Pester Lloyd - esti kiadás, 1938. július (85. évfolyam, 145-170. szám)

1938-07-01 / 145. szám

Freitag, T. Juli 1938 • 3 • ' PESTER LLOYD Die englisch-spanischen Verhandlungen in der Schiffahrtfrage. Differenzen in der französischen Volksfront wegen der Nichteinmischungsfrage. Rußland will den Londoner Plan durch- , kreuzen. Telegramm des Pester Lloyd. London, 1. Juli. über die gestrige Sitzung des Nichteinmischungs­­ausschusses wurde eine Verlautbarung Ihterausgegeben, in der bestätigt wird, daß alle im Hauptausschuß vertretenen Mächte, mit Ausnahme Rußlands, dem englischen Plan zum Abtransport der Freiwilligen aus Spanien zugestimmt haben. Der sowjetrussische Vertreter, heißt es in der Verlautbarung weiter, habe, wie schon öfter, Schwierigkeiten für die Durchfüh­rung des Planes, insbesondere für die Handhabung der Hafenkontrolle, gesät und seine Regierung um Rat ersucht. Im übrigen wurde in der gestrigen Sitzung des Nichteinmischungsausschusses noch der Zusammen­tritt des Vollausschusses für den 5. Juli angekündigt. In dieser Sitzung soll der englische Plan den 27 im Nichteinmischungsausschuß vertretenen Mächten zur Billigung vorgelegt werden. Falls der Plan die Zu­stimmung aller Mitglieder des Vollausschusses erhält, so soll er noch in der kommenden Woche den bei­den spanischen Kriegsparteien vorgelegt werden. In versdMedenen Blättern wird bereits heute darauf hingewiesen, daß der Plan auch ohne Zu­stimmung Rußlands nach Barcelona und Burgos wei­tergeleitet werden soll. Eine italienische Stimme gegen die russische Opposition. Rom, 1. Juli. (MTI) Popolo di Roma bezeichnet den Standpunkt der nationalspanischen Regierung als vollkommen an­nehmbar, wonach sie von der Luftbombardierung spani­scher Häfen nicht Abstand nehmen könne, weil sich dort Schiffe mit Konterbande aufhalten. Die nationalspanische Regierung gehe richtig und ehrlich vor, wenn sie ihre Luftwache anweist, nach bester Möglichkeit die Luit­bombardierung englischer Schiffe zu vermeiden, und die Bezeichnung von eigenen Häfen für die neutrale Schiff­fahrt fordert. Dieser Vorschlag wird jedoch bei den Elementen, denen unter allen Umständen daran gelegen ist, die Lage in eineir allgemeinen Konflikt ausarten zu lassen, kaum Annahme finden. Diese Kreise werden sich jedenfalls dem Willen Chamberlains gegenüberfinden, der im vollen Einvernehmen mit Italien, Deutschland und, wie wir hoffen wollen, auch Frankreich vorgehen will. Eine optimistische Beurteilung der Lage wird auch dadurch be­gründet, daß der Nichteinmischungsausschuß trotz der russischen Obstruktion dem englischen Plane zugestimmt hat. Das Blatt schreibt zum Schluß: Will Sowjetrußland die erdrückende Verantwortung auf sich nehmen, daß es in der für Dienstag einberufenen Vollversammlung des Nichteinmischungsausschusses gegenüber • dem von 22 Staaten bekundeten Willen den englischen Plan hinter­treibt? Heute können wir dies noch nicht wissen. Sicher ist nur, daß Europa es nicht dulden wird, daß Stalin seine Absichten, ganz Europa in Brand zu setzen, auch tatsäch­lich verwirklicht. Die sozialistische Forderung nach Öffnung der Pyrenäengrenze. Paris, 1. Juli. (Inf.) In politischen Kreisen beschäftigt map sich sehr eingehend mit dem Beschluß des Verwal­tungsrates der sozialistischen Partei, eine Abordnung von hervorragenden Mitgliedern der Partei unter Führung Léon Blums zu Ministerpräsidenten Dalar dier zu entsenden, um von ihm die, Wiedereröffnung der Pyrenäengrenze zu fordern. Selbst in sozialisti­schen Kreisen gibt man sich zwar keinen Hoffnungen über Erfolgsaussichten eines solchen Schrittes hin, doch hat seine Ankündigung beträchtliches Aufsehen erregt. Bei den gemäßigten Sozialisten tritt man da­für ein, aus außenpolitischen Gründen die Tragweite des beschlossenen Schrittes dadurch abzumindern, daß Léon Blum allein oder höchstens mit einem oder zwei Parteifreunden bei Daladier vorsprechen solle. Vor einem Bruch zwischen Sozialisten und