Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1939. január (86. évfolyam, 1-25. szám)

1939-01-01 / 1. szám

4 notwendige Anpassung an die Forderungen der Zeit, aber ihr eigentlicher Zweck besteht darin, durch Anpassung das Wesen und die Bestimmung dieses Blattes, ein Vertreter des historischen, ewigen unga­rischen Nationalgedankens zu sein, auch für kom­mende Zeiten aufrechtzuerhalten. PESTER LLOYD Sonntag, Í. Januar 1939 —— ■— uw i ■!!■■■! Ml ill— ... Das Schicksal der Friedensverträge und Befriedung im Donaugebiet Ein Gespräch mit Lord Londonderry — Von unserem Korrespondenten — London, im Dezember (A. R.) Bis gibt kaum einen zweiten englischen Staatsmann, der in so hohem Maße zu der gegen­wärtigen Kursrichtung der englischen Außenpolitik beitrug, wie Lord Londonderry. Seit 1935 bekleidet er zwar keinen Ministerposten, doch stempeln ihn seine glänzende Position im gesellschaftlichen Leben Englands und seihe vielseitigen Staatsmännisehen Erfahrungen zu einer der meistbeachteten Persön­lichkeiten. Die in den letzten Jahren fehlende Bin­dung durch Regierungsposten erleichterte es ihm sogar, die von ihm gesetzten außenpolitischen Ziele zu verfolgen. Zwei Grundideen waren von jeher für seine außenpolitische Konzeption bestimmend: er­stens die Notwendigkeit der Revision der Friedens­verträge, die nicht die Bedingungen eines dauerhaf­ten Friedens schallen konnten, zweitens die Er­kenntnis, daß eine deutsch-englische Verständigung für die Stabilität des europäischen Friedens uner­läßlich sei. Durch seine inoffiziellen, aber nichts­destoweniger bedeutsamen Zusammenkünfte mit den Lenkern des Deutschen Reiches, durch sein im Frühjahr 1938 veröffentlichtes Buch „Ourselves and Germany“ legte er die Grundsteine zu dem außenpo­litischen Kurs, der zur Zeit mit dem Namen des Mi­nisterpräsidenten Neville Chamberlain eng verbun­dein ist. In den beiden Dokumenten, die Chamber­­lain in München Unterzeichnete, verwirklichte er entscheidende Bestandteile der von Lord London­derry vertretenen politischen Anschauung. Vor vielen Jahren — im Jahre 1931 — als die gerechte ungarische Sache erst noch wenige Für­sprecher im England hatte, bekundete er bereits seine Sympathien für Ungarn, indem er die ihm an­gebotene Würde der Präsidentschaft der Anglo- Hungqrian Society annahm. Dieser Gesellschaft verleiht das Ansehen und der Glanz seines Namens ein nicht zu unterschätzendes Gepräge, ist doch Londonderry-House einer der bedeutendsten politi­schen Salons der englischen Hauptstadt. Sein be­rühmtes Heim im Park Lane gehört zu den wenigen in dieser Straße noch vorhandenen früh-viktoriani­schen Palais, die den neuzeitlichen Turmbauten nicht gewichen sind. Bei dem Betreten des London­derry-House verspüre ich die traditionsgebundene Atmosphäre, die dieser Bau, der seit einem Jahrhun­dert den Mittelpunkt des Londoner gesellschaftlichen Lebens bildet, ausströmt. bäum, Herrgott, ganz oben saß schon Stefan Szine­­tár mit der Lederhose, der Sohn des königlichen Notars. Und er warf auch gleich die Kostbarkeiten hinunter: den Sekt, dann fünf Apfelsinen, ihnen folgten die Schachteln voll Datteln. Zuletzt flogen die Schuhe. — Oh weh, oh weh — stöhnte neben mir Herr Tobak, der Seidenkokoneinlöser mit den vielen Kindern — umsonst klettert jetzt mein armer Sohn Karl, das Goldstück ist ja doch in den Schuhen. Sohn Karl kletterte aber doch los. Es wurde noch geklatscht, als er schon am Baumstamm hing. Das Volk wurde plötzlich still. Wie eine Katze klet­terte der magere arme Junge geradeswegs hoch, mit dem Körpergewicht immer nach Osten. Seine langen Arme streckte er immer wieder hoch, und als Kuglosits mit dem gewaltigen Brustkasten auf dem Dach des Hendelschen Hauses ausrief: — Er schafft’s! Er hat’s geschafft! Runter, was noch hängt — erreichte Karl Tobak tatsächlich den Wipfel. — Mein armes Kind! — flüsterte der alte Tobak — die jungen Herren sind doch immer die ersten. Auf dem Baume hing eine einzige Apfelsine. Karl Tobak ließ sie aber stehen. Zuerst riß er einen kleinen Zweig ab und warf ihn hinunter ... Aus der Menge stieg ein Gemurmel hoch, ein leises Raunen, wie Donnern aus dem Inneren einer friedlichen