Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1934. szeptember (81. évfolyam, 197-221. szám)

1934-09-01 / 197. szám

Einzelnummer an Wochentagen fl6, an Sonntagen 32 Heller. Abonnement t Für Budapest s mit täglich zweimaliger Zustellung und für das Inland Morgen­­und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Morgenblatt allein vierteljährlich II P, monatlich 4 P. Für das Abendblatt allein vierteljährlich 8 P, monatlich 3 P. Für die separate Zusendung des Abend­blattes nach der Provinz ist viertel­jährlich 1 Pengd zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Ooldschntld. Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich: Für Oesterreich und Polen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengd. Abonnements werden auch bei sämtllohen ausländischen Post­ämtern entgegengenommen. Nicht verlangte Manuskripte werden weder aufbewahrt noch zurückgestellt, Briefe ohne Rückporto nicht beantwortetFESTER LLOYD MORGENBLATT B Inseraten auf nähme t tn Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. Blookner, J. Blau, Boros, Braun, Josef Erdős, Győri & Nagy, Harsány!, Haasenstein & Vogler, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető­­iroda, Blosse Rudolf A.-G., Julius Tenzer, Uray. Generalvertretung des Pester Lloyd ffir Oesterreich: M. Dukes Naohf. A.-Q., Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer für Budapest und fflf die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 33 Heller, Aoendblatt 10 Heller. — FUr Oesterreioh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Redaktion u. Adm.: V., MáriaValéria-uooa 1*. Telephone: Redaktion: 848—20. Nach «itternaohtx 848—26. Administration: 849—09. 81* Jahrgang. Budapest, Samstag, 1. September 1934. Nr. 197 Bombenwerfer über Paris. Budapest, 31. August. '(—dor.) Paris ist seit drei Tagen Schauplatz von militärischen Übungen, deren Charakter von den einstigen idyllischen Manövern der Vorkriegs­zeit wesentlich abweicht. Wo sind die Zeiten, jene goldenen Tage des Friedens, in denen die Manöver nur den Sinn hatten, daß der Reservist für einige Wochen der Tretmühle des Zivilallltags entflieht, im Kreise seiner alten Kameraden die fidelen Er­innerungen einer glücklichen Jugend auffrischt und nach dem großen Zapfenstreich wie verjüngt zu seinem friedlichen Beruf zurückkehrt? Wie weit dünkte damals der Krieg! Heute spielen sich ganz andere Manöver ab. Ihre düstere Begleitung sind Reden und Artikel von Politikern und Militärs, in denen mit allen Mitteln einer klaren Logik und einer erdrückenden Sachkunde nachgewiesen wird, der künftige Krieg werde kein Krieg der Fronten sein, sondern ein Krieg gegen das Hinterland, gegen die militärischen, industriellen und Ernährungs­zentren des Volkes. Im Mittelalter fochten nur einige Auserwählte, die das Kriegshandwerk stolz mit ihrem Glauben verklärten. In der Neuzeit entstan­den die Volksarmeen, in denen die Massen aus­schlaggebend wurden, allerdings noch immer nur Massen der jungen Generationen von Männern zwi­schen 20 und 40. In der Zukunft wird der Krieg wieder nur von wenigen geführt, aber ihre Opfer werden alle sein, Männer und Frauen, Säuglinge und Greise, Könige und Kärrner, Genies und Idioten, die ganze breite Volksgemeinschaft wird wahllos dem blinden Schicksal des Luftbombar­dements, wohl auch den grauenvollen Wirkungen der Gasbomben wehrlos ausgeliefert sein, fju cjjpsein Krieg, dem Luftkrieg der ZukunfC wird’ es kein Entrinnen, keine Schußsicherheit mehr geben: die furchtbarste Demokratie, die Gleichheit im Tode droht für alle Teile der