Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1932. február (79. évfolyam, 26-48. szám)

1932-02-02 / 26. szám

PESTER LLOYD der Konferenz ein radikaler Umschwung in dér Stimmung der Volksmassen eintreten wird, die erst eine Annäherung in dieser Streitfrage ermöglicht. Wenn das nicht der Fall sein wird — und jetzt ist kaum ein Anzeichen dafür vorhanden —v dann wird sich die- Abrüstungskonferenz darauf beschränken müssen, die ihr vorliegenden technischen Fragen zu lölen. .Sie wird dann nicht die Abrüstung verwirk­lichen, sondern nur die bestehenden Rüstungen re­geln; politische Konfliktstoffe wird sie nicht aus der Welt schaffen, sondern bloß Vorschriften erlassen, die einem künftigen Wettrüsten Vorbeugen sollen. Und selbst in diesem Falle hängt der Erfolg der Maß­nahmen der Konferenz davon ab, ob eine Methode gefunden werden kann, um die tatsächliche Durch­führung ihrere Beschlüsse zu kontrollieren. Die technische Einschränkung der Rüstun­gen nach den im fertigen Abkommensentwurf niedefgelegten Grundsätzen: dies ist das Höchste, .was man von der Abrüstungskonferenz füglich er­warten darf. Was enthält nun dieser Entwurf? Er ist im Grunde ein kompliziertes Schema von Ein­schränkungsmethoden, die teils direkt, teilt in­direkt (also Herabsetzung der entsprechenden Bxjdgetposten bedingend) sind. Auf die See- und Luftwaffe findet die direkte Methode Anwendung: bei Kriegsschiffen sollen nach einzelnen Kategorien Tonnage und Geschützkaliber global eingeschränkt werden, bei Kriegsflugzeugen sollen Gesamtzahl, Motorstärke und Zylinderzahl eine Regelung er­fahren. Bei Festlandarmeen und den neben ihnen bestehenden kriegsfähigen Formationen (auf die der Abkommensentwurf' ausdrücklich Bezug nimmt) soll einerseits der Präsenzstand direkt, andererseits aber das Ausrüstungsmaterial budget­­'mäßig eingeschränkt werden. Außerdem besteht die Verpflichtung der budgetmäßigen Einschränkung für alle Kriegsausgaben. Die Schwierigkeiten dieses Systems springen sofort ins Auge: ist es möglich, ohne Mitrechnung der ausgebildeten Reserven die wahre Kriegsstärke eines Heeres zu bestimmen? Gibt es hei der heutigen Vielfältigkeit der Rekrutic­­rungspiethoden, Budgetmethoden, Währungen, Lebenshaltungskosten einen gemeinsamen Maßstab, den man an. alle stehenden Heere und alle Kriegs­budgets anlegen kann? Kann man überhaupt hoffen, durch die technische Limitierung ein ein­wandfrei funktionierendes System der Rüstungs- Einschränkung zu errichten? Diese Zweifel stecken die Grenzen der Wirk­samkeit einer rein technischen Einschränkung der Rüstungen ab. Diese Grenzen sind ziemlich eng ge­zogen. Denn abgesehen davon, ob in die Rubrik des Präsenzstandes der stehenden Heere kleine oder große Ziffern, in die Herabsetzung der budget­mäßigen Rüstungskösten große oder kleine Prozent­zahlen eingeschrieben werden, besteht die über­ragende Frage: wozu da.A alles? Was sollen die Völker mit diesen minuziös erwogenen Ausgaben für Zerstörungszwecke? Kommt es einmal zum Kriege, dann sind ja alle sorgsam ausgezirkelten Be­stimmungen über den Haufen geworfen. Was hilft zum Beispiel ein Verbot der chemischen Waffe (eine Bestimmung, die unter dem Vorbehalt der Reziprozität im Abkommensentwurf Aufnahme fand), wenn es’tatsächlich zum Kriege kommt? Und wenn dieses Abrüstungswerk im Kriege nicht schützt, soll es etwa den Krieg dadurch un*' möglich machen, daß es zwei ungleiche Lager schafft und diese Ungleichheit perpetuiert? Solange Anlässe zu einem bewaffneten Konflikt vorliegen, verfängt selbst diese Methode wenig. Die wahre Abrüstung kommt nicht von der technischen Seite her. Sie kann einzig von der Erkenntnis kommen, daß ein Krieg schlechthin, ein Krieg zwischen1 den Völkern unserer Zivilisation unmöglich, daß er der sichere Untergang dieser Zivilisation ist. Viele Völker erwägen die Erfordernisse ihrer Sicherheit. Die wahre Sicherheit liegt aber einzig in der Formel: unter keinen Umständen darf cs zum Kriege kom­men, Kommt es zum