Pester Lloyd - esti kiadás, 1936. július (83. évfolyam, 148-174. szám)

1936-07-01 / 148. szám

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Blookner, J.BIau, Boros, Braun, Josef Erdős, Győri & Nagy, Harsányi, Haasenstein & Vogler, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető­­iroda, Mosse Rudolf A.-G., Julius Ten2er. Elazelanmmer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt anwochentagen 16 Heller, an Sonntagen 82 Heller, Abendblatt 10 Heller. Für Österreich: Morgenblatt an Woshen­­tagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblattd 20 Gr. Redaktion u. Administration: V.MÄRIA VAUÉKlA-UCCAli}. Telephone : Redaktion: 1-848-20. Naoh Güitternach 1-848-26. Administration : 1-840-0» S3« Jahrgang« Budapest, Mittwoch, 1. Juli 1936. Nr. 148 Léon Blum für den Frieden Italienische Entrüstung wegen der Rede Haile Selassies. — Die Affäre der italienischen'Journalisten.—Locarnokonferenz in der zweiten Julihälfte? — Bundeskanzler Schuschnigg lehnt die Genfer „Vorladung“ ab. Budapest, 1. Juli. Der erste Tag* der Vollversammlung des Völker­bundes endete in verworrener Stimmung. Die bessere Atmosphäre, die durch den konzilianten Ton und Inhalt der italienischen Denkschrift an den Völker­bund entstanden war, wurde durch den peinlichen Eindruck der Rede Haile Selassies und der darum ausgebrochenen Skandalszenen arg beeinträchtigt. Die Affäre der italienischen Journalisten, die den vor der Assemblée auftretenden Negus mit einem Pfeifkonzert empfangen batten, gab zu einer neuen Verstimmung in Italien gegen Genf und die Genfer [Atmosphäre Anlaß. In. Italien äußern alle Blätter einmütig die Ansicht, daß das Verhalten der italieni­schen Zeitungsikorrespondenten durch begründete patriotische Entrüstung motiviert war, ond das strenge Vorgehen der Schweizer Behörden, die die Demonstranten verhaften ließen, erzeugt große Bitterkeit in Italien. In der heutigen Sitzung der Assemblée kam Präsident Van Zeeland auf die pein­lichen Szenen von gestern zurück und verwahrte sich energisch gegen jede Ordnungsstörung. Hoffentlich wird dter ganze Zwischenfall nunmehr bald liquidiert werden. .... Es wäre hoch an d^r Zeil, die positiven Möglich­­beiten einer endgültigen Bereinigung der abessini­­schen Frage zu prüfen. Gestern wurde es endgültig auch für diejenigen klar, die es früher nicht wissen wollten, daß die Sache des Negus verloren ist. Sein einziges Argument für die Fortsetzung der kollektiven Aktion gegen Italien, nämlich das angebliche Be­stehen einer unabhängigen abessinischen Regierung, wird durch seine eigene Flucht abgeschwächt; und eine französische Meldung weiß auch schon darüber zu berichten, daß die vielbesprochene Schatten­­regierung von Gore ein durchaus unernstes Gebilde ist, und daß sie keine Autorität vor der abessinischen Bevölkerung besitzt, die auch in den unbesetzten Landesteilen die Italiener als die wirklichen Herr­scher betrachtet. Es ist klar, daß die Illusion eines abessinischen Staates nicht mehr lange aufrecht­erhalten werden kann, und der Völkerbund könnte nur gewinnen, wenn er sich der Prüfung des in der gestern veröffentlichten italienischen Denkschrift enthaltenen ernsten Angebots widmete, wonach Ita­lien bereit ist, das eroberte Abessinien auf Grund der Völkerbundprinzipien zu verwalten. Der Genfer Korrespondent der Times befaßt sich heute mit diesem Angebot und erblickt darin die Bereitschaft Italiens, Abessinien nach dem Beispiel der Mandats­gebiete zu verwalten. Die Assemblée hat sich zur neuen Stellungnahme Italiens noch nicht geäußert. Auch die Rede des Negus hat einstweilen (da die Sitzung gestern un­mittelbar nach seinem Auftreten geschlossen wurde) kein Echo finden können. Die Reden der Führer der „großen“ Delegationen werden die Lage sicherlich klären. Heute vormittag sprach Léon Blum: seine Ausführungen über die Locamofrage zeichneten sich durch Mäßigung aus, besonders wichtig war seine Feststellung, daß Frankreichs Vorgehen sich auf das juristische Gebiet beschränke. Auf der anderen Seite ist die Richtung der eng­lischen Politik noch ziemlich unklar. In London be­haupten sich die Gerüchte über die Amtsmüdigkeit Baldwins und über die herannahende Regierungs­krise. Obwohl diese Krise nicht augenblicklich be­­vorsteht, genügt die Tatsache, daß man davon