Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1881. Januar (Jahrgang 8, nr. 2141-2165)

1881-01-14 / nr. 2151

Redaction und Administration: Heltauergasse 23. Erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Heier­­­tage täglich). Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 kr., vierteljährig 2 fl. 50 Kr., halbjährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne uftellung ins Haus, mit Buftellung 1 SL., 3 fl. 6 fl, 12 fl. Abonnement mit Bostversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 2 ee 7 fl, ganzjährig 4 fl. . Für das Ausland: vierteljährig 19_ RM. oder 12 Frcs., halbjährig 18 AM. oder 24 Be 36 AM. oder te8. men Unfrantirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurücgestellt. Siebenbürgisch Deutsche T­­ageblatt. Herman­­nstadt, Steilng 14 Januar aanama Re 2151. Der Appell an die „angebetete“ Nation.­­­Orig.Corresp. des „Siebenb.-Deutschen Tageblatt”. O0. W. Wie wir Alle wissen, leben wir in einem freien constitutio­­­nellen Staate, in welchen jeder Bürger in der ihm beliebigen Sprache zu seinem Herrgott beten darf. Bei Amt und Gericht darf man ich freilich­, besonders wenn man Advokat oder Notar ist, solch einer de­­r Ordnungswidrigkeit nicht schuldig machen. Dafür ist die Freiheit, sich möglichst viel zu erwerben und zu Wohlstand zu gelangen, nur durch die unabweislichen Forderungen der Steuerbehörde an die Staatsbürger erster und zweiter Klasse beschränkt. Die Staatlichkeit st­­ehen eine Sache, die nun einmal nicht billig zu haben ist, zu deren Aufrechthaltung man Schulden machen muß. Und diese Schulden zu zahlen, gebietet die nationale Ehre. Gar eindringlich­ hat dies der Herr Abgeordnete Ladislaus Kovach­ von Vijonta seinen Gyöngyöser Wählern auseinandergelegt, welche von der Idee einer Konsurmsteuer auf Zucker, Kaffee und Bier in aieriollider Weise nicht entzückt sind und dies ihrem Vertreter sogar brieflich sind und zu willen gethan haben. Dieser ganz auffallenden Kühnheit einer Wählerschaft ent­­­spricht die schon nicht mehr raue, sondern, ganz fahle Aufnahme, welche Herr Kovacs mit seinen steuerpflichtigen Ansichten gefunden. Die opposi­­­tionellen Blätter weisen man ihon auf die Möglichkeit hin, daß dieser Wahlbezirk sich einen andern Vertreter seiner Suteressen auf dem Reichstage wählen wird. Das ist eben das fostbare Recht der Bürger, an welchen sie in unserem constitutionellen Vaterlande bekanntlich niemals dich Ober­­­gespäne, Vicegespäne, Stuhlrichter, Notare oder sonstige Beamte gehindert werden. Alle drei Jahre hat man das Volk, natürlich unter Beobachtung der erforderlichen Sicherheitsmaßregeln, Gelegenheit, sich für eine der poli­­­tischen Parteien zu entscheiden, die es beglücen wollen. Das Jahr 1881 ist folt ein parlamentarisches Schaltjahr. Noch sind es wohl neun Monate ‚bis zum Ablauf der Mandatsdauer des gegenwärtigen Reichstages und unter Annahme der um einige Monate frühen Auflösung zum Zweck der Verlegung der Wahlzeit in den Sommer ist er immer noch ein halbes Jahr bis zu den allgemeinen Reichstagswahlen und schon beginnen an allen Ehen und Enden des Landes die Wahlagitationen. Eröffnet hat dieselben im Grunde genommen Ministerpräsident Tika Durdh die Rede, die er den zu Neujahr ihn, wie üblich begrüßenden Mitgliedern der Regierungspartei hielt, und worin er die Hoffnung aussprach, die „angebetete” Nation werde