Pester Lloyd - esti kiadás, 1935. március (82. évfolyam, 50-73. szám)

1935-03-01 / 50. szám

Breitag, 1, Marz 1935 trag große Fehler enthält und er Ungarn auf allen Gebieten des staatlichen kulturellen und wirtschaft­lichen Lebens unermeßlichen Schaden zugefügt hat. Ungarn aber hat nie daran gedacht, irgendeine Be­stimmung des Vertrages einseitig, unter Hinweis auf idie Verletzung seiner nationalen Interessen außer Kraft zu setzen, sondern führt offen und loyal einen Kampf um Abänderung im Einvernehmen mit den daran direkt interessierten Staaten. Was aber Herr Haniibal Theodoresou und seine Gesinnungsgenossen anstreben, ist kurzerhand Redlitsbruch! Sie denken gar nicht daran, Verhandlungen einzuleiten, sie wol­len die Angelegenheit als interne Sache Rumäniens behandeln und die Minderheiten von einer Existenz in eine andere drängen, wie man etwa eine Schaf­herde von einen- Wiese auf die andere treibt. Ver­mutlich aber stellen sie sich die Sache noch ein­facher vor; sie begnügen sich damit, die Minder­heiten aus einer Anzahl von Laufbahnen aus­zuschließen, was aber diese Tausende von geschä­digten Einzelexistenzen anfangen sollen, wie sie in­mitten einer andauernden wirtschaftlichen Depres­sion zu einem anderen Lebensunterhalt gelangen könnten, darüber zerbrechen sie sich nicht die Köpfe. Wohl wissen sie, daß diese bedrohten Min­derheiten im Auslande auf moralische Unterstützung rechnen können und daß die Durchführung ihrer 'Absichten eine Spannung zwischen Rumänien und anderen Staaten schaffen müßte, die für den Frieden Europas höchst gefährlich wäre. Sie rech­nen aber anscheinend damit, daß die Mühlen des Völkerbundes langsam mahlen und die Umschich­tung zum guten Teile bereits vollzogen wäre, bevor es gelingen könnte, einer mitwissenden Verwaltung unwiderlegliche Beweise einer vertragswidrigen Be­handlung deir Minderheiten abzuringen. Glücklicherweise ist in dieser Frage das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wohl ist die Haltung der Regierung nicht eindeutig klar, es gibt aber auch Stimmen — und deren Anzahl ist nicht gering —, die sich von dem geplanten widerrecht­lichen und immoralischen Weg mit Abscheu ab­wenden. Verantwortungsvolle Politiker werden es sich auch überlegen, weiter in der eingeschlagenen Richtung vorzudringen, sobald sie merken, daß die Sache doch keine ausschließlich interne Angelegen­heit Rumäniens ist, und daß der internationalen Lage des Landes mit solchen Verirrungen kein guter Dienst erwiesen wird. Will etwa Rumänien in einem Augen­blick, wo alle Staaten an der Stärkung des Unterbaues desWeltfriedens arbeiten, als Beitrag zum internationa­len Werke einen Krieg gegen seine Minderheiten ent­fesseln? Schließlich äußert sich der Wille der Füh­rer des Volkes nur in der gesetzgebenden Körper­schaft; um diesen Willen zum Gesetz zu erheben, verlangt die rumänische Verfassung die Zustimmung des Königs, und König Carol hat sich stets als ein modern denkender, von jeglicher Beeinflussung freier, weitsichtiger Monarch erwiesen. Es wird kaum ge­lingen, ihn zu einen Schritt zu bewegen, der dem Lande nur schaden könnte. Schuschniggs Londoner Besuch. (Von unserem Korrespondenten.) London, 27. Februar. (G. P.) „Man kann sich mit den Engländern gut verständigen, wenn man von ihnen nichts ver­langt!