Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1934. szeptember (81. évfolyam, 197-221. szám)

1934-09-01 / 197. szám

FESTER TiLOYD sowenig, wie dem Wettrüsten zu Luft durch einen frommen Wunsch Einhalt geboten werden1 könnte, kann die Abschaffung der MilitäraViatik überhaupt erreicht werden. Gewiß würde die Zerstörung der Bombeirwerfer, die internationale Kontrolle der Zivil­flugzeuge und die Errichtung einer internationalen Luftstreitkraft des Völkerbundes Sicherheit'schaffen, aber all das setzt bereits das Vorhandensein der Sicherheit voraus, der moralischen Sicherheit der iVölker, jener Sicherheit, daß nicht die brutale Macht und der Krieg, sondern das Recht und die Gerechtig­keit die Welt regieren. Diese moralische Sicherheit zu schaffen, wäre die große Aufgabe, die dringendste Pflicht der Zu­kunft. Es genügt dabei nicht, daß einige Staats­männer-alle Sonn- und Feiertage den großen Eid auf den Weltfrieden leisten oder mit geballter Faust, mit dem Dolch zwischen- den Zähnen ihre friedlichen Absichten beteuern. Solange nicht in allen Nationen die tiefe. Überzeugung herrschen wird, daß der Friede der Welt nur gesichert werden kann, wenn er täglich, im- Schweiße des Angesichts, durch Zäh­mung aller Kriegsleidenschaften, durch strenge Zucht gegen alle Mord- und Raubmstinkte erfochten wird, solange kann auch auf institutionellem Gebiete nichts Wirksames erreicht werden. Diese mora­lische Sicherheit'zu schaffen, dieses große Werk der gegenseitigen Annäherung aller Völker, wie eine zen­trale Lebensaufgabe, ja eine religiöse Pflicht zu üben, kann nur durch die Kooperation alier geistigen und moralischen Institutionen der modernen Welf, der Kirche und der Schule, der Presse, des Films und des Radios und nicht zuletzt der Parteien und der Armeen seihst erreicht werden. - Erst wenn diese tiefe Aufrüttelung aller Gesin­nungen, diese Zähmung aller Haß- und Mordinstinkte vollzogen wird, kann man erreichen, daß den Kon­flikten der Völker und Klassen der Giftzahn ausge­brochen wird, daß man an diese Konfliktstoffe her­antritt und eine gerechte, menschenwürdige, groß­zügige Lösung versucht. Denn in einer Welt der Un­gerechtigkeit, der unüberforückten Gegensätze und der Rachegelüste kann es keinen Frieden und keine Si­cherheit geben. Nur wenn die Gründe unserer Dis­harmonien aufgehoben werden, können sich auch die Folgen ändern. Sonst wird man jedes Jahr Paris und London mit Rauchbomben in Ruinen zerschie­ßen, bis eines Tages diese Welt von Schall und Rauch mit Ekrasit und Blaugas ersetzt wird. Denn hinter dem schwarzen Reiter dieser Welt der Angst sitzt die Sorge des letzten Gerichts: das Ende der- Zivi­lisation. »ja» Konferenz der Unabhängigen Kieinlandwirfeparief. Stellungnahme zur Wahlrechtsreform. Der Verlauf der Parteikonferenz. An der heutigen Parteikonferenz nahmen die folgen­den Abgeordneten teil: Andahdzy-Kasnya, Dinich, Gallas:, Heggmegi Kiss, Baron Kray, Kun, Lang, Mojzes, Musa, Némethy, Neuberger, Osvdth, Stefan Sándor, Graf Serényi und Szaknts. Die Abgeordneten Erdélyi, Klein, Melczer, Ftakovszky und Sauerborji flatten ihr Fern­bleiben entschuldigt und ihre Zustimmung zu den zu fassenden Beschlüssen im voraus erteilt. Abgeordneter Eckhardt teilte dér Konferenz mit, daß er als Haupt­delegierter .Ungarns an der Herbstassemhlée des Völker­bundes leilnehmen und in der zweiten und dritten Woche des Monats September im Auslände weilen werde. Mit seiner Stellvertretung wurde mit einstimmigem Beschluß der Abgeordnete Heggmegi Kiss betraut. Die Partei hat ferner einstimmig beschlossen, den Abgeordneten Ludwig Dinnyés wegen seiner im Esti Kurir veröffentlichten Er­klärung künftighin nicht mehr als Mitglied der Partei zu betrachten, Die Partei und die Wahlrechtsreform. Abgeordneter Eckhatsif y^igs in ;einer längeren Rede auf die in dieser Frage in der Presse entfesselte