Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1933. szeptember (80. évfolyam, 198-222. szám)

1933-09-01 / 198. szám

PESTER LLOYD 2 gestellt und schließlich in der Petroleumindustrie die Cc»desbe6timmimgen zwangsweise eingeführt, die dem Staate die weitestgehenden Vollmachten für die Preiskontrolle sicherten. Mit diesem entschlos­senen Eingriff war der KampfwÜle des big business gebrochen. Eine nach der anderen haben die übri­gen Zweige der Basisindustrie die Codes ange­nommen. i i . ’ Die Unterwerfung der widerspenstigen Indu­strie unter die Bedingungen seines Programms des Wiederaufbaus ist zweifellos ein bedeutender poli­tischer und wirtschaftlicher Erfolg Roosevelts. Ein politischer Erfolg, weil es ihm gelungen ist, die mächtigste soziale Gruppe in den Vereinigten Staaten zu zwingen, in Maßnahmen einzuwilligen, gegen die sie stets gekämpft hat; ein wirtschaft­licher Erfolg, weil der Sieg über die Industrie die einheitliche Führung der Konjunkturpolitik auch für die Zukunft gewährleistet. Damit ist die kri­tische Stimmung überwunden, die vor vierzehn Ta­gen in den Vereinigten Staaten geherrscht hat. Die NIRA-Kampagne geht mit Unterstützung des Radios, eines Millionenheeres von Hauspropagandisten, so­gar von Film- und Bühnenstars weiter. Ihre wirt­schaftlichen Erfolge wird sie noch zu zeigen haben. Vom Tage. Justizminister Dr. Lázár über das Beamtenproblem und die Agrarfrage. Justizmiinister Dr. Lázár, der Vertreter des Szenteser Wahlbezirkes im Abgeordneterihause, hat sich gestern abend nach Szentes begeben, um mit seinen Wählern in unmittelbare Fühlung zu treten. Er empfing heute mittag eine Monsterdeputation der Landwirte des Csongräder Komitats, die in einer dem Minister überreichten Denk­schrift der Regierung die Erhöhung ~ der Getreidepreise, Ermäßigung der Steuern und Reduzierung der Beamten­bezüge nahelegte. Auf die Begrüßungsansprache des Führers dieser Deputation antwortete der Justizminister u. a. folgendes: —: Wir haben in diesem Jahre eine reichliche Ernte; ■nach offizieller Feststellung haben wir um etwa 7 bis 8 Millionen Meterzentner mehr Weizen als im Vorjahre gefeohst. Das bedeutet, daß der Ernteanteil des ärmsten Landvolkes um 700.000 bis 800.000 Meterzentner mehr Weizen beträgt als vor einem Jahre. Man soll also nicht immer nur klagen, sondern auch des Segens eingedenk sein, den uns der liebe Himmel beschert. — Es ist sicherlich wahr, daß die Landwirte darun­ter zu leiden haben, wenn die Steuern unabhängig vom Wert' ihrer Produkte bemessen werden. Zweifellos ist das gravaminös, und die Regierung wird sich mit dieser Frage unbedingt befassen müssen. — Was aber die Bezüge der Beamten betrifft, so muß ioh folgendes sagen: Der Staatsapparat ist derart kompliziert, daß mehr Beamte angestellt werden müssen, als aus den für die Beamtenbeziige zur Verfügung ste­henden Beträgen anständig bezahlt werden könnten. Dér Staatsapparat muß daher vereinfacht werden, damit die Administration weniger kostspielig sei und damit die verbleibenden Beamten eine anständige Existenz haben können. Jawohl, die Beamten müssen gut besoldet wer­den, weil schlecht bezahlte Beamte nur ein schlechtes Regime ermöglichen — wir aber wollen keinesfalls auf das Niveau des Balkans sinken. Der Unterschied zwischen den Preisen der industriellen und der Agrarprodukte äst für die Landwirte gewiß sehr nachteilig. Das ist eine Frage, die in der nächsten Zukunft unweigerlich und sehr energisch gelöst werden muß. Der Umstand, daß einzelne Industrieartikel wesentlich teuerer sind als auf dem Weltmarkt, ist unbegreiflich und auch unmotiviert, wobei aber nicht vergessen werden darf, daß wir nicht über die erforderlichen Rohstoffe verfügen und sie zu sehr hohen Preisen aus dem Auslande beschaffen müs­sen. In der gegebenen Lage kann die Aufgabe der Re­gierung nur darin bestehen, durch Organisierung der Verwertung im Auslande die Überschüsse aus dem In­landmarkte zu nehmen, damit