wieder seiner Gefolgschaft und in wenigstens unter seinen Umständen jenen ihr Vertrauen schenken, die ihr unerfüllbare Versprechungen machen und sie den größten Gefahren entgegenführen würden. Dies bezieht Jedermann auf Die äußerste Linie, die bisher und auch, während der legten Wahlen vom Ministerium weniger scharf bekämpft worden war, als die regierungs­­­fähigere und darum der Mehrheit gefährlichere gemäßigte Opposition. Nun beginnt in den officiösen Blättern Die Selbstberäucherung der Regierungspartei. „Ellener“ kommentirt z. B. die doch als gemäßigtes Selbstlob duftende Neujahrsrede Tiga’3 mit den Worten: „Wir wollen ein starres, kulturell entwickeltes, vom Selbstbewußtsein der Rasse und Staat­­­lichkeit durchdrungenes und dazu liberales Ungarn. Das ist unser „Deal“ unser Programm“. Die liberale Partei ist al Erbin der Ieen und Be­­­strebungen der Dealpartei die Trägerin des staatsrechtlichen Ausgleiches, des ungarischen Staatsgedankens und der Kulturmission des Landes. AS die große nationale Aufgabe auf Schwierigkeiten stieß, als sich über dem Haupte des Landes die Lawine der finanziellen Uebel aufthürmte, als Ungarn vor der schrecklichen Alternative stand, entweder finanziell Bankerott anzu­­­jagen, oder auf das Niveau eines primitiven Staates zurückzufinden. Da war es die liberale Partei, welche Ungarn aus dieser Lage befreite. Sie schloß den wirthschaftlichen Ausgleich in besserer als der früheren Gestalt ab, sie brachte den geweglichen Einfluß Ungarns auf die äußern Angelegen­­­heiten zur Geltung; sie wußte den Frieden aufrecht zu erhalten, ohne daß unm­er Interesse aufgeopfert worden wäre!” Im Gegensage zu vorstehender Paraphrase der Tia’ischen Neujahrs- Enumerationen meint nun „Magyarorlag“ über leitere: „Es ist eine schlimme Erscheinung und ein frankhafter Zustand, wenn der Chef einer Regierung die geschehenen Thatsachen so sans gene zu ignoriren wagt und der öffentlichen Meinung so eigenmächtig entgegentritt, wie dies K­oloman Zipa bei der jüngsten Neujahrsgratulation gethan hat. Nur zur Zeit der römischen Imperatoren gab es Komödien gleich diesem, zum bittersten Hohne auf den Parlamentarismus von der Liberalen P­artei nach der Conception Tiga’s inscenirten Neujahrsschauspiel. Jedes dort ausgesprochene Wort ist gegenseitige Anpreisung und fühnes Hoffen auf den Fortbesiß der Macht. Glauben sie denn aber,­­­ fünne Niemand in Ungarn ausrechnen, um wie viel die Tipa-Aera die Steuern erhöht hat, es verfolge Niemand die Lici­­­tationsfundmachungen des Amtsblattes, welche von Tag zu Tag neue Daten von der ungarischen Verarmung bringen? Glauben sie, daß Niemand in den verschiedenen Gegenden des Landes die Verzweiflung der Land­­­wirthe, der Gewerbetreibenden und städtischen Bürger hört, daß Niemand mit den Gerichten zu thum hat und die flucht­würdige Justiz kennt, Die ein wahres Glücksspiel ist? Glauben sie, daß Niemand die politische Korrup­­­tion fermt, die den Organismus der Nation verzehrt? Und indem der Führer der Gratulanten, Graf Ladislaus Crary, in die Zukunft blickt und ausspricht, Daß noch viel geschehen muß, wenn das Land den „begonnenen Fortschritt“ fortlegen soll, „verlangt er von der Regierung sein Pro­­­gramm, seine politische Richtung und planmäßige reformatorische Thätigkeit, sondern nur starres Zusammenhalten. Und weil dies da ist und dazur die Regierungsgewalt, fan das Tipafabinet ruhig dem Ur­theil der „angebe­­­teten Nation“ entgegensehen. Schon it das Dampffestschwert über Hunderttausende aufgehängt: man mögen Die Wahlen kommen! Solcher Cynismus hat noch nie in Ungarn geherrscht. Aus fol” einer Komöodie kann leicht eine Tragödie werden !