Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1934. január (81. évfolyam, 1-24. szám)

1934-01-03 / 1. szám

Dt. Paul Spitzer. ♦ 3 • Mittwoch, 3. Januar 1934 PESTER LL, » mächtige Freundschaft auf ihre eigene Weise aus­nützen. Die Sonderinteressen der Kleinen Entente sind auf eine starre Beibehaltung des Bestehenden gerichtet. Ihr Zusammenschluß bedeutet die Abwehr der geringsten Bewegung, der geringsten korri­gierenden Geste. Da die krassesten Ungerechtigkeiten des Trianonvertrags territorialer Natur sind, würde die Wiedergutmachung zunächst territoriale Än­derungen erfordern, und gegen solche sträubt sich die Kleine Entente mit ganzer Kraft. Die Wendung Rußlands nach dem Westen eröffnete vor der Kleinen Entente neue Perspektiven. Ihre führenden Geister entfalteten sofort eine umfangreiche Ge­schäftigkeit, um auch die Balkanländer für ein System der osteuropäischen Stabilität zu gewinnen. Das Ergebnis ist eine Reihe von Balkanpakten, die den Anschein erwecken sollen, daß die bestehende Ordnung der Dinge von allen Seiten garantiert sei, und daß die einzigen Abseitsstehenden, nämlich Ungarn und Bulgarien, bloß die Wahl zwischen löblicher Unterwerfung oder hoffnungsloser Isolie­rung hätten. Was Bulgarien anbelangt, melden die Nachbarn triumphierend Annäherungsgesten ... Diese balkanische „Einheit“ erstreckt sich indessen bloß bis zur Grenze der nichtkollidierenden Inter­essen und hat nicht die Kraft eines positiven Bünd­nisses. Ein Balkanbund, der sogar Bulgarien in sich begreifen würde, gehört ins Land der Phantasie: zur wirtschaftlichen Annäherung an seine Nach­barn bereit, wird Bulgarien auf seine historischen Ziele für keinen Fall verzichten. Auf lange Sicht wird das Schicksal Osteuropas nicht durch die Sonderwünsche der Kleinen Entente, sondern durch die unentrinnbare Notwendigkeit der Entwicklung entschieden. Osteuropa und das Donaugebiet kann nicht in ein totes Meer der historischen Starrheit verwandelt werden; die lebendige Dialektik der Entwicklung, deren Spiel wir im Westen verfolgen, nimmt auch das östliche Schicksal mit. . Die im Frühjahr erfolgte Annäherung zwischen Frankreich und Italien hat ein dauerndes Resultat gehabt, das auch durch die spätere Entwicklung nicht in Frage gestellt werden konnte: in der Donau­frage hörte die scharfe Rivalität der beiden Mächte auf. Noch im Jahre 1932, in der Stresa-Zeit; standen einander die französische und die italienische These über die Sanierung des Donaugebiets unausgegli­chen gegenüber. Jetzt aber, als vor kurzem der tschechische Außenminister Benes Paris besuchte und dort auch über die Lösung der Donaufrage sprach, wurde auf Wunsch Frankreichs die italieni­sche Denkschrift vom 30. September als Grundlage benützt. Diese Denkschrift sieht, wie bekannt, Prä­ferenzen vor, die die Weststaaten den Donauländern und diese einander emräumen; die Maschinerie hie­­für bieten bilaterale Verträge. Also kein Wort von einem „Donaublock“, der nach der Benessch'en Konzeption die einzig ideale Lösung wäre (ideal, weil sie die Vormachtstellung der Tschecho-Slowa­­kei konsolidieren würde). Europa kann nicht ge­sund werden, solange die wirtschaftlichen und poli­tischen Nöte Mitteleuropas bestehen; und diese Nöte bestehen immer, solange in die von den Frie­densverträgen geschaffene Ordnung keine Besserung hineingetragen wird. Eine langfristige Lösung könnte nur die Wiedergutmachung der