die Preise durch das in­ländische Überangebot nicht zerstört werden. Es müssen sich Preise ausgestahen, bei denen der Produzent noch seine Rechnung findet. Zugleich muß die Regierung be­strebt sein, das Zollgesetz derart arnzuwenden, daß sich das Verhältnis der industriellen und der Agrarpreise zueinander erträglich gestalte. Gleichzeitig ist im Bereiche der Besteuerung eine Lösung anzustreben, die es den Landwirten ermöglicht, ihre Steuerschulden zu beglei­chen, ohne dabei zugrundegehen zu müssen. Schließlich ist im Zusammenhänge mit dem allem auch das Problem der Agrarschulden in einer Weise zu lösen, die es ermög­licht, die Existenz der Landwirte für die Zukunft zu ret­ten, Ohne daß darunter ihr Kredit leiden müßte. Die Deputation nahm die Antwort des Ministers mit Beruhigung auf. Kein „Einströmen fremder Elemente“ naeh Ungarn. ln der jüngsten Konferenz der Ghrist/lichsozialen Wirtschaiftspartei hatte Abgeordneter Turi das angebliche Einströmen „unerwünschter Fremden aus Deutschland“ zur Sprache gebracht und auch Ausweise darüber gefordert, wiie viel Flüchtlinge aus Deutschland in den jüngsten Monaten ins Land gesickert seien. Hierüber beifragt, erklärte heute Minister des Innern Dr. Keresztes-Fischer, er habe vom eristen Augenblick an strengste Verfügungen getroffen, um die Einsickerung unerwünschter Elemente aus dem Auslände zu verhin­dern. „Unter unverwünschten Elementen,“ sagte der Mi­nister, „verstehe ich jedermann, der ungarischen Staats­bürgern das Brot wegnimmt, und von diesem Gesichts­punkte aus mache ich keine Unterscheidung zwischen Hitleristen und Nichthitleristen. Ich muß aber schon jetzt feststellen, daß nach Ungarn keinerlei fremde Elemente eingesickert sind und auch nicht einsickern können. Der Herr: Also gut, abgemacht. (Der Herr geht ab; ein Fräulein erscheint.) Das platinblonde Fräulein (wispelnd): Nun, hat er gemietet? Die Matrone: Ja, Kindchen, hier hast du die zwanzig Schilling Provision, du kannst wieder die Jalousien herunterziehen. II. Dienst am Kunden. Personen: Ein Kunde, ein Verkäufer, der Chef. Ort: Ein Geschäftsladen irgendwo in einer Stadt weit jenseits des Äquators. Zeit: In den Nachmittagsstunden während des stärksten Geschäftsganges. Ein Herr (betritt den Laden): Guten Tag. Das Echo (hohl und von allen Seiten): Gü ten Tag, -tag. Der Herr (wartet eine Weile, klatscht dann in die Hände): He, hallo ... Ein Verkäufer (spielte in einer entlegenen Ecke Jo-J6, zückt zusammen): Mir war, als hätte ich ein Geräusch gehört, am Ende will sich wer ein­schleichen ... (erhebt «ach und kommt zögernd vor, scheu): Wie ...? Der Herr (ungeduldig und mit erhobener Stimme): Also was ist denn ...? Der Verkäufer (erschrocken): Bitte nur einen Augenblick -.. (eilt nebenan in den Glasverschlag, flüstert) Herr Chef, Herr Chef... Der Chef (den Kopf mit untergesohlagenen Armen auf das Hauptbuch gebettet, lallt): Ich kontriere die Partie und den Pagat ultimo, Sie haben bloß zwei Karten gelegt. Der Verkäufer (rüttelt den Chef): Herr Chef, so wachen Sie doch auf, ein Herr ist draußen. Der Chef (fährt auf): Großer Gott... (ängstlich) Wie sieht er aus? Der Verkäufer: Er ist glatt rasiert und unter dem Arm hat er eine Aktentasche,, Der Chef (erschüttert): Barmherziger Him­mel ... (mit blutleeren Lippen) Jetzt bin ich fertig, jetzt kann ich Konkurs ansagen. Der Verkäufer (versucht, zu beschwichtigen): Vielleicht ist es einer, der sich bloß vergangen hat oder einer, der eine Auskunft will. Der Chef (schüttelt vernichtet das Haupt): Nein, nein, lehren Sie mich nicht einen kennen, der mit einer Aktentasche kommt... (rappelt sich mühsam hoch und wankt, gefolgt von dem Verkäufer, in den Laden hinaus, faltet bittend die Hände) Mein Herr... Der Herr: Na endlich... Ich möchte ein Paket Rasierklingen. Der Chef (starr): Ein Paket... Der Herr: Und eine Stange Rasierseife. Der Verkäufer (ungläubig): Beides, gleichzeitig, auf einmal... Der Herr: Und kann ich auch einen