“ So lautete das Urteil über die in London zwischen dem österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg und seinem Außenminister Berger- Waldenegg mit Sir John Simon und anderen Mit­gliedern der britischen Regierung gepflogenen Unter­haltungen, das uns gegenüber der gleichfalls zur österreichischen Delegation gehörende Direktor des politischen Departements im österreichischen Außen­ministerium, Minister Hornbostel, nach Schluß der Londoner Besprechungen geäußert hat. Dieses Urteil Herrn Hornbostels, des „österreichischen Anthony Eden“, wie er hier genannt wurde, zeigt nicht nur ein richtiges und klares Verstehen der englischen Psychologie, sondern umschreibt auch in einem kurzen und instruktiven Satze das Ergebnis der Londoner englisch-österreichischen Unterhaltungen. Sie sind durchaus erfolgreich gewesen, weil man von Anfang an nicht versucht hatte, Unmögliches zu er­reichen. Schuschnigg, Berger und Hornbostel kamen nicht nach London, um von den Engländern dieses oder jenes zu verlangen oder gar zu erbitten, son­dern um in direkten Aussprachen mit den maß­gebenden Persönlichkeiten der britischen Regierung diesen den österreichischen Standpunkt zu den ver­schiedenen Fragen, die beute stets genannt werden, wenn der Name Österreich fällt, darzulegen, und um auch selbst die Ansicht der Engländer zu diesen Fragen zu erfahren. Über die einzelnen Fragen, die man in London verhandelt, respektive nicht verhandelt hat, gab cs vor dem Besuch der österreichischen Minister in der englischen Presse ein reges Rätselraten. Man wurde nicht müde, sie einzeln aufzuzählen: 1. wirtschaft­liche Fragen, im besonderen die Möglichkeit der Aufnahme einer neuen österreichischen Anleihe auf dem Londoner Geldmarkt; 2. die Frage einer Auf­rüstung der österreichischen Armee; 3. die Restau­ration der Habsburger und 4. die Frage des Donau- Paktes. Nach dem Empfang der Weltpresse, der nach Abschluß der Londoner Verhandlungen in der österreichischen Gesandtschaft stattfand und in dessen Verlauf der Bundeskanzler eine in allgemei­neren Zügen gehaltene Erklärung abgab, wurde er späterhin von einigen besonders wißbegierigen Jour­nalisten umringt und um Beantwortung der oben erwähnten Fragen gebeten. Der Bundeskanzler tat das mit oft erstaunlicher Offenheit. Der Behauptung, daß in London zwischen ihm und dem Direktor der Bank of England wegen einer neuen Anleihe an Österreich gesprochen worden sei, trat er mit der freimütigen Erklärung entgegen, daß sein Gespräch mit Herrn Montague Norman „kaum zehn Minuten gedauert“ hätte und daß in deren Verlauf von einer neuen Anleihe „nicht die Rede gewesen“ sei; die finanzielle Lage Österreichs sei zurzeit „wesentlich gebessert“; Österreich brauche keine auswärtige An­leihe und „mit der Politik der Bettelei“ sei es ein fiir allemal zu Ende. Ebenso klar und präzis lautete die Beantwortung der Frage, ob in London ein öster­reichisches Aufrüstungsbegehren vorgebracht und erörtert worden wäre. Der Bundeskanzler verneinte sie. Und man kann ihm hierin getrost Glauben schenken, denn es liegt auf der Hand, daß ein in dieser Frage Österreich gegebenes Versprechen ein Präjudiz darstellen würde, das den Engländern ge­rade zurzeit, angesichts ihrer bevorstehenden Ver­handlungen mit Deutschland nicht sonderlich will­kommen wäre. Über das vielerörterte Gerücht der Restauration der Habsburger befragt, antwortete der Bundeskanzler zuerst einem Journalisten „Das Wort Monarchie ist während der Londoner Ver­handlungen überhaupt nicht erwähnt worden.“ Und ein zweiter Fragesteller erhielt die noch deutlichere Antwort: „Auch der Name Habsburg ist während all der offiziellen Unterhaltungen kein einziges Mal gefallen.“ In Beantwortung der letzten Frage, derjenigen des geplanten Donaupakles und des damit zusam­menhängenden Problems der deutsch-österreichi­schen Beziehungen war der Bundeskanzler — wegen der besonderen Kompliziertheit dieser Dinge — be­greiflicherweise wesentlich zurückhaltender. Das, was er hierüber sagte, kann jedoch etwa folgender­maßen zusammengefaßt werden: der Bundeskanzler und sein Außenminister kamen — wie gesagt — nach London, nicht um von England dieses oder jenes neue Zugeständnis in Fragen der österreichi­schen Unabhängigkeit zu verlangen, sondern um die Vorbedingungen des Donaupaktes zu klären. Im Mit­telpunkt dieser Bemühungen steht das Prinzip der Gegenseitigkeit. Österreich will sich seine Unabhän­gigkeit nicht einseitig garantieren