Pester Lloyd - esti kiadás, 1934. november (81. évfolyam, 247-271. szám)

1934-11-02 / 247. szám

FESTEK LLOYD • £ • Freitag, 2. November 1934 hetzen «der seine politische Mission als beendet zu betrachte«. Nach zwei-Tagen, die von unausgesetz­tem Verhandlungen zwischen dem Präsidenten der Republik Lebrun, Herriot und Doumergue ausgefüllt waren, scheint dieser eine etwas nachgiebigere Hal­tung einzunehmen. Jetzt nimmt man in politischen Kreisen an, daß ein Kompromiß in der heißumstrit­tenen Frage der Kammerauflösung immerhin möglich ist. Die Vorgeschichte dieser Streitfrage ist allgemein bekannt. Der heikelste Punkt des bekannten Staats­­reformplanes des Ministerpräsidenten Doumergue sieht vor, im Falle eines Konfliktes zwischen der Kammer und der Regierung solle das Recht zur Auf­lösung der Kammer und zur Ausschreibung von Neuwahlen nicht mehr dem Senat, sondern dem Ministerpräsidenten zustehen, dessen Vorschlag zur Kaminerauflösung allerdings der Genehmigung durch den Staatspräsidenten bedürfte. Durch diese Neue­rung sollte nach. der Doumergueschen Konzeption PIfe Autorität der Regierung gestärkt werden, denn beim alten System waren die Regierungen den wech selnden Launen des Parlaments ausgeliefert. Dieses alte System hat in der Praxis bedeutet, daß keine Regierung überhaupt in die Lage kam, im Falle eine? Konflikts mit der Kammer an die Nation zu appellie ren, denn die Möglichkeit einer Kammerauflösun - durch Beschluß des Senats ist während der Dritten Republik nur ein einzigesmal, und zwar noch unte’ MacMahon, in Erfüllung gegangen. Die Anhänger per Doumergueschen Reform konnten außerdem auf den Umstand hinweisen, daß die Auflösung des Par­laments und der Appell an die Wählerschaft in Eng­land zu den ständigen Einrichtungen der pariamen­­.arischen Demokratie gehöre und dem System der Volksvertretung keinen Abbruch getan habe. Trotzdem stand die gesamte französische Linke eänschließlich der Radikalen diesem Punkte des Dou­mergueschen Reformplanes seit Anfang ablehnend gegenüber. Die Stimmung der Radikalen zeigte sich deutlich auf dem jüngst in Nantes abgehaltenen Par­teitag: die Partei Herriots war entschlossen, die Koa­lition Doumergue und den Burgfrieden der Parteien SU sprengen, wenn der ominöse Punkt vom Minister­präsidenten midit fallengelassen werden sollte, Herriot mußte sogar sein ganzes persönliches Pre­stige und seine oratorische Meisterschaft aufbieten, um einen sofortigen Bruch der Koalition der natio­nalen Einheit zu verhüten. Er erreichte dies, indem ex der Partei zu verstehen gab, die radikalen Minister würden innerhalb der Regierung schon einen genü­genden Druck auf den Ministerpräsidenten aüs­­jzuüben wissen, um diesen zum Verzicht auf seinen Plan bezüglich der Umgestaltung der Auflösungs­prozedur zu bewegen. In dieser Erwartung ging dér radikale Kongreß auseinander. Die Partei hatte aber ebensowenig wie Herriot — der sich wieder einmal in deutlichem Gegensatz zum „Juiigtürkea“-Flügel Per Partei die Führung der gesamten Parteimaschine an sich gerissen hat — mit dem Charakter des Mini­­isterpräsidenten Doumergue gerechnet. Das sanfte Lächeln dieses Cincinnatus von Tournefeuille ver­birgt unbeugsame Entschlossenheit; er weiß wohl, wo er hinaus will. Daher war er dem Wunsche seiner radikalen Minister, auf seinen Reformplan bezüglich Per Kammerauflösung zu verzichten oder diesen Wenigstens soweit abzuändern, daß er auch die Ra­dikalen befriedigen möge, mit schroffster Ablehnung begegnet. Seime erste Antwort an Herriot war, die radikalen Minister hätten eben selbst die Konsequen­zen zu ziehen; er ändere an seinem Plane nichts. Wäre es bei dieser Antwort