Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1936. augusztus (83. évfolyam, 175-198. szám)

1936-08-01 / 175. szám

PESTER LLOYD • 4 • iheit des Ministerpräsidenten respektiert haben, während innerhalb der Regierungspartei eine kleine Gesellschaft besondere Kräfte aus sich heraus entwickele und eine Or­ganisierungstätigkeit im Lande entfalte, deren Umrisse nichts weniger als klar seien. Diese Erscheinung sei nicht gesund und wirke verstimmend und beunruhigend. Um so merkwürdiger sei dies, weil die Opposition keine An­griffspläne hege und die Lage, die durch die Krankheit des Ministerpräsidenten entstanden sei, respektiere, wäh­rend die Regierungspartei immer neue Aktionen einleite und sogar ein neues Presseorgan geschaffen habe. Um ■dieses neue Blatt war ein ganz eigentümliches Spftel zu be­obachten, fuhr Graf Zichy fort. Entweder war der Mi­nisterpräsident an der Gründung beteiligt und in diesem Falle muß ich erklären, daß er uns gegenüber nicht billig vorgegangen ist. Müßte er aber nicht von der Sache, so ist diese Blattgriinduing unerklärlich und muß als ein Zeichen der inneren Zersetzung angesprochen werden. In bezug auf die künftige Haltung der Christlich­­sozialen Wirtschaftspartei erklärte Graf Zichy, daß die oppositionelle Taktik und Richtung der Partei nicht ge­ändert werde. Er fordert? ferner nüchterne, konstruktive soziale Reform«, nahm sehr entschieden gegen die Nacht­­sitzungen des Abgeordnetenhauses Stellung, die die Ar­beitsfähigkeit und das Ansehen des Parlaments unter­graben, und äußerte sich sehr entschieden gegen diejeni­gen Mitglieder der Regierungspartei, die trotz der verfas­sungstreuen Erklärungen der Regierung den Gedanken der staatlichen Totalität verkünden. — Der Herr Innenminister, schloß Graf Zichy, ist in seiner jüngsten Rede im Albgeordnetenhause für das ver­fassungsmäßige Regieren eingetreten, wähnend eine Ge­sellschaft, dem äußeren Anscheine nach unter der Ägide der Regierung, im Zeichen der Totalität arbeitet, was dem Gedanken der Verfassungstätigkeit diametral zuwider­­läuft. Wo liegt die Wahrheit? Auf diese Frage muß die Gegenseite Antwort geben! Annahme der Einladung zur FünS- mächtekonferenz durch Itali enund Deutschland. Rom, 31. Juli. (U. T.-K.-B.) Amtlich wird gemeldet, daß Außenminister Graf Ciano heute vormittag den Bot­schafter Frankreichs, sowie den englischen und den belgischen Geschäftsträger empfangen ha.t Der Außenminister erklärte, daß die italienische Regie­rung mit großer Freude an der Fünf macht ekonfe­­renz teilnehmen werde. In Anbetracht des Umstan­des, daß außerordentlich wichtige Fragen auf der Tagesordnung der Konferenz stehen, werde die italienische Regierung es für notwendig erachten, daß die Konferenz durch einen diplomatischen Meinungsaustausch gründlich vorbereitet werde. Von diesen Erklärungen hat der Außenminister auch dem deutschen Botschafter Mitteilung ge­macht. Berlin. 31. Juli. (DNB.) Reichsminister des Auswärtigem Frei­herr v. Neurath empfing heute den britischen und den französischen Botschafter, sowie den belgischen Gesandten und teilte ihnen mit, daß die deutsche Regierung die Einladung der drei Regierungen zu einer Fünfmächtebesprechung über einen Westpakt annehme. Berlin, 31. Juli. ('United Press.) Das Rätselraten um die Beteili­gung Deutschlands an der Locarnokonferenz ist be­endet. Die Reichsregierung hat sich zur Teilnahme an der Konferenz entschlossen. Der Entschluß der Teilnahme ist der Reichsregierung offenbar nicht leicht geworden. Es sind in erster Linie zwei politi­sche Tatsachen gegeben, die eine Antwort Deutsch­lands hinausgezögert haben: die Entwicklung in Spanien, die hier mit größtem und von sichtbarer Sympathie für die Aufständischen getragenem Interesse verfolgt wird, und die Entwicklung der deutsch-italienischen Besprechungen. Schritt für Schritt hat die Reichs re g ie