Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1939. április (86. évfolyam, 75-98. szám)

1939-04-01 / 75. szám

4 Aufgabe 'des Staates sei, so viel Menschen als möglich glücklich zu machen. Hier werde aber künstlich eine Reihe von Tragödien unter den Bürgern hervorgerufen. Es sei eine seelische und wirtschaftliche Unmöglichkeit, die Vor­lage zu votieren, besonders heute, da der Frieden der Gesellschaft hiedurch gestört werde. Alle Welt habe die Lust verloren, fn ein Geschäft einzutireten, oder Gewerbe tu treiben, es werde verhindert, daß mehr erzeugt werde, obwohl die wichtigste Aufgabe die Mehrerz eng img wäre. 'Die staatliche Verivaltung habe sich ganz darauf ein­gerichtet, die Abstammung 'der Menschen zu kontrollieren und Urkunden zu verlangen. Oberhausmitglied Dr. Szőke wies dagegen darauf hin, daß es nicht besonders geschiokt sei, die Lage in düsteren Farben zu schildern und den Standpunkt zu ver­treten, daß die Juden nach der Votierung des Gesetzes das Land in eine Katastrophe stürzen könnten. Fehler­haft sei die Konstruktion des Paragraphen 1, in dem be­stimmt wird, wer Jude sei, aber so viel Ausnahmen sta- tűiért werden, daß. man zuletzt nicht wisse, ob über­haupt noch Juden geblieben seien. Dagegen werde kein Unterschied gemacht zwischen Juden, die seit Jahrhun­derten hi^r ansässig sind, und den neu etnyewanderten, Juden,die seitGemerationen hier leben, haben steh assimiliert, besonders auf dem flachen Lande. Juden, die vor dem Jahre 1867 eingewandert sind, müssen als ungarische Staatsbürger betrachtet werden und auch jene, die in der Zeit zwischen 1867 und 1914 die ungarische Staatsbürger­schaft erworben haben. Alle anderen Juden müssen ent­fernt werden. Oberhausmitglied Dr. Keszthelyi nahm die Vorlage im Zeichen des Rassensdhutzes an, denn wenn die Juden nicht zur Auswanderung gezwungen werden, so müßten die Ungarn ihr Vaterland verlassen. Eine andere Lösung gebe es nicht. Die Vorlage sei eine Waffe des Selbst­schutzes, die man mit keinerlei Logik und mit keiner Schilderung wirtschaftlicher Gefahren entkräftigen könne. Die Rede des Justizministers Die Generaldebatte wurde sodann geschlossen und Justizminister Nagy v. Tasnád antwortete den einzelnen Rednern. Zunächst wies er auf die Erregung hin, die die Vorlage vom Anfang bis heute im Lande her vorgerufen habe. Diese Erregung sei verständlich bei allen, deren In­teressen durch die Vorlage berührt werden, aler auch im Kreise jener, die die Zukunft der Nation zu sichern trach­ten und nun sehen müssen, mit welchen Schwierigkeiten the geplanten Maßnahmen verbunden sind. Es gibt aber eine künstliche Erregung, ja sozusagen eine Aufreizung gegen die Vortage seitens derer, die sich an den Gedanken nicht gewöhnen können, daß eine Än­derung eintreten muß und sich heute schon an die Män­tel der hohen Geistlichkeit klammem. Der Minister erklärte, die Ausschußerhandlung habe ihm eine schmerzliche Enttäuschung bereitet, uinld ging sodann auf die Behandlung der Eimelfnagen über. Er wies auf die gefährliche Verdrängung des ungarischen Geistes aus Presse, Theater und Licirtspielwesen hin, führte einige krasse Beispiele dafür an, daß unmögliche Verwicklungen und Verkettungen christlicher und jüdi­scher Mitglieder in einer und derselben Familie auch bisher vorgekommen sind und erklärte, es sei vom natio­nalen Standpunkte ans unhaltbar, daß mehr als die Hälfte der hauptstädtischen Anwälte unld ein größerer Prozentsatz der ungarischen Ärzte Juden seien und daß Judeti'eine führende Rolle in der Presse und im Theater­­wesen spielen. Was die Rolle des Judentums im Wirtschaftsleben anbelangt. betonte der Minister, daß in Anbetracht der Ausschließung der Juden aus dem öffentlichen Leben ihnen ein doppelt hoher Prozentsatz im Wirtschaftsleben eingeräumt wurde, der überdies auch im Laufe von vier Jahren verwirklicht werden soll. Die