guten Rasierpinsel haben? Dér Chef (steht einen Moment wie betäubt, dann wie elektrisiert, mit einem unterdrückten Jubelschrei): Und ob Sie haben können... (mit einem geheimen Blick zur Decke) So ein Glücksfall, so ein Haupttreffer, er soll siohs nur nicht wieder überlegen... (schiebt hastig dem Herrn einen Fauteuil zu und stellt ein Kistchen vor ihn hin). Und vielleicht eine Zigarre angenehm, ich eile in­zwischen ... (stürzt zur Stellage) Nur einen Moment bitte, gleich werd’ ich dem Herrn das Verschiedenste vorlegen. Der Verkäufer (schaltet den Lautsprecher ein): Und vielleicht beliebt auch ein bißchen Radiomusik, eben intonieren sie einen Rumba, ich laufe inzwi­schen, ich fliege. Der Chef (keuchend): So, da bin ich schon wieder, hier wären beispielsweise deutsche, englische und französische Rasierklingen und hier hätte ich beispielsweise bulgarische, rumänische, kaukasische, und das da sind chinesische, arabische, hindostanische und hier ist eine handgeschmiedete aus Damaskus. Innsbruck, 31. August. (Bud. Korr.) Zu der geglückten Flucht des Gauleiters Hofer und seiner Befreier über die italienische Grenze wurden folgende Einzelheiten bekannt: Die Gruppe der Flüchtlinge kam spätabends in Beglei­tung zweier Finanzwächter zur Grenzstation. Hofer machte einen sehr erschöpften und müden Eindruck. Man hatte das eine Beinkleid aufgeschnitten und mit diesem Tuch einen Verband um die Schußverletzung gelegt. Hofer, der viel Blut verloren hatte, erklärte, daß er kaum gehen könne. Infolge seiner Wunde verloren die Befreier viel Zeit. Sie hielten sich meist verborgen und schliefen in den Latschen, wobei immer einer die Wache hatte. Wiederholt kamen Partrouillen von Bundespolizei vorüber, ohne sie zu entdecken. Gegen 20 Uhr, als es schon dunkel war, wurde der Marsch gegen die Grenze fortgesetzt. Dabei kamen die Flüchtlinge ungesichtet über die Grenze. Sie sahen ganz nähe eine Patrouille vor sich. Hofer wurde von seinen Kameraden getragen. Als sie auf italienischem Gebiet waren, wurden sie von einem österreichischen Posten entdeckt. Eine Festnahme war jedoch nicht mehr möglich. Die Flüchtlinge hörten, wie sich der Posten mit anderen Posten verständigte. Gleich darauf stießen sie auf zwei italienische Finanzwächter, bei denen sie sich mel­deten. Der italienische Kommissär auf dem Brenner for­derte die Abgabe der Waffen, dann wurde das Protokoll aufgenommen. Hofer bat, man möge ihm gestatten, sich in die Pflege seiner Eltern zu begeben, die in Brixen seien, was ihm erlaubt wurde. Auslieferungsanträge waren noch nicht gestellt. Hofers Kameraden übernachteten auf dem Brenner und fuhren heute früh nach Bozen. Sie haben das Ersuchen gestellt, man möge ihnen die Ausreiseerlaub­nis nach Deutschland geben, da sie sich für politische Flüchtlinge hielten. Innsbruck, 31. August. (Wolff.) Nach einem Bericht der Innsbrucker Nach­richten ist dem Gauleiter Hofer und seinen Begleitern bei ihrer Ankunft in Bolzano bedeutet worden, daß sie sich den Behörden zur Verfügung zu halten haben. Mit Ein­willigung der italienischen Behörden hat sich Hofer zum Besuch seiner in Brixen auf Sommerfrische weilenden Eltern begeben. Der Verkäufer (schichtet einen Berg Kartons auf dem Pult auf): Und hier wäre eine Auswahl von Rasierseifen, beispielsweise mit Maiglöckchen-, Re­seda-, Orchideen- und Lotos-, mit Ambra-, Juchten-, Hans Albers- und hier eine mit Heu- und Stallduft, und hier habe ich die verschiedensten Rasierpinsel, ganz nach Wunsch aus garantiert echtem Dachs-, Schweins-, Füllen-, Känguruh-, Eisbär-, Ichneumon­oder Wisenthaar oder wenn der Herr vielleicht... Der Herr: Danke, das genügt... (trifft seine Auswahl). Und was kostet das? Der Chef (in angstvoller Spannung murmelnd, als würde er addieren): Siebzehnzwölf, siebzehn­neun, sechzehnachtundsiebzig.,. Der Verkäufer (scheu, mit Schweißperlen auf der Stirn, gleichfalls murmelnd): Und die Seife und der Pinsel sechzebnvierzig, sechzehndrei... Der