Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1931. április (78. évfolyam, 74-97. szám)
1931-04-01 / 74. szám
Mittwoch, 1. April 1931 • 3 • PESTER LLOYB Vom Ta ge, Außenminister Graf Julius Károlyi über seine Romreise und die Zollunionsfrage. Außenminister Graf Julius Károlyi hat nach seiner Rückkehr aus Rom einen Mitarbeiter des Ung. Tel.-Korr.-Bureau empfangen und diesem die folgenden Mitteilungen gemacht: — Nachdem ich dem Herrn Reichsverweser und dem Ministerpräsidenten Grafen Bethlen über meine Romreise Bericht erstattet habe, erachte ich es als notwendig, daß auch die breiten Schichten der ungarischen öffentlichen Meinung über meine römischen Eindrücke unterrichtet werden und zugleich den Standpunkt kennen lernen, den die Regierung den jüngsten politischen Ereignissen gegenüber eingenommen hat. — Ich kann es nicht unterlassen, vor allem den leitenden Staatsmännern Italiens Dank zu sagen für den aufrichtigen und warmen Empfang, den sie mir zuteil werden ließen. Tiefen Eindruck machte auf mich die Persönlichkeit des Regierungschefs Mussolini, dessen politischer Klarblick, unverbrüchliche und zietbewußte Willenskraft und aufrichtige Sympathie für die migarische Nation volle Gewähr dafür bieten, daß die freundschaftlichen Verbindungen zwischen dem mächtigen Italien und Ungarn sowohl auf wirtschaftlichem wie auf politischem Gebiete fest bleiben und in der Zukunft sich noch weiter entwickeln werden. In seiner Ungarn gegenüber befolgten Politik stehen ihm der Außenminister Grandi und — wie ich ruhig zu erklären wage — die führenden italienischen Kreise und die Gesamtheit des italienischen Volkes mit ganzer Kraft zur Seite, so daß die ungarnfreundlichc Politik sozusagen zum allgemein angenommenen Standpunkt der italienischen Außenpolitik geworden ist. Auf die zur Zeit wichtigsten außenpolitischen Probleme übergehend, fuhr der Außenminister in seinen Erklärungen folgendermaßen fort: — Im Zusammenhang mit dem österreichischdeutschen Zoll unions plane tritt in der Wirtschaftspolitik Ungarns keinerlei Änderung ein. Wir können nicht wissen, ob die Union zustande kommt, und wenn ja, in welcher Form es der Fall sein *vird, denn das hängt von vielen, außerhalb von uns stehenden Faktoren ab. Auch darf nicht übersehen werden — wie ja übrigens auch österreichische Staatsmänner darauf hingewiesen haben —, daß, wenn auch die Zollunion in irgendeiner Form zustande kommt, bis zu ihrem faktischen Inslebentreten noch viel Zeit verstreichen kann. Ungarn setzt daher seine Wirtschaft spolitischen Verhandlungen mit Österreich und Italien auf den bisherigen Grundlagen fort. Wir hoffen, daß wir in naher Zukunft die handelspolitischen Verhandlungen auch mit dem Deutschen Reiche werden aufnehmen können. —- Auch mit der Tschechoslowakei sind wir bereit — wie dies verantworliche ungarische Staatsmänner schon in der Vergangenheit mehrfach betont haben —, in Verhandlungen einzutreten, sobald die tschecho-slowakische Regierung sich dazu ernstlich geneigt zeigt. — Ich sehe keinen Grund dafür, daß die ungarische öffentliche Meinung durch die aufgetauchten außenpolitischen Probleme, sei es aus politischem, sei es aus wirtschaftlichem Gesichtspunkte, beunruhigt -werde, weil es sich vorerst weder in politischer Hinsicht, noch vom Standpunkte der im Zuge befindlichen wirtschaftlichen Verhandlungen um Probleme handelt, die Ungarns Interessen gefährden und solcherart die Regierung zu einer raschen Stellungnahme veranlassen würden. Der Staatsvoranschlag Im Finanzausschuß. Der Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses ist für den 8. April, 11 Uhr vormittags, zu einer Sitzung einberufen worden, in der das Budget für 1931/1932 verhandelt werden wird. Die Tagesordnung ist die folgende: 1. Walrl der Referenten der einzelnen Etate. 2. Verhandlung des Handelsetats und in Verbindung damit der Abschnitte 20, 21 und 22 der staatlichen Betriebe. 3. Verhandlung des Jüstizetats. Das Heilbädergesetz. Die morgige Nummer des Amtsblattes wird eine Verordnung des Ministers für Volks\vohlfahrt und Arbeitswesen betreffend das Inslebentreten und die Durchführung des ü.