Pester Lloyd - esti kiadás, 1936. június (83. évfolyam, 125-147. szám)

1936-06-02 / 125. szám

PESTER LLOYD • 2 • Genfer Arbeiten femhält, solange die Beziehungen zwischen ihm und den Völkerbundmächten nicht wieder normalisiert worden sind. Das hindert Mussolini jedoch nicht, an einer Entspannung des englisch-italienischen Verhältnisses zu arbeiten. Drei konservative englische Abgeordnete, die den italieni­schen Regierungschef gestern besuchten, nehmen, wie sie einem Korrespondenten des Reuter-Bureaus erklärten, den Eindruck mit nach Hause, daß es Mussolini ernstlich um eine Aussöhnung mit England zu tun ist. Über kurz oder lang muß auch in Eng­land die Meinung die Oberhand gewinnen, daß eine freundschaftliche Zusammenarbeit mit Italien für die Interessen des europäischen Friedens viel wichti­ger ist, als die Verteidigung besiegter Grundsätze. Schwierige Lage des deutschen Katholizismus: Die Koblenzer Sittlichkeitsprozesse. Unser E. Z».-Korrespondent schreibt uns aus Berlin: Die katholische Kirche in Deutschland steht vor einer neuen schweren Belastung, durch die ihre Ver- Shandlungsposition gegenüber dem Totalitätsanspruch des Staates auf dem Gebiet der Jugenderziehung gewiß nicht verstärkt wird. Vor dem Landesgericht in Koblenz hat gegen zahlreiche Angehörige des Franziskanerordens eine ganze Serie von Sittlich­keitsprozessen begonnen, durch die dem Ansehen der katholischen Ordensarbeit in Deutschland vermutlich ein neuer schwerer Schlag versetzt wird. In dem ersten Verfahren dieser Prozeßserie wurde nach zweitägiger Verhandlung in dieser Woche ein Fran­ziskanerpater wegen schwerer Sittlichkeitsvergehen zu acht Jahren Zuchthaus vierurteilt. Die Devisenprozesse, in die ein großer Teil der deutschen Ordensgesellschaften der katholischen Kirche verwickelt war, werden also durch eine Straf­prozeßserie anderer Art abgelöst. Schon durch die Devisenprozesse, die sich nahezu über die Dauer eines ganzen Jahres hingezogen haben, mußten sie schweren Schaden erleiden. Dutzende von Gerichts­urteilen mit erheblichem Strafmaß wurden gefällt, auch verfiel durch sie ein nennenswerter Teil des Vermögens der deutschen Klöster und Ordensgesell­schaften der Konfiskation. Viele von ihnen sollen dadurch in ihrer wirtschaftlichen Existenz ernstlich gefährdet sein. Nicht geringer ist die Bedeutung der ethischen Verluste, nachdem in Dutzenden von Pro­zessen so viele Ordensbrüder, Ordensschwestern und Geistliche, höheren wie niederen Grades, vor den Schranken der Strafgerichte gestanden haben. Monatelang wurde in der deutschen Presse, teils in breiter Ausführlichkeit, darüber berichtet. Selbst ein Bischof und einige Generalvikare waren darin ver­wickelt. Die Kirche als solche wurde zwar dabei nicht angegriffen, vor allem auch von den Gerichten selbst wurde nachdrücklich zwischen den angeklag­­ten Personen und der katholischen Kirche unter­schieden, aber daß in der öffentlichen Wirkung sich diese Unterschiede mehr oder weniger verwischen, liegt in der Natur der Sache. Vor dem Strafgericht in Koblenz sollen sich nun­mehr 267 Mitglieder des Franziskaner-Ordens wegen verschiedener Sittlichkeitsvergehen verantworten. Von den angeklagten Ordensangehörigen befinden sich 109 in Untersuchungshaft, weil deren Verfeh­lungen vom Untersuchungsrichter für besonders schwer angesehen werden. Mit einer Prozeßdauer von insgesamt drei Monaten wird gerechnet, die Ver­fahren werden demnach w ie am laufenden Band vor sich gehen. Wie umfangreich der ganze Komplex ist, geht schon daraus hervor, daß die gerichtliche Vor­untersuchung mehrere Monate dauerte, und daß von den örtlichen Untersuchungsbehörden die Hilfe­leistung der Zenträlstaatsanwaltschaft in Berlin und eines Sonderkomniandos der geheimen Staatspolizei in Anspruch genommen wurde. Das Koblenzer Ge­richt hat davon Abstand genommen, diese Fälle in einem summarischen Verfahren zu erledigen, sie sol­len infolgedessen in zahllosen Einzelprozessen straf­rechtlich liquidiert werden. Es liegt auf der Hand, daß