ru ng getrachtet, alle Hindernisse ans dem Wege zu schaffen, die einer deutsch-italienischen Freundschaft im Wege stan­den. Die wohlwollende Neutralität während des abessinischen Konflikts, die Nichtbeteiligung an den Sanktionen, die De facto-Anerkennung der Besitz - . ergreifung Abessiniens durch Italien und zum Schluß die Einigung mit Österreich — all dies hat die Anerkennung Italiens für diese „Gegenleistun­gen“ gefunden. Dennoch ist der Eindruck entstanden, daß man in Berlin mehr von Italien erreichen wollte und bis zuletzt auch zu erreichen getrachtet hat. Immerhin, wenn Deutschland sich an einen europäischen Kon­ferenztisch setzt, kann es erwarten, einen Partner an seiner Seite zu haben, und dieser ist eben Italien. Mit diesem JPartner an der Seite und dem öster­reichischen Friedens Schluß im Rücken will Deutsch­land einen neuen Versuch unternehmen, England zu gewannen. Die Bewerbung um die englische Freundschaft hat in den letzten Jahren sehr ver­schiedene Phasen durchgemacht. Eine heftige Ent­täuschung ist an Stelle von Hoffnungen getreten, als im Anschluß an die italienische Politik immer lebhafter der französisch-englische Meinungsaus­tausch in Gang gekommen war. Auch die letzte Ent­wicklung der englischen Politik gegenüber Sowjet­rußland wird hier nicht gerade als ermunternd emp­funden, obwohl versichert wird, daß die englische Anleihe, die sich in engen Grenzen hält, nichts wei­ter als eine Geste sei, deren politische Bedeutung .schließlich darin liege, daß England die Freiheit seiner Entschlüsse demonstrieren, .wolle, Zur sachlichen Gestaltung der Fünfmächtekon­ferenz ist für Deutschland das Thema durch den Friedensplan Hitlers gegeben. Man darf annehmen, daß die Bereitwilligkeit der deutschen Vertreter auch anderen Themen gegenüber wesentlich davon abhängen wird, welche Behandlung der deutsche Plan in der Konferenz erfährt. Dabei ist ein Punkt von entscheidender Bedeutung: der Einmarsch ins Rheinland, der für Deutschland allerdings kein Problem mehr bildet, wie es im Kommuniqué der Dreimächtekonferenz geheißen hat, sondern eine Tatsache, über die ein Verhandeln nicht möglich ist. Wieweit andere mit dieser Tatsache in Verbin­dung stehende Probleme, in erster Reihe die Be­festigung des Rheinlandes, verhandlungsfähig sein werden, wird sich noch zeigen müssen. BRITISCHES REICH. Schlußsitzungen des Parlaments. London, 31. Juli. (U. T.-K.-B.) In der heutigen Sitzung des Ober­hauses wurde verkündet, daß der König die vom Parlament votierten 74 Gesetzentwürfe sanktioniert habe. Im weiteren Verlaufe der Sitzung richtete Lord Noel Buxton (Labour) die Anfrage an die Regie­rung, oh sie das Ansuchen des Negus, seine Ver­treter als Bevollmächtigte Abessiniens zur nächsten Assemblée des Völkerbundes zuzulassen, unter­stützen werde. Lordsiegelbewahrer Lord Halifax erklärte im Namen der Regierung, daß die Prüfung der Voll­machten der Vertreter Abessiniens Sache des Völ­kerbundes sei und daß der Delegierte Englands im Einvernehmen mit den übrigen Miibgliedstaaten sei­nerzeit unter Berücksichtigung aller wichtigen Um­stände hiezu Stellung nehmen werde. Das Haus vertagte ©ich sodann bis zum 29. Oktober.* London, 31. Juli. (Inf.) Das Unterhaus widmete den letzten Tag seiner politischen Tätigkeit vor den Ferien der Außenpolitik, wobei vor allem die „zweite Garnitur“ der Abgeordneten zu Worte kam. Der gewesene Staatssekretär im Foreign Office Noel Baker (Labour) sprach über alle wichtigen Pro­bleme der auswärtigen Politik und übte scharfe Kritik an der Politik der Regierung. Oberst Moore wies darauf hin, daß die über­triebenen Rüstungen der Verbündeten Frankreichs Deutschland zu seiner großzügigen Aufrüstung be­wogen haben. Abgeordneter Fletcher, forderte die Regierung auf, Schritte zu unternehipen, daß der Völkerbund in die Lage versetzt werde, die in den Friedensver­trägen