Pester Lloyd - esti kiadás, 1943. december (90. évfolyam, 272-296. szám)

1943-12-01 / 272. szám

MITTWOCH, 1. DEZEMBER 1943 PESTER ILOYD ABENBBLÄTT Fortsetzung der Ermächtigungsdebatte im Abgeordnetenhause Bej überaus reger Beteiligung, wurde Mittwoch vormittag die Ermächtigungs­debatte im Abgeördneienhause fortgesetzt. Seitens der Regierung weilte Ministerpräsi­dent Káli ay längere Zeit hindurch im Saale, aber auch Außenminister Jeno Ghyczy und Minister Lukács schenkten den Rednern volle Aufmerksamkeit. Be­sondere Beachtung fiand die Rede des Gra­fen Georg Apponyi, die im wahrsten Sinne des Wortes eine konstruktive Kritik ent­hielt und auf allen Seiten jdes Hauses fast durchwegs lebhafte Zustimmung erntete. Auch die Ausführungen des Generalred­ners der Regierungspartei Ludwig Mezey, der sich in erster Linie mit. sozialen Fra­gen befaßte und in überzeugender Weise den Vorwurf zurückwies, daß in Ungarn Feudalismus herrsche, wurden stark be­achtet. Nachstehend, unser Sitzungsbericht: Vizepräsident Tibor Törs eröffnete um 10.10 Uhr bei dichtbesetzten Bankreihen in Anwesenheit des Ministerpräsidenten Nikolaus Kal lay, des Außenministers Jenő Ghyczy und des Ministers ohne Portefeuille Béla Lukács die Sitzung. Auf der Tages­ordnung stand die Fortsetzung der Er­mächtigungsdebatte. Abg. Graf Georg Apponyi, der Gehefaire dner der Bürgerlichen Frei­heitspartei wies zuerst darauf hin, daß seine Partei an der Debatte über den Voranschlag der einzelnen Portefeuilles nicht teilgenoanmen habe, weil ihre Mitglie­der es für unzeitgemäß halten, in Fällen, wo dies nicht unumgänglich notwendig ist, durch Erörterung verschiedener politi­scher Fragen Gelegenheit zu Meinungsver­schiedenheiten und allfälligen Zwistigkeiten zu geben. Im Laufe des politischen Jahres gebe es aber eine Gelegenheit, da es nicht nur ein Recht, sondern geradezu die Pflicht jeder politischen Partei sei, Stel­lung zu den aktuellen Fragen zu nehmen und — [wie dies bei seiner Partei der Fall sei — ihren oppositionellen Standpunkt zu begründen. Er wolle aber gleich voraus­­schicken, daß ihn bei der Ausübung der Kritik bloß prinzipielle Gründe leiten. Seine Partei stimme der Politik des Mi­­nisterpräsideriteir durchaus nicht bei, den­noch müsse er zugebén, daß die Regierung Kállays durch ihr Festhalten an der In­tegrität der ungarischen Verfassung und durch ihr offenes Bekenntnis zum Parla­mentarismus sich auch in seiner Partei Anerkennung verschafft habe. Graf Apponyi skizzierte dann die Umstände unter: denen Nikolaus Kállay die Regierung übernommen hatte und wies darauf hin, daß die politische Erbschaft hauptsächlich in dreifacher Hinsicht belastet gewesen sei: Das Land stand im Kriege, die Nationalitä­tenfrage sei zwar auf richtigen Grundlagen, doch manchmal auf durchaus falschen Wegen geführt worden und eine gewisse Propaganda habe schließlich durch ihre Einseitigkeit die Öffentlichkeit nicht hin­reichend informiert und dadurch unbegrün­deten Optimismus einerseits und gefähr­lichen Defaitismus andererseits aufkommen lassen. Was den ersten Punkt anbelange, daß nämlich Ungarn im Kriege stehe, so halte er eine Debatte hierüber gegenwärtig noch für verfrüht. Anders sei die Lage bezüg­lich der Nationalitätenfrage. Die ungarische Nationalitätenpolitik beruhe kurz zusam­mengefaßt darauf, daß jeder Staatsbürger gleiche Rechte habe. Es dürfe nicht zuge­geben werden, daß Einzelnen ein Plus an Rechten eingeräumt werde, da dies nicht nur im Widerspruch zum ungarischen Ge­rechtigkeitssinne stehe, sondern in außen­politischen Belangen dem Lande vielleicht einmal gefährlich werden könnte. In der Nationalitätenpolitik sei mit Energie ge­paarter Takt notwendig und die Regierung möge darauf bedacht sein, es weder an dem einen, noch an dem anderen fehlen zu lassen. Redner zählte hier einige Beispiele auf, bei