diese Prozesse in kirchlichen Kreisen als außerordentlich peinlich emp­funden werden. Inwieweit von der Kirche selbst eine Erklärung dazu abgegeben werden wird, bleibt afo­­zuwarten. Ein Beobachter des deutschen Episkopats nimmt an den Koblenzer Prozessen teil und wird ver­mutlich erst nach ihrem Abschluß den oberen kirch­lichen Behörden Bericht erstatten können. Die Fran­ziskaner Gemeinschaft in Deutschland l>esteht aus 20 Niederlassungen und umfaßt insgesamt 500 Klosterbrüder. Von ihnen ist jetzt mehr als die Hälfte in die Koblenzer Prozesse verwickelt. Man kann sich deshalb davon ein Bild machen, wie sehr die Existenz dieser Ordensgesellschaft in Deutschland auf dem Spiele steht. Unsere verehrten Abonnenten werden ersucht, I im Falle von Adreßänderungen ibre alte und ihre neue Adresse stets genau und leserlich anzugeben, damit in der pünkt­lichen Expedition des Blattes keine Störung eintrete. <£• Hochachtungsvoll Administration des PESTEB LLOYD Vom Tage. Die Heimkehr des Kultus- und Unterriehtsministcrs Dr. Hóman aus Deutschland. Kultus- und Unterrichtsmisiister Dr. Hóman ist Sonn­tag früh nach einrwöchigem Aufenthalt in Deutschland in Budapest wieder ei nge troffen. Zu seinem 'Empfange hatten sich am Baihnhofe der deutsche Gesandte v. Mackensen, Staatssekretär Baron W lassies, sowie mehrere leitende Beamte des Kultusmini­steriums eingefunden. Von der deutschen Grenze hatte Dr. Hóman an Reiohs­­inkiister Dr, Rust die folgende Depesche gerichtet: „An der Grenze des Deutschen1 Reiches gedenke ich der vielen star­ken und bleibenden Eindrücke, die ich anläßlich der Er­gänzung des ungarisch-deutschen Kulturabkcimmons ge­wonnen ihabe. Gestatten fiw, Exzellenz, meinem Danke für die Gastfreundschaft der deutschen Regierung und des deutschen Volkes Ausdruck zu verleihen. Hóman.“ Reichsbankpräsident Dr. Hjalmar Schacht in Budapest. Reichsbankpräsident Dr. Hjalmar Schacht wird, wie wir erfahren, im Laufe dieser Woche in Budapest ein­­treffen und hier mit den zuständigen ungarischen Fak­toren Besprechungen über Devisen• und Clearingfragen führen. Nach seinem Budapester Besuch wird Dr. Schacht seine Reise nach Jugoslawien, Griechenland und Rumänien fortsetzen. Graf Stefan Bethlen Uber die europäische Politik und das österreichische Problem. In der Pifingstnumtner des Pesti 'Napló veröffentlichte Graf Stefan Bethlen einen großen Artikel über die euro­päische Politik, namentlich über die auswärtige Politik Deutschlands und Italiens und über das österreichische Problem. Im einleitenden Teil des Artikels analysiert Graf Bethlen die Umschichtung in der europäischen Macht­lage, die als Folge des italienischen Sieges in Abessinien bereits elngetreten sei umd sich "n der nächsten Zeit noch breiter entfalten dürfte. Er bekennt sich zur Ansicht., daß die englische Realpolitik mit französischer Vermittlung früher oder später au einer Einigung mit Italien führen werde, und geht dann zur Behandlung der Frage über, wie sich die Beziehungen Italiens zu Deutschland gestal­ten und ob es gelingen werde, in der österreichischen Frage eine Kompromißlösung herbeizuführen. Nach der Ansicht des Grafen Bethlen sei eine Prestigezunahme Ita­liens schon heute zu beobachten, die Rückkehr Italiens auf die Büihne der europäischen Politik färbe schon heute »uif die Haltung der Kleinententestaaten alb, doch könne man eine neue mitteleuropäische Donauipolititk unter Führung Italiens und Deutschlands nur erwarten, wenn zwischen den beiden Großstaaten die Spannungen, die sich an das ungelöste österreichische Problem knüpfen, beigelegt würden. Dann fährt der Artikel fort: — Werden die deutschen Staatsmänner genügend politische Scharfsicht ai^f bringen, um sich in der öster­reichischen Frage entsprechende Mäßigung aufzuerlegen, die Entspannung der politischen Atmosphäre herlbeizu­­führen, überdies aber die internationale Konstellation zu ihren Gunsten zu wenden, wie sie es vor zwei Monaten verstanden haben, mit einer kühnen militärischen Ent­schließung die