-A. XVI : 1029 über die Heilbäder, die klimatischen Ku-rorte, Erholungsstätten und die Mineral- und Heilquellen veröffentlichen, das intt Sinne einer Miuisterialverordnung am 1. April in Kraft triff. Die Verordnung umschreibt genau die Bedingungen, unter denen die Heilbäder und klimatischen Kurorte eröffnet werden können und enthält alle Bestimmungen, die sich auf die Kontrolle, sowie die Tätigkeit der Heilbäder und der klimatischen Kurorte, auf den Vertrieb der Mineralwässer, die Auf* Í sicht der Heil- und Mineralquellen und auf das zur Entwicklung der Heilstätten und der Mineralbetriebe erforderliche Verfahren zur Enteignung von Realitäten beziehen. Nach dieser Verordnung hat die Landes-Quellenund Badekonrmission das Recht, in allen einschlägigen Kragen ihr Gutachten abzugeben; Präsident der Kommission ist ^ der Minister für Volkswohlfaihrt und Arbéitswesen. Uber die Heilbäder ist ein Stammbuch zu führen. Unternehmungen, die nach dem Inslebentreten des Ge| seizes im Interesse der Hebung des Verkehrs der Heilbäder oder der klimatischen Kurorte wesentliche Investitionen durchführen, genießen eine provisorische Steuerfreiheit bis zu zwanz.g Jahren, die sinh auf die Erwerbsteuer, die Gesellsohaftssteuer, die Gemeindezuschläge und auf die Kammergebühren erstreckt. Vor dem Inslebentreten des Gesetzes sind die Verwalter der Bäder oder Quellen verpflichtet, innerhalb eines Jahres um die entsprechende Benennung der Konzession einzukommen. Kurz danach traten zu der täglichen Gabe der Geiß einige ausnehmend schöne Eier. Marie konnte dem seltsamen Mann wegen der Lügenpfeiferei, mit der er den Milchsegen ausmalte, nicht zürnen. Sie richtete ihre Blicke in sanft aufkeimender Zärtlichkeit auf Ferdinands Kleefeld, das sich ihr bis ans Häuschen dehnte, begann leise zu lächeln und fühlte allmählich eine Erleichterung auf dem Krankenlager, wobei auch die Beklemmung ihres Gemüt's nachließ. Im weiteren traf es sich dann noch, daß der Quell, der die gepfändete Ziege in sich trug, mit zunehmender Kraft in Maries Häuschen geflossen und gelaufen kam, und er war einmal eine kraftvolle Rindsuppe und ein mürbes Backhuhn, ein anderes Mal ein Pfannkuchen und eine Handvoll Geld, dann sogar eine glatte Kalbshaut, in der das Kalb auch noch drinnen stak, und zwar lebend, neben dem Kalb aber lief in ihrer ungebändigten Mutterliebe die Kuh muhend einher. Das hellste Wunder geschah da. Und das Wunder erfuhr seine Krönung, als der Alte eines Tages der Jungfrau die Verschreibung über eine halbe Bauernwirtschaft auf den Tisch legte. Da war aber Marie nicht mehr krank. Ja, sie war bereits völlig genesen und guter Dinge. Ein dutzendmal fühlte sie sich sogar schon versucht, dem Boten das Lösegeld für die gepfändete Ziege mitzugeben. Denn sie verfügte ja längst über das Sümmchen. Indessen, wenn der Alte mit treuherzP gen Beteuerungen immer neuere Überraschungen für sie aus der Trommel holte, beschlich sie so ein wohliges Gefühl der Beharrlichkeit, daß sie das Hinzählen dér Münzen aufschieben mußte. Und jedesmal, wenn sie die unwahrscheinliche Leistung ihrer Ziegestrenger bekritteln wollte, aber der Kleinrichtcr auf die Frage: „Wie: das alles stammt von meiner gepfändeten Ziege?“ mit überzeugendem Eifer beteuerte: „Es ist kein ungebührliches Härchen dran,“ unterdrückte sie das weitere Nachforschen und fühlte sich heimlich beglückt. Mit der Rede darüber, daß sie das liebe Spiel längst durchschaute, hielt sie noch zurück. Endlich, bei der Überreichung jener Urkunde, in der sich ihr ein Besitz anbot, genau so groß wie Ferdinands halbes Gut, platzte sie heraus: „Wachtmeister, Ihr seid doch ein verständiger Mann. Gebt mir einen Rat! Wie soll ich unseren Bürgermeister anreden, wenn ich ihm wieder begegne?“ Der Treffliche wußte gleich nichts zu erwidern. Als sie aber weiter fragte: „Was glaubt Ihr: wird er sich das Duwort noch gefallen lassen?