Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1933. december (80. évfolyam, 273-296. szám)

1933-12-01 / 273. szám

Einzelnummer an Wochentagen 16. an Sonntagen 32 Heller. Abonnement: Für Budapest: mit täglich zweimaliger Zustellung und iür das Inland Morgen* und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Morgenblatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4 P. Für das Abendblatt allein vierteljährlich 8 P, monatlich 3 P. Für die separate Zusendung des Abend­blattes nach der Provinz ist viertel­jährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Goldsohmid Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich: Für Oesterreioh und Polen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Post­ämtern entgegengenommen. Nicht verlangte Manuskripte werden weder aufbewahrt noch zurückgestellt, Briefe ohne Rückporto nichi beantwortetFESTER LLOYD MORGENBLATT Inseratenaufnalime: in Budapest in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J.BIcckner, i.Blau, Boros, Braun, Josef Erdős, Győri & Nagy, Harsányi, Haasenstein & Vogler, Coma) Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető­iroda, Mossa Rudolf A.-G., Julius Tenzer, Uray. Generalvertretung des Pester Lloyd lür Oesterreich: M. Duk83 Nachf. A.-G., Wien. Wollzeile 16. Einzelnummer tür Budapest und tür die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller, Abendblatt 10 Heller. — Für Oesterreioh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 20 Gr. Redaktion u.Adm.: V.. MáriaValéna-ucoalg. Telephone: Redaktion : 848-20 Adminlstr. 849-0« 80. Jahrgang. Budapest, Freitag, 1. Dezember 1933. Nr. 273 B Imrédy: der Arzt am Scheidewege. Budapest, 30. - November. (m. m.) Den Finanizminister hat man niemals um sein Amt besonders beneidet. Aber in früheren Zeiten war seine Aufgabe, wie wir heute wissen, leicht. Jetzt hat er es nicht mehr mit einer sich nor­mal entwickelnden Wirtschaft zu tun, die den Bedarf des Staatsäckels leicht herbeischaffen kann. Er steht nicht nur bei uns einem kranken Körper gegenüber, der schon kleinere Anforderungen schmerzlich fühlt, und am dem er trotz der gestiegenen Empfindlich­keit herumoperieren muß, wenn er gegen die Krank­heit der Zeit kämpfen will. Er ist ein Arzt gewor­den, ein Arzt mit hoher Verantwortung, weil Diagnose und Therapie gleich schwer sind. Es ge­nügt nicht, den geschwächten Zustand zu kon­statieren, man muß heilen, obwohl es keine Methode der Behandlung gibt, die nicht an den Kräften des Patienten zehren würde. Der Arzt muß Vorteile und Nachteile abschätzen und — entscheiden. Die Verordnung über die Regelung der Agrar­­schulden, die gestern vom Abgeordnetenhaus anger nommen wurde, war eine solche Entscheidung, über deren Bedeutung sich jeder im klaren ist. Sie regelt das ganze Gebiet der kurzfristigen Ansprüche der Gläubiger der Landwirtschaft, indem für zwei Jahre die Lasten der bessergestellten Grundbesitzer vermindert, die Betriebe der schwächeren gesichert und für den Kleinbesitz schließlich besonders wirk­same Entschuldungen durchgeführt werden. In der Parlamentsdebatte, die länger als eine Woche die Verordnung prüfte und gestern befürwortete, ist die Grundfrage dieses Gesetzeswerkes kaum noch auf­geworfen worden. Man war sich einig darin, daß man der Landwirtschaft helfen und die Lasten die­ser Hilfe auf die Schultern der Allgemeinheit nehmen müsse, da sich ein anderer Weg der Stützung der Schuldner nicht bot. Und die Abge>­­ordneten, die das Prinzio des Eingreifens des Staates ohne Widerspruch hinnahmen, äußerten nur Zweifel, ob das Maß der Verteilung staatlicher Gaben und staatlicher Ansprüche gerecht war. Viele fragten, und sicher nicht mit Unrecht, ob das Ent­gegenkommen, das dem von Insolvenz gefährdeten Landwirt