Ungerech­tigkeiten der Friedensverträge bringen; was die Aufgaben und Notwendigkeiten der nächsten Zu­kunft anbelangt, so ist Ungarn jederzeit bereit, seine sicht und Verve ebenbürtige Partner. Ob'erregisseur Ladislaus Márkus sorgt. für ein lebendig bewegtes Bühnenbild. Die Textübersetzung von Koloman Nádasdy ist tadellos sangbar. Auf der Bühne allen voran Anna Báthy als Adrienne Lecouvreur. Diese famose Künstlerin wächst mit jeder neuen Rolle, und eben diese scheint ihr besonders gut zu liegen. Feiner kann man fast schon gar nicht phrasieren und die einzelnen Phrasen mit einer nobleren Linie verbinden. Mimik, Gesten und Bewegung befinden sich zur majestätischen hohen Gestalt in schönster Harmonie, — eine Lecouvreur, deren Wahn, die Muse Melpomene selbst zu sein, nicht wie Größen­wahn anmutet. Der ausgezeichnete Andreas Rosier weiß aus der Partie des Grafen mehr das Lyrische als das Dramatische hervorzukehren; mehr Lieb­haber als Held. Leicht und rasch entzündet sich der helle Schimmer seines Tenors an den Liebesarien. Treff end zeichnet Frau Némethy die Fürstin, dieses rachsüchtige, in ihrer verschmähten Liehe vor nichts zurückschreckende Weib; die dunkle Farbe ihres Soprans paßt so recht für diese Rolle. Intelligenz und Routine lassen Oskar Maleczky sich in einer seriösen, seinem gewohnten Rollenkreise fernliegenden Partie bloß darstellerisch zurechtfinden; ein richtiger Bel­­kanto-Sänger gehörte liieher. Michael Székely als Fürst und Ludwig Laurisin als Abbé sind zwei köstliche, mit reizender Komik skizzierte RufTogestalten. Auch das Komödiantenqartett der Damen Miklóssy und Tasnády, sowie der Herren Toronyi und Komn­­romy läßt an Humor und Beweglichkeit nichts zu wünschen übrig. Das ä la Watteau-Arrangement des Schäferballetts bewegt sich in herkömmlichen, ja antiquierten Formen und ist vielleicht eben aus die­sem Grunde stilgemäß. ' Die Aufführung fand eine freundliche Auf­nahme. Der anwesende Komponist wurde mit den Sängern nach jedem Aufzug oft vor den Vorhang gerufen. wirtschaftlichen Beziehungen zu den Nachbarstaa­ten zu bessern, wobei es wirtschaftliche Ziele durch rein wirtschaftliche. Mittel, ohne politische Neben­rücksichten zu verfolgen wünscht. Die von tschechi­scher Seite lautgewordene Forderung, daß Ungarn seine politischen Ziele hintansetzen, in einen politi­schen „Burgfrieden“, „treue politique“, cinwilligen sollte, um mit seinen Nachbarn zu einem wirtschaft­lichen „modus vivendi“ zu gelangen, stellt nach un­garischer Auffassung trotz der unverfänglich und sachlich klingenden äußeren Form eine für Ungarn unerwünschte, ja untragbare Politisierung des wirt­schaftlichen Problemkomplexes dar. Die Welt heute. Betrachtet man die Zusammenhänge nicht bloß Europas, sondern der Kontinente, so hat man den Eindruck einer noch trostloseren Zerklüftung. Das verwichene Jahr brachte zuerst die Hoffnung, daß nunmehr eine organische Zusammenarbeit der Kon­tinente zur Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise einsetzen könne. Die Einladung zur Weltwirtschafts­konferenz ist an alle Länder ergangen. Ende April schifften sich Macdonald und Herriot nach Amerika ein, um in einer Sonderbesprechung mit Roosevelt die Grundfragen der Konferenz zu klären. Während ihrer Reise wurde in den USA ein Währungsgesetz geschaffen, das den Präsidenten Roosevelt ermäch­tigte, neue Zahlungsmittel in Umlauf zu bringen und den Goldgehalt des Dollars auf