Pester Lloyd - esti kiadás, 1939. március (86. évfolyam, 49-74. szám)

1939-03-01 / 49. szám

Mittwoch, 1. März 1939 PESTER LLOYD Nach der Anerkennung der Burgos-Regierung durch London und Paris Wird Negrin den Widerstand aufgeben? Der Mißtrauensantrag gegen Chamberlain abgelehnt Heftige Szenen im englischen Unterhaus I Telegramm des Pester Lloyd London, 1. März Dienstag abend gelangte im Zusammenhang mit der Spanienaussprache der von der englischen Arbeiterpartei im Unterhaus gestellte Mißtrauens­antrag zur Abstimmung. Er verfiel mit 344 gegen 137 Stimmen der Ablehnung. Gegen Schluß der Aussprache kam es nochmals zu sehr erregten Auseinandersetzungen. Als letzter Sprecher der Opposition nahm der Führer der Londoner Arbeiterpartei Hebert Morrison das Wort. Er richtete ungewöhnlich scharfe persönliche An­griffe gegen Chamberlain. Unter ausdrücklicher Billigung der „völlig angemessenen und berechtigten Angriffe Attlees“ warf Morrison dem Minister­präsidenten „übermäßige Empfindlichekit“ vor. Er sagte: „Chamberlain gehört einem degenerierten politischen Zeitalter an.“ Sein Vater habe -vor 40 Jahren eine viel robustere Politik getrieben, aber der Sohn sei ein grämlicher Mann und werde kin­disch. Schließlich beschuldigte Morrison den Mi­nisterpräsidenten der Selbstherrlichkeit lind sagte, Chamberlain habe keine große Achtung vor dem Parlament und vermutlich auch nicht vor seinen Kabinettskollegen. Dominionminister Sir Thomas Inskip, der für die Regierung die Aussprache abschloß, ging noch einmal auf die Angriffe Attlees ein. Daraufhin mischte sich dieser ein und wiederholte seine Er­klärung, daß Chamberlain kürzlich im Unterhause „eine bewußt irreführende Erklärung“ zur Spanien­frage abgegeben habe. Attlee fügte hinzu: Das wichtigste sei, daß der Ministerpräsident, wenn ihm eine Frage gestellt wird, diesem Hause die Wahrheit sagen sollte. Sofort geriet das ganze Haus in Aufregung. Von den Bänken der Regierungsanhänger wurde Attlee zur Zurücknahme seiner Erklärung aufge­fördert. Als daraufhin ein konservativer Abgeord­neter den Speaker fragte, ob Attlee zu einer solchen Behauptung berechtigt sei, erwiderte dieser: „Ich glaube, daß seine Behauptung dem entsetzlich nahe kam, was zurückgenommen werden müßte.“ Als Attlee daraufhin seine Erklärung nochmal wieder­holte, führte Sir Thomas Inskip unter dem Beifall der Regierungsanhänger aus, er halte es angesichts der Worte des Speakers für richtig, wenn er über die Erklärung Attlees hinwegginge. Hat England die Anerkennung ohne Gegenleistung vollzogen? London, 1. März Ein großer Teil der Londoner Morgenpresse nimmt zu den stürmischen Vorgängen in der Unterhausaus­sprache vom Dienstag Stellung. In den der Regierung nahestehenden Blättern kommt die Opposition und besonders der Franktionsvorsitzende der Arbeiterpartei Attlee sehr schlecht weg. Daily Tele­graph zerpflückt seine Argumente und behandelt seine Behauptung sehr kritisch, die Anerkennung Francos sei ohne Gegenleistung vollzogen worden. Das Blatt sagt, England habe unmöglich Bedingungen stellen können, ohne gleichzeitig bereit zu sein, bei einer etwaigen Ab­lehnung Krieg zu führen. Auch hätte eine Geheralamoestie nicht verlangt werden können, da durch sie auch die Schuldigen an den entsetzlichen Verbrechen frei ausge­gangen wären. Der Ministerpräsident hoffe auf die Her­beiführung eines Waffenstillstandes in Spanien, und dagegen könne auch die Opposition nichts einzuwenden haben. Der arbeiter-parteiliche Daily Herald fährt dagegen weiter fort, dem Ministerpräsidenten Unehrlichkeit vor­­zu werfen. Franco an den Nichteinmischungsausschuß London, t. März (MTI) Der Minister für die Dominien Sir Tho­mas Inskip brachte in der Sitzung des Unterhauses, die bis in die späten Nachtstunden währte, in einer Regierungserklärung zum Abschluß der" Anerken­nungsdebatte die Botschaft des Generals Franco an den Nichteinmischungsausschuß zur Verlesung. Darin heißt es, das nationale Spanien werde weder jetzt noch in der Zukunft die Enteignung eines noch so geringen Teiles seiner Gebietshoheit oder seines wirtschaftlichen Lebens zulassen und werde auch seine Schutzgebiete zu verteidigen wissen, wenn irgend jemand sich an diese heranwagen sollte. .Herzog Alba — spanischer Botschafter in London? London, 