geblieben, dann würde es heute kein Kabinett Doumergue mehr geben, denn ohne die Radikalen hat Doumergue keine Mehrheit. Daß aber dieser an die Nation appelliert und Neu­wahlen ausschreiben läßt, erscheint deshalb unmög­lich:, weil der Senat, dem heute noch das Recht der Karomeräuflösunjg zusteht, diese jetzt nicht bewilli­gen würde. So blieb denn dem Ministerpräsidenten nichts anderes übrig, als mit den Radikalen Kom­promißverhandlungen anzuknüpfen; ob und in wel­cher Form ein Kompromiß zustandekommt, wird sidh frühestens heute abend entscheiden. Es sind be­reits verschiedene Kombinationen in Umlauf darüber, .wie das Auflösumgsrecht des Ministerpräsidenten nach dem endgültigen Lösungsplan wieder einge­schränkt oder mit dem Auflösungsrecht des Senats kombiniert werden soll. Hierüber weiß man nichts Gewisses; dei allgemeine Stimmung ist zuversichtlich, inán.glaubt nicht, daß es zu einem Bruch zwischen Doumergue und den Radikalen kommen wird. .Staatssekretär a. JX. Franz .Benka „und andere hervorra­gende Persönlichkeiten. Bischof Dr. Ladislaus Ravasz sprach über das Thema „Christus in der Fabrik“. Christus — sagte er — war ein Fanatiker der Arbeit, er hat die Größe, der Arbeit empfun­den und verkündete, daß das Geräusch der Arbeit das Echo der gewaltigen Detonationen der Schöpfung sei. Die Arbeit selbst ist der Weg zum Gipfelpunkt des Lebens, der Anlaß zur Erfassung ewiger Schönheiten, der Wahrheit und des Ruhmes. Würde heute Christus diesen Eindruck von der Arbeit gewinnen? Ich glaube, er würde etwas an­deres sehen, er würde das verfluchte Antlitz der Arbeit sehen, wie die Arbeit für den gefallenen Menschen gewor­den ist, was der 'Robot für den Menschen bedeutet, und eine unermeßliche Traurigkeit würde ihn erfüllen. Seine traurigen Erfahrungen würden sich fortwährend mehren, er würde das Sklaventum der Arbeit sofort erkennen und bemerken, daß es in der heutigen modernen Welt eine verborgene geheimnisvolle Sklaverei gibt, von der man sich nicht befreien kann. Wir müssen uns mühen, um Ar­beit zu bekommen, dabei müssen wir arbeiten um jeden Preis, ununterbrochen, von Tag an Tag. Jeder neue Mor­gen ist unsicher, es gibt keinen Weg. Aber nicht das würde Christus am meisten schmerzen. Einen viel größeren Schmerz würde es ihm bereiten, wenn er sähe, daß er auf die Seelen achthaben müßte, denn er müßte zu der Er­kenntnis gelangen, daß der Mensch in der Fabrik zur Maschine wird, zu einer lebendigen, billigen Maschine, die sich rasch abnützt. Der zur Maschine gewordene Mensch bietet einen traurigeren Anblick als der gefallene Mensch. Und dann würde Christus die furchtbare Spaltung sehen, die zwischen Kapital und Arbeit besteht, dem Kapital, das die Arbeit ausbeutet, und der Arbeit, die in dem Kapital ihren Todfeind erblickt und es in Besitz nehmen will. Das große Werk der Schöpfung ward in zwei Teile geteilt. Wir flehen Christus an, uns seine Hilfe nicht weiter zu ver­sagen, sondern die Welt-z.u heilen, und hier in Budapest und in der Umgebung von Budapest sein Werk zu begin­nen. Seit Menschengedenken war es stets das wichtigste Problem,, die Welt zu verschönen. Durch Christus ist die Welt verschönt worden, durch sein Angesicht, sein Herz ist die Welt besser geworden. Vom Tage, Die bevorstehenden Besuche in Rom. Aus Born wird der Information gemeldet: Zu dem bevor stehenden Besuch des ungarischen Ministerpräsiden­ten Gömbös in. Rom1 und der späteren Romfahrt de« öster­reichischen Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg schreibt Stampft, die Besprechungen mit dem italienischen Regie­rungschef würden -dem Geiste und dem Buchstaben dér Protokolle1 von Rom entsprechen. Ungarn