gezeigt wurde, nicht auch anderen Gruppen des Wirtschaftslebens zusteht, auch dem Handel oder der Industrie, die schließlich unter der Wirkung der gleichen allgemeinen Ursachen und sicher nicht unter größerem persönlichen Verschul­den in Not geraten sind. Selbst wenn *;o bedin­gungslosen Freunde der Ausnahmestellung der Landwirtschaft darauf hinweisen kon. ten, daß die Wirtschaftspolitik der Regierung zur Verhütung der äußersten Gefahren für die Unternehmungen außer­halb der Landwirtschaft auch einiges getan hat, so blieb doch die Frage offen, ob man den trotz aller An­strengungen im Kampfe um die Selbstbehauptung doch gescheiterten Betrieben der Industrie und des Handels nicht die gleichen Steuervorteile geben soll, die im wirtschaftlichen Sanatorium des „Schutz­besitzes“ der Landwirt jetzt genießen wird. Von diesen Einwänden abgesehen, ging die Debatte nicht um das Prinzip, sondern um den Rahmen, den Finanzminister Imrédy der Verord­nung gegeben hat. Sie ist ein kompliziertes finanz­­technisches Werk, das unter der kritischen Detail­analyse einer langen Reihe von Rednern für den Leser des Parlamentsberichts zu einem fast unent­wirrbaren Knäuel von Paragraphen und Argumen­ten zu werden drohte, indem sich nur noch der Fachmann zurecht fand. Der Fachmann hat gestern seine Aufgabe erfüllt, nicht nur für die Schaffung und Konzentration der Arbeit des Abgeordneten­hauses, sondern auch für die breitere Öffentlichkeit, die die Aussprache des Parlaments verfolgen will. In einer Rede, die die schon gewohnten Züge seiner sachlichen Nüchternheit und seiner logischen Klar­heit trug, hat Finanzminister Dr. Imrédy die Streit­punkte zusainmengefaJit, System in die Argumente gebracht und die Kritik beantwortet. So schwer das erstere auch gewesen sein mag, um so leichter fiel ihm das übrige, nachdem die Debatte sich auf das eigent­liche Werk des Finanzministers, den finanziellen Aufbau der Hilfsaktion, beschränkte. Der Vorschlag, statt des Kredits bei der Noten­bank, der mit Schuldverschreibungen des Staates gedeckt wird, die Landwirtschaftshilfe mit Obliga­tionen zu finanzieren, hat im Parlament eine fast ebenso große Rolle gespielt, wie in den vorangegan­genen Diskussionen der unmittelbar Beteiligten. Warum Dr. Imrédy den ersteren Weg wählen mußte, hat er gestern noch einmal überzeugend dargelegt. Auch für die Obligationen hätte es keinen anderen Abnehmer im Augenblick gegeben, als die National­bank. Für sie hätte aber der Ankauf des gewaltigen Postens langfristiger Verpflichtungen zwei Nachteile gehabt, die man ihr nicht hat zumuten können. Der erste, der Umstand, daß Wertpapiere letztlich pri­vater Schuldner als Notendeckung herangezogen würden, wind gerne als ein Schönheitsfehler bezeich­net. Man kann bei diesem Namen bleiben, wenn man ausschließlich daran denken will, daß ein solches Verfahren ein Abwedchen von den Traditio­nen der internationalen Währungspolitik darstellt. Das ist nicht nur eine Äußerlichkeit. Exzentrisch zu sein, rächt sich nirgend so stark, wie im Notenbank­wesen, besonders in einem Land, dessen zukünftige Währungsentwicklung in solchem Maße von dem Urteil des Auslandes und dem konservativen Ge­schmack des Baseler Klubs der Notenbanken ab­hängt. Daß dieser Fehler nicht ganz oberflächlich ist, be­weist der zweite Fehler des Obligationenprojekts, der mit dem ersten eng zusammenhängt. Obligationen sind langfristige Schuldverpflichtungen, die. einmal er­worben, der Verantwortung des Besitzers überlassen sind, bis der ferne Zeitpunkt ihrer Tilgung heran­­rückt. Obligationen hätten also für die Nationalbank entweder sehr lange Bindung oder aber die Über­nahme des Verlustrisikos bedeutet, falls die Bank vor ihrer Fälligkeit versucht hätte, sie auf dem offenen