Kampagne hin und stellte fest,' daß er auf Grund der ihm h> einer früheren Parteikonferenz erteilten Vollmacht vor längerer Zeit eine mündliche Besprechung mit dem Ministerpräsidenten -Julius Gömbös geführt und der Partei seinerzeit berichtet habe, daßf im Laufe dieser Besprechungen ein Übereinkommen in bezug auf zwei Grundsätze erzielt wurde, und zwar betraf das Abkom­men den geheimen Charakter der Abstimmung und die Ehrlichkeit des Wahlverfahrens. Zugleich hat der Mi- nisterpräsidenf den Wunsch ausgedrücfct, daß, bei Ver­wirklichung der geheimen Abstimmung Garantien Statuiert werden, damit der Übergang von der offenen zur geheimen Abstimmung' ohne stärkere Erschütterungen des. staatlichen Lebens vollzogen werden könne. So weit reichten die Besprechungen, Später richtete der Präsident der Einheitspartei Alexander Szlranyaoszky «in den Abgeordneten Dr. Eckhardt das Ersuchen, in schriftlicher Form seine Gedanken über die Wahlrechts­reform zu -skizzieren und die Garantien zu bezeichnen, die die Unabhängige Kleinlandwirtepartei in betreff der Einschränkung des allgemeinen Wahlrechts anzunehmen bereit wäre. Abgeordneter Eckhardt hat nun die Lösungs­form, die er im Interesse der Verwirklichung der ge­heimen Abstimmung und des ehrlichen Wablverflabrens als Konzession für möglich hält, in einer Denkschrift zu­sammengefaßt und diese dem Präsidenten der Einheits* .partéi Alexander Sztranyavszky zugeschickt. Die prinzipiellen Vorschläge der Unab­hängigen Kleinen Landwirtepartei. Ein­führung der komitatsweisen Listen­wahl. Független Kisgazda veröffentlicht den vollen Text des Vorschlages betreffend die Grundprinzipien der Wahl­­reform, die Abgeordneter Dr. Eckhardt dem Präsidenten der Einheitspartei zukommen ließ. Der wesentliche Inhalt dieses Schrittstückes läßt sich im folgenden zusammen­fassen: Vor der Einführung der geheimen Abstimmung müs­sen Präventivmaßnahmen gegen eine doppelte Gefahr, und zwar gegen den Vorsfoß der Lumpendemagogie, so­wie den einseitigen Einfluß der Banken und des Groß­kapitals ergriffen werden, sonst würde das moralische und intellektuelle Niveau des Abgeordnetenhauses herab* gediiickt, das öffentliche Interesse durch Privatinteressen in den Hintergrund gedrängt und der Parlamentarismus selber gefährdet werden. Die individuelle und bezirks­weise Wahl zwängt die Abgeordneten zum Sachwalter der Privatangelegenheiten der Wähler und zum Vermittler der einflußreichen Persönlichkeiten. Die Wahl mittels einer Landeslisle zerreist die persönlichen Bande zwischen dem Abgeordneten und seinen Wählern, sie fördert die Über­­wucherung des Parteiabsolutiamus und .korrumpiert die Parteien, weil der überdimensionierte Parteiorganismus außerordentliche Kosten beansprucht, die nur auf unred? liehen Wegen beschafft werden können. Es müßte dem­nach der Mittelweg eingeschlagen werden; die Wahl in den natürlichen traditionellen und politischen Einheiten, in denen die Auswahl, der Kandidaten vom Wahlakt un­abhängig auf Gruhd verläßlicher gesellschaftlicher und politischer Werturteile geschieht und nicht mittels der künstlichen und zufälligen Selektion, wie dies bei der gegenwärtigen bezirksweisen Wahl der Fall ist. „Ich schlage demnach vor, entsprechend den alten Überliefe­rungen, mit geheimer Abstimmung und inunizipienweise auf ‘ Grund einet Liste die Wahlen vörzunehmen. Buda­pest mit seinem Extravillah soll die gegenwärtige EihteL hing heibehalten, das Pester Kómitat dagegen in zwei Wahlbezirke (Nord und Süd) geteilt werden.