die Hälfte herabzu­setzen. Das eigentliche Ziel Roosevelts ist eine Hebung der Preise und die Erleichterung der Schuldenlast der Farmer; er hoffte ursprünglich, dieses Ziel durch die bloße Aussicht auf eine In­flation ohne vollzogene Inflation erreichen zu kön­nen. Jedenfalls mußte Amerika eine selbständige Währungspolitik befolgen', die die übrigen Länder, in erster Reihe die europäischen Goldländer, im höchsten Maße beunruhigte. Die Weltwirtschafts­konferenz scheiterte daran, daß es nicht gelang, die Amerikaner für eine Geldstabilisierung zu gewinnen. Die Ungewißheit um den Dollar machte die Behand­lung der eigentlichen Grundfragen, der Zölle und Handfelshindernisse, zur Unmöglichkeit. Die erste und fast einzige Leistung der Konferenz, der Zoll­­wafTeiistillstand, fiel in kurzer Zeit folgenlos aus­einander. Eine positive Leistung war allerdings das Weizenabkommen vom 28. August, das jedoch, ob­wohl es die internationale Konkurrenz gemildert hat, keine Erhöhung der Preise bewirken konnte; da die Preiserhöhung ausblieb, konnte auch die Herab­setzung der Zölle in den Einfuhrstaaten nicht aktuell werden. Eine wichtige internationale Initiative zur Krisenbekämpfung: mußte somit erfolglos fallen ge­lassen werden. Innere Besserungstendenzen sind nur vereinzelt in Erscheinung getreten. Amerika befindet sich noch in einem Gärungsprozeß, dessen Ende man nicht absehen kann. In England machen sich Zeichen einer erfreulichen Erholung bemerkbar, ohne daß sieh von dieser Erholung ein Impuls nach den übrigen Ländern fortpflanzen könnte: England ist heute, seit Ottawa, wirtschaftlich dem Empire zu­gekehrt. Somit hat sich die Zerklüftungstendenz, der Zerfall der Welt in abgedichtete Wirtschaftsein­heiten, nicht gemildert. Die Ereignisse in Deutsch­land und in Amerika haben sie noch verschärft. Die Wirtschaftslage der kleinen und schwachen Länder wird dadurch noch verschlimmert; wenn große und reiche Länder noch hoffen können, aus eigenen Mit­teln der Krise Herr zu werden, für kleine und will­kürlich abgegrenzte Länder besteht diese Hoffnung nicht. Diese können die Rückkehr des Wohlstandes nur von der internationalen Zusammenarbeit erhof­fen. Viele davon, auch Ungarn, sind daliéi noch von einer Besserung der Lage der Landwirtschaft ab­hängig. Das politische Bild der Welt ist am Jahresende analog dem wirtschaftlichen. Amerika zog sich n'icht nur von der gemeinsamen Krisenbekämpfung, son­dern auch von den internationalen Bemühungen um den Frieden zurück. In einer Welt des Mißtrauens gibt es nur wenige Keime der Hoffnung. Wird die im Westen wachsende Einsicht in die Notwendigkeit der friedlichen Evolution das europäische Schicksal zum Guten wenden? Wird ein sachlicher Ausgleich der westeuropäischen Gegensätze, vom Viererpakt­gedanken Italiens ausgehend, im Westen und an­schließend auch im Osten den neuen und besseren Frieden stiften? Oder taumelt die Menschheit blind einer neuen Katastrophe entgegen? Mit zusammen* gebissenen Zähnen, in trotziger, bitterer Erwartung blickt der europäische Mensch dem verschleierten Antlitz des neuen Jahres entgegen. W ***£ ,1 on«**­C..V togodi«" e‘­TUNGSRAM Vom Tage. Die Tnkompatibilitätsaffären Turchány! und Eckhardt. Der ständige Inkompatibilitätsausschuß des Abgeord­netenhauses ist für Mittwoch, den 17. Januar zu einer Sitzung einberufen worden, in der die Inkpmpatibititäts­­anmeldung des Abgeordneten Dr. Turchänyi gegen