“­­­ . Und „Beiti Naplo“ bemerkt dazu mit bitterem Humor: „Die Helden des neuen Jahres sind Koloman Tıa und Kropacjet, der Erfinder des bei der Armee einzuführenden Repetitgewehres. Das Kropacjetgewehr und Tipa’s Rede gehören um so mehr zusammen, als in der leßtern ge­­­wünscht wird, die äußern Fragen mögen nicht den Gegenstand reichstäg­­­licher Berathung bilden. Aber nach dem bosnischen Handel ist Tifa am allerwenigsten berechtigt, von den Parteien blindes Vertrauen zu fordern. Er it im Gegentheil Die Aufgabe des Parlamentes­, seine Stimme zu er­­­heben, sobald wichtige Interessen auf dem Spiele stehen. Und sind auch die Interpellationen über äußere muss nicht angenehm in Wien und un­­­bequem für Tika, so möge deshalb das ungarische Abgeordnetenhaus nicht Hlafen und seine Vogelstraußpositif treiben. Tika wünscht aber die Auf­­­rechthaltung des „Friedens auch“ noch behufs „Ordnung der Finanzen“. Der Ministerpräsident möge doc­­h mit feiner angebeteten Nation“ seinen Scherz treiben; wir fennen ja schon seine Ordnung der Finanzen. Unter diesem Titel ist er an die Regierung gekommen , unter diesem Titel hat er die alten Steuern erhöht und neue eingeführt, sol whe ich redlich viele neue Schulden gemacht, unter diesem Titel hat er Millionen staatlicher Kapitalien protegirten Eisenbahngesellschaften zugewendet und die Staats­­­güter auf Die Trommel gebracht, und das Resultat ist dennoch ein eben solches unbedecktes Defizit, als früher­ so große Staatsausgaben, wie sie Ungarn nie vorher gesehen, eine Steuerlast, wie sie „Die angebetete Nation“ nicht mehr ertragen kann, und eine Finanz. und Wirthschaftspositit, welche das Volk ruiniert“. Das „Petit Naplo“ schließt mit den Worten: „trauerige Aussichten auf das neue Jahr: Krieg, Steuererhöhung und Wahlen, was Tika mit den Worten ausdrückt: Friedenssehnsucht, Ordnung der Finanzen und das ‚Urtheil der „angebeteten" Nation. Di­­e —­­­ Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauergasse Nr. 23, in Kronstadt die Buchhandlungen Heinrich Dresswandt, Fr. Wilhelm Frank, Heinrich Zeidner, Mediasch J. Hedrich’s Erben, S­chässburg C. F. Erler’s Buchhandlung, Bistritz Friedrich Wachs­­­mann Nr. 187, Sächsisch-Regen Adolf Dengyel, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, Rotter & Q,, H. Schalek, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt a. M. G. L. Daube &C. Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fostet beim einmaligen Einladen 7 fr., das zweitemal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. exclusive der Stempelgebühr von je 30 Er. Aufertionspreis: 1881. politische Nebelsicht, Hermannstadt, 13. Januar. Selten tritt eine Nachricht auf, die nicht auch einige Dementis Hinter sich, schleppt. So wird denn auch die Mittheilung von einer partiellen Minister­­­feisis in Oesterreich in Abrede gestellt. Graf Taaffe sagte dem Wiener Korrespondenten der „Wolitit” gelegentlich einer Unterredung, von einer partiellen Ministerkrisis sei seine Rede, wohl aber gebe es im Schoße des Ministeriums Meinungsverschiedenheiten über verschiedene konkrete Fragen. Die