Wolke, die weder mit Blitz, noch mit Hagel trächtig ist. Seht, der arme kleine Tobak hat es nicht ver­gessen, daß ein Zweiglein dem Altar der Gottes­mutter gebührt... Das Zweiglein fiel, die Flügel der kleinen Blät­ter spannten sich. Pater Vikárius ging unter den Baum, hob den Zweig auf, wischte den Staub ab und bekreuzigte ihn. Karl Tobak rastete ein wenig, dann löste er die verwaiste Apfelsine vom Baum und ließ sie fallen. Lord Londonderry, der mich in seinem Arbeit« zimmer empfängt, spricht mit viel Liebe und Wärme von den Tagen, die er in Budapest verlebt hat. Er zählt seine zahlreichen ungarischen Freunde auf. Er rühmt die sprichwörtliche ungarische Gast­freundschaft. Mit besonderer Hochschätzung gedenkt er des Grafen Albert Apponyi. Häufig traf er mit dem großen ungarischen Staatsmann in Genf zu­sammen, wo er als Luftfahrtminister an der Ab­rüstungskonferenz teilnahm. Er ist mit den gegen­wärtigen Problemen Ungarns überraschend vertraut, Eber die englisch-ungarischen Beziehungen, sowie über die verschiedenen Aspekte der ungarischen Außenpolitik erklärt er folgendes für den Pester Lloyd: „Mein Interesse für Ungarn ist nicht neuen Datums. Meine persönlichen Beziehungen zu Ungarn stammen noch aus der Vorkriegsepoche, aus den Zeiten der alten österreichisch-ungarischen Mon­archie. Nach Beendigung des Weltkrieges habe ich mich gefreut, diese Beziehungen wieder aufnehmen zu können. Dankbar nahm ich deshalb die Würde der Präsidentschaft der Anglo-Hungarian Society an, die zum Zweck der Förderung kultureller Beziehun­gen zwischen England und Ungarn gegründet wurde. So oft ich mich in Budapest aufhielt, fand ich ein außerordentlich reges Interesse für die poli­tischen Einrichtungen Englands wie auch für die englische Kultur. Ich schließe hieraus, daß trotz der geographischen Entfernung ein starkes Interessen­band Ungarn mit England verbindet, das wohl hauptsächlich auf der Identität der parlamentari­schen Systeme der beiden Länder beruht, die beide in einer siebenhundert Jahre alten Tradition ver­wurzelt sind. Ich glaube, daß die Stärke dieser Tra­dition Ungarn dazu verholfen hat, seine Selbständig­keit zu wahren und einen außenpolitischen Kurs zu befolgen, der hauptsächlich durch ungarische Inter­essen und nicht durch solche anderer Mächtegruppen bestimmt wird. Es wird in England gewiß verstan­den, daß die ungarische Außenpolitik die mächtigen Nachbarn des Landes, mit denen es durch geo­graphische und wirtschaftliche Bande eng verbun­den ist, nicht ignorieren kann. Ich habe stets das Prinzip vertreten, daß Länder, die mittels verschie­dener Methoden regiert werden, auf dem Gebiete der Außenpolitik dennoch harmonisch zu kooperieren vermögen ohne daraus die Konsequenz ziehen zu müssen, daß das eine Land das Regierungssystem Jetzt fing Herr Kornelius Lelbach zu klatschen an. Und dann die anderen. Die Leute, die auf den Hausdächern hockten, ließen Karl auf das Kom­mando von Kuglosits hochleben. Der ganze Platz hallte, die Menge rauschte, und der Gesangverein stimmte wieder an: Oh, tönende Tochter von Tihany, Schwebe her von deinem hehren Berge. Die Blechmusik von Simongát paßte sich der Zigeunerkapelle an und tönte, wenn auch um ein paar Töne tiefer, die Weise: Ist die Erde Gottes eigner Hut, Ungarland drauf wie ein Sträußlein ruht! Plötzlich war ein dünner Schrei, wie ein Heu­len, vom Maibaum her zu hören, der ulte Tobak, der Vater von Karl, brachte inartikulierte Laute hervor. — Was ist los? Was hat der Tobak? Warum hüpft er herum? Ist er verrückt geworden? He, Tobak! Nur Gutsbesitzer Lelbach lachte. In diesem Jahr hat er nämlich anders verfügt, als in den vergangenen Jahren. Auf seinen Wunsch wurde das Zehnkronenstück nicht in den Schuh eingenäht, sondern in eine Apfelsine gesteckt.,. Auf Wunsch der Gutsherrschaft... Die Nachricht verbreitete sich im Nu in der Stadt. Tante Susanne flüsterte meiner Mutter zu: — Sehen Sie, meine Liebe, die Heilige Maria hat ein Wunder vollbracht... Der arme Junge hat den Maiepzweig nicht vergessen, also schenkte auch sie das Goldstück nicht dem jungen Szinetár... Sehen Sie, jetzt kann der Tobak mit den vielen Kindern die Miete