sich selbst und seine Inkompatibilitätsanzeige gegen den Ab­geordneten Dr. Eckhardt fortsetzungsweise verhandelt wird. Vom Pester Komitat. Heute hat die erste Sitzung des Munizipalrats des Pester Komitats im neuen Jahr stattgefiunden. Die Aus­schlußmitglieder Dr. Vary und Dr. Fábián benützten diese Gelegenheit, tun dem Qhergespan Dr. Preszlg die Glück­wünsche ihrer Parteien zu überbringpn, wobei beide auch der erfolgreichen Arbeit gedachten, die Graf Stefan Bethlen und Dr. Tibor Eckhardt für die Revision in Eng­land verrichtet haben. Sie verurteilten in schärfster Weise die hochverräterische Tätigkeit Ladislaus Fényes■* und Dr. Fábián betonte angesichts der Unruhen an den Universi­täten auch, daß kn Lande Friede und Ruihe herrschen müssen, damit der Erfolg der Revisionslbeiwegung nicht beeinträchtigt werde. Auch das sozialdemokratische Aus­schußmitglied Mihályi sprach mit Worten warmer Sym­pathie über diejenigen, die für die Revision des schmach­volle» Friedensvertrages schaffen, und gab der tiefsten Verachtung seiner Partei den Individuen gegenüber Aus­druck, die den, Sieg der ungarischen. Sache verhindern möchten. Obergespan Preszly sprach den Dank des Komitats den Männern aas, die im Ausland um die bessere Zukunft des Landes ringen, und erklärte, daß die Regierung ge­willt sei und auch die Kraft dazu besitze, um den Frieden und die Ruhe im Lande unter allen Umständen wahren zu können. Der Munizipalrat erledigte, nachdem der Obergespan auch für die Neujahrsgrüße gedankt hätte, die Tages­ordnung. Der Revisionsartikel Dr. Rassays im Manchester ' Guardian. Manchester Guardian bringt in seiner Nummer vom 29. v. M. den von uns in großen Umrissen 'bereits ver­öffentlichten Artikel des Reichstagsabgeordneten Dr. Karl Rassay unter dem Titel „Friedensrevision in Europa. — Demokratie und Nationalismus“. ITALIEN. Der Besuch Sir John Simons. Rom, 2. Januar. (Inf.)" Der englische Außenminister Sir John Simon ist heute, nachmittags 15 Uhr 25, im Flugzeug, das der Allantikflieger Biseo steuerte, von. Capri kommend, ini Lufthafen von Ostia eingetroffen. Bei seiner Ankunft wurde er vom Unterstaatssekretär im Außenministerium Suvich, Unterstaatssekretär im Luftfahrtministeriüm Ge­neral Valle, dem britischen Botschafter Sir Eric Drum­mond und verschiedenen Persönlichkeiten des Außen­ministeriums empfangen. Sir John Simon fuhr dann so* fort im Kraftwagen nach Rom weiter. Rom, 2. Januar. Der Chefredakteur des Giornale d’Italki, Gaydq, be­faßt sich im Leitartikel mit dem römischen Besuch des englischen Außenministers Sir John Simon. Der Artikel stellt vor allem fest, daß die europäische Lage heute ,in der Tat sehr schwierig sei. Im Mittelpunkt, der europäischen Fragen stehe auch heute der deutsch-französische' Gegen­satz und damit hängen auch die übrigen Schwierigkeiten zusammen. Da Mussolini in jeder größeren Frage einen Ausweg finden konnte, sei es sicher, daß er auch bei seiner Eni revue mit Sir John Simon eine entsprechende Lösung werde Vorschlägen können. Die beiden Fragen, die von den Staatsmännern behandelt werden dürften, seien die Revision der Rüstungen und die Reform des Völker­bundes. Im Mittelpunkt der Rüstungsfrage stehe der deutsch-französische Gegensatz, zu dessen Lösung drei Wege führen: Verständigung, freie Hand zur sofortigen Rüstung und schließlich der yon der Kleinen Entente und

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