Pester Lloyd - esti kiadás, 1936. január (83. évfolyam, 1-25. szám)

1936-01-02 / 1. szám

Donnerstag, 2. Januar 1936 Auslandschau» — 2. Jannar. — Die Sanktionen machen sieh fühlbar. Einige Meldungen aus Italien lassen darauf schließen, daß in den letzten Wochen die ersten ernsten Wirkungen der vom Völkerbund beschlos­senen Sanktionsmaßnahmen in der italienischen Wirt­schaft sich bemerkbar machten. Eine Nachricht des Ung. Tel.-Korr.-Bureaus aus Paris besagt, daß eine Reihe von Großuntemehmungen in Savóién gezwun­gen war, ihre Angestellten zu entlassen, da die Auslandbestellungen für ihre Waren als Folge der Sanktionsbestimmungen völlig unterblieben sind. Eine Großbank in Savóién mußte sogar um Zah­lungsaufschub bitten, da sie im Zusammenhang mit den Folgen der Sanktionsmaßnahmen im Inlande nicht in der Lage war, ihre Forderungen einzutreiben. Wie die United Press meldet, sind in verschiedenen Zwei­gen des italienischen Ausfuhrhandels, die bisher große Gewinne einbrachten, seit dem Inkrafttreten der Sanktionen starke Verluste eingetreten. Einer der am schwersten betroffenen Wirtschaftszweige ist die italienische Bergwerksindustrie. Früher gingen etwa 60 bis 90 Prozent der italienischen Ausfuhr an Marmor, Quecksilber, Zink, Schwefel und an­deren Bergwerksprodukten nach Ländern, die jetzt der Sanktionsfront angehören. Quecksilberexporteure klagen über schwere Verluste, haben jedoch kürz­lich ein Abkommen mit Spanien geschlossen, dem­zufolge Spanien sich bereit erklärt, seine Queck­silberproduktion in der Hauptsache nach den Sank­­tionsländem zu leiten, während Italien die Nicht- Sanktionsländer beliefert. Wichtige Absatzmärkte, die den italienischen Quecksilberexporteuren ver­loren gegangen sind, sind vor allem Indien, Austra­lien und China. Andere Exporteure • suchen nach neuen Mitteln lind Wegen, die absinkenden Ausfuh­ren zu steigern und ihre Waren soweit wie möglich nach Nicht-Sanktionsländern zu leiten. Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung mußte der gesamte Wirtschaftsverkehr Italiens mit dem Auslande in einer Hand zusammengefaßt wer­den. Zur einheitlichen Regelung des italienischen Außenhandels und der Devisenzuteilung für Aus­­landbezüge ist jetzt ein Unterstaatssekretariat für 'Außenhandel und Devisenbewirtschaftung geschaf­fen worden, das unmittelbar dem Regierungschef unterstellt wird. Das neue Unterstaatssekretariat ist mit allen Befugnissen des Korporationenoiiniste­­riums und dier Devisenkontrollstelle ausgestattet zur Regelung der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Aus­lande und zur Regelung der Ein- und Ausfuhr, der Handelskredite und zur Regelung der von der Staats­verwaltung vorzunehmenden Ankäufe. Dem neuen Unterstaatssekretariat wird außerdem das der Banca Italiana unterstehende nationale Devisen­­institut unterstellt. Corriere della Sera schreibt hiezu: Damit werde die politische Natur der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Auslande anerkannt und die politische Rege­lung des Außenhandels sei in die Wege geleitet. Der Staat müsse eingneifen, um die Kaufkraft für die zur Landesverteidigung erforderlichen Waren zu er­halten. Man könne daher nicht mehr Private über Auslantdanlkäufe und die Devisenverteilung ent­scheiden lassen, wodurch unter Umständen die Ein­fuhr der unbedingt notwendigen Waren benach­teiligt würde. Die Schaffung des neuen Unterstaatsseikretariats wird auch von dien anderen Blättern mit der durch die Sanktionen entstandenen Lage in Zusammen­hang gebracht. Infolge des engen Zusammenhanges zwischen der Devisenbewirtschaftung und dem Außenhandel wird das neue Staatssekretariat im Leiben des Landes eine entscheidende Rolle snielen. Englisch-französische Verhandlungen über gegenseitige Hilfeleistung. Der Schwerpunkt der internationalen Tastver­suche zur Entwirrung der Lage, die durch das Be­graben des Pariser Plans entstanden ist, liegt gegen­wärtig in den Verhandlungen der französischen und der englischen Generalstäbe über die gegenseitige Hilfe im Mittelmeere. Die Meldungen, wonach Frank­reich im Laufe der englisch-französischen