Markte zu verkaufen. Auch bei der gestrigen Lösung gibt sie auf Jahre Kredit, aber ihr Debitor ist der Staat, und er verpflichtet sich seine Schuld Zug um Zug und mit möglichster Beschleunigung in zehn Jahresraten zu decken. Er ist ein Schuld­ner, an den sie gewöhnt ist, und bei dem sie nur darauf achten muß, daß er seine Ansprüche nicht überspannt. Diesmal nimmt er nur einen Kredit wieder auf, den er nach 1924 genoß und in den vert gangenen Jahren zurüokgezahlt hat. Es gibt Kritiker, die darin schon Inflation wit­tern. So wahr es ist, daß die Inflation immer über eine Verschuldung des Staates an die Noten­bank begann, so abwegig ist es, in jedem Vorschuß an den Staat bereits das Gespenst der Geldentwer­tung zu erblicken. Das ist keine Frage des Prinzips, sondern eine der Quantitäten. Zwar ist die Summe von 100 Millionen, die man dem Staate zur Verfü­gung stellen will, sehr bedeutend. Aber sie wirkt nicht mehr so beängstigend, wenn man ihre Funk­tion genauer betrachtet. Zunächst ist sie nur ein Kreditrahmen, von dem es mehr als zweifelhaft ist, ob er je ganz in Anspruch genommen wird. Weiter wird auch der beanspruchte Betrag nicht auf einmal, sondern im Laufe zweier Jahre verausgabt. Und schließlich läßt die Art seiner Verwendung erwarten, daß die tatsächliche Mehrbelastung der Nationalbank um einen Teil ihres Staatskredits zusammen­schrumpft. Denn das Geld, das die Regierung erhält, soll dem Ausgleich der Differenz zwischen den Zins­ Feuilleion, Aus dem Leben einer großen Königin. Von ANDRÉ MAUROIS. Andre Maurois ist längst als einer der besten Kenner englischen Wesens anerkannt. In seinem Buche: „Eduard' VII. und seine Zeit“., dais soeben deutsch bei Piper in München erscheint, schildert er diese Epoche, die eine Sohicksalsperiode für Europa war. Om Eduard und seinen Gegenspieler Wil­helm II. gruppiert sich eine Fülle von Ge­stalten. Mit Erlaubnis des Verlags geben wir im folgenden ein Charakterbild der Königin Victoria, der Mutter Eduards VII. Am 18. Dezember 1900 verließ die Königin Victoria Schloß Windsor, um sich nach Schloß Osborne auf der Insel Wight zu begeben. In Windsor verbrachte sie alljährlich den 14. Dezember, den .Traurigen Tag der furchtbaren Erinnerungen“, so nannte sie den Todestag ihres Gatten, des Prinzen Albert. „Schon achtunddreißig Jahre seit diesem furchtbaren Unglück“ — schrieb sie in ihr Tage­buch —„das mein Leben zerstört und mich meines Schutzengels beraubt hat, des besten aller Gatten und des edelsten aller Männer.“ Und alljährlich fuhr sie in der dein Todestag folgenden Woche, bevor sie an die französische Ri­viera ging, zum Jahreswechsel jnach Schloß Osborne. Dieses Haus war. ihr teuer, weil es, fünfzig Jahre vorher, von ihrem Gatten ausgewählt und umgebaut worden war. Er hatte die Rhododendren und Auro­­karien gepflanzt, er hatte ein Schweizerhäuschen für die Kinder bauen lassen und eine Miniaturfestung errichtet, um sie die Kriegskunst zu lehren. „Sein vorzüglicher Geschmack und die Spur seiner lieben Hände“ waren dort überall sichtbar. Die Königin hatte in Osborne zahlreiche Gegenstände, die Zeugen ihres Gefühlslebens waren, angehäuft. Man fand dort die auf Porzellan gemalten Miniaturen ihrer neun Kinder, ihrer vierzig Enkel und ihrer unzähligen Urenkel, Nichten, Neffen, Vettern und sonstigen Verwandten. Alle waren sie vertreten, deutsche Prinzen, englische Prinzen, russische Prinzen, der Koburger, die Sachsen, die Mecklenburger, die Ro­manows, alle auf Porzellan gemalt, und mitten unter ihnen, ebenfalls “auf Porzellan, prangten die Hunde der Königin. Überdies hatte sie die besten Porträts auch noch lithographieren lassen. Sie bildeten eine umfangreiche Sammlung, die in großen Koffern auf­bewahrt wurde; ein Beamter bezog ein