Pester Lloyd - esti kiadás, 1931. szeptember (78. évfolyam, 197-221. szám)
1931-09-01 / 197. szám
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Blau, Boros, Braun, Győri & Nagy, Haasenateln A Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető-iroda, Jnlius Tenzer, Uray. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich: N. Dukes Naohf. A.-G„ Wien. Woüzeile 16; für das sonstige gesamte Ausland: Rudolf Mossa A.-B. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heiler, an Sonntagen 38 Henec Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreioh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Redaktion u. Adm.: V., ■áriaValérla-uooal'd. Telephon der Administration: 849-00 78* Jahrgang* Budapest, Dienstag, 1. September 1931* Nr. 197 Auslandschau. — 1. September, — Österreich in Genf. Der Völkerbundrat wird die Bitte Österreichs tun Finanzhilfe an den Finanzausschuß verweisen, 5der die Angelegenheit noch im Laufe dieser Woche behandeln dürfte. Von seiten des Sekretariats waren, :Wie bekannt, die Herren Avenol und Loveday nach (Wien' entsandt worden, um die Finanzlage des Landes an Ort und Stelle zu studieren. Die österreichische Regierung hofft, daß das Gutachten der Finanzsachverständigen günstig lauten und die Gewährung einer neuen internationalen Kredithilfe an Österreich erleichtern werde. Es ist vor allem von der Flüssigmachung der zweiten Tranche der im vorigen Jahre bewilligten Investitionsanleihe von insgesamt 700 Millionen Schilling die Rede; außerdem bittet Österreich um die Konsolidierung der von England gewährten 140-Millionen-Anleihe. Die englischen Blätter glauben zu wissen, daß Österreich einen Teil dieser kurzfristigen Anleihe binnen kurzem zurückzahlen wird; Times bemerken hiezu, daß «Be Rückzahlung das Vertrauen in die österreichi(pfchen Finanzen in hohem Maße stärken würde. Natürlich wäre die Rückzahlung der englischen Anleihe nur möglich, wenn Österreich anderwärtig neuen Kredit erhalten könnte. Die vom Völkerbund gewährten Kredite müssen einen internationalen Charakter tragen, und die internationale Finanzlage ist heute so beschaffen, daß eine größere internationale Anleihe ohne die Zustimmung und die Beteiligung Frankreichs unmöglich ist. An diesem Punkte gewinnt Österreichs Anliegen einen stark politischen Charakter. Französischerseits wurde eine scharfe Pressekampagne eingeleitet, um Österreichs künftiges Verhalten in der Zollunionsangelegenheit: vollen Verzicht, Abrücken von der deutschen Linie, Annäherung an Frankreich, kategorisch vorzuschreiben. Die österreichische Delegation verwahrte sich zwar gegen den Ton, der namentlich vom Temps in dieser Angelegenheit angeschlagen wurde, aber man erwartet von Dr. Schober nach wie vor die Verzichtserklärung, die die Schleusen des französischen Kreditflusses nach Österreich öffnen soll. Wie der Wiener Korrespondent des Daily Telegraph aus österreichischen, französischen und tschechischen Kreisen erfährt, soll Schober das Versprechen gegeben haben, vor der Koordinierungskommission noch vor dem Bekanntwerden des Haager Gutachtens auf den Plan der Zollunion formell zu verzichten. Der Korrespondent fügt hinzu, daß ein momentaner Verzicht Österreichs wahrscheinlich, aber mit dem Begraben aller künftigen Hoffnungen nicht gleichbedeutend sei. Nach einer Meldung des Petit Párisién soll sich Schober bereits entschlossen haben, in der geschlossenen Sitzung von heute vormittag eine offizielle Verzichterklärung abzugeben. Es sei wahrscheinlich, daß auch Curtius genötigt sein werde, auf den