Verhand­lungen eine zusätzliche englische Sicberheitsgarantie verlangt hat, werden von unterrichteter Seite bestä­tigt Frankreich hätte dabei angeblich geltend ge­macht, daß es unter Umständen genötigt sein könnte, die italienisch-französische Grenze zu schützen, wobei die dafür benötigten Truppen von der Nordostgrenze abgezogen werden müßten. Die französischen Wünsche gegen anscheinend auf den Abschluß eines Luftpaktes mit England und Belgien hinaus. Dabei soll Deutschland der Beitritt offenisitiehen, um dem Pakt jede Spitze gegen das Reich zu nehmen. Die Verhandlungen befinden sich jedoch noch in den Anfängen. Vorerst scheint inan in Eng­land wenig Lust zu haben, den französischen Wün­schen näherzutreten, wobei man betont, daß diese einen allgemeinen Charakter tragen, während es sich bei den Vereinbarungen über das Mittelmeer um ganz genau umrissene Punkte handelt. Von unterrichteter Seite wird betont, daß mit den französischen Wünschen grundsätzlich politische Fragen auf gerollt würden, die eingehend geprüft werden müßten. Andererseits wird der Kontakt zwi­schen den Stäben Englands und Frankreichs weiter aufrecht erhalten und divrité sehr bald zu neuen direkten Verhandlungen führen. Hiezu meldet noch der diplomatische Korrespondent des Daily Tele­graph, daß die Besprechungen über die gegenseitige Flottenhilfe bereits viel weiter fortgeschritten seien, als die über die gegenseitige Hilfe zu Land und zu Luft, doch wäre es noch verfrüht zu behaupten, daß die Flottenhilfspläne schon durchgeführt werden würden. Hinsichtlich der Ililfeleitsung zu Lande stehen die beiden Generalstäbe in ständiger Fühlung­nahme, doch könne ein Fortschritt nicht erwartet werden, bis die beiden Mächte sich nicht mit den grundlegenden politischen Problemen beschäftigen* die mit dem Gesamtkomplex der Hilfeleistungsfragen Zusammenhängen. Auf besonderes Interesse dürfte in diesem Zu­sammenhang auch eine Meldung des Belgrader Son­derkorrespondenten des Echo de Paris Anspruch ha­ben, wonach die jugoslawische Regierung sich in der Frage der Hilfeleistung im Mittelmeere außerordent­lich vorsichtig verhalte. Die jugoslawische Regierung soll danach auf die englische Rückfrage eine bloß prinzipielle Antwort erteilt haben. Großbritannien habe nämlich vom Völkerbunde keine offizielle Be­­truung erhalten, einen solchen Schritt zu unterneh­men. In Belgrad halte man für begreiflich, daß die englische Admiralität wegen eines — einstweilen übrigens sehr unwahrscheinlichen — italienischen Angriffs besorgt sei, doch können die Mittelmeer­staaten heute vorerst nur eine prinzipielle Verbind­lichkeit für den Fall übernehmen, daß Großbritan­nien vom Völkerbunde auch offiziell den Auftrag er­halten würde, dem Bundespakt im Mittelmeere be­waffnet Achtung zu verschaffen. Übrigens brachte der heutige Tag außer den sicherlich besorgniserregenden Meldungen über die militärischen Hilfeleistungspläne auch eine Meldung, die in die Richtung der Entspannung weist. Die große englische Versicherungsgesellschaft Lloyds be­schloß, die Versicherung der Mittelmeertransporte ge­gen Kriegsgefahr von 5 sh auf 3 sh 4 d herabzu­setzen. Daily Telegraph weist darauf hin, daß dieser Entschluß auf das englische Wirtschaftsleben gewiß einen sehr ersprießlichen Einfluß ausüben wird, weil darin eine entschiedene Minderung der Kriegsgefahr zum Ausdruck kommt. Nationalsozialistischer Mittelstandsbund aufgelöst Die nationalsozialistische Mittete ta n dsorigan i­­sation, die sogenannte N. S.-Hago, ist laut Beschluß der nationalsozialistischen Reichsparteileitung auf­gelöst worden. ’Schon seit Monaten wurde damit gerechnet, da nach den Prinzipien, unter denen sich der ständische Aufbau im Dritten Reich vollzog, für diese aus der früheren Kampfzeit herrührenden Mittelstandsorga nisationen kein Platz für weitere Entwicklungsmöglichkeiten bestehen konnte. Darum werden auch die bisherigen Aufgaben der N. S.-Hago teils von der Arbeitsfront, in die bekanntlich auch die mit tetst ä ndiischen Fachverbände einbezogen wurden, teils von wirtschaftlichen Berufsgruppen, die der Reichswirtschaftskammer angeschlossen .sind, übernommen. Die N. S.