habe Österreich in letzter Zeit den Abschluß eines kulturellen Abkommens vorgeschlagen, das bei der österreichischen Regierung eine verständnisvolle Aufnähme finde, da dias Abkommen zur Ergänzung und Festigung der bestehenden Beziehungen beitrage. Bischof Ravasz über das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit. Gestern vormittag hat auf Veranlassung durch das Pester reformierte Seniorat im Beratungssaale der Buda­­pester reformierten theologischen Akademie eine Arbeits­koni erenz stattgefunden. Unter den Anwesenden befanden pich auch Senioraisinspektor Kronhüter Graf Tibor Teleki, Eine Stefan Tisza-Gedenkieier. Zum Andenken Stefan Tiszas versammelte sich am 31. Oktober, am Tage, an dem der große Patriot vor lß Jahren den Märtyrertod gefunden hat, der Graf Stefan Tisza-Geselligkeitsklub zu einer erhebenden. Gedenkfeier, Wie alljährlich, ist diese Feier auch diesmal zu einer er­hebenden Kundgebung dér politischen und gesellschaft­lichen Kreise, geworden, die durch die. Pflege des, Tisza- Kultes eine’ hohe, nationale Pflicht erfüllen- Es sind, im Verlaufe der. Feier zwei Reden erklungen: Geheimer Rat Albert Berzeviczy hielt die Eröffnungsrede und Kronhüter Baron Siegmund Perényi die Gedenkrede. Zur Feier hát Sich die Elite des gesellschaftlichen. and politischen Lebens im . großen Saale des an historischen Erinnerungen so reichen Lloyd-Klubs eingefunden. Auf der Estrade hatten. von félten der KlUbleitung Geheimer Rat, Kultus- und’ ’Unterrichtsmmis'ter i.' R. Albert; Bef ze­nitig, Präsident der' 'tfngäriieheri Akademie der-’'Wissen­schaften, ferner Geheimer Rat, JÚstízminister a. D. Dr- Eugen Balogh, Geheimer Rat Ladislaus Beöthy, Vizepräsi­dent. des Oberhauses, sowie Ludwig Hordnszky und der Festiedner, Baron Siegmund Perényi Platz genommen. Ihnen gegenüber, unmittelbar vor der Estrade, saßen Erz­herzog Josef und Kultus- und Unterrichtsminister Dr. Valentin Höman, umgebeh von den führenden Persönlich­keiten des politischen Lebens der Vorkriegszeit und unserer Tage. Auch zahlreiche Damen der Gesellschaft waren gekommen, um dem Geiste Stefan Tiszas zu huldigen. .....A Die Feier leitete die Eröffnungsrede Albert Betze■ vlczys ein, der, nachdem ér der Errichtung des Denkmals für Stefan Tisza gedacht und erwähnt hatte, daß die hin­­terlaissenen Schriften des Märtyrers nunmehr zum großen Teil veröffentlicht worden, sind, u- a. auch etwa folgendes sagte: ., Die jüngst veröffentlichten vertraulichen Schriften Stefan Tiszas entfalten sich zu einem Kolossalgeuxälde der bewunderungswerten Arbeit, die er in der Kriegszeil in verantwortlicher Stellung verrichtet hat. Man weiß, daß er gegen den Krieg wgj, bis dieser nicht unvermeid­lich geworden, und daß er dann, Ms die Hölle entfesselt war, in übermenschlicher Anstrengung alles aufbot, da­mit Ungarn und die Monarchie dem Ansturm einer gan­zen feindlichen Welt standhaften können, wie sie auch st:j neige hal ten hätten, wenn Deutschland durch den un­beschränkten Unterseebootkrieg nicht auch Amerika in die Schranken gefordert hätte. Die Aufgabe war von allem Anfang an ungeheuer schwer, weil Stefan Tisza auch gegen eine, für die Welt unsichtbare Front,, gegen Österreich und Deutschland, ununterbrochen Kampf führen mußte. Die Situation war oft äußerst schwierig, und die Lösung der., auftauchenden Probleme erforderte eine überlegene diplomatische Kunst, da nicht nur viel­fache Interessengegensätze, unbegründete Empfindlich­keiten und- oft auch hinterlistige’.Fallen' zwischen den Verbündeten zu überwinden, sondern auch Gefahren, Schädigungen und Nachteile, die von Österreich her drohten, abzuwehren waren. Die Kriegsleitung