lassen, es sei denn, daß eine derartige Garantieerklärung auf vollkom­mener Gegenseitigkeit der beteiligten Staaten beruht. Hieraus folgt weiter, daß der geplante Donaupakt, nach österreichischer Ansicht, die Form eines Paktes annehmen sollte, in dem die Unterzeichner sich ge­genseitig verpflichten, sich nicht in die inneren An­gelegenheiten der anderen einzumischen und, wie das bereits im Pariser Konmnmiqué festgelegt war, „keinerlei Aktionen anzustiften oder zu begünstigen, die zum Ziel hätten, durch Gewalt den Gebietsstand und das politische und soziale Regime eines der ver­tragschließenden Länder zu verändern.“ Man hofft hiedurch erstens, daß ein solcher „Nichtinterven­­tionspakt“ Deutschland annehmbarer sein würde, als der ursprünglich geplante „Garantiepakt“, zumal ja Hitler selbst zu wiederholten Malen erklärt hat, daß Deutsöhland sich nicht mit der Absicht trage, ge­waltsam in die inneren Angelegenheiten Österreichs einzugreifen. Zweitens liegt es auf der Hand, daß ein derartiger Pakt (vorausgesetzt, daß er —• worauf Österreich mit aller Macht besteht — auf der Grund­lage einer völligen Gleichheit aller Beteiligten abge­schlossen werde), auch die Habsburgfrage wenig­stens soweit klären würde, daß sie stillschweigend von allen, auch von der Kleinen Entente, als eine rein innere Angelegenheit Österreichs anerkannt wer­den würde. Und schließlich — meint man — würde ein Nichtinterventionspakt, der die innere und äußere Unabhängigkeit Österreichs gewährleistet, natürlich auch „die Möglichkeit anderer Veränderungen“, d. h. den Anschluß, zu einem späteren Zeitpunkt durch­aus offen lassen. Darüber, wie sich England zu diesen Vorschlä­gen verhält, sind von englischer Seite noch keine offi­ziellen Verlautbarungen erfolgt. Aber es ist anzu­nehmen, daß England den Gedanken, dem Donau­pakt eher die Form eines Nichtinterventionspaktes als die Form eines Garantiepaktes zu geben, sym­pathisch entgegentritt. Es sieht hier eine Möglich­keit, während der kommenden Berliner Verhandlun­gen zwischen Deutschland und Österreich zu ver­mitteln. Und schon die allernächsten Wochen wer­den zeigen, inwieweit der Londoner Besuch Schusch­niggs zur Erleichterung der traditionellen Vermittler, mission Englands beigetragen hat. 1 ELEPHONMOMMEBN ♦ des PESTER LLOYD Redaktion . . . 848-20♦ Chefredakteur 824-31 Administration 849-09 Druckerei ... 828-04 PESTER ELOYD Vom Tage. Uneingeschränktes Vcrsanunluugsverbot für das ganze Land. Ganz unerwartet ist in der heutigen Ausgabe des Amtsblattes eine vom Ministerpräsidenten Gömbös Unterzeichnete Regierungsverordnung er­schienen, die ein unbeschränktes Vcrsammlungs­­verbot für das gesamte Gebiet des Landes dekretiert. Danach sind politische Volksversammlungen, Auf­märsche, Umzüge usw. bis auf weiteres verboten. Eine gleichlautende Verordnung hatte die Re­gierung des Grafen Julius Károlyi im Jahre 1931 erlassen. Nach dem Amtsantritt des Kabinetts Gömbös wurde jedoch dieses Verbot dadurch ge­mildert, daß den im Reichstag vertretenen Parteien gestattet wurde, auf Grund behördlicher Bewilligung in geschlossenen Räumlichkeiten politische Ver­sammlungen abzuhalten. Die heutige Verordnung setzt jedoch diese Milderung außer Kraft und stellt somit das absolute Versammlungsverbot, wie es durch die Regierung Károlyi dekretiert worden war, in vollem Umfange wieder her. Danach ist es also auch den im Reichstag vertretenen politischen Par­teien nicht mehr gestattet, politische Versammlungen unter irgendwelchem Titel einzuberufen und ab­zuhalten. Die Annahme ergibt sich von selbst, daß die Regierung mit dieser Maßregel den Agitationen der Partei der Unabhängigen Landwirte im Rahmen von Wählerversammlungen auf dem flachen Lande einen Riegel vorzuschieben beabsichtigt. Selbstverständlich werden die Unabhängigen Landwirte in dem für den 5. März cinberufenen Abgeordnetenhause sich in