Kommunisten in Frankreich? Telegramm des Pester Lloyd. Paris, 1. Juli. Wegen der Spanienpolitik scheint es im franzö­sischen marxistischen Lager zu einem vollständigen Bruch zu kommen. Die Kommunisten werfen seit einiger Zeit den Sozialisten in ihrém revolutionären Eifer Lauheit vor, besonders in bezug auf die Unter­stützung der Genossen in Spanien. In einer Verwal­tungsratssitzung der Sozialistischen Partei wurde in einer Entschließung zu diesen Vorwürfen Stellung genommen. In einem Antwortschreiben an die Kom­munisten wird eine Zusammenarbeit mit der Kom­munistischen Partei auf innen- und außenpolitischem Gebiet abgelehnt. Den Kommunisten werden illoyales Verhalten und Doppelzüngigkeit vorgeworfen. So­lange die Kommunisten ihre Haltung nicht ändern, sei eine enge Zusammenarbeit, so wünschenswert sie auch sein möge, nicht möglich. In politischen Krei­sen hat diese Absage der Sozialisten an die Kommu­nisten beträchtliches Aufsehen erregt und man spricht bereits von einem bevorstehenden offenen Bruch zwischen den beiden marxistischen Parteien, der auch seine Rückwirkungen auf das Gewerk­schaftsgebiet haben könnte. Bezeichnend für die Stimmung im sozialistischen Lager ist der in letzter Zeit häufig geäußerte Wunsch nach einer Änderung des gegenwärtigen Wahlsgstems (dem die gegenwär­tige Volksfront ihre Entstehung verdankt) und der Einführung der Verhältniswahl, die der Partei die Möglichkeit bieten würde, getrennt in den Wahl­kampf zu gehen. Bei der Parlamentssession im Herbst wird diese Frage höchstwahrscheinlich eine entscheidende Rolle spielen. Französische Rechtsblätter protestieren gegen eine Rede Araquistains. Paris, 1. Juli. (Inf.) Die Rechtsblätter drucken unter schärf­stem Protest eine Ansprache ab, die der ehemalige spanisch-republikanische Botschafter in Paris Araquistain dieser Tage in Barcelona gehalten hat und in der er offen die Überzeugung von einer Re­­volution in Frankreich und einer darauf folgenden Einmischung Frankreichs zugunsten des republika­nischen Spanien ausdrückte. Nach Berichten des Jour hat der ehemalige! republikanische Botschafter erklärt, in Kürze werde das republikanische Spanien mächtige Alliierte er­halten, die ihm helfen und den Faschismus zer­schmettern würden. In Frankreich werde eine revo­lutionäre Bewegung vorbereitet, die der Pariser Re­gierung ihren Willen aufzwingen werde. Daraufhin werde die französische Regierung, die sich gegen d:e gleiche Gefahr zu verteidigen habe wie das republi­kanische Spanien, dem Proletariat zu Hilfe kommen, Die Zeit arbeite für die spanische Republik, man müsse Geduld haben, aber der Endsieg werde sicher sein. Le Jour schreibt dazu, daß dieser ehemalige Botschafter im Verlaufe seines Aufenthaltes in Paris nichts gelernt habe. Er sei ein schlechter Diplomat, wenn er sich dermaßen über die tiefen Wünsche des französischen Volkes täusche und derartige wahr­heitswidrige Behauptungen aufstellen könne. Sir Robert Hodgson in London. Telegramm des Pester Lloyd London, 1. Juli. Das Interesse der politischen Kreise gilt int Augenblick vor allem der nationalistisch-spanischen Antwort auf die englischen Vorstellungen zu den Luftangriffen auf englische Schiffe. Besondere Be­deutung findet die Tatsache, daß Sir Bobért Hodgson gestern in London eingetroffen ist und noch am Tiage seiner Ankunft im Außenministerium vor­sprach. Obwohl die englische Regierung den von General Franco gemachten Vorschlag zur Errichtung eines Sicherheitshafens an der Mittelmeerkäste gut­zuheißen scheint, bildet die Frage, ob mit einer solchen Maßnahme nicht auch die Rechte einer kriegsführenden Macht automatisch an General Franco zugestanden sein würden, vorläufig noch ein Hindernis. Im übrigen ist England nach wie vor be­müht, die Abreise des internationalen Ausschusses zur Untersuchung der Auswirkungen von Bomben­angriffen zu beschleunigen. Antrittsbesuch des ersten nationalistischen Botschafters beim Papst. Rom, 30. Juni. (MTI) Der