“ entglitt ihm die Trommel, und laut rief er: „Marie, jetzt verheimlich ich die Wahrheit nicht länger. Ich bin beauftragt, ihm das erste herzliche Wort im Galopp zu melden. So ins Gesicht dürft ich dir diesen Auftrag gar nicht verraten; aber ich bin ein schwacher Mensch.. Indessen wie er gleich darauf im Galopp davonstob, war ihm keine besondere Schwäche anzumerken. Das Mädchen blieb mit dunkelrotem Kopf zurück. Sie zupfte sich ein wenig die Schürze zurecht und bückte gespannt in die Richtung, aus der sie den Entlaufenen mit einer Post zurückerwarten konnte. Es stand nicht lange an, so trieb es auf dem Weg eine mächtige Staubwolke auf. Diese näherte sich blitzsehnlel und gab wohl nicht den hurtigen Boten, sondern ein Gespann frei, auf dem Kutschierbock afyer saß der Bürgermeister selber. Weil zu dem Häuschen kein Weg führte, lenkte er schnurgerade über den duftenden Teppich seines Kiecackers. Dicht unter Maries Fenster hielt er. Eine Seltenheit im bescheidenen Kuhländchen: vier Pferde schäumten vor der Waage. Marie ängstigte sich bei dem Anblick fast, doch er rief ihr wohlgemut zu: „Marie, betrachte den Zug nicht als ungeteilten Besitz! Es liegt zweierlei Gut auf den Pferderücken, in gleichen Hälften meines und dejnes.“ Auf dieses Wort verlor sie jegliche Mutlosigkeit und streckte ihm abbittend die Hände entgegen. „Mir ist es ganz rätselhaft, wie ich dich so hab’ verkennen können.“ Er sprang ab und faßte die flehenden Hände. „Du hast mich nicht verkannt. Ich bin nur nicht mehr derselbe, als d en du mich gekannt hast,“ sagte er. Sie ließ in aller Geschwindigkeit noch die Augen über den Kleeacker, das Vierergespann und den stattlichen Mann an ihrer Seite huschen und rief: „0 Gott, wie ist die Welt doch so schönl“ Ferdinand beugte sich über sie und meinte scherzend: „Bei allem Lob hat sie noch einen Schönheitsfehler: eine gepfändete Ziege ist aus lauter Vergeßlichkeit noch nicht ausgelöst worden.“ „Wahrhaftig,“ bekannte sie offen, „ich bin lang im Verzug geblieben. Deine wachsenden Liebesbeweise haben mir so wohlgetan, daß ich sie nicht hab’ unterbrechen können. Ferdinand, was gilt das Pfand?“ Wonnig erschauerte er bei dieser Frage. Seine kräftigen Arme öffneten sich. „Was du mir gibst.“ Da rief sie leidenschaftlich: „Nimm alles, was ich bab!“ und warf sich ihm an die Brust... Kurz darauf trabten die vier Pferde über den Acker wieder zurück, und ein glückliches Paar saß auf dem Wagen. Am Wegrand draußen stand der alte Kleinrichter. Er folgte dem Vorgang, wie das Wasser im Bette der Pinka geheimnisvoll rauschte, das feine Gewebe der Tannenkrone in der Luft zitierte und gaukelte und der feurige Viererzug über den blühenden Kleeacker flitzte. Da bewegten sieh seine Lippen wie im Gebet und raunten: „Jetzt wird unsere gepfändete Ziege gleich ausgelöst sein ...“ Die deutsch-österreichische Zollunion und Ungarns Wirtschaftsinteressen. Das Mitteleuropa-Institut für Ungarn hielt gestern unter dem Vorsitze seines Präsidenten, des Ministers a. D. Dr. Gustav Gratz, eine Sitzung, die der Besprechung des Zollunionproblems gewidmet war. Das Substrat der Beratung bildete das schriftlich erstattete Referat des Präsidenten Dr. ' Grat:, dessen Gedankengáng wir bereits in unserer Sonntagsnumruer mitgeteilt haben. Dr. Elemér Hantos konstatierte zunächst, daß der Plan rjer Zollunion auch außerhalb der dabei beteiligten zwei Länder freudig aufgenommen wurde. Diese erste Schwalbe bedeutet gewiß noch keinen Sommer, immerhin ist sie jedoch der Vorbote kommender besserer Zeiten. Wenn es gelingt, den verfahrenen Karren von Mitteleuropa durch die deutsch-österreichische Zollunion wieder auf eine fahrbare Straße zu lenken, so wird das große Verdienst der kühnen Vorkämpfer des Unionsgedankens nicht zu bezweifeln sein. Wie immer auch die politischen und die juristischen Prägen des Planes entschieden werden, brachte das Aufwerfen des Unionsplanes den Nutzen, der auf einen toten Punkt gelangten mitteleuropäischen Handelspolitik einen neuen .Anstoß gegeben zu haben, der insolange zu spüren sein wird, bis entweder dieser Plan verwirklicht oder an dessen Stelle eine bessere Konzeption treten wird. Eine bessere Konzeption wäre die mittelem optische Ausgestaltung