Inanspruchnahme Vies jüdischen Grundbesitzes begründete der Minister mit dem herrschenden Landhunger, mit der Tatsache, daß kein einziger Jude seinen Grundbesitz im Schweiße seines Angesichts erworben habe und daß die Juden die unga­rische Scholle bloß als Vermögensgegenstand betrachtet hätten. Er betonte aber, daß die zuständigen Behörden die um die Schaffung von Mustergütern erworbenen Ver­dienste iberücksichtiigen werden. Was die Stellungnahme der Kirche in der Frage der getauften Juden anbelangt, so erklärte der Minister, daß die Auffassung der Kirche geachtet und jeder, der getauft wurde, als Christ betrachtet werde. Als Jude werde der Getaufte nur vom weltlichen, wirtschaftlichen oder recht­lichen Geslichtspukte aus behandelt, wobei betont werden müsse, daß die Taufe allein noch kein« Gewähr dafür biete, daß der Betreffende auch seelisch ein vollwertiger Ungar geworden sei. D^r Justizminister polemisierte sodann mit den Aus­führungen des Fürstprimas in bezug auf die Einsickerung der Ostjuden, die in der letzten Zeit tatsächlich mit ziem­lichem Erfolg abgeriegelt wurde und stimmte den Aus­führungen des Bischofs Glattfelder bei, daß die Juden­frage in Ungarn einen besonders tragischen Anstrich habe. Das tragische Element sei darauf zurüokzuführen, daß wir nach Polen den höchsten Prozentsatz von Juden haben und von Polen abweichend sich die ungarischen Juden fast gänzlich den intellektuellen Berufen zuwand­ten. Tragisch sei ferner, diaß die Regelung dieser Frage mit einer vierzigjährigen Verspätung geschehe. Auch Bischof Glattfelder habe festgesitellt, daß es einen jüdi­schen Geist gebe, und daß der Gleichgewichtszustand wiederhergestellt werden müsse. Wie solle aber dieser Gleichgewichtszustand zustande kommen, wenn kein Ge­setz erbracht werde. Bei der Schaffung dieses Gesetzes habe sich weder er noch andere durch Gehässigkeit leiten lassen, und es sei wohl schmerzlich, Menschen Leiden zu­­rufügen, aber es sei eine gebieten see Notwendigkeit, die Nation vom fremden Einfluß zu befreien. In seiner weite­ren Polemik mit dem Bischof Glattfelder wies der Mini­ster darauf hin, daß das Judentum Überhaupt nicht den Assimilierungswilim besessen und seine Zugehörigkeit zu seiner internationalen Basse stets aufrechterhalten habe. Auch den Vorwurf wies der Minister zurück, als würde die Vorlage den Mythos des Blutes in die ungarische Rechtsordnung etnführen. Hauptregel sei die jüdische Ab­stammung, aber in zahlreichen Fällen, wo die Einfügung in die ungarische Seele vorausgesetzt werden kann, seien Ausnahmen vorgesehen worden. Bischof Ravasz antwortete der Minister, daß der ungarische Geist nicht so sehr von den orthodoxen Ost­juden, als vielmehr von den gebildeten Juden bedroht werde, die eine überwiegende Rolle im Geistesleben des Landes an sich gerissen haben. Was die Rückschläge im wirtschaftlichen Lehen an­töten. Zuerst muß ich schneiden. Einen kurzen, sechs bis sieben Zentimeter langen Schnitt... Dann schneide ich zwei Rippen mit der Zange entzwei. Klipp-klapp, das ist alles. Dann biege ich sie ausein­ander... öiTne den Herzbeutel. . leite das Blut ab, nehme die Messerspitze heraus, vernähe die Wunde. Ich muß auch Massage an wenden, denn ein Kollaps ist immerhin möglich. Ja, ich muß Massage anwen­den. Man sagt, daß man dazu eine unglaublich ge­schickte Hand haben muß. Eine Drainröhre muß ich auch noch anbringen, denn ich muß an die Möglich­keit einer Eiterung denken. Das ist alles ...