Bevölkerung. Die jährlich wieder­kehrenden Luftmanöver, die über den größten euro­päischen Hauptstädten abgehalten werden, haben zu dieser grauenhaften Erkenntnis geführt. Die gestri­gen Pariser Luftübungen, an denen 500 Militär­flugzeuge der französischen Luftflotte teilnahmen, endeten mit dem Resultat, daß der Großteil der An­griffsgeschwader Le Bourget zweimal erreichen konnte. Le Bourget aber ist der Flughafen von Paris; wer die Aerodrome.von Le Bourget in der Luft erreicht hat, dem steht der Weg nach der Metropole Frankreichs offen. Den einzigen Trost, den die Militärfachkreise einer bangen Bevölkerung spenden konnten, war, daß in einem wirklich durch­geführten Kampfe nur die Hälfte der Angriffskräfte Paris erreicht hätte. Ein schwacher Trost. Auch 100 Flugzeuge genügen, um die Heime vier Millionen friedlicher Franzosen in einen brennenden Trüm­merhaufen zu verwandeln, auch zehn Bomben­werfer genügen, um die Laboratorien, chemischen Werke, Lebensmitteldepots der französischen Hauptstadt, von dem Louvre gar nioht zu sprechen, der Erde gleichzumachen. Die gleichen Ergebnisse haben übrigens auch die vor einem Monat über London abgehaltenen Luft­manöver gezeitigt. Obgleich da die Verteidigungs­kräfte diesmal ein etwa besseres Resultat als im Vor­jahre erzielt haben, kann als feststehend betrachtet werden, daß auch London gegen einen eventuellen Luftangriff nicht verteidigt werden kann. Allein das Dockgebiet des Londoner Hafens dehnt sich auf einem Areal von 3000 Acres aus, und in diesem Ge­biet sind die größten Lebensmittelvorräte des Landes aufgespeicheit. Die Londoner Bevölkerung von 8 Mil­lionen Menschen ist an sich eine so riesige Menge, daß es keine Transportmittel der Welt gibt, die einer solchen Menschenflut vor einem Angriff zur Flucht verhelfen könnte. Es gibt keine Abwehrgeschwader, keine Luftabwehrgeschütze, keine Scheinwerfer, die im Falle eines konzentrierten Angriffs gegen eine Großstadt sämtliche Flugzeuggeschwader an der Durchführung ihrer Aufgabe hindern könnten. Ein Viertel, ein Drittel, vielleicht die Hälfte der Angriffs­geschwader kann vernichtet werden: die andere Hälfte wird genügen, um ihr furchtbares Werk bis zurii bitteren Ende zu vollführen. Das Blatt des französischen Generalstabs glaubt aus dieser unbestrittenen Sachlage die Konsequenz, ziehen zu können, daß nur eine noch stärkere Luft­macht Frankreich die nötige Sicherheit verschaffen könne. Wir glauben, dem gesunden Menschenver­stand zwingt sich aus diesen erschütternden Fest­spielen des Todes ein anderes Resultat auf: nämlich daß es im heutigen Stadium der Militärtechnik über­haupt keine militärische Sicherheit mehr gibt. So­lange die Landarmeen und die Flotten die entschei­denden Mächte im Kriege waren, konnte der Staat, der am stärksten gerüstet war, wenigstens die Hoff­nung hegen, eine starke Armee und eine große Flotte werde die Zivilbevölkerung zu schützen wissen. Heute gibt es eine solche Sicherheit nicht mehr. Es besteht vielmehr die große Wahrscheinlichkeit, daß der Luft­angriff gegen Großstädte, der nicht verhindert wer­den kann, durch einen' Gegenangriff gegen die feind­lichen Großstädte erwidert werden wird und so mit Sicherheit auf beiden Seiten brennende Städte, ster­bende Frauen und Kinder, Hunger und Epidemien zum Bilde des künftigen Krieges gehören werden. Die einzige Sicherheit ist, daß — wie Baldwin jüngst feststellte — ein künftiger Krieg unzweifelhaft das Ende der modernen Zivilisation bedeuten würde. Das ist die Perspektive der Zukunft. Die Theo­retiker des Kriegs weisen dies nach, die Luftmanö­ver