“ Reform des Wahlverfahrens. Heute vormittag fand, wie bereits gemeldet, un­ter dem Vorsitz des Abgeordneten Dr. Tibor Eckhardt eine Konferenz der Parlamentsfraktion der Unabhän­gigen Kleinlandwirtepartei statt, deren Verlauf in po­litischen Kreisen mit besonderem Interesse erwartet worden war. Nach den jüngsten Veröffentlichungen der Presse über einen angeblichen Wahlrechtsent­wurf der Parteileitung hatte die für heute einberuf ene Konferenz der Parlamentsfraktion in endgültiger Form zn dem heiß umstrittenen Problem der Wahl­rechtsreform Stellung zu nehmen, die im Umlauf ge­setzten Gerüchte zu zerstreuen und die Linienführung der Partei in dieser entscheidenden Frage des inner­politischen Lebens Ungarns zu bestimmen. Über den Verlauf der Konferenz wurde in den späten Nachmit­tagsstunden bloß ein kurzes Kommuniqué veröffent­licht, und zwar, wie es die Partei in der Sonderaus­gabe ihres Organs Független Kisgazda heute begrün­det,, weil einzelne Abendblätter derart böswillig über die Ziele und Absichten der Partei und ihrer Führer berichtet hätten, daß; zu erwarten gewesen sei, sie würden auch die endgültige Form der Wahlrechtsidee der Partei in ihren Kommentaren zu mißdeuten und in irreführender Weise auszulegen versuchen. Der Verlauf der Konferenz, die gefaßten Be­schlüsse und der Text, der von der Partei niedergeleg­ten Prinzipien zur kommenden Wahlreform wurde demgemäß erst heute abend im Független Kisgazda veröffentlicht, der fortan auch durch Kolportagewege vertrieben wird. war alle Ruhe von ihm gewichen. Er hatte den Pin­sel in die Ecke geschleudert, mit einem Fußtritt die Farben nach hundert Richtungen geflindert, ge­weint und sich das Haar, gerauft, „Gott, Gott, warum hilfst du mir nicht?!“ hatte er außer sich gestöhnt; und dann „Warum stehst du mir nicht (bei, Gott, Gott!“ flehend und drohend geschrien.. Aber nur stumme Stille hatte ihm geantwortet. Auf der Leinwand stand der hauptlose Christus reg* los da, und das überschmierte Gesicht schien1 der Leiden des Malers zu spotten. „Er verlacht mich!“ Das Blut stieg ihm zu Kopfe. Halb im Taumel ergriff er das Messer, das auf dem Tische lag, um die furchtbare Leinwand zu zerfetzen. Doch aus weiter, weiter Ferne dämmerte ihm da die Erkenntnis, daß dann alles aus sein und Magda nie die seine wenden würde. „Ja, ja, Magda!“ kam es wie Erleuchtung über ihn, und er warf das Messer wog, „Alles das ist ihretwegen so. Ihr Gesicht sehe ich auf dem Bild, sie liegt und glüht mir im Blut, ich trage unsägli­ches Begehren nach ihr. Dieses Begehren verdunkelt mir die Augen.“ Er dachte daran, wie anders alles wäre, wenn das verworrene Gefühl'des sehnsüchtigen Begehrens seine Seele nicht lim Innersten aufrühren würde. 'Es würde sich dann rein und ruhig fühlen; die Augen schließen und ungetrübt das Antlitz sehen, das. er malen möchte. Es so sehen, wie vor einem halben Jahr, als er das Mädchen noch nicht kannte. Er wußte noch nicht, wozu ihm diese Er­kenntnis gut sein würde, beruhigte sich aber 1m­­■merhin. Tags darauf kam er mit Magda zusammen. Vön neuem war er beunruhigt und gereizt. Er fühlte, etwas müsse gesohehen, doch wußte er sel­ber nicht, was er wollte. Arm in Arm wanderten sie durch die herbstlich bunt gefärbten Straßen. Sie kannten nun schon die entlegensten Stellen und lenkten ihre Schritte da­hin. Tauchte in der Wegeseinsamkeit hier oder dort dennoch ein Mensch auf, so zog Magda ihren Ann rasch aus dem seinen. Sonst pflegte der Maler das I gar nicht zu merken; jetzt aber schnitt ihm dej-| kleine Ruck tief ins Herz. Plötzlich und jäh er­faßte er die unermeßliche Entfernung, die ihn von diesem zwanzigjährigen, wohlerzogenen, gescheiten und verwöhnten Mädchen trennte, — ihn, den namen- und mittellosen Maler. Einer Riesenlast gleich wuchtete die Zagheit auf ihm. „Setzen wir uns,“ sagte er matt. Sie nahmen Platz auf einer Bank. Es war ein regungsloser, - warmer Herbstabend, ln den Straßen schwammen blaue Schatten umher. „Warum bist du so bekümmert?“ fragte sie. „Ich bin nicht imstande; mein Bild zu voll­enden.“ „Wozu quälst du dich damit ab? Mach es fer­tig, wie du’s gerade kannst, oder fange ein anderes an. Du wirst ja noch Meisterwerke genug malen können.