denen seiner Ansicht nach in der jüngsten Vergangenheit die Regierung nicht ganz nach diesen Grundsätzen gehandelt habe, und befaßte sich dann mit der Frage der Assimilation. Niemand wünsche in Ungarn, daß sich die Angehörigen von Minderheiten unter allen Umständen, vielleicht einem äußeren Drucke gehor­chend, assimilieren; denn, wie die Vergan­genheit zeigte, folgten einer übereilten Assjmiliation immer wieder Dessimiliatio­­nen. In Ungarn habe immer jeder selbst feststellen können, zu welchem Volke er sich bekenne, wer sich aber zu Ungarn bekannte, habe bedingungslos den ungari­schen Staatsgedanken anerkennen müssen. Redner kam dann auf militärische Fra­gen zu sprechen und wies darauf hin, daß Ungarn niemals Krieg gewollt habe, nie­mals imperialistische Ziele verfolgt, son­dern sich in Gegenteil mit größter Selbst­disziplin im Interesse des europäischen Friedens mit Kompromissen begnügte. Den­noch müsse die Kapazität der Honvéd auf das Maximum gehoben werden, denn dem Lande drohen zahlreiche Gefahren und es bdde das eminenteste und ureigenste Inter­esse des Ungartums, daß innerhalb der Landesgrenzen möglichst starke und schlag­kräftige Armeen stehen mögen. Der ge­rechte Friede sei Ungarns hehrstes Ziel, weil auch die Kriegs- und Friedensziele dieses Landes absolut gerecht seien. Redner schloß dieses Thema mit der Feststellung ab, daß die Regierung auch im Lande selbst für Recht und Gerechtigkeit Sorge tragen müsse, wenn sie in internationalen Belangen Recht und Gerechtigkeit für Un­garn fordere. Graf Georg Apponyi unterzog sodann die Tätigkeit des Propagandaministers einer ge­wissen Kritik und bezeichnete die Einhal­tung folgender Prinzipien als notwendig, wenn die Regierung des Land durch die gegenwärtige schwere Weltkrise heil und integer hindurchführen wolle: Wir müssen erstens bestrebt sein, Ungarn zu sein und zu bleiben und an allen aus der Vergangenheit überlieferten Institutionen, so vor allem am Parlamentarismus fest halten. Zweitens müsse sich das Ungartuni seiner Rolle im Donau­becken und der'Tatsache bewußt sein, daß Ungarn die staatsbildende Nation im Donau­becken bildet. Dritttens schließlich müsse im Lande Ordnung nicht nur im polizeilichen Sinne, sondern auch die Ruhe der Gemüter und Seelen bewahrt bleiben. Viertens schließlich müsse die nationale Ehre und Unabhängigkeit hochgehallen werden. Graf Apponyi lehnte im Namen seiner Partei den Voranschlag ab. Redner wurde schon während seiner Rede und nach deren Abschluß von allen Seiten des Hauses wiederholt durch beifalls­­bezeugungen unterbrochen. Abg. Ludwig Mezcy (MÉP) reflektierte auf die Feststellungen des Ab­geordneten Grafen Apponyi über die ru­mänische Frage und stellte seinerseits fest, daß in der rumänischen Presse tatsächlich eine ganze Reihe von scharfen Angriffen gegen Ungarn erschienen sei. So z. B. ha­ben die rumänischen Blätter Timpul und Adeverul besondere Sachverständige ange­­slellt, die die antiungarischen Auslassun­gen verfassen und auch dafür Sorge tra­gen, daß diese Angriffe auch in der aus­ländischen Presse Verbreitung finden. Redner wundere sich, daß Abgeordneter Apponyi, der dje gleichen Tatsachen kenne und in seiner Rede auch sehr objektiv zur Schau gestellt habe, sich dennoch gegen ein Propagandaministerium für nationalen Schutz ausspreche, obwohl dieses Ministe­rium eben zu dem Zweck der Bekämpfung und Qeseitigung ähnlicher Angriffe er­richtet wurde. Sodann beschäftigte er sich mit der Vor­lage. Er betonte die große Bedeutung des­sen, daß das ungarische Parlament in den heutigen schwierigen Zeiten den Staatsvor­anschlag unter gesetzmäßigen Verhältnissen und im konstitutionell vorgeschriebenen Rahmen verhandelte und daß die Debatte durchwegs in parlamentarischem Tone ver­laufen sei. Dies spreche für die heute fast alleindastehende politische Ordnung des