“ Nach der Operation, als der Rollwagen mit dem Mann in den Krankensaal geschoben wurde, begann der Mediziner ganz verstört und stotternd zu spre­chen. Das schweißtriefende Antlitz des Arztes blieb aber ganz unbeweglich. Er blickte den jungen Mann an wie einer, der eben aus tiefem Schlaf aufge­­rültéit wurde. III. Mehr als der Ruhm, mehr als die eingehenden Besprechungen der Fachblätter, die farbigen Be­richte der Zeitungen — mehr als der Glanz der sich vor ihm öffnenden Welt interessierte den Arzt das Schicksal des Kranken. So oft er an ihn dachte, ergriff ihn eine geheime Erregung. Nicht nur, daß er ihn selbst behandelte: wohl fünfmal am Tage besuchte er ihn und beschäf­tigte sich mit ihm voller Liebe. Er benahm sich diesem bärenstarken, kräftigen Mannn gegenüber wie eine junge Mutter gegenüber ihrem Erst­geborenen. Alles verdanke ich ihm — dachte er ein­mal flüchtig. Er hatte das Gefühl, daß das Leben nunmehr ihm gehöre, wie etwa seine Schreibtisch­garnitur, die er seihst aus allen möglichen Holz­­abfällen verfertigt hatte. Aus einigen amtlichen Daten wußte er so man­ches über das Leben seines Patienten. Er hieß Franz Listies, war bald Kutscher, bald Aushilfsarbeiter. Vor einem Jahr hatte er wegen Diebstahls drei Wochen gesessen. Der Messenstich war ihm von einem seiner Freunde versetzt worden, einem viel­mals bestraften Einbrecher, mit dem er im Wirts­haus zu.sammengewesen war. Dann, am Ufer des Teiches im Stadtwäldchen, waren sie wegen irgend­eines Frauenzimmers in Streit geraten und so war das Unglück geschehen. Ans diesen Daten war un­schwer zu ersehen, daß das Leben dieses Mannes zweck- und ziellos war, daß daraus jede Spur menschlicher Würde fehlte. Wein, schlechte Frauen und der blinde Zufall bestimmten seinen Lebenslauf. Eines Nachmittags um drei Uhr, zur Zeit, da die geheilten Kranken das Spital zu verlassen pfleg­ten, klopfte Listics bei Dr. Kiss an. Er war bereits angezogen und hielt ein Bündel unter dem Arm. Mißmut und Arzneigeruch entströmten seiner Per­son. Er war nbgemagert während der drei Wochen, ließ den Kopf kraftlos hängen, schien aber trotzdem doppelt so groß wie der Arzt. Verlegen und ver­schämt dankte er dem Herrn Doktor, der ihm das Leben gerettet hatte, nahm dessen Hand in seine breiten Pranken und sprach von ewiger Dankbar­keit. Dr. Kiss hieß ihn Platz nehmen und bot ihm eine Zigarette an. „Sehen Sie, mein Freund,“ sagte er und ver­suchte möglichst unbefangen zu sprechen, „Sie wis­sen sehr wohl, daß ich das, was ich getan habe, nicht darum getan habe, daß Sie mir dankbar dafür sein sollen. Ich tat bloß meine Pflicht. Wenn Sie mir aber um jeden Preis Ihre Dankbarkeit beweisen wollen, dann, kann ich Ihnen sagen, wie Sie das tun können. Sie wissen recht gut, daß Leute mit einer Wunde, wie die Ihre war, im Friedhof zu enden pflegen. Ihr Leben ist nunmehr ein Wunder, wie es kaum zwei Dutzend auf der ganzen Weit gibt! Schätzen Sie also dieses neugewonnene Leben! Es wäre schade, wollten Sie es dazu benutzen, um wei­terhin in’ Wirtshäusern zu sitzen., herumzulungern, dem Herrgott seinen Tag zu stehlen! Sie haben die Korperkraft eines Rhinozeros. Den Schaden habe uh ja repariert und nun wünsche ich von Ihnen, daß Sie mit diesem Körper, den ich in Ordnung ge­bracht habe, anständige, ehrliche Arbeit leisten! Baissen Sie die alten Freunde, leben Sie vorsichtig und anständig. Ich möchte gerne die Überzeugung haben, daß es sieh gelohnt hat, Sie wieder auf die Beine zu stellen!“ Er drückte dem Mann die Hand. Obschon er wußte, daß sein Patient um zwei Jahre älter war als er selbst, ließ er ihn doch in das Leben hinaus wie ein Vater seinen Sohn. IV. Selbstverständlich veränderte sich das innere Wesen des Arztes in keiner Beziehung. Die wunder­bare Operation hatte ihn mit einer großen Anfangs­geschwindigkeit zu den Höhen des Lebens empor­geschwungen, doch war es eben bei der Anfangsge­schwindigkeit geblieben. Da er keine besonderen Ambitionen hatte, konnte er sich aus eigener Kraft nicht weiter aufschwingen, war nicht einmal fähig, sich in der erreichten Höhe zu halten. Infolge des unerbittlichen Naturgesetzes — des Gesetzes der Trägheit — stürzte er wieder hinunter in die Regio­nen der Ängstlichkeit, der ständigen Beklemmung, der Einsamkeit, in