Kriege, dann gibt es keine Sicherheit, ausgenommen die des blutigen Unter­ganges. Wer leben will, will den Frieden. Wer aber den Frieden will, der will keine Rüstungen, die jährlich die Menschheit fünf Milliarden Dollar, und selbst keine, die (sagen wir eine Ziffer, die der Ab­rüstungskonferenz das größte Selbstvertrauen ein* flößen würde) zehn Prozent weniger kosten. Der Friede: das ist nicht die geregelte Kriegsvorbereitung; er ist der Geist, in dem die ganze Menschheit einig, eine einzige schicksalsvcrbundene Gemeinschaft ist. Dieser Geist aber kann sich freilich nur durchsetzen, wenn die Völker und ihre Regierungen sich von der Erkenntnis leiten lassen, daß die Ungerechtigkei­ten und Sinnwidrigkeiten der unter bewaffnetem Drück oktroyierten Friedensverträge rückgängig ge­macht werden müssen. Heute ist die Welt von der Gefahr bedroht, In feindlich gegeneinander sich abschließende Teile, zu zerfallen. Ein eklatanter Mißerfolg der Abrüstungs­konferenz würde diesen Prozeß beschleunigen, für den Völkerbundgedanken und den Gedanken der Schicksalsverbundenheit aller Völker der Welt aber eine katastrophale Niederlage bedeuten. Darum mischt sich schmerzLiche Beklemmung in die Skepsis, mit der die Welt der Arbeit der Abrüstungs­konferenz leider entgegenblicken muß. i i ♦ seiner Werdejahre trat nackt zutage, verzerrte seine Züge zu unbeherrschtem Nervenspiel, jagte seine Hände unruhig fingernd über Decke und Polster, riß ihn hpeh, daß er abwehrend, verlangend die Arme gegen die immer höhnender sich nähernden Türme und Giebel stieß. — — — — Die preisende Begrüßungsrede des Führers der Patrioten, ^ die Schilderung der schweren Kampfe drangen nicht in seinen aufgewühlten Sinn, den nur das Erinnern beherrschte, das mit jeder Minute, die er in der Stadt, verweilte, zu immer grellerer Wirk­lichkeit sich wandelte. Er dankte in beleidigender Kürze Und fragte heftig nach dein Theater. Erstaupt, aber bestrebt, dem Abgesandten der Hauptstadt in allem zu Willen zu sein, geleitete der Sansculotte ihn durch die engen Gassen der Altstadt. Dann stand Collot d’Herbois in dem unheimlich leeren Raum. Wie eine kalte Sturzflut überströmte ihn das Dunkel, kaum hielt er ihm Stand. Hier — hier also war’s gewesen: An dieser Stelle der Bühne hatte er gekniet, das Haupt aufs Schafott gelegt, hier war das Beil des erbarmungs­losen Lachens auf ihn niedergefallen und hatte ihn getötet. Ihn, den, der er damals gewesen und nach dem ihn jetzt eine jähe, alles übertönende Sehnsucht zog. Alles, alles, was ihm das Leben geschenkt, würde er hingeben, wenn dieser Ferne, Fremd­­vertraute wieder lebendig würde, dieser Jüngling mit der reinen Stirn und dem reinen Herzen, an alles Schöne glaubend, liebend, und innig bestrebt, Liebe, zu wecken, der, ein Kind armer, geknechteter, von Hunger in den Tod getriebener Eltern, sich so tief und heiß in die Rolle des zum Tod Verdammten hineingelebt hatte, der in dieser einen Person allen Jammer der ungerechten Erde vereinen wollte, des­sen Todesschrei der Schrei aller Armen und Gequäl­ten sein sollte, bestimmt, die Stumpfen zum Mitleid zu erwecken, zu allumfassender, heilender Liebe — all das hatte das Beil des Lachens getötet. Tag um Tag besuchte er das Theater. Stand re­gungslos stundenlang in dem unheimlich leeren Raum, rief sich immer und immer wieder das ver­gangene Geschehen zurück, bis es ihn heller und gewaltiger erfüllte, als alles Gegenwärtige. Und im­mer qualvoller brannte in ihm die Sehnsucht nach dem Bild seiner Jugend. Er sah es vor sich, Tag und Nacht, aber stets in gemessener Ferne, wenn er die Arme reckte nach dem Bilde, es an sich zu reißen, eins zu werden mit ihm — verschwand es. Aber eines wußte er in unverrückbarer Klarheit: nur hier, an .diesem Platze, wo man es getötet hatte, konnte das liebliche Bild wieder Leben werden. Tag und Nacht umkreisten Collot d’HeroisY Gedanken Iden dunklen Schicksalsraum. Die Formalitäten der Untersuchung und Ge­richtssitzung waren vorüber, über