Gehalt dafür, daß er über diese königlichen Katakomben wachte. in den Augen der Königin war jene Mischung von Familienanbetung und Fürstenfetischismus eine Selbstverständlichkeit. Die Königreiche Euro­pas waren für sie nichts weiter als Machtgebiete ihrer Familie. Der Kaiser von Deutschland, „Willy“, war ihr Tochterkind, der Kaiser von Rußland, „der liebe Nicky“, als Gatte der lieben „A'licky“, ihr an­geheirateter Enkel. Verwandt mit den Höfen von Griechenland, von Rumänien, von Schweden, von Dänemark, von Norwegen und von Belgien, fiel es Ihr immer schwer, ihre persönlichen Beziehungen zu den Monarchen von den Beziehungen Englands zu den Nationen zu trennen. Auf einen Brief Kaiser Wilhelms antwortete sie: „Ich glaube nicht, daß je ein Herrscher in diesem Ton an einen anderen Herrscher geschrieben hat, besonders, wenn dieser andere Herrscher seine eigene Großmutter war ...“ Der Kaiser, der sie zu­gleich liebte und fürchtete, zeigte sich dem Tadel zugänglich: „Innigstgeliebte Großmama,“ antwortete er demütig, und Lord Salisbury schloß daraus, daß der Brief der Königin seinen Zweck erfüllt hatte. Denn sie war gleichzeitig Königin von Eng­land, Kaiserin von Indien und eine einfache, be­sorgte Großmama, die sich um alle Krankheiten derjenigen kümmerte, die noch lebten, und die kei­nen Todestag derjenigen, die schon gestorben waren, vergaß. Sie war das verkörperte Imperium, nicht nur in den Augen ihres Volkes, sondern auch' in ihren eigenen. Sie war gar nicht überrascht, als ihr ein Militärarzt aus Transvaal schrieb, die Schoko­ladeschachteln. die sie den Soldaten gespendet habe, hielten die Kugeln der Buren von ihnen ah. Sie war „ärgerlich“, wenn die Themse ohne ihre Er­laubnis die Schule von Eaton unter Wasser setzte, und verlangte eine strenge Untersuchung. Die Geschichte ihrer Zeit bedeutete für sie die Geschichte ihres .Lebens. Als Frankreich und Eng­land nahe daran waren, einander, während sie in Nizza war, wegen des Streites um Siam den Krieg zu erklären, schrieb die Königin an ihren Premier­minister: „Ich hoffe, daß sich ein Konflikt vermei­den lassen wird, nicht nur aus nationalen Gründen, sondern weil es auch für mich recht peinlich wäre, wenn Komplikationen mit einem Lande entstünden, in dem ich mich augenblicklich befinde und in dem man mich mit besonderer Aufmerksamkeit be­handelt.“ Mit ihren achtzig Jahren war sie noch immer Frau, und ihre politischen Ideen blieben ver­knüpft mit ihren Antipathien und Sympathien. Als Lord Rosebery, der beschlossen hatte, die Strcit­­kräfte der Marine zu erhöhen, ihr seine Pläne vor­legte, unterbrach sie ihn mit den Worten: „Und die Armee?“ Auf seine Erklärung, daß das Budget nur eine große Ausgabe gestatte, und daß die Marine voranginge, erwiderte sie: „Ach, ich kann mich Ihrer Ansicht nicht anschließen. Ich bin mit einem war­men Gefühl für die Armee erzogen worden ... und auch weil ich die Seekrankheit bekomme, habe ich immer die Armee vorgezogen.“ Aber sie war gleichzeitig „kleine Bürgerin und große Kaiserin“. Unter „ihrem Volk“ verstand sie hauptsächlich den Mittelstand, der mit ihr groß ge­worden war; denn während ihrer Regierung hatte die englische Industrie den Weltmarkt erőbe id. Mit dem Mittelstand teilte sie Tugend und Geschmacks­richtung. Ein Porträt beurteilte sie nur nach seiner Ähnlichkeit mit dem Modell, und war sie selbst dieses Modell gewesen, so schien es ihr das Wich­tigste, daß das Band des Hosenbandordens genau die richtige Farbe habe. Das Licht? Nein, das Licht könne die Farbe nicht verändern, weil die Färbung der königlichen Orden eine ganz ausgezeichnete war. „Das hatte sie auch dem Künstler gesagt.“ In ihrer Jugend hatte sie Lieder von Mendelssohn

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