Bauernbewegung Daraus kann freilich auch vielerlei gefolgert werden, treibt die Führer der „N Rechtspartei“ jenseits der Leitha zu größerer Thätigkeit an, um ihre politische Stellung zu retten. Graf Brandis, der Präsident des Katholischen Volfsvereines, hat in Sachen der Grundsteuerregulirung bei Sr. Majestät eine Audienz genommen. Im preußischen Abgeordnetenhause sprach der Kriegsminister Kramecke, gelegentlich der Verhandlung über die Verstaatlichung einer Bahn, von den Rüstungen Frankreichs, die einen so hohen Grad von Vollständigkeit erlangt hätten, daß Deutschland sie nicht ignoriren dürfe, sondern mit Gegen­­­maßregeln an seiner Westgrenze beantworten m­üsse. Die deutschen Dynastien haben Unglück in leter Zeit. Württem­­­­berg hat seinen jugendlichen Thronfolger verloren, und jegt droht Sadhien... die Gefahr, einen seiner wenig, dessen Dynastie ohnedies jeder gersach­t ist, zahlreichen Prinzen zu verlieren. . In Paris und Berli­n hält man an der Hoffnung fest, daß die griechisch-türkische Angelegenheit nicht zum Krieg führen werde. Auch in Petersburg glaubt man, teoß der ungünstigen Nachrichten aus Athen, nicht an eine Störung des Friedens. Die optimistische Auffassung der Situation­ wird jedoch stark erschüttert durch die Nachricht, daß der Minister Romondurus, nachdem der französische Gesandte alle Argumente in einer Besprechung vom 11. d. M. mit dem griechischen M­inisterpräsidenten für den Schiedsgerichterei­­vorschlag ins Feld geführt hatte, eine ausweichende Antwort erteilte, indem er betonte, Griechenland künne dem Projekte nicht beistimmen, bevor ihm die Absichten des Schiedsgerichtes nicht bekanntgegeben und Garantien für deren Ausführung geleistet würden. Der Sultan hat übrigens durch die Ernennung Gazi Osman P Bajcha’s zum Kriegsminister gleichfalls einen | Osman Bafcha ist der Führer der­­­ nicht mißzuverstehenden Schritt gethan, aftranzlustigen, alttürkischen Partei in Konstantinopel. Die alte Geschichte, daß sobald die Diplomaten sich zum Frieden stiften zusammenthun, erst recht der Krieg entbrennt, dürfte sich wahrscheinlich aufs Neue bewahrheiten. Als ob der Fragen nicht genug wären, droht zwischen F­rank­­­reich und Italien die tunesische Frage, die schon einst auf der politischen Tagesordnung stand, im Augenblicke wieder in ein „afuteres Stadium” treten zu wollen. Dieses Tunis liegt freilich tat auf Greifweite nahe. Tausende von italienischen Korallen- und Schwarmfischern leben von dieser Küste, und die größte Mehrzahl der in Tunis ansässigen, Handel und Industrie treibenden Europäer sind italienische Staatsbürger­­­werbung von Tunis oder wenigstens der Ausübung des Protektorates ist. Ökonomisch sein geringes, und nicht ohne Berechnung hatte Fürst Bismarc auf und nach­­dem Berliner Kongresse darauf hingewiesen, wie Italien in Afrika für seine „Uneigennügigkeit“ auf der Balkanhalbinsel Entschädigung und Belohnung finden könnte. Andererseits ist Tunis auch für Frankreich, da dasselbe Recht eigentlich die Fortlegung der algierischen Provinz Kons­­­tantine nach dem Meere hin bildet, von nicht geringerer Bedeutsamkeit. Die Reise, die der König von Italien nach Sicilien in den feäten Tagen ange­­treten hatte, die Höflichkeits-Deputation, die der Bey von Tunis an den König schielte, verstimmte die regierenden Kreise in Paris, welche die französischen I Interessen für gefährdet ansahen, in nicht geringem Grade. «.