vor­aussichtlich scharfem Tone gegen solche Maßrege­lung wenden. Die im heutigen Amtsblatt veröffentlichte Ver­ordnung hat folgenden Wortlaut: „Die königlich ungarische Regierung setzt die Regierungsverordnung 6070/1933, mit der die Regie­rungsverordnung 4980/1931 über die Einschränkung des Versammlungsrechts abgeändert und ergänzt worden ist, außer Kraft. Demgemäß und im Sinne der angeführten Re­gierungsverordnung Z. 4980/1931 M. E. sind Volks­versammlungen, Umzüge, Aufmärsche usw. bis auf weitere Verfügung verboten. Ihre Abhaltung muß selbst mit Brachialgewalt verhindert werden. Die Verordnung tritt sofort in Kraft. Julius Gömbös m. p,. kön. ung. Ministerpräsident.“ * An cüigeweihler Stelle hat man sich über die Beweg­gründe des heute in Kraft gesetzten Versanunlungsver­­botes folgendermaßen geäußert: — Eie Regierung hat es im Hinblick auf die großen Interessen, die sich an die Erhaltung der politischen Ruhe des Landes und die Wahrung des sozialen Friedens knüpfen, und auch angesichts der außenpolitischen Lage fiir erwünscht gehalten, das Versammlungsvenbot neuer­dings ins Leben treten zu lassen. Man ist in Regierungs­kreisen davon überzeugt, daß diese zur Wahrung der Ruhe vor jeglicher überflüssiger Erregung getroffene Ver­fügung von allen Elementen mit Befriedigung aufgenom­men werden wird, die unter den heutigen politischen und volkswirtschaftlichen Verhältnissen die nationale Aufbau­arbeit, deren Vorbedingung Ruhe und Ordnung sind, der Verschärfung des Parteihaders vorziehen. Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses-Das Abgeordnetenhaus hält Dienstag nachmittags 5 Uhr eine Sitzung ab. Abgeordneter Emst über die ziele der ungarischen Politik. Abgeordneter Dr. Alexander Ernst, einer der Führer der ChrisUichsozialen Wirtschaftspartei, erörtert im Märzheft der Zeitschrift Katolikus Szemle die Ziele und das Wesen der ungarischen Politik, 'Seine» Ausführungen entnehmen wir die folgenden Stellen': — Was noltut, ist ein halién Idealen nachstrebendes, reines, zu Opfern bereites, öffentliches Leben. Die ethi­schen Kräfte halten wir sehr hoch und sie wollen wir hineinbauen in1 das öffentliche Leben. Das ist eine große und unglaublich schwierige Aufgabe. Diese sittlichen Kräfte müssen zur Wirkung gelangen dm geistigen und Wirtschaftsleben, aber es ist nicht leicht, dieses Ziel zu erreichen. Darin ist alles eingeschlossen, was die Kraft und den Kampf des Lebens ausmacht. Nicht eine selbst­süchtige, leidenschaftliche und persönliche Politik wollen wir. Das Ziel ist: die Reinheit des öffentlichen Lebens, die Organisiertheit der Nation, der Emporstieg aus dem Elend, eine selbständige, unabhängige, zufriedene, glück­lich«, gebildete Nation. An dem Streben nach diesem Ziele hin möge jedermann mitwinken, jedermann begreife dieses Ziel, jedermann begeistere sich für es. Nicht eine Clique soll über uns herrschen, nicht eine geschlossene Gesellschaft sei die Gebieterin der Nation. Ungarn, dieses arme, erniedrigte Ungarn, darf auch mit seinem Unge­mach nicht der Meierhof einer Gesellschaft ein. Es darf nicht sein, daß man in einem engen Kreise sich in alles teilt, daß Menschen unterjocht werden, daß Menschen niedergestampft werden. Die Politik ist Macht, sie ist die Macht starker Geister über die Nation. Die starken füh­renden Geister üben Einfluß auf die Nation, und die Nation hat es in der Hand, über die Geister zu urteilen. Die Politik ist Kunst, die feinste Kunst in der Führung und Hebung der Nation, in der Arbeit für ihre Ziele. Im Interesse dieser Ziele muß in der Nation ein brüderliches Leben geschaffen, und die Interessen müssen im Dienste der hohen Ziele ausgeglichen werden. Auf ein- immer höheres Niveau muß die Nation emporzustreben trach­ten, immer nachdrücklicher muß die Kräftigung des ein­heitlichen Gefühls angestrebt werden,

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