bestätigen ihre Thesen. Nach all diesen sorgfälti­gen Untersuchungen und Manövern ergibt sich nur die eine Sicherheit, daß es eben keine Sicherheit gibt. Weder für Sieger, noch für Besiegte, weder für die gerüsteten, noch für die entwaffneten Nationen. Die Konsequenz? Ein neues Wettrüsten zu Luft. Es ist ja erwiesen, daß es nichts nützt. Aber Logik hat nichts mit Sicherheit zu tun. Also mehr Bomben­werfer für die Nation! Und je mehr Bombenwerfer, u-m so mehr Jagdflugzeuge, je mehr Jagdflugzeuge, um so mehr Bombenwerfer ... Die Welt bewegt sich in einem faulen Zirkel. Gibt es keinen Ausweg, gibt es keinen Durchbruch dieses verdammten Zauns der Irren? Vernunft und Glaube sind in diesen Jahren schwach und schüch­tern geworden. Aber man muß die schwächsten Lichtstrahlen verfolgen, vielleicht führen sie ins Freie. Der ehemalige Luftfahftininister Pierre Cot for­dert anläßlich der französischen Luftmanöver die Abschaffung der Militäraviatik in allen Ländern, die internationale Kontrolle der Zivilaviatik und die Er­richtung einer internationalen Polizeiluftstreitkraft unter der Ägide des Völkerbundes. Das klingt ja sicherlich vernünftiger, als das monotone Sicher­heitsgefasel der Militaristen, aber nach all den Ent­täuschungen der letzten Jahre hat auch dieses Pro­gramm einen papiernen Beigeschmack. Denn eben- Feuilleton. Das Antlitz Gottes. Novelle. • Von GEORG HÁMOS. Mit langen Schritten durchmaß der Maler seine Werkstatt. Hie und da blieb er vor dem Bilde stehen und betrachtete es mit zusammengekniffenen Augen, dann setzte er seine Wanderung fort. Schließlich er­müdete er darüber und Meß sich erschöpft auf einen zerschlissenen Lederstuhl sinken. Den Pinsel hielt er noch immer in der Hand und fuchtelte mit ihm in der Luft herum, als kämpfe er mit einem un­sichtbaren Gegner. Nach ein paar Minuten er­lahmte aber auch der fuchtelnde Arm und senkte sich schlaff zu Boden. Mit leisem Aufschlag fiel der Pinsel zur Diele. Das bärtige Modell sah dem selbstquälerischen Ringen gelangweilt zu. „Das Modellstehen würde seinen Mann wohl ernähren,“ dachte er matt, „schade nur, daß diese Maler alle verrückt sind. Besonders während der Arbeit.“ Weiter konnte er den Gedanken nicht spinnen, denn der Maler. öffnete die Augen und blickte mit martervollem Gesicht auf. Dann brüllte er das Mo­dell förmlich schäumend vor Wut an: „Woran denken Sie zum Beispiel jetzt wieder?“ Das Modell, obwohl an solche Ausbrüche ge­wöhnt, fuhr dennoch zusammen. „An nichts, an gar nichts.“ „Daran liegt es ja eben!“ heulte der Maler mit blaugerötetem Gesicht. „Vergebens fleht man euch mit gefalteten Händen an, nicht dazusitzen, wie ein Bild ohne Gnade, sondern nachzudenken, zu emp­finden, zu fühlen, weil sich sonst in euren Mienen nichts ausdrückt. Auch Ihnen habe ich schon tausendmal erklärt, Sie sollten ein paar Augenblicke lang trachten, zu denken, daß Sie alle Menschen lie­ben. auch mich. Statt dessen aber denken Sie daran. um wie viel einträglicher als Modellstehen es wäre, draußen irgendwo im Engelsfeld einen gutgeklei­deten Mann auszuziehen, spätabends, in einer dunk­­[ len Straße, — oder Sie denken bestenfalls an gar ! nichts. Und da soll ich nach Ihrem Gesicht die gött­liche Allgüte malen, die leuchtet und so allgewaltig ist, daß sie Kranke heilt...!