­. Ein officiöses Schreiben in der,,Agence Havas«·erklärte,daß Frank­· reich in Tunis weder die Suzeränität des Sultans,noch den Einfluß Italiens· dulden werde,und für sich,wenn auch nicht die Annexion,so doch ein Das Interesse Italiens an der Ers­­­­­­­­ cheuille tot. Die Liebe der Stuarts. Novelle von Wilhelm Jensen. (10. Fortlegung.) Damit sprang er unter brüllendem Beifallaftemn der Rotte herunter und der Rudel mälzte sich mit zwüsten Geschrei, die Hinzugerat­enen mit fortreißend, an dem Gärtchen vorüber der Stadt zu, wo einige­­­ reiche Kauf­­­leute ihre Sympathie für die künigliche Sache bisher nicht verhehlt hatten. Eine Zeitlang tönte noch das ferner verhallende Getöse herüber, dann lag Alles wieder in­ tiefem abendlichem Frieden. Nur drinnen im Stübchen war der Friede nicht zurückgekehrt. „Steht — flieht, sie ermorden euch!” Hatte die Kranke mit ihr umherschweifenden Augen ausgeflogen. Sie sprang entregt aus dem Lessel auf, aber ihre Süße brachen unter ihr zusammen und mit den Händen um sich greifend, fiel sie, von ihren Kindern gehalten, ohnmächtig in den Stuhl zurück. Beide waren um sie beschäftigt. Colmwine kniete neben ihr und rieb ichluchzend die mehr und mehr erfaltenden Hände in den ihren, während Taylor den unwillenlos niedergelunfenen Kopf aufrecht erhielt und ihr mit belebender Flü­sfigkeit die Wangen bewebte. Es schien vergeblich, der Athen war unhörbar. „Sie ist todt!” sagte er ernst. Ediwine schrie Schmerzlichh auf und warf si, mit heftigen Küffen ihre Lippen bedecend, auf die Mutter. „Nein, sie kommt zu fie, sie lebt!” rief sie freudig. „Mutter, Mutter, hörst du mich nicht?“ ____ Die wie aus den Armen des Todes noch einmal Zurückgerufene richtete ich wirflich im Stuhle auf und hob auf einen Moment die eingelunfenen Lider; aber nur ein irrer, bewußter Ausbruch lag in den Augen, mit denen sie, ohne sie zu feinen, in das Gesicht der Tochter starrte, die sie so sehr geliebt. Doch wie die Abendsonne, die auf ihrem Antlit lag, ebenso goldig wie drüben auf dem entblätterten Wald, ut­tzitterte noch einmal ein rechtes Lächeln die sterbenden, leise geöffneten Lippen. „Ich will ihm voraus gehen und ihn erwarten,” sagte sie freundlich. „Ich Habe ihn so manchmal erwartet und es ist Abend und Zeit, daß ich ihm Alles zur Ruhe bereite, wie er es liebte, — Komm, mein Freund, hier find mir gleich, ganz gleich! — Hier gilt die Liebe allein! — Auch deine Tochter darf — wo sie ist? — mo ich sie gelaffen? a, wo ist sie? — deine Tochter — Edwine — Edwine!“ Die Phantasirende fuhr mit gellenden Schrei auf. „Hier bin ich, Mutter! sieh mich doch an, Mutter!” schluchzte die Gerufene. Ein irrer Strahl ruete ü­ber das Gesicht der Sterbenden, sie erkannte Beide, mit Aufraffung der fegten Kraft schlang sie den Arm krampfhaft um den Namen der Tochter und preßte die Lippen an ihre Ohr: „Denke deines Vaters, und kannt du ihm helfen, sei dein Gatte, dein Glüc­­k dein Leben nichts! — Sonst ruhe mein Fluch­ —“ Sie sprach nicht aus, ihre Kraft erlosch mit dem festen Wort, dem legten Gedanken, der den Gedanken ihres Lebens beschloß. Nur die Tochter hatte die abgerissenen Worte vernommen; wieder fiel sie zusammenbrechend in den Stuhl zurück — diesmal für immer. Aber nur kurze Frist vergönnte die empörte Zeit den Zurü­ckleibenden. Bald riß die Kumde wüster Breefje sie aus ihrem