Plan in formeller Erklärung zu verzichten. Das Gutachten des Haager Internationalen Gerichtshofs, dessen Verlautbarung bevorsteht, gibt noch immer zu viel Rätselraten Anlaß. Nach einer Meldung der Agence Radio aus Genf — in der es heißt, das Gutachten werde heute bekanntgegeben werden — soll das Gutachten zumindest Österreich unrecht geben. Nach anderen Quellen — z. B. Daily Telegraph — soll sich der Gerichtshof in dieser Angelegenheit, die durch Wirtschaftssachverständige bereinigt werden müsse, für unzuständig erklären. Eine solche Entscheidung würde nach dem Korrespondenten des Blattes für die Mehrzahl der beteiligten Mächte willkommen sein, da eine definitive juristische Entscheidung zugunsten des Plans es für Deutschland und Österreich schwierig gemacht haben würde, den Zollunionsplan ganz aufzugeben, oder hinauszuschieben; auch die geplante Berliner Reise Briands und Lavals könnte durch eine günstige Entscheidung verhindert werden. Andererseits würde <iie Unverhindlichkeit des Urteils die Starrheit des , französischen Widerstandes gegen den Plan erheblich mildem, da der Plan somit aus der praktischen Politik ausgeschaltet würde. Das englische Mitglied des Gerichtshofs, Sir Cecil Hurst, und sein amerikanischer Kollege, sollen sich besonders energisch für eine Urteilsfällung in diesem Sinne eingesetzt haben. Eine weitere Frage geht dahin, welche Nachwirkungen die Genfer Geschehnisse in der österreichischen Innenpolitik nach sich ziehen werden. Die französische Presse nimmt bereits triumphierend den Rücktritt Schobers als sicher an. Andererseits will man von einem neuerlichen Vorstoß Seipels und einer bevorstehenden außenpolitischen Kursänderung wissen- Alles Fragen, die erst die Zukunft beantworten kann, Österreich ging nach Genf, um über die Linderung seiner akuten Finanznot zu verhandeln. Alles andere besitzt in diesem Augenblick nur sekundäres Interesse. Englische nationale Regierung und Lloyd George. Während all der aufregenden Tage, da die nationale Regierung geboren wurde, hat es in England wohl kaum einen zweiten Mann gegeben, der so unter seiner erzwungenen Tatenlosigkeit gelitten haben muß, wie Lloyd George. Eine nationale, zu mutigem Handeln entschlossene Regierung mußte ja gerade ihm willkommene Gelegenheit zum Eingreifen bieten. Versteht es doch keiner so aus dem hoffnungslosesten Chaos stets wieder ein geordnetes Kosmos zu schaffen, wie der Waliser Hexenmeister. Statt dessen hatte ein heimtückisches Leiden ihn einige Wochen vor Ausbruch der Krise aufs Krankenlager geworfen. Und der immer Lebenssprühende, immer Unermüdliche mußte sich, ob er wollte oder nicht, gerade jetzt zu Wochen der Ruhe und Untätigkeit verurteilen lassen. Indessen, die gefährliche Operation war immerhin schon vor etwa Monatsfrist glücklich überwunden, und so ganz teilnahmslos und stumm hat Lloyd George daher die Ereignisse der letzten Wochen doch nicht ansehen müssen. Er durfte sich allerdings nicht viel bewegen und nicht ausgehen. Aber er konnte täglich in seinem Londoner Heim die Führer der Liberalen Partei, Lord Reading und Sir Herbert Samuel, empfangen und mit ihnen die Lage besprechen. Durch Vermittlung der beiden hat Macdonald den kranken Lloyd George mehrmals um seinen wertvollen Rat gebeten. Und die offizielle Parteileitung der Liberalen meldete, daß Lloyd George mit allem Vorgegangenen ,,im vollsten- Einverständnis“ gewesen wi re und den Liberalen zur Teilnahme an der neuen Regierung in aller Form seinen Segen erteilt hätte. Von einer öffentlichen Kundgebung nahm er Abstand. Dazu, meinte er, hätte er zurzeit keine genügende Kenntnis der allgemeinen Lage. Doch immerhin erklärte er in Kürze: „Die Bildung einer nationalen Regierung ist keineswegs eine Überraschung. Die Interessen des Vaterlandes haben allem anderen voranzugehen. Einerlei welche Folgen dieses für den Einzelnen auch haben mag...