesem ver­lockenden Ring anzusehließen, vorausgesetzt, daß es sich für dieses gefährliche Spiel hergeben wolle. * über die weit ausgreifenden, zum großen Teil recht abenteuerlich anmutenden Kombinationen des französi­schen Publizisten Perreux sind nicht viel Worte zu ver­lieren. Verzeichnen müssen wir sie immerhin als Sym­ptome einer französischen Seelenverfassung, die in jedem Winkel der internationalen Politik anderer Völker ein Ver­­sohwörernest gegen Frankreich argwöhnen zu sollen glaubt. Über eine dieser Kombinationen möchten wir aber nicht stillsqhweigend hinweggehen, weil unser Schweigen als ihre Bestätigung gedeutet werden könnte. Wir meinen die Kombination, nach der die Reise Litwinows nach Mailand die de jure-Anerkennung Sowjetrußlands durch Ungarn zum Ziele gehabt haben soll. Demgegenüber ge­nügt es wohl, auf die Erklärung des Ministerpräsidenten Grafen Bethlen anläßlich der jüngsten Pressekonferenz hinzuweisen, in der es ausdrücklich hieß, Ungarn ver­harre auf seinem bisherigen Standpunkt, keine Sowjet­vertretung in Ungarn zuzulassen, gleichwie es auch sich im Sowjetreich nicht vertreten zu lassen wünscht. Wenn man nun in Frankreich trotzdem sich in derartigen Kom­binationen ergeht, so kann das eben nur auf den patholo­gischen Zustand des „cauohemar des coalitions“ zurück­zuführen sein. (Anmerk, der Red. des Pester Lloyd.) Das Attentat von Murovica. Görz, 1. Dezember. (Stefani.) Nach den offiziellen Erhebungen hatte das gestern nacht durch unbekannte Orjuna-Mitglieder ver­übte Attentat zum Ziel, die Zollwächter, die einen Auto­mobilausflug nach Cal di Canale unternommen haben, niederzumachen. Die unbekannten Täter gaben 12 bis 13 Schüsse teils aus Gewehren, teils aus Revolvern ab» Auch gegen die Volksschule von Dlusna wurde ein Atten­tat versucht, doch glücklicherweise ohne Folgen. Rom, 1. Dezember. (Stefani.) Giornale d’Italia führt im Kommentar zum Attentat von Murovica u. a. aus: Es wurde ein neuer poli­tischer Mord an der Grenze Italiens, unfern dem Lande des jugoslawischen Terrors, verübt. Der Balkanterror setzt auch im Herzen des zivilisierten Europa seine Tätig­keit fort. Dies ist eine Provokation Italiens, das die Attentate geduldig über sich ergehen läßt, aber nicht ver­gißt, daß das stets von Frieden und Korrektheit redende Europa solch gewaltsame Angriffe nicht zügeln kann. FRANKREICH. Falsche Nachrichten über Meinungsverschieden­heiten innerhalb der Regierung. Paris, 1. Dezember. (U. T.-K.-B.) Die Kabinettsmitglieder hielten heute unter dem Vorsitz des Präsidenten Doumergue einen Ministerrat ab. Die Regierung hat beschlossen, von der Kammer rasche Votierung der Vorlage über die Investi­tionen zu verlangen. In den Abendstunden waren in den Couloirs der Kammer Gerüchte verbreitet, wonach im heutigen Mini­sterrat schwere Meinungsverschiedenheiten über den Fall Oustric entstanden seien und daß im Zusammen­hang hiemit mehrere Regierungsmitglieder ihre Demission gegeben hätten. Ministerpräsident Tardieu hat diese Gerüchte ent­schieden dementiert. Der Ministerrat habe Handels- und Marinefragen verhandelt, dann teilte der Justizminister kurz mit, daß die Untersuchungskommission die Regie­rung um gewisse Dokumente im Falle Oustric gebeten hätte. Tardieu erklärte, daß die Regierung die gebetenen Dokumente in den Abendstunden der Kommission zur Verfügung stellte und ihr sämtliche Aufklärungen erteilte. Tardieu schloß das Interview mit den Worten: „Jetzt aber bitte ich Sie, mich arbeiten zu lassen.“ Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Kopfschmerzen stillen und beseitigen Togal-Tabletten. Fragen Sie Ihren Arzt. In allen Apotheken. Preis Pengő 1.80.

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