Landes. Redner wies sodann jene Anschuldigun­gen energisch zurück, die behaupteten, daß Ungarn ein antisoziales und feudales Land sei und unterstrich die Bedeutung jener Maßnahmen, die das soziale Problem in Un­garn sehon seit langem an die Spitze der zu lösenden Probleme stellten. Besonders auf dem Gebiet der Industrie seien höchst wichtige soziale Maßnahmen getroffen worden, während die Aktionen des Landes­fonds für Volks- und Familienschutz eine noch nie dagewesene Unterstützung der armen kinderreichen Bevölkerung darstelle. Die Aktion dieses Landesfonds habe aber nicht nur an sich eine große Bedeutung, sondern auch auf dem Gebiete ihrer politi­schen Auswirkung. Durch diese Aktion sei auch das Verwaltungssystem vollkommen umgestellt worden, indem an die Stelle der alten historischen und juristischen Komi­­tate das soziale Kcmitat getreten sei. Ent­sprechend den lokalen Gegebenheiten wurde im ganzen Land ein neues soziales Bild geprägt, in dessen Mittelpunkt die ein­fachen aber hübschen und praktischen, sowie hygienischen Häuser des Landes­fonds stehen. Dann beschäftigte sich Redner mit der Nationalitätenfrage rind gab dabei einen gründlichen historischen Überblick der Entwicklung der ungarischen Minderhei­ten. Ungarn sei ursprünglich kein Nationa­litätenstaat gewesen, denn noch im 15. Jh machte die ungarische Bevölkerung 85 Prozent der Bevölkerung des Stefans­reiches aus. Erst die spätere Entwicklung habe, die Bedeutung der Nationalitäten durch ihre zunehmende Zahl erhöht und dementsprechend habe auch die Behand­lung der Minderheiten einen immer wich­tigeren Platz im ungarischen Verwaltüngs­­system eingenommen. Nach Beendigung seines historischen Rückblickes betonte er, daß eine Verständigung zwischen dem Ungartuni und den angrenzenden Staaten nur auf Grund des aufrichtigen, gegensei­tigen Wohlwollens möglich sei. In dieser Beziehung berief er sich darauf, daß wäh­rend im historischen Ungarn auf 102(5 ru­mänische Einwohner ein rumänischer Leh­rer gefallen sei, gleichzeitig im rumäni­schen Königreich nur 1418 Rumänen einen Lehrer hatten, und doch behaupteten die Rumänen, daß Siebenbürgen ein barbari­sches Gebiet sei, so daß sie in dieser sog. rumänischen Kulturzone den Lehrern 50 Prozent Zuschlag zahlten und ihnen außerdem noch Boden zur Verfügung stellten. Gleichzeitig wurden in Rumänien 2500 ungarische Volksschulen, 123 Bür­gerschulen, 23 Lehrerbildungsanstalten und 71 Mittelschulen von den Rumänen geschlossen. Auf dieser Grundlage könne man keine aufrichtige Zusammenarbeit er­langen. Redner beschäftigte sieb sodann mit der Gefahr aus dem (Isten und betonte, Ungarn habé den einzigen richtigen Weg geAvählt, als es sich für die europäische christliche Politik entschlossen hatte. Die Lage Un­garns werde durch geopolitische und histo­rische Aspekte bestimmt. E ssei im allge­meinen Interesse Europas, daß die euro­päische Neuordnung im Same der ungari­schen Gerechtigkeit verwirklicht werde. Ungarn habe im Läufe der Geschichte nicht nur sich selbst und nicht nur den AVestcn, sondern auch die friedliche Ent­­wicklungsmöglichkeit der Balkanvölker verteidigt. Eben deshalb bedeute die Ach­tung des Lebensrechtes der Ungarn gleich­zeitig einen Schritt zur Verteidigung der gesamten europäischen Kultur. Zum Schluß betonte Redner, daß das ungarische Volk alle seine 'wirtschaftlichen und kulturellen Aufbaukräfl der Regie­rung zur Verfügung stellen müsse, um die Bildung einer für uns günstigen Lage für die Zeit der Friedensverhandlungen zu er­möglichen. Da er mit vollem Vertrauen der weiteren Tätigkeit der Regierung entgegrai­­blicke, nehme er die Vorlage an. Weiteres im Morgenblatt. NEUE REVUE IM MOULIN ROUGE — —--------— (tfQBfls Mittwoch, den 1. Dezember CHARLIE RIV1LS mit vollständig neuem Programm Geschwister Szőnyi ® Chappy Jazz Jeden Abend um 8 Uhr