alle Angeklagten das „Schuldig“ gesprochen worden, kaum einer un­ter den Lyoner Patriziern blieb verschont. Schwanzverhüllt harrte auf. einem der beleb­testen Plätze das Furchtbare. Da die Patrioten je­doch bestrebt waren, nichts ohne Einwilligung des Parisers zu entscheiden, so fragten sie ihn auch, oh der Ort, an dem man die neue Guillotine aufgestellt hatte, ihm genehm sei. Collot d’Herbois besichtigte den Platz nicht, sondern befahl mit einer Stimme, die einem anderen, ihn Beherrschenden zu gehören schien, man möge die Maschine nach der Bühne des Theaters schaffen. Die fassungslosen Patrioten fragten zum zweiten und dritten Male, bis sich der Befehl brüllend aus Coliots Brust löste. Keiner wagte, gegen den Willen des Mächtigen zu handeln... Die Führer füllten die Logen, zerlumptes Ge­sindel das Parterre, fluchend drängte die Menge nach, bis man auf einen Befehl des Kommissärs die Türen schloß. Dumpf drang das Zorngeheul der Ausgesperrten in den Raum. Drinnen war cs still. Das Ungewohnte' des Ge­schehens lähmte selbst den Pöbel. Im Schein des Kronleuchers, allen Blicken sicht­bar, saß Collot d’Herbois. Er war allein, ganz allein. Er sah niemand, nichts als die leere, wartende Bühne... Nun ist sie nicht mehr leer. Der Henker reißt das hüllende Tuch vom Fallbeil. „Wie damals,“ fühlt Collot. Den Henker gab sein Kollege Argenton, Niemals mehr hatte er von ihm gehört. Wo mag er sein? Dort, wo er selbst ist, der Jüngling, nach dem er sich sehnt? Ach! Warten. — Warten. — Zum Teufel, wann be­ginnt es? Alles ist still, — Damals war's nicht still, Die feinen. Gäste stampften in Ungeduld wie wilde Pferde. — Der Fuß des Kommissärs stößt in das Schweigen. Flüstern läuft durch die Logen, . durch das Parterre, nach den Garderoben, wo die Akteure des Schauspiels warten. —- Das Zeichen! M * Stille,». Nur di© Schritte der Opfer..*,» , , , Collot d’Herbois starrt weit vorgerückt. Der erste tritt an den Block.,, wird festgeschnallt. Die Haare fallen ihm ins Gesicht. Das Gesicht... Collot erkennt die dicke, nun angstzerrissene Fratze. Es ist der einstige Maire, dessen Lachen damals als erstes sein Herz getroff en hatte. Hinter ihm der reiche Seidenfabrikant, der Juwelier, alle, alle, alle leben sie noch... Nicht mehr lange... Schon liegt das irrsinnig verzerrte Gesicht beredt, schön verdrehen sich die Augen,—• jetzt! Oft gesehen, oft ge­sehen!.. . Der zweite, — der dritte.;‘ Ein Gefühl der Zufriedenheit beginnt Collot zu durchströmen. Der Vierte, der Fünfte. Alle, alle..«" der Letzte. — -------Ah, ausgelöscht ist die Schmach, als wäre sie nie gewesen. Ein Lachen keimt auf in ihm, löst sich, hallt durch die-Stille. — Genau so lacht er wie der dicke Maire damals, der Juwelier — alle, alle. — Nun lachen sie nicht mehr — nein. — — Aber die Nachbarn neben ihm nehmen es auf. Nicht aus Diensteifer. Unbewußt springt es sie an, ergreift Besitz von ihnen, ist Er­lösung aus der Starrheit dieser Stunde. In raschen Wellen verbreitet es sich, zieht es seine KreiSe — erfaßt den Letzten. — Dié Menge lacht — lacht — wie damals —-. Wie damals. ------- —; — Dér Gehilfe des Henkers zieht die Köpfe aus dem Sack, zeigt sie dem Volk. Aber —• was ist das? — Das sind ja nicht mehr Köpfe der Bürger. Da, der erste, blondlockige, jung, mit sehnsüchtigen Augen, das ist der Kopf des Jünglings, den Collot sucht, sucht, mit der ganzen Glut seiner , quälender als jé entfachten Sehnsucht. ——- —- — Der zweite — der dritte — alle, alle tragen die gleichen Züge ... schlingen einen Reigen um ihn in zehnfacher, hundertfacher Zahl. <— Er hascht nach ihnen, will sie an sich reißen, an sein glühen­des Herz — sie entgleiten ihm, steigen hoch, wie Seifenblasen — lösen sich im Licht r— im Dunkel. ______* Á *_________­­ Schweres Zeiten entgegen. Vom Wirklichen Geheimen Rat Baron JOSEF SZTEBÉNVI, Handelsminister a. D. Der Bericht des Finanzkomitees des Völker­bundes enthält vom Standpunkte der künftigen Ge­staltung unseres Staatshaushaltes sehr