spricht, zur Schwächung der Stellung Baldwins und zur Erschwerung einer klaren und entschlossenen Stellungnahme Englands in den großen internatio­nalen Fragen. Von diesen stand auch gestern die Locamofrage im Vordergrund. Die Vertreter Eng­lands, Frankreichs und Belgiens nahmen gestern abend an einer Beratung teil, in der man beschlossen haben soll, in der zweiten Julihälfte eine neue Kon­ferenz der Locarnomächte unter Mitwirkung Italiens abzuhalten. Eine unerläßliche Voraussetzung wäre hiefür die endgültige Bereinigung der abessinischen Frage. Nach der gleichen Quelle würde später auch Deutschland zu den Gesprächen hinzugezogen werden. Großes Aufsehen hat in Genfer Kreisen die Weigerung des österreichischen Bundeskanzlers Schuschnigg erweckt, der französischen Einladung nach Genf keine Folge zu leisten. Der Sinn dieser Entscheidung ist klar: der Bundeskanzler will die Selbständigkeit der österreichischen Politik unter al­len Umständen wahren. Die englische Presse erblickt heute in der erfolglosen „Vorladung“ Schuschniggs nach Genf ein Manöver der Kleinen Entente, die die Großmächte zwingen wollte, den österreichischen Bundeskanzler wegen der angeblichen Vorbereitung der Habsburgrestauration gleichsam zur Verantwor­tung zu ziehen; nach einer anderen Version soll ihm gleichzeitig zur Last gelegt werden, mit Deutschland zu paktein, so daß sich beide Anschuldigungen gegen­seitig aufbeben, Wie dem auch sei, hat die würdevolle Haltung des Bundeskanzlers den Anschein vermieden, als ließe sich Österreich am Gängelbande irgend­welcher fremden Interessen führen. Unsere telegraphischen Berichte über die Situa­tion lauten wie folgt: Die heutige Sitzung. — Der Präsident über den gestrigen Zwischenfall. Genf, 1. Juli. (Inf.) Zu Beginn der heutigen Sitzung der Völkerbundversammlung gab Präsident Van Zeeland eine kurze Erklärung über den gestrigen Zwischen­fall ab. Er wies darauf hin, daß gestern die Ordnung und die Würde der Versammlung durch einen Ein­mischungsversuch von außen gestört worden seien, den die Mitglieder dieser Versammlung sicher ein­stimmig bedauern und verurteilen. Die wichtigste Vorschrift, auf die jede Zusammenkunft sich stützen rpüsse, sei, daß ausschließlich der Vorsitzende den Gang der Verhandlungen bestimmen müsse, jede Einmischung von außen aber abzuweisen sei. Er habe daher gestern sofort den Auftrag erteilt, gegen die Ruhestörer vorzugehen. Van Zeeland machte darauf aufmerksam, daß im Wiederholungsfall die Maßnahmen mit derselben Entschlossenheit ge­troffen werden würden, wie gestern. Der Präsident erteilte sodann dem Vertreter Kolumbiens das Wort, der das Hauptgewicht auf die Notwendigkeit der Reform des Völkerbund­paktes legte. Er erklärte, daß Kolumbien mit der Übernahme der Völkerbundverpflichtungen einen Teil seiner Souveränität freiwillig aufgegeben habe. Kolumbien — und das gelte für alle Staaten des südamerikanischen Kontinents — habe nur in Er­füllung dieser Verpflichtungen sich den Sanktionen angeschlossen, ohne irgendwelche andere Gründe zu einem solchen Vorgehen zu haben. Doch dürfe der Krieg nicht durch Krieg bekämpft werden, sondern es müsse augenblicklich die tatsächliche Lage in Be­tracht gezogen werden. Es müsse anerkannt werden, daß der Pakt in seiner heutigen Form nicht genüge, um die Grundsätze sicherzustellen, die Kolumbien und andere südamerikanische Staaten seit langem anstreben, vor allem die Nichtanerkennung der durch Gewalt erreichten Gebietsveränderungen und die Ächtung aller kriegerischen Handlungen. Die kolumbische Delegation sei bereit, an den Verhand­lungen über die Völkerbundreform mitzuarbeiten, zugleich aber sehen sich die südamerikanischen Staaten veranlaßt, solange ihnen der Völkerbund nicht die sichere Durchführung ihrer Prinzipien ge­währleiste, ihrerseits auf kontinentalem Wege zu einer Organisation zu gelangen, die die Vertretung der Interessen der südamerikanischen Staaten im Rahmen des Völkerbundes auf demokratischer und wirksamer Grundlage sicherstellt. Die Rede Blums. Genf, 1. Juli. (Havas.) Um viertel 12 Uhr vormittags ergriff Ministerpräsident Léon Blum im Namen der fran­zösischen Regierung das Wort. Der Delegierte Frankreichs — führte Blum aus — tritt als neuer Mann vor die Assemblée, wie er auch in der Re­gierung seines Landes ein neuer