schmerzlichen Brüten auf und riefen ihnen die mahnenden Worte der Sterbenden in­s Gedächtniß. Die Nachricht von der Gefangennahme des Königs bestätigte sich mit der Hinzu­­­fügung, daß ein Fluchtplan desselben durch Verrath entdeckt sei, und daß man ihn von Wight nach Schloß Hurst auf­ das Festland des Neichd gebracht habe, wo er wie ein Verbrecher in strengem Gewahrsam gehalten werde. Diese Botschaft tilgte den Resz von Mäßigung, melde man den royalistisch Gesinnten gegenüber in Gedanken eines noch immer nicht unmög­­­lichen Umschwunges der Dinge bisher beobachtet hatte. Einige entfaßen mit Hinterlassung ihres Eigenthums aus dem Städtchen; die länger Verweilender­­­ wurden ergriffen und als Feinde der Rem­blis, die man _bereits_nffen hro- Hamirte, vor Gericht gestellt. So wurden denn auch Taylor und Edmire gewaltsam zu schleunigem Handeln aufgerüttelt. Die Sorge für ihren Länd­­­lichen Besis einer befreundeten Familie in der­ Nachbarschaft überlassend, rafften sie eilig ihre bewegliche Habe, die sich als meit bedeutender ergab, als die Tochter je vermuthet hatte, zusammen und wandten si zur Flucht. Sie waren übereingenommen, daß es gefährlich sei, eine öffentliche Berattung der Leiche vorzunehmen, da die feindselige puritanische Geistlichkeit dieselbe leicht zur Anreizung der Menge bemüht haben würde. So beerdigten sie die Todte in der Stille auf einem einsamen Hügel des Gartens, von dem sie bei Lebzeiten getwänscht hatte, daß er ihr zur Ruhestatt dienen möge. Er bliete über das Gesträuch weit in die Haide hinaus, wie sie selbst so oft gethan; auf der Spihe bezeichnete ein Lichter Stein, mit den einfachen Buch­­­staben: E. S., die sie darauf zu fegen gebeten hatte, ihr Grab. Ein Paar alter Bäume, in deren Wipfeln die legten braunen Blätter zitterten, umgab ihn; von unten wankten sich Hochtöpfige Disteln, die ihrem ausdrücklichen Willen gemäß ungestört fortwachsen sollten, an ihm empor. Seltsam erinnerte das Grab durch diese unwillkürlich an das alte, verfallene Stammschloß der Stuarts, das drüben in Schottland, auch einzig von den Disteln, die seinem Geschlecht als Symbol gedient, überwuchert, als Grabstein seiner Texten Nachy­­­kommen aus Schutt und Trümmern ragte. Taylor hatte dasselbe in besseren Tagen gesehen und bemerkte es seiner jungen­­rau. Die tief­­en Gedanken verfunfen in der milden Herbstluft auf dem­ Rasenhügel aß. Sie hob Hastig die Stirn und überflog scharf mit den’ Augen sein Gesicht; dann nichte sie traurig lächelnd und vertant wieder Im Er mollte sie nicht stören und zog seine Schreibtafel ernstes Schweigen­ hervor, auf die er sinnend einige Zeilen hin­warf. Als er zu Ende geschrieben, riß er das Pergamentblatt heraus und gab es Edwine. Sie lag: Auf einsamem Gipfel in Urne geschlossen Um Gruftgestein Bon Freundeshand Herbstbraune Wipfel , Bon Regen umflossen, Sie murmeln darein, Bon Ghuth verbrannt Und auf die Glieder, Ruh'n ihre Gebeine Die lange Staub, Su Archenflug, Stumm rütteln sie nieder Umfchmwebt alleine Ehr-Hattorek-Baut, Pe Windest Im Abendglanze Schaut weit ihr Grab Aus stilem Kranze Zur Haide Hinab, Wie ihrer Blide Ruhvolles Mal, Wenn sie die Geschide Des Lebens Las. Eine Thräne fiel aus Edwine’3 Augen auf das Blatt; dann stand sie auf und verbarg es in einer Höhlung des Grabfteind, Schlaf sanft und namenlos, 1

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