erste Botschafter des nationalen Sjxinien Jósé Janguas Messia hat heute in Castelgandolfo Papst Pius XI. sein Beglaubigungsschreiben überreicht. Der Botschafter betonte, das nationale Spanien werde alles daran setzen, um die Ungerechtigkeiten, die von den Republikanern an der Kirche begangen worden seien, wie­der gutzumacben. Papst Pius XI. gab in seiner Antwort dem Wunsche Ausdruck, daß der schreckliche Bürgerkrieg bald ein Ende finden möge. Der nationalistische Heeresbericht. Salamanca, 1. Juli. (MTI) Der offizielle Heeresbericht der nationalisti­schen Truppen lautet: Unsere Streitkräfte haben an der katalanischen Front im Abschnitt von Tremp in der Nähe der Anhöhe von Conques feindliche Angriffe zurückgeschlagen. Auch der vom Gegner im Frontabschnitt von Teruel in der Nahe von Puebra Valverde unternommene Angriff ist erfolglos geblieben. Die nationalistischen Truppen ha- Die Prinzessin in der Perle. Von Käte WILHEIM. Die Bezugsquelle war ein Laden, der eine solche Fülle märchenhafter Schätze enthielt, daß meine verwirr­ten Augen während der wenigen Minuten, die ein kleiner Einkauf währte, das glitzernde Chaos kaum in Einzelhei­ten zu trennen vermochten. Ganze Bündel gefädelter Perlen, nach Farbe und Form gesondert, Vorhänge und Lampenschirme aus Glasfransen, Grabkränze, deren Rosen, Lilien und Vergißmeinnicht aus tausenden winziger Glasperlen zusammengefügt waren, gleißende Flitterkostüme für Zirkusreiterinnen und schwarzflimmernde Kapotthiitchen für alte Damen, Mas­ken und Diademe, Ketten und Glasknöpfe und noch vieles mehr. Es war einfach überwältigend, denn ich war da­mals etwa sieben Jahre alt. In diesem wunderbaren Laden bekam man unter der wenig würdigen Bezeichnung „Abfallperlen“ all jene Kost­barkeiten, die beim Verkauf von Perlen und Grabkränzen, Flitterkostümen und Glasknöpfen unter das Pult fielen und jeden Morgen vom Lehrjungen zusammengekehrt wurden. Daher' war auch ein bißchen Staub darunter. Das Fräulein händigte mir das Päckchen ein und sagte: „Du kannst eine schöne Kette daraus machen!“ Ich war überaus erfreut und dankbar. Zu Hause schüttete ich sie sofort in eine leere, himmelblaue Medika­­mentenschaehtel und trug sie zum Fensterbrett. Das schöne breite Fensterbrett des Kinderzimmers war der bevorzugte Spielplatz. Denn be;m Mitteltisch saß das Fräu­lein und besserte Strümpfe aus, oder dergleichen. Nicht, daß ich das Fräulein nicht lieb gehabt hätte! Aber sie hatte das gewisse überlegene Lächeln der erwachsenen Leute und man konnte ihr nicht das mindeste anver­trauen. Ich schüttelte die Medikamentenschachtel wie ein Kaleidoskop und war über die Mannigfaltigkeit des Inhalts unbeschreiblich entzückt. Dann begann ich in dem bunten Geflimmer nach Besonderheiten zu suchen. Da war eine purpurrote Glasperle mit einer vorquel­lenden weißen Halskrause, dann eine putzige, schWarz­­weiß karierte, da waren ein Halbdutzend kleiner, gold­­glänzender und einige derbere, stahlfarbene Kügelchen, da war ein geschliffener Kristallknoplf und die Platte einer kleinen, mit Rosenranken verzierten Venezianer­­broche. Und endlich fand ich eine kleine irisierende und un­sagbar zart geformte Perle, dié unter allen übrigen — so viel ich auch suchte — nicht ihresgleichen hatte. Ich hielt sie behutsam und bewundernd zwischen den Fingern — und plötzlich wußte ich, daß sie eine Prinzessin war. Sie trug ein Kleid aus weißer fließender Seide und hatte so feine, gebrechliche Glieder, daß sie ebenso ’hieß, wie die süße Prinzessin „Rührmichnichtan“. Und auf einmal war der schön geschliffene Kristall­knopf eine Palastkuppel, die auf den Elfenbeinwänden meiner Dominosteine ruhte, die Purpurfarbene mit weißer Krause war der Königsmantel mit breitem Hermelin, den der Vater der Prinzessin trug, die goldglänzenden war?n die Hofdamen und die stahlfarbenen die Ritter, der Hof­narr steckte in dem schwarz-weiß karierten Wams und die leicht gewölbte, rosen ümrankte Venezianerplatte war die