-Hago war aus dem früheren „Kampf­­bund für den gewerblichen und kaufmännischen Mittelstand“ hervorgegangen, gewisse Forderungen des Mittelstandes wurden von dieser Organisation temperamentvoll und entschieden vertreten. Sie zeichnete sich auch durch eine radikale anti­semitische Haltung aus, die antijüdische, wirtschaft­liche Boykottpropaganda der letzten Monate wurde vielfach besonders in den kleineren und mittleren Städten von der N. S.-Hagö getragen. Mit dem Reichswirtsehaftsministcr Dr. Schacht kam es infolgedessen wiederholt zu Meinungsverschieden­heiten und Auseinandersetzungen. Man wird sich erinnern, daß vor einigen Wochen auch der preußische Ministerpräsident Göring in einer in Breslau gehaltenen Rede von der radikalen Haltung gewisser Mittclstandsgruppen, die er als eine ver­kappte Wirtschaftspartei bczeichnete, mit aller Deutlichkeit abgerückt war. • 8* tte Schönheits­königin auf dem Seil der Star des Londoner Colosseums in der Befrachtungen znr allgemeinen Lage. — Von unserem militärischen Mitarbeiter, — Seit Tagen treffen nur unklare oder nichts­sagende Nachrichten vom ostafrikanischen Kriegs­schauplatz ein. Dies muß um so mehr befremden, als die abessinisehen Streitkräfte gerade in der letzten Zeit eine etwas lebhaftere Tätigkeit zu ent­wickeln begannen. Das II. Armeekorps, das den rechten (west­lichen) Flügel der Erytbräa-Armee bildet und ur­sprünglich nur aus der Division „Gavinana“ und der 3. Eingeborenen (Askari) -Brigade bestand, ist bereits im November durch die Miliz division „21. April“ und die Heeres division ..Gran Sasso“ ver­stärkt worden. Dieses Armeekorps hatte den Raum um und südlich von Aksum zu sichern und die Tacaze-Flußlmie zu halten. Die schwerste Aufgabe, nämlich Festhaltung der Tacazefront, von 30 Kilo­meter stromaufwärts von Adidi Rassi, über Mai Timchet, bis nabe an die nordwestliche Grenze in der Provinz Adi-Abo, fiel der Eingebbrenenbrigade zu. Überdies sollten die Provinzen Schire und Adi- Abo besetzt werden. Die Ereignisse im Tembiengebiet erforderten die Einsetzung der Division „Gavinana“ in dieser Richtung, wohin auch ein Teil . der Milizdi vision ,,21. April“ von Adua aus, und zwar gegen den westlichen Abschnitt dieses Gebietes entsandt wurde, während andere Abteilungen derselben die Verbin­dung von Aksum gegen Addi Rassi vom Gegner zu säubern hatten. Die Front am Tacaze blieb mittler­weile weiter schwach. Es scheint, daß sich das Kopskommando nicht entschließen konnte, die Division „Gran Sasso“ rechtzeitig zur Stärkung der Tacazefiont vorzuzrühen, was dann vom 46. Dezem-her an zu der bekannten rückgängigen Bewegung führte. Die mehrfachen Berichte über Gefechte knapp südlich von Selaclaca deuten darauf hin, daß eine weitere Zurücknahme der Front auf dem rechten Armeeflügel stattgefunden haben müßte. Nachdem Truppen des Ras Ayelu, die im westlichen Schiregebiet über den Tacaze gingen, ebenfalls gegen Selaclaca vorrücken, dürfte auch die Verbin­dung mjt den am Setitflusse stehenden italienischen Streitkräften verloren gegangen sein, — wenn sie überhaupt je direkte vorhanden war. Die Lage an diesem Teile der italienischen Front muß daher als unbefriedigend bezeichnet werden und kann nicht ohne Rückwirkung auf die Lage im Tembiengebiet, ja sogar bei Makalle selbst bleiben, da sie den dort operierenden abessinischen Truppen mehr Be­wegungsfreiheit ermöglicht. Italienischerseits soll der Plan bestehen, hi der nächsten Zeit*mit einer kräftigen Offensive gegen Harar zu beginnen, um ehestens die Bahnverbin­dung Addis Abeba—Djibuti abzusehneiden. Zu die­sem Zwecke sollen starke Truppentransporte von Massaua nach dem Somaliland im Zuge sein. Es wurde an dieser Stelle bereits früher erwähnt, daß der Vorstoß gegen Harar entschieden erfolgver­sprechend ist, da die Vorrückung mit geringeren Terrainschwierigkeiten zu kämpfen hat. Abgesehen davon, daß auf dem Somalikriegsschauplatz die un­­gemein lange Nachschubslinie Mogadiscio—Gombi—> Die Somaiiiruu«. PESTER LLOYD

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