“ „So eines wie dieses werde ich wohl niemals mehr malen. Und wird dieses kein Meisterwerk, dann gibt’s weder Ruf, noch Geld, noch dich. Denn deine Eltern werden nichts davon wissen wollen, daß du einen armen Zeichenlehrer, einen namen­losen Niemand von einem Pinsler heiratest. Und dies hältst wohl auch du für keine verlockende Möglichkeit?“ Sie schwieg. Wußte nichts zu erwidern, Er­halte ja so recht. In ihrer Ohnmächtigkeit wäre sie' am liebsten in Tränen ausgebroohen. Dachte daran, wie sehr, wie fest auch sie auf dieses Bild gebaut, gehofft hatte. Seine Schwärmerei hatte auch sie mit sich gerissen. Sie hielt es für sicher und gewiß, das Bild würde wundervoll gelingen, würde diesem lieben, lieben Jungen Geld und Ruhm eintragen, und auch ihre Eltern würden dann nichts dagegen haben, daß sie einen Maler von Ruf heirate, Und nun ließ sich auf einmal alles so aussichtslos, so trostlos an. In ihrem Ton lag dumpf verhaltenes Schluchzen, als sie sprach: „Bisher ist alles so großartig gegangen und wir sind so glücklich gewesen. Und nun stockst du beim letzten Gesicht. Was ist mit dir vorgegangen?“ Unversehens hatte der Herbstabend die Straße jetzt mit Dunkelheit überfallen. Erschrocken liefen die Schatten auseinander. In der Luft witterte her­ber, seltsamer Herbstdufft. Die Finsternis umschlang behutsam Magdas gebrechlichen Leib, Eiei auf ihr. Die Denkschrift weist nun auf die Ursachen hin, die in dem verflossenen Jahrzehnt in mehreren Staaten Europas zum Zerfall des parlamentarischen Systems, zur Zerbröckelung der großen Parteien, zur Unmöglichkeit braunschimmerndes Haar und von da auf ihr Ge­sicht, wie ein leichter Schleier, der nichts verhüllt, aber alles verschönt. Die Gefühle empörten sich in ihm, der herbe Geruch des Welkens betäubte ihn. Magda war schö­ner als je, — und er fühlte, daß jede Minute sie ferner von ihm und ihn von ihr trug. Er beugte sich über ihre Schulter und weinte von da auf, wie ein klagendes Kind. Er wußte, daß es Wahnsinn sei, was er sage, und daß er gar nicht so sprechen dürfte, aber seine angescbwellte Seele strömte jetzt aus ihm hervor. „Deinetwegen kann ich es nicht vollenden. Du bist die Ursache dieser unmenschlichen Marter. Ich liebe dich unsäglich, jeder Blutstropfen in mir sehnt sich gierig und verlangend nach dir, und vor dieser Begierde, die mich zerfleischt, kann ich nicht arbeiten. Ich male das Antlitz des Christus und es ist dein Gesicht, das mir statt des seinen erscheint. Ich schließe die Augen und sehe dich dann nur noch deutlicher. Ich weiß, wenn ich dieses Bild nicht male, Wirst du nie mein, aber ich kann das Bild nicht malen, ehe du nicht inein bist.“ Die. letzten Worte hatte er ganz leise gespro* eben, fast geflüstert. Als hätte er gar nicht gewollt, daß sie sie höre. Aber Magda hatte sie wohl gehört - Vielleicht nicht einmal gehört, bloß erfühlt Bei sei­nen ersten Worten schon hatte sie gewußt, daß dies folgen würde, und tödliche Mattigkeit üfoerkam sie. Langsam begann sie unter den wuchtigen Wort­schlägen zu zittern. Zuerst nur inwendig, als erbebte ihre Seele, dann aber verbreitete sich dieses feine Espengezitter über ihren ganzen Körper. So zittern vor dem Sommergewitter die Grashalme auf der Wiese, als fühlten sic in der vollkommenen .Wind­stille schön das Nahen des Sturmes. Sie saßen lautlos übereinander geneigt da. Kei­ner von ihnen wagte zu sprechen. Doch allmählich wurde das Zittern des Mädchens sachter, und mit einenrmal hörte es auf. Magda schien sich wieder be­­mhjigt zu haben. Auch ihre Stimme klang nicht mehr verschleiert, als sie endlich das Wort nahm. „Du weißt wohl, daß meine Eltern morgen für drei Tagé verreisen?“ fragte sie. Er nickte verdrossen. Ihn kränkte dieser gleichi- J;.giMtige Ton, dieser jähe Thenmwechsei. Er -dachte Samstag, f. September NI

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