1. März Wie aus politischen Kreisen zu erfahren ist, hat Franco bisher noch keine Entscheidung über die künftige Besetzung des nationalspanischen Bot­schafterpostens in London mitgeteilt. Er habe aber aueh noch nicht darum gebeten, daß sein bisheriger Hauptagent Herzog Alba als Geschäftsträger akkreditiert werde. Eine solche Zwischenlösung wird auch nicht für notwendig erachtet, falls, wie allge­mein erwartet wird, der Herzog von Alba in aller Kürze als erster nationalspanischer Botschafter sein Land vertreten wird. Marschall Pétain: französischer Botschafter in Spanien? Paris, 1. März (MTI) ln politischen Kreisen verlautet, daß sich Frankreich in Nationalspanien durch eine militärische Persönlichkeit wird vertreten lassen. Ministerpräsi­dent Daladier hatte gestern in dieser Angelegenheit eine halbstündige Unterredung mit Marschall Pétain, woraus einige Blätter folgern wollen, daß Pétain als Botschafter nach Spanien gehen soll. Le Jour schreibt, es sei der Wunsch Ddladiers, daß Frankreich sich bei der Franco-Regierung durch eine militärische Persönlichkeit vertreten lassen solle und es ist wahrscheinlich, daß Marschiaill Pétain mit einer sechsmonatigen Betrauung als Bot­schafter nach Spanien gehen wird. Allerdings hat der Marschall einmal bereits die Übernahme eines diplomatischen Postens ausgeschlagen und es ist fraglich, ob er jetzt dem Wunsche der Regierung eher nachgeben wird. In zuständigen französischen Regierungskreisen enthält pian sich jeder Äußerung über die Person des nach Spanien zu entsendenden Botschafters. Del Vayo über die Fortsetzung des Kampfes Madrid, 1. März (MTI) Nach seiner Heimkehr aus Frankreich er­klärte der republikanische Außenminister Del Vayo, „ein Außenminister Graf Ciano in Polen ' Warschau, 1. März (Stefani) Außenminister Graf Ciano, der in der Nacht im Sonderzuge aus Bialowicze abgereist war, ist heute früh in Krakau, der letzten Station seiner Polenreise, eingetroffen. Die Ergebnisse des Besuchs Rom, 1. März Der diplomatische Korrespondent der Stefani-Agentur schreibt: Der Warschauer Besuch des Grafen- Ciano ward allenthalben mit großer Sympathie verfolgt. Man kann behaupten, daß ganz Europa bei der geistigen Begegnung der beiden Völker zugegen ist. In diesen Tagen werden politische und kulturelle Beziehungen, die seit Jahrhun­derten die beiden Völker vereingt haben, enger verwoben. Ein enges Band bilden die in den Unaliängigkeitskämpfen gemeinschaftlich gebrachten Blutopfer, sowie die Inter­essengemeinschaft der beiden Staaten, Es ist indessen eine Eigentümlichkeit junger Völker, daß sie nicht nur auf die Vergangenheit blicken, sondern auch auf die Ziele der Zukunft. In der Konzeption der verantwortlichen Leiter der beiden Länder nehmen die ZukunftVfragen einen wichtigen Raum ein. Die polnische Presse ist sich offen­kundig dessen bewußt, daß Mussolini vor und nach dem Marcia su Roma immer Freund der polnischen Nation war und durch so manche Erklärung die Freundschaft der beiden Völker gefestigt hat. Rom betrachtet den neuen polnischen Staat als Groß­macht, die eine besonders wichtige Mission vom Gesichts­punkt Europas besiizt. Die Weltanschauung, die die politi­sche und militärische Organisierung Polens und den Ar­beitswillen seiner soldatischen Generation hochschätzt, unterscheidet sich auffallend von der Anschauung jener, die diesen Staat in der Vergangenheit und auch jetzt noch als Vasallen betrachten, der den Richtlinien anderer Großmächte unterworfen werden kann. Rom dagegen weist Europa das Beispiel einer neuen Politik, die das Le­bens- und Entwicklungsrecht aller Völker loyal aner­kennt, gemäß ihrer Kraft, geographischen Lage und Tra­dition. Darum findet Polen in der Freundschaft Italiens das Unterpfand seiner eigenen europäischen Sendung. Mussolini hat in seiner persönlichen Botschaft erklärt, daß man heute ohne Mitwirkung Polens nicht vom Gleich­gewicht und der Kooperation der europäischen Völker reden könne. Das sind eindeutige Worte. Rom erkennt mit einem Wort Polen als europäische Großmacht an. Besorgnisse der Volosin-Kreise Munkács, 28. Februar (MTI) Die ukrainischen Beamten in Huszt ver­folgen mit steigender Bedrückung das Ergebnis der Warschauer Reise des Grafen Ciano, Sie machen kein Hehl ans ihrer Befürchtung, daß