Mann ist. Ich werde bestrebt sein, mit ganzer Kraft Ihnen zur Verfügung zu stehen. Ich wende mich an Sie ohne Umschweife, und möchte Ihre Sympathie durch meine Aufrich­tigkeit erlangen. Erlauben Sie mir, vor der Dar­legung des französischen Standpunktes einige Miß­­verständnisse zu zerstreuen, die zweifellos schwer auf der internationalen Situation gelastet haben,. Die internationale Lage lastet schwer auf den Seelen — fuhr Léon Blum fort. — Die Schwächung Frankreichs in der Außenpolitik wird auf zwei Ur­sachen zurückgeführt: auf die Arbeiterbewegung und auf den in der Rheinfrage eingenommenen fran­zösischen Standpunkt. Ist es aber ein Zeichen von Schwäche, wenn die französische Regierung statt der bewaffneten Lösung den Weg des Friedens ge­wählt hat? Was nun die Arbeiterbewegung anbelangt, so schafft diese die Möglichkeit der sozialen Gerechtig­keit und bedeutet eigentlich die Stärkung Frank­reichs. Frankreich ist ein fanatischer Anhänger des Friedens und es stützt’ sich diesbzüglich auf die mo­ralische und die juristische Ordnung. Es will den Frieden in uneigennütziger Weise, und zwar nicht nur für sich selbst, sondern für die ganze Welt, für jeden einzelnen Staat. Es verurteilt die Gewalt. Gegenwärtig sind geheime Kräfte am Werke, das Schreckgespenst des Krieges tauch!) wieder auf. Der Krieg wird' als eine Zwangsläufigkeit betrachtet. Frankreich tritt jedoch gegen die Ursachen des Krieges und gegen den Kriegsgeist auf. Das Ansehen des Völkerbundes hat unleugbar gelitten, da er nicht vermochte, einen gewaltsamen Angriff zu verhin­dern. Die französische Regierung gibt unter keinen Umständen ihre Zustimmung zur Schwächung der Bestimmungen des Pakts. Sie will aus dem Begriff­­der kollektiven Sicherheit eine lebendige Wahrheit gestalten und die im Pakt enthaltenen erhabenen Prinzipien verwirklichen, dabei aber gleichzeitig das Zusammenwirken der Völker inniger gestalten. Die kollektive Verteidigung, die nur auf der 'Ab­rüstung beruht, reicht nicht aus. In dem überbewaff­neten Europa kann der Krieg nur dann vermieden werden, wenn die Staaten auch die mit der kollek­tiven Verteidigung einhergehenden Gefahren und somit im Endergebnis auch den Krieg auf sich neh­men. Nur der mit der Verteidigung verbundene gemeinsame Schutz kann den allgemeinen Frieden gewährleisten, aber die Abrüstung ist nur eine Er­gänzung der kollektiven Verteidigung. Die internationale Rechtsordnung ist durch zwei Ereignisse gestört worden, und zwar durch den abessinischen Konflikt und die Rheinland frage. Die französische Regierung vertritt die Ansicht, daß man die Treue zur Rechtsordnung mit der wirklichen Realität vereinigen und die Vergangenheit liquidie­ren müsse, sie will aber nicht stimulierend wirken und derart einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Die Nachgiebigkeit der italienischen Note er­leichtert die Lage und vielleicht wird auch die deutsche Antwort zur Herbeiführung des Friedens beitragen. In dieser schweren Stunde sehnen sich die Völker aufrichtig und restlos nach dem Frieden. Friede tut not! Die ganze Welt wünscht den Frieden und die Regierungen haben die Pflicht, diese berech­tigten Ansprüche der Völker in die Tat umzusetzen. In der Nachmittagssitzung werden u. a. Eden und Litwinow das Wort ergreifen. Die österreichische Absage an Genf. Paris, 1, Juli. (Inf.) Die Weigerung des österreichischem Bundes­kanzlers Schuschnigg, der französischen Einladung, zu einer Aussprache nach Genf zu kommen, Folge zu leisten, wird von der Pariser Presse mit Verstim­mung verzeichnet. Der Genfer Berichterstatter des Matin schreibt: Nach seiner Romreise lege Schuschnigg, selbst wo es sich darum handle, der Kleinen Entente eine gewisse Beruhigung zu gewähren, offenbar keinen Wert darauf, eine Reise nach Genf zu machen, die in Ita­lien schlecht ausgelegt werden könne. Excelsior meint: Frankreich und England hätten sich über die Grundsätze und die Methoden der An­wendung des Völkerbundpaktes verständigt, aber es sei klar, daß man nur denjenigen Völkern und Re­gierungen ihre Unabhängigkeit garantieren könnte, die entschlossen seien, diese Unabhängigkeit zu ver­teidigen und sie nicht selbst aufgäben. Darauf sei der Wunsch nach Klärung der politischen Richtlinien

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