fühlte sich berechtigt, an der Außenpolitik der Monarchie schwere und schonungslose Kritik zu üben und ohne Befragung des Außenministers in ihre Befehle, Erklärun­gen über die kn Friedensschluß zu erreichenden Grenzen eirazusohalten. Stefan Tisza mußte off in aller Form die Kabinettsfrage aufwerfen, uni in den Besitz von restlos wahren und unverhüllten Daten über die Situation an den Fronten zu gelangen. Er mußte seine ganze Kraft und sein ganzes Ansehen in die Waagschale werfen, um in der durch die Verfehlungen der Kriegsleitung kompro­mittierten Lage Ungarn vor dem Zusammenbruch zu retten. Mit anderen Worten: Tisza hatte nicht nur die ungarischen Reigderungsgescbärfte zu führen. Er mußte auCh verantwortungsvolle Kontrolle über die äußere Po­litik und Kriegsführung der Monarchie üben und nahm es sogar auf sich, die Gattin des Thronfolgers über die ungarische Situation aufzuklären. Dabei waren über „Wunsch der österreichischen Regierung, „die unser« Zwangslage dazu ausnützen wollte, den für Ungarn äußerst schädlichen Ausgleich von 1906 auf 20 Jahre zu verlängern, ununterbrochene schwere Ausgleichsverhand­lungen zu führen. Es wird wohl angezeigt sein, heute, da so viele ge­neigt wären, die staatsrechtliche Verbindung mit Öster­reich ohne Bedenken zu erneuern, all dieser Tatsachen gewahr zu werden. Erst jetzt sehen wir, wie gut wir uns mit Österreich verständigen können, da uns keinerlei staatsrechtliche Bande aneinander knüpfen. Aus den hinterlassenen Schriften tritt uns die Gestalt eines edlen, wahrhaftigen und großzügigen Menschen entgegen, und als diesen wird iho auch die heutige Generation kennen­­lernen, die ihn nicht von Angesicht zu Angesicht gekannt hatte. Uns, in diesem Kreise, verbindet heute noch die Kraft der lebendigen Erinnerung, und wärmsten® be­grüße ich alle, die gekommen sind, sich mit uns heute in dieser Erinnerung zu vereinen. Nach dieser Eröffnungsrede Albert Berzeviezys nahm Geheimer Rat Baron Siegmund Perényi das Wort zit folgender Festrede: In den einleitenden Teilen der Denkrede würdigte Baron Petényi die rein menschlichen Tugenden des Grafen Stefan Tisza, seine glühende Vaterlandsliebe, die ideale Lauterkeit seines Charakters, und seine unbeugsame Sittenstrenge. Dann kam er auf die politische Bedeutung Stefan Tiszas zu sprechen und führte in diesem Zusam­menhänge u. a- aus: — Aus dem Urkundenmaterial des Ministerpräsidiums Und der Wiener Archive, wie auch aus den Mitteilungen Seiner Ministerkollegen und seiner Zeitgenossen wissen wir alle Bereits, daß er nach dem Attentat von Sarajewo der einzige war, der mit dem ganzen Einsatz seines An­sehens und seines Gewichtes für eine friedliche Lösung und für die Vermeidung des Krieges gekämpft hat, und getrost dürfen wir. sagen, daß unter allen ungarischen und ausländischen führenden Staatsmännern er der einzige aufrichtige Friedensfreund war. Dennoch hat er sich nie gegen die Anwürfe verteidigt, die gegen ihn erhoben wur­den, und nie hat er den wirklichen. Sachverhalt vor die Öffentlichkeit gebracht, selbst nach dem Tode Franz Josefs wehrte er sich nicht, als die Beschuldigung, der Urheber des Krieges zu sein, gegen ihn erhoben wurde; er nahm den Verlust der Volkstümlichkeit, den Haß und den voraus geahnten Märtyrertod auf sich. — Viele in Ungarn und im Auslande verstehen és nicht, aus welchem Grande Tisza, ohzwar er so sehr gegen dien Krieg gewesen war, sich nicht von den Regierungs­geschäften zurückgezogen hat. Er blieb auf seinem Platze, weil ihn der alte König darum gebeten hatte, dem er mit echter Treue und Huldigung anhing. Er harrte aus am Steuer des der Klippe zusteuernden Schiffes, weil er