“ Und ein Pressemann, der Lloyd George einen Augenblick sah, teilte noch mit, daß die politischen Ereignisse auf Lloyd George „geradezu wie ein Wundereldxir gewirkt“ hätten. Seine Gesundheit bessere sich mit jedem Tage. Er fühle förmlich neues Blut durch seine Adern rinnen. Und er warte nur darauf, wieder mobil und zum tatkräftigen Mitarbeiten fähig zu sein ... In Anbetracht all dieser Tatsachen berührte es etwas sonderbar, als man im sozialistischen und der neuen Regierung feindlich gesinnten Daily Herald die Mutmaßung aussprechen hörte, Lloyd George werde sich nach seiner Wiederherstellung auf die Seite der Opposition schlagen und, gemeinsam mit Henderson und den übrigen Labour-Rebellen, am Sparprogramm der nationalen Regierung heftig Kritik üben. Das Labour-Blatt stützte seine Annahme auf die Tatsache, daß Lloyd George noch im Februar im Parlament eine wütende Rede gegen „übertriebene Sparmaßnahmen“ gehalten und besonders gegen die „City-Barone“ und deren „kurzsichtige Finanzpolitik“ gewettert und gedonnert hatte. Der Daily Herald scheint jedoch völlig zu übersehen, daß diese Worte zu einer Zeit gesprochen wurden, als weder Hoovers Plan des Tributaufschubs, noch die deutsche Krise, noch, die letzten Schwierigkeiten der Londoer City in Wirksamkeit getreten waren. Seitdem hat sich nicht nur die Weltlage, sondern vor allem auch die Situation Englands von Grund aus geändert. Der liberale Führer hat in all diese Zusammenhänge sicher eine klarere Einsicht als sonst jemand. Daher ist es wenig veiwunderlich, daß kaum eine andere Londoner Zeitung so nachdrücklich für die nationale Regierung und für die geplanten Sparmaßnahmen, Lohnkürzungen und Preissenkungen (zur Hebung des rapid zurückgehenden britischen Außenhandels) eintritt, wie die News Chronicle, das Leibblatt Lloyd Georges. Keine Partei hat überdies durch die Bildung der nationalen Regierung so an Prestige gewonnen, wie gerade die Liberalen. Man darf es also als höchst unwahrscheinlich betrachten, Lloyd George die Interessen seiner eigenen Partei so weit verleugnen zu sehen, daß er sich der nationalen Regierung in den Weg stellen wird. Eher wäre man berechtigt das gerade Gegenteil zu erwarten. Und in der Tat spricht schon jetzt vieles dafür, daß man Lloyd George* sollte er nach einigen Wochen ge* sundheitlich wieder hergestellt sein, nicht nur auf seiten der nationalen Regierung, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach mitten in ihren Reihen, auf einem der verantwortungsvollsten Posten, erblicken dürfte. Der freigesprochene Woldemaras. Der Kownoer Sensationsprozeß gegen den Exdiktator hat mit einem Freispruch geendet. Aus der Anklage wegen Verschwörung und Hochverrats war also nichts geworden. Interessant war, mit welcher Seelenruhe Woldemaras, der zum Beispiel in Genf stets den „wilden Mann“ gespielt hat, sich zu verteidigen wußte. Zum Entsetzen des Vorsitzenden flocht er mitunter Andeutungen von politischen Enthüllungen ein, aus denen man entnehmen konnte, daß Staatspräsident Smetona und der Diktator Woldemaras einander zum Schluß nicht mehr vertrauten, so daß man mit der Verdrängung und Internierung von Woldemaras vielleicht ein Prävenire spielen wollte. Woldemaras erklärte in der