Chef (mit verhaltenem Herzklopfen, bang): Macht zusammen fünfzehnsiebzig ... (rasch und wie entschuldigend) Soll ich vielleicht gelegentlich meinen Inkassanten schicken ... (flehend) Oder darf ich dem Herrn ein paar Erlagscheine mitgeben? Der Herr (zieht seine Brieftasche) : Hier, bitte, sind die fünfzehn Schilling siebzig. Der Chef (einen Moment starr, strafft sich plötzlich auf, mit Stentorstimme zum Verkäufer): Herr Humpoletz, bitte Kassa, fünfzehn Schilling siebzig. Der Verkäufer (mit einer tiefen Verbeugung): Besten Dank, mein Herr, fünfzehn Schilling siebzig, stimmt, geht in bester Ordnung... (paketiert die Waren). Und sollen wir dem Herrn das Päckchen ins Haus zuschicken? Der Herr: Danke, ich nehm’ es gleich mit. Der Chef (mit glitzernden Pupillen und heißen Wangen): Und beehren Sie uns, bitte, bald wieder ... (schiebt ihm ein Buch und eine Füllfeder zu) Und wenn der Herr vielleicht noch die Güte hätte, sich... Der Herr (erstaunt): Bitte? 1 Der Chef: ... sich in unser Goldenes Gedenk- I buch einzutragen, __________ Der politische Mord in Marienbad. Marienbad, 31. August. (Bud. Korr.) Die tschecho-slowakische Staatspolizei hat mit einem Spürhund die Untersuchung des Mordes an Professor Lessing begonnen. Der Polizeihund führte in die benachbarte Ortschaft Schanz, wo er vor einem Gehöft Laute gab. Die Polizei stellte fest, daß aus diesem Hause der bekannte 31jährige Wildschütz Max Eckert vor einigen Stunden herausgekommen war. Die Haus­­ibewohnet wurden streng verhört, konnten aber über den Verbleib des Eckert keine Auskunft geben. Darauf wurde gegen Eckert ein Steckbrief erlassen. Die Tsche­chen verbreiteten sofort die Behauptung, daß Eckert ein „Hakenkreuzler“ sei. Die Polizei will festgestellt haben, daß an dem Überfall mindestens fünf Personen beteiligt gewesen sein müßten. Die Schüsse wurden von zwei ver­schiedenen Tätern abgegeben, die auf der Leiter standen. Das sei schon daraus ersichtlich, daß zwei verschiedene Geschosse verwendet wurden. Die benutzte Leiter stamme aus dem Forsthaus Schanz. Der Strick sei Eigen­tum Eckerts gewesen. Die Täter sind nach Annahme der Polizei gegen Eger geflüchtet. Wie das Innenministerium mitteilt, werde der Mord an Prof. Lessing Anlaß zu Beratungen der Regierung über eine Verstärkung des tschechoslowakischen Grenz­schutzes sein. Täglich kämen Meldungen über die Flucht tschechoslowakischer Staatsangehörigen nach Deutsch­land. i Freitag, 1. September 1933 Prag, 31. August. (Bud. Korr.) Infolge des Anschlages in Marierobad werden bereits am 1. September neue tschechoslowaki­sche Gendarmerieformationen an die Grenze entsendet, sogenannte Bereitschaftsabteilungen. Jede Abteilung wird aus mehreren Offizieren und 25 Gendarmen bestehen. Sie sollen mit Automobilen das ihnen zugewiesene Gebiet befahren, die Grenze bewachen, die Übergänge kontrol­lieren und ähnliches. Die Abteilungen halben ihren Sitz voraussichtlich in Brüx, Kamotau, Eger, Tepktz- Schönau, Telsc'hen, Deutsch-Gabel und Trautenau. Der des Anschlages an Prof. Lessing verdächtigte Arbeitslose Rudolf Eckert, gehören 1908 in Dresden, zu­ständig nach Schanz (bei Marienbad, ist nach Mitteilung der Polizei verschiedene Male wegen Raubes bestraft. Im vorigen Jahre sei er vom Gericht in Egjer zu fünf Mona­ten schweren Kerkers verurteilt worden, well er* eine Handtasche gerauht ihatte. Er gitt in seiner Heimat als gefährlicher Wilderer und ausgezeichneter Schütze. In Marienbad wurden der 'nationalsozialistischen Partei angehörende 20 Personen ein'vernonimen, jedoch größtenteils nach eingehenden Verhören wieder entlassen. ■Darunter befanden sich auch ein Schweizer, der zunächst als der Tat verdächtig erschien. Zwei der Verhafteten blieben in Haft; ihre Namen werden von der Polizei ge­heimgehalten. Auch in Prag wurden verschiedene Per­sonen zur Polizei gebracht, ÖSTERREICH. Neue Einzelheiten über die Flucht Hofers.

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