denen er früher gelebt hatte. Im Frühling, an einem freien Sonntagnacl mit­­tag, da er sich wieder einmal ganz verloren f üllte, ging er ins Stadtwäldchen hinaus. Ziellos streifte er umher, erwartete nichts von seinem Spaziergang, vom Leben überhaupt und sehnte sieh nach dem Abend, da er heimgehen und sich schlafenlegen konnte. Plötzlich bemerkte er, daß er zwischen die Schaubuden geraten .war — zwischen Schaukeln, Ausrufer, Zauberer, gaffende Dienstboten und Ar­beiter. Seine Ohren erfüllte der Lärm, der Staub drang ihm in den Mund und eine große Müdigkeit bemächtigte sich seiner. Langsam ging* er den PESTER LLOYD Samstag, í. Xprfl 1Ö39 belangt, die Dr. Wekerle befürchte, so könne man wohl nicht sagen, daß neuneinhalb Millionen Ungarn die un­garische Wirtschaft niciht intakt erhalten könnten, bloß weil ein Teil der zirka 550.000 Juden ihre Stelle bei den Unternehmungen räumen müsse. Gewisse Wirren werde es wohl geben, diese könnten indessen überwunden wer­den und in der Folge werde das Wirtschaftsleben des Landes erstarken. In bezug auf die Auswanderungsfrage wies der Mi­nister kurz darauf hin, daß die Auswanderung gesetzlich verboten sei, infolgedessen war es notwendig, der Regie­rung eine neue Vollmacht zu erteilen. Schließlich wies der Minister den Vorwurf zurück, daß die Vorlage un­­christlich sei. Die Nächstenliebe sei ein Gebot des j- Christentums, aber es gebe Pflichten gegenüber der Na­tion, deren seelische Reinheit unld deren Zukunft wir mit allen Kräften fördern müssen. Nach der mit Beifall aufgenoanmenen Rede des Justizministers ergriff Ministerpräsident Graf Paul Teleki das Wort. Seine Rede veröffentlichen wir an der Spitze des Blattes. Die Vorlage in erster Lesung mit großer Mehrheit angenommen Die vereinigten Ausschüsse haben sodann die Vorlage in erster Lesung mit großerStimmenmehrheit angenommen Der Beschlußantrag des Oberhausmitglie'ds Géza v. Szüllö wurde abgclehnt, dagegen der Antrag des Oberhausmit­glieds Dr. Welccrle mit 46 gegen 24 Stimmen an­genommen. Im Sinne dieses Antrages wurde ein Unter­ausschuß eingesetzt, um die Amendements zu den ein­zelnen Paragraphen zu unterbreiten. Der Unterausschuß tritt Samstag vormittag 11 Uhr zu einer Sitzung zu­sammen. Die Sitzung der vereinigten Ausschüsse schloß um 9.15 Uhr abends. Generalversammlung der ungarischen Ingenieurkammer In der heutigen Generalversammlung der Buda­­pester Ingenieurkammer huldigte der Vorsitzende Uni­­versittätsprofessor Dr. Mihailich dem Reichsverwefer aus Anlaß der Rückgliederung des Oberlandes und Karpatho­­rußlands. Sektionscheí Kádas iiiberbraohte dlie Grüße des Industrieministers und erklärte, der Minister blicke mit großer Erwartung der wertvollen Mitarbeit der ungari­schen Ingenieure beim Wiederaufbau des Landes entgegen. Im Sekretariatshericht beißt es, die ungarischen Inge­nieure wünschen mit Einsatz ihres ganzen Wissens an der Verwirklichung der großen nationalpolitischen Auf­gaben in Stadt und Land mitzuwirken. Er 'forderte die Einführung der Institution der beeidigtem Ingenieur­­experten auf dem flachen Lande mnid machte den Vor­schlag, im Schoße der in Kassa neu zu errichtenden technischen Hochschule eiaie Fakultät für kriegslech­­niisehe Wissenschaften zu schaffen. Die Kammer fordere die ausschließliche Besetzung facMechnischer Posten mit ungarischen Arbeitskräften und nur wenn solche nicht vorhanden wären, stimme sie der Anstellung ausländischer Kräfte zu. Schließlich beantragte er die nachträgliche Ergänzung des Jahresberichtes mit der Schilderung von kriegstechnisch hervorragenden Waffentaten der ungari­schen Honvéd. In der anschließenden Debatte forderte Géza Kolbányi die Vermehrung der Ingenieurposten im öffentlichen Dienste und günstigere VorHickungsverhäll­­nisse. Die Anträge wurden einstimmig genehmigt.

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