der deutsch-österreichischen Zollunion. Das Konzept dieses mitteleuropäischen Wirtschaftsfriedens beruht auf zwei Tragsäulen. Die eine wäre die wirtschaftliche Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland, die andere der wirtschaftliche Zusammenschluß sämtlicher Nachfolgestaaten der ehemaligen Donaumonarchie. Deutschland wäre in diesem Plane die Verbindungsbrücke des Wirtschaftsfriedens. In dem jetzt auf der Tagesordnung befindlichen Unionsplane hat Deutschland nur den einen Brückenkopf fest verankert. Falls jener Teil der europäischen Diplomatie, der durch die Unionsvereinbarung die seitens Österreichs erfolgte Verletzung des vielerwähnten Genfer Protokolls vom Jahre 1922 behauptet, statt der puren Negation eine positive Lösung anstrebt, so kann sic beanspruchen, daß die vertragschließenden Teile, bevor sie den neuen Unionsvertrag in Kraft treten lassen, auch anderen Staaten Gelegenheit bieten, sich der Union anzuschließen. Hier wäre es in erster Linie eine Aufgabe Frankreichs, die von ganz Europa sehnlichst erwünschte wirtschaftliche Verständigung herbeizuführen, weiter wäre den Nachfolgestaaten die Möglichkeit geboten, ihre Lage gegenüber der Union klarzustellen, bevor deren wirtschaftlicher Druck sic belasten würde. Wien bildet den wirtschaftlichen Brückenkopf Mitteleuropas, und die einseitige Eroberung dieses strategischen Punktes seitens Deutschlands — wie motiviert dies vom nationalen Standpunkte auch erscheinen möge — kann für kein Land Europas gleichgültig bleiben. Am wenigsten kann dies gleichgültig für Österreich sein, da 42 Prozent des Außenhandels dieses Landes mit den Nachfolgestaaten ahgewicke.lt werden, während der Anteil des Handelsverkehrs mit Deufsc.hland nur 18 Prozent des Gesamthandols beträgt. Zum Schluß zollt Redner dem Referate des Präsidenten seine Anerkennung. Nach Paul Magyar wäre es nicht richtig, wenn das Institut hinsichtlich der deutsch-österreichischen Zollunion schon jetzt Stellung nähme. Redner macht auch darauf aufmerksam, daß die Vereinbarung zwischen Deutschland und Österreich noch nicht perfekt ist. Wichtiger als alles ist die Forderung, durch Ausarbeitung der Einzelheiten unserer wirtschaftlichen Forderungen uns für den Zeitpunkt der Entscheidung lückenlos vorzubereiten. Dr. Baron Julius v. Madarassy-Beck hält es für ausgeschlossen, daß die deutsch-österreichische Union die Grundlage einer vernünftigen mitteleuropäischen Vereinbarung abgeben könnte. Oberhausmitglied Anton Székács äußert sich dahin, daß er die Stellungnahme des Instituts für verfrüht halte. Um so Cher sei dem Vorschläge im Referat von Dr. Gratz beizupflichten, wonach das Institut schon im gegenwärtigen Zeitpunkte die Lösung jener Dclailfragen vorbereiten möge, die im Falle unseres Anschlusses zur deutsch-österreichischen Union oder bei unserem Fernbleiben auffauchen werden. Ludwig Leopold nahm zu der Frage Stellung, wie sich die ungarische Landwirtschaft zur deutschösterreichischen Zollunion verhalten soll. Der Redner behandelte die Frage aus dem Gesichtspunkte unserer Landwirtschaft. Westeuropa ist ein entzw eigespaltener wirtschaftlicher Imperialismus: die Franzosen können Agrar-Europa nur Kredit bieten, aber keinen Markt, die Deutschen hinwieder können keinen Kredit geben, wohl aber einen Markt. Agrar-Europa hätte für den deutschen Markt wohl statt von Frankreich von den Österreichern und von den Tscbec.ho-Slov.aken einen gewissen Ersatz bekommen können. Dies wurde aber durch Benes und durch d>e tschecho-slowakischen Agrarier — die ungeduldigsten und kurzsichtigsten Agrarier von Europa — verhindert. So rückte automatisch die wirtschaftliche Annährung an Italien und letzthin die zollpolitische Initiative Deutschlands in den Vordergrund. Die Franzosen dürfen es Prag nachtragen, nicht Berlin oder Wien. Unser Anschluß an die deutsch-österreichische Union oder unsere alternative Orientierung ist von politischen Problemen so durchsponnen, daß die Nation in dieser F’rage die Tätigkeit der für die Ereignisse verantwortlichen Regierung mit Geduld und mit Vertrauen ah-