wenig Ermu­tigendes. Und doch ist die Ausbalancierung des Bud­gets ein Gebot der unbedingten Notwendigkeit, die Grundlage für jede weitere Entwicklung unserer Staats- und sogar unserer Privatfinanzen, denn von der Ordnung hn Staatshaushalte hängt die inter­nationale Beurteilung des Landes und seiner Kredit­fähigkeit ah. Der Umstand, daß im gegenwärtigen Zeitpunkte keine K redmnöglichkoiten für ups beste­hen, kann uns der Sorge um die, Wahrung unserer Kreditfähigkeit nicht entheben. Es handelt sich da um das Vertrauen dem Lande gegenüber, um das ungerechtfertigterweise erschütterte Vertrauen des Auslandes, an dessen Wiederherstellung sich ein sehr wichtiges Interesse knüpft. Auch wir haben Anspruch darauf, daß unsere Gläu­biger uns ein ähnliches Zeugnis ausstellen, wie es dem Deutschen Reich jüngst von seinen Gläubigem ausgestellt worden ist. Es wäre Selbsttäuschung, wenn wir uns verhehlen wollten, daß das aller­­jüngste Verhalten einzelner unserer Auslandgläu­­biger anläßlich des uns aufgertötigten Transferniora­­toriums den Eindruck hervorruft, als ob dieses Ver­trauert nicht mehr in dem Maße bestünde, wie es früher bestand und wie wir es mit Recht beanspru­chen könnten. Selbst das Finanzkomitee des Völker­bundes hat rückhaltlos anerkannt, daß Ungarn in der Lage, in die es in überwiegendem Maße durch die allgemeine Weltwirtschaftskrise gebracht wurde, keine andere Wahl übrig hatte, als zum Transfer­­moratorkun Zuflucht zu nehmen, wobei es aber allen seinen Verpflichtungen nachkommen will und ihnen auch nachkommen wird, wenn es daran nicht durch eine weitere Verschärfung der Weltwirtscha ftslage verhindert wird. Äußerst schwere Entbehrungen hat sich unser Land auferlegt, um sich das Vertrauen des Auslandes zu erhalten, und es wird auch noch größere Ent­behrungen hinnehmen, wenn es sich um die Ehre der Nation und um das Prestige Ungarns handelt. Die bisherigen Leistungen genügen ungeachtet aller Anstrengungen nicht; die hart angespannte Steuer­schraube droht zu versagen, und das Anwachsen der Steuerrückstände wird die Befürchtungen derer rechtfertigen, die ernste Zweifel an dem Gelingen dieser Art der Regelung des Staatshaushaltes ge­äußert haben. Was aber unserer Ansicht nach damals möglicher und zweckmäßiger gewesen wäre, näm­lich eine innere Anleihe, ist heute nicht mehr mög­lich, es sei denn, daß wir uns der Ge­fahr einer Inflation aussetzen wollten, die aber, so mäßig sie auch wäre, unter allen Um­ständen vermieden werden muß, weil sie die unbedingte Vernichtung der noch vorhandenen Ver­mögen bedeuten würde. Das Fiinanzkomitee hat ja mit Recht festgestetlt, daß „insbesondere die ärmsten Rcvölkerungsschichteu nichts empfindlicher schädi­gen könnte, als die besonders ungleiche Form der Besteuerung, die sich aus der Inflation ergibt“. Nicht die immittelbare staatliche Steuerlast ist darunter verstanden, sondern die allgemeine Belastung der Lebenshaltung.. ‘ Glücklicherweise sind wir von dieser Gefahr nicht bedroht, denn die Regierung und alle auch! nur halbwegs urteilsfähigen Faktoren des öffent­lichen Lebens sind sich der unheilvollen Folgen der Inflation vollauf bewußt. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als die vom Völkerbund em­pfohlene weitere Ausgabensenkung Und eventuell die Ausfindigmachung von noch nicht in Anspruch1 genommenen Einnahmequellen, die keine unmittel­bare Belastung der ärmeren Volksschichten bedeu­ten würden. Wenn es sich bewahrheitet, was Fi­nanzminister Baron Korányi erhoffen zu dürfen glaubt, daß die Staatseinnahmen den Betrag von 800 Millionen Pengő erreichen werden, só würde sich bei Senkung der Ausgaben auf 830 Millionen bloß ein Fehlbetrag von rund 30 Millionen, bei einem zu erwartenden Einnahmenausfall der Staatsbahnen und Eisenwerke in der Höhe von 15 Millionen aber ein Gesamtdefizit von 45 Mil­lionen ergeben. Das ist allerdings eine hinreichend ______________Dienstag, 2. Februar 1932

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