dieser diplo­matische Schritt in kurzer Zeit zur Liquidierung der ukrainischen Staatlichkeit Volosinscher Prägnanz führen könne. Das Regime Volosin und seine Poli­tik wird als überholt betrachtet und man erwartet im Schicksal Karpathorußlands eine baldige Ände­rung. Italienische Pressestimmen Ober die italienisch-polnische Zusammenarbeit Rom. 28. Februar (iuiij Der nach Warschau entsandte Sonder­korrespondent des Popolo d'Hulla betont, das Ziel der Reise des Grafen Ciano war ein gegenseitiges Kenncnlerncn mit dem Obersten Beck und ein <'in­gehender Gedankenaustausch über verschiedene Fra­gen. Die Interessen Polens und Italiens treffen sich im Donauraume, ohne daß sie sich in irgend: iner Weise kreuzen würden. Zwischen den beiderseitigen Interessen sei also die vollkommenste Harmonie möglich. Bei den Warschauer ß. sprcchungen wur­den die verschiedensten Kombinationen und Mög­lichkeiten geprüft. Im Endergebnis konnten beide Teile feststellen, daß sie die polnisch-Ualienisclu Zu­sammenarbeit im Interesse der Gerechtigkeit und-des Friedens zu würdigen verstehen und dem Wunsche Ausdruck verleihen, diese Zusammenarbeit noch en­ger zu knüpfen. Polen bedeute einen wichtigen Fak­tor des Gleichgewichts in Europa und die bevor­stehende Reise des Obersten Beck nach London könne wesentlich zur Aufrechlerhaltung des Frie­dens beitragen. In den Spalten des Giornale d’ltalia befaßt sich Virginio Gayda mit den Möglichkeiten einer polnisch­italienischen Zusammenarbeit und betont, es gebe auf diesem Gebiete noch manches zu tun und man könnte dien Handelsverkehr zwischen den beiden Ländern wesentlich steigern. Es wurde eine Über­einkunft erzielt, zwischen Rom und Warschau über Budapest einen planmäßigen Luftverkehr ab 1. Mai d. J. einzurichten. 3 jeder sei auf seinem Platz geblieben“ und die Meldungen über Zersetzungserscheinungen oder eine Panik seien „unzuverlässig“. Man müsse die schwere Lage, die kein* Geheimnis bilde, vollen Ernstes betrachten. Vor allem tun Ruhe und Disziplin not. Schließlich gedachte er voller An­erkennung des Geistes der kämpfenden Truppen. Eine Ceheimberatung der Hegrin-Regierung Telegramm des Pester Lloyd Paris, 1. März In den späten Abendstunden des Dienstags wurde in Paris bekannt, daß gegenwärtig in einem Ort in der Nähe von Valencia Negrin seine ihm noch verbliebenen Minister zu einer geheimen Sitzung zusammenberufen hat. Man nimmt in französischen politischen Kreisen an, Negrin wolle zunächst rasch die Fragen einer Lösung näher bringen, vor die er und seine Genossen sich jetzt gestellt sehen, und zwar durch die endgültige Abdankung Azanas. Darüber hinaus soll auch die Frage entschieden werden, ob der militärische Wider­stand weiter fortgesetzt werden soll. Miaja sieht den Widerstand ais zwecklos an Telegramm des Pester Lloyd Paris, 1. März Die Lage im Rest des republikanischen Spa­nien wird nach den aus Madrid eintreffenden Mel­dungen immer verworrener. General Alia ja, der von Negrin seines Postens als Oberbefehlshaber der re­publikanischen Streitkräfte wegen seiner Forderung nach dem sofortigen Abschluß eines Waffenstill­standes enthoben und durch Casado ersetzt worden war, hat nunmehr auch das ihm noch verbliebene Amt eines Befehlshabers von Madrid niedergelegt. Als Begründung wird angegeben, Miaja sehe jeden weiteren Widerstand als. aussichtslos an. Dem Rücktritt Azanas ist damit der des bekanntesten re­publikanischen militärischen Führers gefolgt. über den republikanischen Ministerrat vom Dienstag abend sind bisher in Paris noch keine ge­nauen Einzelheiten bekannt geworden. Es verlautet jedoch, man habe beschlossen, die 44- und 45jäh­­rigen Männer von der Front zurückzuziehen und sie nur noch zu militärischen Arbeiten im Hinter­hände zu verwenden. Ob diese Maßnahme einen ersten Schritt zur Aufgabe des militärischen Wider­standes darstellen soll, läßt sich im Augenblick noch nicht beurteilen. Der Besuch des Königs Boris in Belgrad Belgrad, 1. März (MTI) Im Zusammenhang mit dem hiesigen Be­suche des Königs Boris von Bulgarien wird betont, daß im Laufe des Besuchs keinerlei neue Abkommen geschlossen werden. Freilich dürfe man die all­gemeine politische Bedeutung der Entrevue nicht unlerschätzeiij

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