enthaltenen Ungerechtigkeiten wiedergutzu­machen. Abgeordneter Amery, der frühere Kolonialmini­ster, verwahrte sich gegen die Abtretung englischer Mandatsgebiete an Deutschland, erklärte sich aber damit einverstanden, daß dem Reich die Möglichkeit geboten werde, seinen wirtschaftlichen Einfluß in Osteuropa auszubreiten. Lord Cranborne vertrat die Regierung, die im übrigen schon fast vollzählig in die Ferien gereist ist, und sprach auch das Schlußwort der Debatte. Er vertrat noch einmal die schon bekannten Ge­sichtspunkte der englischen Außenpolitik im Zusam­menhang mit den letzten politischen Ereignissen. Punktweise zusammengefäßt, erklärte Lord Cranborne u. a., bezüglich der Mandatsfrage könne er der sorgfältig erwogenen Erklärung des Außen­ministers von Montag nichts hinzufügen. Was die Anerkennung der Eroberung Abessiniens angehe, so sei dies Sache des Völkerbundes. Die Regierung ihrerseits habe nicht die Absicht, die Eroberung zur­zeit anzuerkennen. Was die Warenausfuhr nach Italien anbelange, so könne er sich dazu nicht äußern. Die Verhinderung eines Krieges, sagte Cran­borne weiter, sei nicht so sicher wie die Beseitigung der Ursachen eines solchen. Die außenpolitische Lage habe sich im ganzen genommen in der letzten Zeit fraglos verschlechtert, doch zeigten sich neuerliche Symptome einer Besserung. Der deutsch-österreichi­sche Pakt sei nach den Absichten seiner Urheber be­stimmt, die Stabilität von Mitteleuropa zu verbes­sern. Gelinge dies, so würde es England begrüßen. Über die Völkerbundreform zu sprechen, sei jetzt noch zu früh. Eine grundsätzliche Erklärung hiezu könne mehr schaden als nützen. Die letzten Locarnobesprechungen, hob Cran­borne hervor, haben eine Verbesserung der Grund­­stimmung in Europa gezeitigt. Wenn übrigens einer der Redner der Aussprache die Verzögerung der Ernennung eines deutschen Botschafters in London (des Nachfolgers des verstorbenen Botschafters v. Hocsch) kritisiert habe, so müsse er seinerseits dazu sagen, maß eine solche Verzögerung nur be­weise, daß Deutschland den besten Mann auf diesen wichtigen Posten stellen wolle. Im weiteren Verlaufe seiner Erklärungen hob Cranborne erneut die Besorgnisse der Regierung an­gesichts der Möglichkeit einer Spaltung Europas in zwei feindliche Lager hervor. Eine solche Spaltung würde höchste Gefahr bedeuten. Die letzten Unter­haltungen halben aber diese Gefahr verhindert, wenn sie auch noch nicht beseitigt sei. Die Entwicklung m dieser Richtung sei jedoch auf gehalten worden. Mit besonderer Schärfe wandte sich Cranborne gegen die Behauptung, daß die sozialistische Regie­rung in Frankreich der wirkliche Grund für die Änderung der Urlaubspläne des Premierministers Baldwin gewesen sei. Daran sei kein wahres Wort. Der einzige Grund sei, daß der Premierminister in enger Fühlung mit der internationalen Lage zu blei­ben wünsche. Wenn Italien und Deutschland die Einladungen zur Teilnahme an weiteren Verhand­lungen annehgien, was er erhoffen möchte, dann werde sich die Lage sicherlich etwas rosiger gestal­ten, aber doch nicht so rosig, um auch nur das ge­ringste Nachlassen in den Bemühungen der engli­schen Regierung um Überwindung der Schwierigkei­ten zu rechtfertigen. Was Spanien anginge, so wandte sich Cran­borne gegen die Vorwürfe wegen des Verkaufs von Verkehrsflugzeugen nach Spanien. Es habe deswegen keinerlei Erlaubnisse zur Ausfuhr bedurft. Die Re­gierung könne in solchen hätten nicht einschreiten, denn es sei ein gewöhnliches Handelsgeschäft ge­wesen. Das besage freilich nicht, daß es die Regie­rung billige. Die spanische Regierung, sagte Cranborne wei­ter, habe keinen Antrag auf Lieferung von Rüstungs­material und Waffen gestellt, käme es aber zu einem solchen Antrag, so würde er im ordentlichen Ge­schäftsgang behandelt werden. Schließlich erklärte sich Cranborne außerstande, zur Lage in Spanien