bezahlen ... Und mit gesenktem Kopf ging sie in die Kirche ... Die Vormittagssonne schüttete ihr Licht mit süßem Glanz auf die frohen Bäume aller Maien. das von Arzt und Publikum bevorzugte Abführmittel? Weil nach Einnahme von 2-3 Artin Dragées am Abend,am nächsten Morgen eine angenehme, vollkommen AHr schmerzlose Entleerung erfolgt, ohne MjjBBF dass es einem zu Bewusstsein kommt, ein Ab führmittel einge­«Amman eil hahsn der befreundeten Macht für sich selbst anwende oder zumindest damit sympathisiere. Ich versuchte in der Vergangenheit, zur Förderung einer solchen Zusammenarbeit zwischen England und Deutschland beizutragen, ohne nur einen Augenblick daran zu denken, daß das System, das der deutschen Staats­führung zugrunde liegt, jemals auf England ange­wendet werden könnte. Ich vermute, daß im Falle Ungarns das starke und traditionsgebundene Ideal einer verfassungsmäßigen Regierung auch nicht im geringsten durch die Beziehungen des Landes zu Mächten mit abweichenden Regierungsmethoden be­rührt wird. Ein starkes und unabhängiges Ungarn ist und bleibt ein wichtiger Faktor für das eure­­püische Gleichgewicht, um so mehr, als das Donau­becken einer der Brennpunkte europäischer Politik ist.“ „Ich betrachte die Förderung der wirtschaft­lichen Beziehungen zwischen Großbritannien und Ungarn als von außergewöhnlicher Wichtigkeit. Kul­turelle und wirtschaftliche Beziehungen waren stets die Grundlage einer politischen Verständigung; diese Erkenntnis trug auch zu dem Zustandekommen des Britischen Reiches bei. Die britischen Missionäre verbreiteten die kulturellen Werte des Christentums und dicht auf ihren Spuren folgten die britischen Kaufleute. Auch im gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzsystem gehören der britische Handel und die britische Finanz zu den wertvollsten Einflüssen in der Sphäre des Britischen Reiches.“ „Meine Einstellung zu den Friedensverträgen wurde durch meinen berühmten Vorfahren, Lord Casllereagh, inspiriert, der ja lange Zeit mit dem glänzenden Außenpolitiker Metternich zusammen­wirkte. Er war es, der während des Wiener Kon­gresses erklärte, daß es nicht die Aufgabe der Sieger sei, Siegestrophäen zu sammeln, sondern zu ver­suchen, die Welt friedlichen Verhältnissen zu* zuführen. Dies war der Geist des Wiener Kongres­ses, der einer langen Reihe von Kriegen ein Ende be­reitete, die im Grunde genommen eine Auseinander­setzung zwischen England und Frankreich dar­­stellten. Es ist den Friedensverträgen des Wiener Kongresses zu verdanken, daß seit jener Zeit eine Rivalität zwischen England und Frankreich niemals wieder zu einer bewaffneten Auseinandersetzung führte und daß zurzeit ein solcher Konflikt unvor­stellbar erscheint.“ .,Unglücklicherweise wurden die Pariser Ver­träge, die dem Weltkrieg ein Ende zu bereiten be­stimmt waren, nicht in demselben Geiste verfaßt. Demzufolge trat ich stets dafür ein, daß sich eine Befriedung Europas nicht vollziehen kann, so lange die Friedensverträge im Geiste der Verständigung und auf Grund der gewonnenen Erfahrungen nicht revidiert sind. Die jüngsten historischen Ereignisse haben es wieder bewiesen, daß die Bedingungen, die in den Friedensverträgen niedergelegt wurden, nicht für die Ewigkeit geschaffen sind. Das Münch­ner Abkommen und die Neufestsetzung der Grenzen der Tschecho-Slowakei stellten nichts weiter dar als die Richtigstellung einer der flagrantesten Ungerech­tigkeiten der Friedensverträge.“ „Ich betrachte eine Verständigung zwischen Ungarn und seinen Nachbarn im Donaubecken als einen wichtigen Beitrag in der Sphäre der wirt­schaftlichen und politischen Befriedung Europas. Stets trat ich für einen freieren Warenaustausch ein und ich betrachtete von jeher hohe Zollsätze nicht nur als eine wirtschaftliche, sondern auch als eine politische Gefahr Eine Verständigung der Donau­länder dürfte zur Schaffung einer verbesserten Atmo­sphäre beitragen, in der sich die Beseitigung der durch die Friedensverträge errichteten politischen Schranken ermöglichen ließe Die Notwendigkeit der Revision dieser Verträge hat sich bereits erwiesen.“ AUSLÄNDISCHE flRIilN

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