Sänfte der Prinzessin. Und nun wimmelte es von Pagen und Lanzenträgern, Bürgern und Soldaten, Kindern und Blumen, Tieren und Häusern ... Die Prinzessin hatte Geburtstag. Sie stand neben ihrem Vater auif der Terasse des Palastes und verschenkte ihr Lächeln. Unten flutete bunt, glänzend und schier end­los ein Festzug vorüber. Ratsherren und Würdenträger traten vor und hielten Glückwunschreden. Der Hofnarr ließ sich zierlich auf ein Knie nieder und sagte einen Spruch auf, der alle Umstehenden zum Lachen bracht?. Ein kleines, weißgekleidetes Mädchen sprach einen Wunsch, hielt einen Blumenstrauß in Händen und blickte hilflos zu der Terasse empor. Da kam die Prinzessin die Stufen herab und küß!e es auf die Stirn. Die Kristallkuppel des Palastes leuchtete seltsam. Sie schimmerte auch des Nachts so wunderbar, daß durch die Säle des Schlosses m'hr Licht flutete, als am hellen Tage und die Prinzessin sich niemals im Dunkeln zu fürchten brauchte. Jetzt aber war noch warmer, sonniger Morgen. Und als der Festőiig und die Glückwünsche vorüber waren, umarmte der König die Prinzessin und sagte: „Verbringe den Tag recht freih, mein Kinidi, vergnüge dach ganz nach d eine m Ge f a llen. ‘ ‘ Zuerst fiel der Prinzessin nichts Festliches ein, das sie hätte beginnen können. Dann aber fragte sie schnell: „Darf ich heute wirklich alles tun, was mir Freude macht?“ Da lächelte der König gewährend. Sie küßte ihn schnell zum Dank und eilte, wie sie war, im weißen, fest­lichen Kleid) aus dem Palast. Aa den Sänftenträgern,' lief sie vorbei, denn wenn sie in der Sänfte saß, hielt sie im­mer difn Atem an, um recht leicht zu sein, und das war noch viel beschwerlicher, als zu Fuß zu gehen. So kam sie auf den Marktplatz. Sie ging von Stand zu Stand und hat so freundlich und beschenkte die Miarkt­­leute so reichlich, daß sie sich ihrer Bitte gefügig zeig­ten, so verwundert sie auch waren. Und ihr halfen, alle die großen Bottiche, in denen Hunderte von angstvoll zappelnden Fischen mit toten, verschmachteten Kamera­den zusammengepfercht waren, zum Fluß hinunterzutra­­gen, tum die Fische in dem kühlen frischen Wasser frei­­ziuigeben. Die Prinzessin jauchzte vor Freude, als sie die Befreiten im Wasser silbern davonflitzen sah. Dann eilte sie zurück und ruhte nicht eher, bis die Tauben und alles Geflügel aus den engen Käfigen entlas­sen waren, in denen sie vor Bamtgigkeit gewiß fast um­kamen. Und die kleinen Kälber, die vor Angst und Heim­weh schrien, ließ sie losbinden und befahl, sie in eben dieselben Ställe zu ihren Müttern zurückzubringen, aus denen man sie am Morgen geholt hatte. Sie fühlte den Boden kaum unter den Fußen, so froh war ihr zumute, und sie war eben daran, etwas Neues zu hegiinnen. — ... als das Frälein neben mich trat und fragte: „Nun, hast du dir schon eine schöne Kette gemacht?“... Meine Gedanken mußten in einer Sekunde von so weit zurückkehren, daß ich ein bißchen betäubt war. Ich streckte die Hand nach der blauen Medikamentenschachtel aus und streifte im Nu alles hinein: den Palast und die Kristallkuppel, Menschen und Tiere und Blumen, als wäre das nichts besonderes. Und ich anworlete mit beschei­denem Widerstand in der Stimme: „Ich muß ja keine Kette haben .. Aber das Fräulein beachtete meinen Einwand nicht. Sie hatte schon einen Faden zur Hand, knüpfte das eine Ende zu einem Knoten, befeuchtete das andere mit den Lippen und begann' nun alles wahllos aufzureihen: Ritter und Hofdamen, Knappen und Lanzenträger, Tiere und Blumen, den König und den Hofnarren ... In mir war eine einzige, zitternde Angst... Ich kam eben noch zurecht, griff mit einer kleinen, möglichst un­auffälligen Bewegung in das bunte Gewimmel, als wollte ich ein Staubkörrchen entfernen, hob die Prinzessin im weißen, fließenden Kleid behutsam daraus empor — meine süße Prinzessin „Rührmichnichtan“ _und ließ sie beim offenen Fenster in den Garten hinabgleiten ...

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