europäische Macht'lage zu ihren Gunsten zu ändern? ln militärischer Hinsicht ist oft der kühnere Entschluß der bessere. Der Weltkrieg hat indessen gezeigt, daß eine unüberlegt kühne Diplomatie die beste und stärkste Armee e ner unabwendbaren Niederlage aus­setzt. Die unüberlegte Diplomatie hat vor dem Kriege zur Einkreisung 'Deutschlands geführt, die unzweifelhaft die Hauptursache seiner Niederlage gewesen ist. Dieses Schicksal kann das Reich heute nur vermeiden, wenn es mit Italien und mR der ganzen iWelt, die in der öster­reichischen Frage ihm gegeraüiberxteht, ein beruhigendes Kompromiß schließt. Die Führer Deutschlands müssen er. kennen, daß die militärischen Hoheitsrechte vergebens wiederhergestellt sind, vergebens würde auch d:e Befesti­gungslinie an der Westgrenze erlbaut werden, wenn sie zulasseti, daß Deutschland in eine europäische Quarantäne gelegt würde, die die Bewegungsfreiheit des Reiches lähmen würde. —■ Wir Ungarn, die guter Freunde Italiens, aber auch Österreichs und Deutschlands sind, sehen klar diese Lage und haben das Gefühl, daß von der Haltung Deutschlands Österreich gegenüber nicht bloß d'e Wiederlierstelhmg des guten Verhältnisses zwischen Deutschland und Italien, die Wiederkehr des Vertrauens Englands zu Deutschland und die Lockerung der infolge der Kündigung des Locarnovertrages eingetretenen unerträglichen Spannung zwischen Deutschland und Frankreich albhängen, sondern auch die Frage, ob es den Gegnern des Deutschen Reiches gelingen wird, Deutschland wieder einzukreisen und aktionsunfähig zu machen. Letzten Endes hängt hievon die Gesanitposition Deutschlands im internationalen Leben ■und: somit auch seine ganze historische Zukunft ab. — Wir unsererseits haben uns seit 16 Jahren, Obwohl es vielleicht einfacher und auch nützlicher gewesen wäre, den entgegengesetzten Weg einzuschlagen, niemals an einer gegen Deutschland gerichteten Aktion, Intrige oder Verschwörung beteiligt, und wenn wir auch der deutschen Politik nicht sklavisch gefolgt sind, wie von einzelnen unserer Feinde böswillig behauptet worden ist, so halben wir uns stets loyal gegenüber Deutschland benommen, und statt seine Lage zu erschweren, haben wir es in seinem schweren Kampfe gegen die grausamen Ungerech­tigkeiten der Friedens-Verträge nach Kräften unterstützt. Diese Beurteilung der europäischen Lage wird uns dem­nach nicht vorn bösen Wißen suggeriert, unser Urteil beruht auf der von freundschaftlichen Gefühlen einge­gebenen Überzeugung, die in schicksalhaften Minuten auszusprechen elementare Aufgabe des Freundes ist. — Meiner Überzeugung nach steht Deutschland vor einem historischen Entschluß, der das Geschick nicht nur der eigenen Ruhe, sondern auch ganz Europas entscheiden wird. Mit freundschaftlichem Herzen können wir nur wünschen, daß die Führer Deutschlands im vollen Be­wußtsein der schicksalhaften Bedeutung des Augenblicks die politischen Fehler und Irrtümer vermeiden mögen, die es in der Vergangenheit in eine Katastrophe gestürzt­­haben« Dienstag. 2. Juni 1936 Ungarische Vertreter auf dem Kongreß des englischen Frontkämpferverbandes Das UTKB meldet aus London: Auf dem Kongreß des englischen Frontkämpferverbandes in Buxton nah­men das erstemal die Vertreter der ehemaligen Kriegs­gegner teil. Der Führer der ungarischen Delegation Abg. Graf Takách-Toluag hielt eine lebhaft akklamierte Rede« in der er u. a. sagte: — Vergessen wir die tragischen Geschehnisse 3er Vergangenheit. Nur Freundschaft, Kameradschaft und das gegenseitige Verständnis für die Schwierigkeiten und Sorgen auf beiden Seiten können für alle die längst ver­lorenen glücklichen Zeiten zurückbringen. König Eduard hatte den Wunsch ausgedrückt, die Führer der ausländischen Delegationen persönlich ken­nenzulernen, die ihm vom Präsidenten des englischen Frontkämpferverbandes General Sir Frederic Mortice im Buckinghampalast vorgestellt werden sollen. Italienreise des Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg. Wien, ¥. Juni. (U. T.-K.