Gerichtsverhandlung, ohne daß man ihn zu widerlegen vermochte, daß die Organisation „Eiserner Wölf‘, mit deren Hilfe er angeblich den Putsch machen wollte, mit Wissen des Staatspräsidenten seinerzeit gegründet worden sei. Die Putschgerüchte seien von der Regierungspartei seihst ausgestreut worden. Man habe ihn im Gegensatz zu den Bestimmungen der Strafprozeßordnung ohne Vorvernehmung auf die Anklagebank gesetzt. Er habe also unter allen Umständen ins Gefängnis kommen müssen. Das Dunkel dieses Prozesses werde nie auf gehellt werden können* da man hiezu die notwendigen hohen Staatsfunktionäre nicht vor Gericht zu Rede und Antwort heranziehen könne. Die beiden Hauptzeugen, der Innenminister Rusteika — gegen den ein Attentat verübt worden war — und Oberst Stentzel, vermochten nicht nachzuweisen, daß Woldemaras von der Attentats- und Umsturzangelegenheit etwas gewußt habe. Vaitkevicius und sein Mitverschworner, der Kadett Pupaleigis, scheinen vielleicht auf eigene Faust gehandelt zu haben. Die Anklage, die aus drei Punkten bestand und sich auf das Attentat, auf Verschwörung und auf Verbreitung von Schmähschriften erstreckte, brach schließlich derart zusammen, daß nur einige Nebenfiguren des Prozesses bestraft wurden, Woldemaras aber freigelassen werden mußte. Er hat den Plan, sich nach Frankreich ins Exil zu begeben, falls man ihm die Ausreise gestattet. Mißkonjunktur in U. S. A. Amerika wie die übrige Welt hat ein schlimmes Wirtschaftsjahr hinter sich. Der Bericht des Handelsdepartements über die Lage des amerikanischen Außenhandels im Fiskaljahr 1930/31 bietet diesbezüglich sprechende Zahlen. In diesem Jahre ging der Export der Vereinigten Staaten um etwa drei Milliarden Dollar, der Import aber um 2.43 Milliarden zurück; der Verlust beträgt gegen das Vorjahr beim Export 34, beim Import aber 37 Prozent. Dieser enorme Rückgang findet nicht bloß in der allgemeinen Warenhaisse seine Erklärung; auch die Warenquantität schrumpfte bedeutend (um 22, bezw, 17 Prozent) zusammen. Der katastrophale Preissturz der Baumwolle gelangt in der interessanten Tatsache zum Ausdruck, daß des Wert der Baumwollausfuhr gegen das Vorjahr um 247 Millionen Dollar zurückging, während die ausgeführte Warenmenge bloß um 1 Prozent weniger betrug, als im Jahre 1929/30. Der Exportüberschuß der Vereinigten Staaten war noch immer sehr beträchtlich: er betrug 651 Millionen (gegen 851 Millionen des Vorjahres). Es ist bezeichnend, daß die Ausfuhr nach Europa im Wert weniger zurückging, als die nach den anderen Weltteilen; Europa kaufte von Amerika in diesem Jahre um 30 Prozent weniger, als ein Jahr früher; in der übrigen Welt ging der amerikanische Absatz um 38 Prozent, in Argentinien und Brasilien sogar um-mehr als 50 Prozent zurück. Diese Angaben zeigen, daß die Wirtschaftskrise keine par excellence europäische Erscheinung ist. Eine weitere auffallende Erscheinung ist der bedeutende Rückgang der Fertigwarenausfuhr, die in diesem Jahre nur mehr 48 Prozent der Gesamtausfuhr ausmachte, gegen 50 Prozent im Jahre 1930/31. Der absolute Rückgang in Fertig- und Halbfertigwaren betrug 37, Prozent. Da die Aufnahmefähigkeit des inneren Marktes durch die Krisenjahre gleichfalls arg mitgenommen wurde, ist der Rückgang im Außenhandel ein empfindlicher Schlag für die amerikanische Wirtschaft, die ja das Dogma der Unabhängigkeit von der übrigen Welt unter dem Eindruck der harten Lehren der Krisen jahre ohnehin schon fallen lassen mußte. Auch die These von der Unantastbarkeit des amerikanischen Lebensstandards ;wurde hinfällig,