eine Meinung zu äußern. Je weniger man dazu sage, um so besser sei es, erklärte er. Er könne nur seine und die Teilnahme des eng­lischen Volkes gegenüber dem spanischen Volke zum Ausdruck bringen. Die Regierung werde keinerlei Maßnahmen ergreifen, die nicht zu verantworten seien. Damit war die Aussprache zu Ende und das Haus trat kurz vor 4 Uhr nachmittags in die Ferien, die bis zum 29. Oktober dauern. Samstag, 1. August 1936 FRANKREICH. Außenpolitische Debatte in der Kammer. Paris, 31. Juli. (Inf.) Die Kammer trat heute nachmittag in die seit langem erwartete und durch die Ereignisse in Spanien zu besonderer Aktualität gelangte Interpel­lationsdebatte über die Außenpolitik Frankreichs ein. Die 14 Interpellationen sind von Abgeordneten' fast aller Parteien eingebracht worden. Zu Beginn der Sitzung ergriff der ehemalige Finanzminister Reynaud das Wort zur Begründung seiner Anfrage, die sich auf die Erklärungen bezog, die vom Ministerpräsidenten Blum am 1. Juli vor der Vollversammlung des Völkerbundes abgegeben wor­den sind. Der Abgeordnete wollte wissen, welche Schlußfolgerungen die Regierung aus ihrer Außen-, Innen- und Militärpolitik ziehen wolle. Reynaud wies darauf hin, daß seit den Erklärungen Blums wichtige Ereignisse eingetreten seien. Blum habe vor aller Welt verkündet, daß Frankreich stark bleiben, sein Wort halten und die Kollektivität des Friedens verwirklichen wolle. Er habe gesagt, daß man sogar ein Kriegsrisiko auf sich nehmen müsse, um den Frieden zu sichern. Reynaud erklärte, seiner An­sicht nach könne es keinen Frieden in Europa ge­ben, solange nicht eine Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich erzielt worden sei. Um aber erfolgreich mit Deutschland verhandeln zu können, müsse Frankreich stark sein, und um den Frieden zu gewinnen, müsse der Block der Friedens­mächte das Rüstungswettrennen gewinnen. Weiter empfahl der Redner der Regierung, sich mit Italien ebenfalls zu verständigen, Dann übte Reynaud an dem französisch-sowjetrussischen Beihilfepakt scharfe Kritik, der nach seiner Ansicht Frankreich keinen Nutzen bringen werde. Man dürfe nicht vergessen, daß der sowjetrussdsche Staatsmann, der den Pakt unterzeichnet habe, gleichzeitig der Chef der Dritten Internationale sei. Zu den Ereignissen in Spanien bemerkte Reynaud, daß es ein unverzeihlicher Feh­ler wäre, zwischen den beiden Lagern Partei zu ergreifen. Über Spanien führe die französische Heeresstraße nach Nordafrika. Der Nutznießer eines Mittelmeerkonfliktes würde wieder, wie schon im äthiopischen Streitfall, Italien sein. Um zu zeigen, daß Frankreich vielleicht stärker sei, als es den Anschein habe, unterzog der Redner das franzö­sische und das deutsche Heer einem eingehenden Vergleich, unter Berücksichtigung der Mannschafts­stärke, des Kriegsmaterials und der Mobilmachungs­­lröglirhkeiten. Trotz diesem Ausgangspunkt kam Reynaud zu dem Ergebnis, daß Deutschland Frank­reich überlegen sei. Frankreich habe eine Verteidi­gungsarmee, Deutschland aber eine Stoßarmee. Deutschland sei vor allem hinsichtlich der Panzer­truppen und des Kriegspotentials überlegen. Die Tatsache, daß Frankreich seit 1932 für 40 Milliarden Gold verloren habe, könne nicht ohne Rückwirkung auf die Landesverteidigung bleiben. Der Redner trat für eine finanzielle Verständigung mit England und den Vereinigten Staaten ein, die er als möglich be­­zeichnete. Eine Währungsausrichtung würde Frank­reich gestatten, an dein allgemeinen Aufschwung der Weltwirtschaft teilzunehmen. Um die Politik durchzuführen, die der Ministerpräsident in Genf vertreten habe, müsse die Regierung ihre Militär-, Wirtschafts- und Währungspolitik ändern Der Radikale Margaine erklärte sich mit den Genfer Erklärungen Blums nicht einverstanden. Er setzte der- seiner Ansicht nqch schwankenden jran-

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