“ Der Maler, dem bei den letzten Worten die Stimme vor Aufregung und Anstrengung ohnehin umgeschlagen hatte, verstummte jetzt. Bleich sank er auf den Sessel zurück und starrte in die Luft. Er fühlte, daß er in dieser seelischen Verfassung außer­stande sei, weiter zu arbeiten. So schickte er den Bärtigen nach Hause. Allein geblieben, streckte er sich aufs Sofa hin und versuchte so nachzudenken. Alle Qual und Pein der verflossenen Woche wurde wach in ihm. ... Seit dem ersten Pinselstrich hatte er deut­lich gefühlt, dieses Bild würde ein Meisterwerk wer­den. Er malte daran mit der Sicherheit eines Schlaf­wandlers, und keinen Zug hatte er daran ändern müssen, keinen Strich. Das Bild, das er im Innersten seiner Seele erfühlt hatte, reflektierte sich restlos auf der weißen Leinwand. „Christus heilt das kranke Kind,“ — dies stellte das Bild dar. Der Maler hatte das Gefühl, niemals noch seien menschliche Empfindungen mit dem Pinsel vollkommener dargestellt worden. Die Figuren waren gar keine Menschen mehr, sondern verkörperte Empfindungen. Das Gesicht des Kindes war der Schmerz selbst. Das der Mutter das leib­gewordene Hoffen. Die Umherstehenden waren das Staunen, das Zweifeln, der Glaube und das Ent­setzen selber. Nur das Antlitz Christi fehlte noch. Aber auch dieses hatte er sich im Geiste schon ver­gegenwärtigt. Er wollte es so anlegen. daß dieses Antlitz inmitten des Chaos der menschlichen Emp­findungen leuchten sollte, wie die Sonne zwischen Gewitterwolken. Sein reiner und ungetrübter Glanz sollte die Güte selbst sein, die Güte, die seinem Blick entströmen würde, wie ein warmer Strom, wie eine greifbare, verdichtete, fast schön stoffgeworderie Güte. <,. Ihn; fiel jetzt ein, daß er in der vergangenen » Woche einmal die ganze Nacht über vor Glückselig­keit nicht zu schlafen vermocht hatte. Er hatte das Gefühl gehabt, als erschlössen sich ihm alle Freu­den des Lebens. Und gewußt, dieses Bild bedeute viel Geld, Ruf und Namen; Geld, Ruf. ein sorgloses Leben und — Magda. Ja, Magda. Und all den Glanz, all die Glückseligkeit und Wärme, die dieses Mädchen in seinem Leben bedeutete. ... Dann war der Schwung erlahmt. Das Christusantlitz war nicht gelungen. Nicht so gelun­gen, wie er es gewollt hatte. Immer wurde es zu einem Menschenantlitz, mit menschlichen Gefühlen darin. Die strahlende Güte fehlte. In dieser Woche hatte er schon dreimal begonnen, es mit verzweifel­ter Aufbietung all seiner Kräfte von neuem zu malen. Sein Geld ging auch schon ziemlich zur Neige, denn seit Monaten hatte er kein Bild verkauft, hatte er ja jeden seiner Augenblicke zwischen dem Christusbild und Magda geteilt. Und letzte Woche hatte er auch das Mädchen nicht mehr gesehen, weil er sich von dem Bild nicht wegzurühren ver­mocht hatte. Er glaubte zu fühlen, das endlich ge­fundene Leben gleite ihm aus der Hand. „... Nein! Ich laß es nicht!“ sagte er und ballte die Faust, als sagte er es zu einem unsichtbaren Feind. „Ich laß es mir nicht entgleiten!“ Am folgenden Tage strich er vom Morgen bis zum Abend in den Straßen umher. Hier suchte er nach dem rechten Gesicht, — dem wahren. Magda hatte er kaum oder nur selten gesehen. Er hatte ihr auseinandergesetzt, daß es nur noch ein paar Tage dauere, und das Bild, das ihrer beider Glück bedeutete, würde vollendet sein. Magda war klug, sie fühlte, während dieser Tage wenigstens müsse sie aus dem Lehen des Malers verschwinden, damit er seine Seele voll und ganz dem Bilde ein­flößen könne. ... Der Maler aber vermochte es nicht. Die Seele, der Geist in ihm war zum Ungeheuer ange­schwollen, das ihm die Brust zu sprengen drohte, ihm das Herz abdrückte, ihm die Schläfen schwellte. Das Christusgesicht gelang nicht. Er kratzte es ab, malte es wieder, suchte sich ein neues Modell. ,.. Nach einem wieder mißlungenen Versuche

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