-B.) Bundieskanzler Dr. Schuschnigg ist Montag abend mit dem fahrplanmäßigen Sclfonell­­zug nach Venedig abgeréist. Im Siidhahnhofe hatten sieh mehrere Mitglieder der Regierung und zahlreiche Notabildtäten dies öffentlichen Lebens zu seiner Ver­abschiedung eingefunden. Nach in Wiener politischen Kreisen verbreiteten Gerüchten ist der scheidende römische Gesandte Vollgruber in Venedig, wo der Bundeskanzler er­wartet wird, bereits eingetroffen. Daraus schließt man, daß der Bundeskanzler zum Zwecke einer politischen Besprechung nach Italien reist, die durch den Gesandten Vollgruber vorbereitet wunde. Nach nichtbestätigten Nachrichten, beabsichtigt Dr. Schuschnigg, auch nach Rom zu reisen. Rom, 2. Juni. (U. T.-K.-B.) Im Zusammenhang mit der Reise des Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg wird von zu­ständiger Seite erklärt, daß es sich auch in diesem Jahre um eine kurze Erholungsreise handelt. Der Bundeskanzler wird einige Tage in einem Badeort verbringen. Von einer Begegnung mit dem Staats­sekretär Suuich ist keine Rede, und auch eine Unter­redung mit Mussölini wurde nicht vorbereitet. Wien, 2. Juni. (U. T.-K.-B.) Die Italienreise des Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg hat in politischen Kreisen über­raschend gewirkt. In Wien sind Gerüchte verbreitet, wonach der Bundeskanzler bereits am Nachmittag im Flugzeug hätte abreisen sollen, doch habe er den Reiseplan wegen des ungünstigen Wetters ändern müssen. Als Zweck der Reise wird offiziell ein kurzer Erholungsaufenthalt bezeichnet, doch behauptet sich die Ansicht, daß Bundeskanzler Dr. Schuschnigg in einem Badeorte der italienischen Küste dem Minister­präsidenten Mussolini begegnen wird. Was den' Ge­genstand der Besprechungen anbelangt, so ist man einstweilen auf Vermutungen angewiesen, doch glaubt man, daß die Reorganisierung des Kabinetts, die Neuordnung in der Vaterländischen Front und die Durchführung des Dienstpflichtgesetzes (im Zu­sammenhang mit der Frage der Wehrverbände) im Mittelpunkte der Beratungen stehe. Auch die Frage der Unabhängigkeit Österreichs dürfte berührt werden. Der Bundeskanzler wird für Samstag in Wien zurückerwartet. Blotwallungcn, Herzbeklemmung, Atemnot, Angstgefühl; Nervenreizbarkeit, Migräne, Schwermut, Schlaflosigkeit kön­nen durch den Gebrauch des natürlichen „Franz-Josef“­­Bitterwassers oft sehr rasch beseitigt werden. Schwere Ruhestörungen in Palästina. London, 1, Juni. (Inf.) Nach Meldungen aus Jerusalem ist es an den Pfingstfeiertagen in Palästina zu neuen Ausschreitungen gekommen, die ein Todesopfer forderten. Im Judenviertel von Jerusalem wurde ein jüngst aus Deutschland einge­­wändertet Jude von Arabern erschossen. Es ist dies das 27. Todesopfer seit Beginn der Unruhen. An verschiedenen Orten kam es zu Fcuergefechten zwischen Arabern und der Polizei, bei denen sieben Ara­ber getötet wurden. Von den Arabern wurden gegen zahlreiche öffent­liche Gebäude am ersten Pfingstfeiertag Bomben gewor­fen, die Sachschaden anrichteten. Man befürchtet, daß die Araber den Generalstreik ausrufen werden und daß alle arabischen Stadtverwaltungen zum Zeichen des Pro­testes gegen die jüdische Einwanderung, und wegen der unerfüllt gebliebenen arabischen Forderungen zurück­treten werden. Zahlreiche arabische Führer, wurden art den Feiertagen verhaftet. Jerusalem, 2. Juni. (Inf.) Bombenanschläge, Feuerüberfälle und Sabo­tageakte aller Art blieben nicht nur die Losung des Ta­ges, sondern auch der Nacht in ganz Palästina. Die eng­lischen Truppen benutzen nunmehr Leuchtkugeln zur Entdeckung der Attentäter, die jedoch trotzdem in den meisten Fällen entkommen. Montag abend wurden in unmittelbarer Nähe von Jerusalem mehrere Autobusse eines jüdischen Unternehmens ajuf der Fahrt nach Jaffa beschossen. Dabei wurde ein jüdischer Student getötet und mehrere Juden verwundet. Fast gleichzeitig explodierten im Park der Resident des Hochkommissars mehrere Bombent die jedoch kei* ■peilet Schaden anrichteten.

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