Abwechslungsreiches kaltes Nachtmahl Telephon: 114-187, 126-805 Sitzung des Minister rates MTI meldet: Die Mitglieder der Regierung traten, un­ter dem Vorsitz des MinUterpräsidepten Kállay Diensfa'g nafchniittag' 6 Uhr zu einem Ministerrat zusammen, der sich mit aktuellen Fragen beschäftigte und bis nach Mitternacht dauerte. Snglo amerikanischer Luftangriff! au? Sarafewo Agram, 1. Dezember (INB) Bei dem anglo-amerikanischcn Luftangriff auf die bosnische Hauptstadt Sarajewo am Montag vormittag wurden (19 Wohnhäuser völlig zerstört und zahlreiche andere beschädigt. Bisher wurden unter den Trümmern 98 Tote aufgefunden, die Zahl der Verwundeten beträgt 144. Die Be­völkerung von Sarajewo verhielt sich dis­zipliniert. Am Dienstag wurden die ersten Opfer des Angriffs mit militärischen Ehren­bezeugungen beigesetzt. Die Presse gibt ihrer Entrüstung über diese Angriffe auf Wohnviertel, in denen Frauen und Kinder getötet würden, beredten Ausdruck. Montgomery setzt Inder und Neuseeländer ein Berlin, 1. Dezember (INB) Der im Ostabschnitt der süditalicni­­schen Front eingeleitete große Angriff der britischen 8. Armee wird zurzeit besonders von indischen und neuseeländischen Trup­pen geführt, wie aus den Dienstag in Berlin vorligenden deutschen Frontberichten her­vorgeht. Auch kanadische A'erbände sind an den Angriffen beteiligt, die auf breiter Front vorgetragen werden. Von deutscher militäri­scher Seite werden nähere Angaben über den bisherigen Verlauf des neuerlichen Vor­stoßes Montgomerys nicht geniaeht. Man teilt ledjglich mit, daß es sich um das Ver­werfen zahlenmäßig starker alliierter Trup­penkontingente handelt, die durch starkes Artilleriefeuer unterstützt werden. Außer­dem verweist mau in Berlin darauf, daß es sich bei den Angriffen auf die deutschen Stellungen auch nach der Darstellung der Engländer selbst no.ch keineswegs um die deutsche Hauptverteidigungslinien im Ost abschnitt der süditalienischen Front han­delt, Weitere Angriffsverbände sind im übri­gen offensichtlich für die Fortführung des Kampfes nach deutschen Beobachtungen be­reitgestellt. Bei Bereinigung einiger Einbrüche, die bei den Kämpfen des Vortages entstanden waren .wurden durch die deutschen Trup­pen am Nordufer des Sangro südlich Län­­ciano einige hundér! gefallene alliierte Mannschaften gezählt und zahlreiche Ge­­fangene eingebrächt. Im Westabschr.it I der süditalienischen Front herrscht bisher noch keine größere Kampftätigkeit. Westlich Venafro versuch len nordamerikanische Kräfte vorzustoßen, wurden aber abgeschlagen. Mit der Möglich keit eines größeren Angriffs dieses amerika­nischen Flügels der italienischen Front wird in deutschen militärischen Kreisen ge­rechnet. Strenge Mengeseize m Italien * Rom. 1. Dezember (DNB) Ein laut Radio Rom soeben ver­öffentlichtes Gesetz bestimmt, daß in Ita­lien alle Juden ohne Ausnahme, also auch die bisher von den Judengesetzen freige­stellten Juden, in Konzentrationslager auf­genommen werden müssen. Ihre Gitter wer­den konfisziert und zur Unterstützung der Opfer der nnglo-amerikanischen Terror­­angriffc gegen óié italienische Zivilbevölke­rung verwand'. Die Abkömmlinge soge­nannter Mischehen, die bis jetzt als arisch betrachtet wurden, werden durch das gleiche Gesetz' vorläufig in Erwartung wei­terer Maßnahmen der Polizeiaufsicht unter­stellt. (MTI) IHilTtSUH (KM IIEICII Der ü9. Geburtstag Churchills • London, 1. Dezember (INB) Die- englische Öffentlichkeit feiert am Dienstag den neunundsechzigsten Ge hurtsiag des englischen Ministerpräsidenten Winston Glume hill Churchill selbst z'.ig'.j sich, entgegen sei­ner sonstigen Gewohnheit, nicht in der Öffentlichkeit. Die Abendpresse.' bah auch schon hervor, daß über den Aufenthaltsort Churchills .schon seit Tagen jede offizielle Nachricht fehlt. 3

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