wußte und fühlte, daß in ihm die Eigenschaften vorhanden waren, die die Organisierung der der Nation bevorstehen­den Kämpfe auf Leben und Tod erforderte. Er blieb auf seinem Platze, weil der Krieg auch durch seinen Rück­tritt nicht mehr vermeidbar gewesen wäre, wohl aber sein Scheiden aus der Regierung zu einer Zersplitterung der Kräfte geführt haben würde, zu dem Verfall, der später, als er die Macht aus der Hand gében mußte, auch wirk­lich eingetreten ist. -. . ' ;'ä . Darum stellte er seine ganze Kraft in den Dienst des i! nveimeidilchen Krieges, aber so oft die Lage auf dem Kriegsschauplätze eine günstige Wendung nahm, erhob ér stets an zuständiger Stelle, wenn auch nicht vor dér Öffentlichkeit, seih Wort für die Einleitung von Friedens­verhandlungen. —- Es kann sein, daß Tisza von seinen Zeitgenossen häufig nicht verstanden wurde, und dennoch wäre es ein Irrtum, zu glauben, daß sie seinen unvergleichlichen Wert völlig verkannt hätten. Seine großartigen Eigenschaften haben auch seine Widersacher anerkannt. Das beweist am besten, daß sein Ansehen auch nach seinem Sturz unan­getastet blieb. Ich glaube, daß dies einer der verläßlich­sten Gradmesser staatsmännischer Größe ist. — Anläßlich der Feuersbrünst von Gyön"--ös geschah es, daß mir die Ehre zuteil wurde, ihn zu begleiten, als auch das junge Königspaar die niedergebrannte Stadt be­suchte. Als wir .mit dem Hofzuge die Heimreise anbraten, ereignete es sich, daß König Kart den Grafen Tisza in seinen Wagen zur Audienz berief und seine Demission annahm. Die Audienz dauerte nur kurze Zeit und Tisza kehrte dann in sein Abteil zurück, in dem wir beide saßen. Er las dort Briefe und Aktenstücke. .Alsbald erschien ein Hoflakai, der uns zu dem Frühstück für das königliche Gefolge ejnlud. Tisza schickte mich voraus, indem er sagte, er werde vorerst seine Arbeit erledigen und werde erst später kommen. Ich ging in den Speisesaal und traf dort die verschiedenen hohen Würdenträger, die Leiter der militärischen und zivilen Kabinettskanzleien und eine An­zahl höherer Offiziere- Alle Welt wußte bereits, was ge­schehen war, daß Tisza nicht mehr Ministerpräsident ist. — Eine lebhafte Unterhaltung wurde geführt, über Politik, über die militärische und Wirtschaftslage. Plötz­lich geht die Türe auf und es tritt der demissionierte Ministerpräsident ein. Höfliche Begrüßungen und Toten­stille. Da sagte Tisza: „Hoffentlich störe ich nicht. Warum fahren die Herren in Ihrem Gespräch nicht fort?“ Auf diese Präge gab ein österreichischer Fürst und hoher Würdenträger in gemütlichem Wiener Dialekt die fol­gende Antwort: „Wissen Exzellenz, so lange wir unter einander waren, haben • wir ungeniert geplaudert, aber seitdem Sie da sind, traut sich keiner zu reden, denn wir fürchten adle, eine Dummheit zu sagen.“ So. groß war das Ansehen auch des gestürzten Tisza, denn auch die­jenigen, die seit. Jahren gegen ihri intrigier! hatten, er­kannten dann, daß er klüger war als sie­— Ich erinnere mich einer Szene so lebhaft, als ob es heute geschehen wäre, obzwar seither 16 Jahre ver­gangen sind. Es war an dem Tage der bulgarischere WafTenstreckung. In den Klubräumen der Partei der Nationalen Arbeit besprachen wir in einer Gruppe von mehreren Abgeordneten das Ereignis und Baron Mada­­rassy-Beck gab der Meinung Ausdruck, daß nun auch die ungarische Nation die Waffen strecken müsse, weil sie solcherart vielleicht ohne größere Gefahr den unabseh­baren Folgen. eines verlorenen Krieges entrinnen könnte. In diesem Augenblick trat Tisza ein, und da wir der Türe am nächsten standen, eilte er auf unsere Gruppe zu.

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