Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. März (Jahrgang 11, nr. 3105-3129)

1884-03-26 / nr. 3125

Redaction und Administration: Heltauergasse 23. Erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Hefen­­tage täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fl., vierteljährlich 2 fl. 50 fl., Halbjähri­­g fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung Ir­­eu mit Zustellung 1 fl. 3 f., 6 fl., 12 fl. Abonnement mit Postversendung: Für das Inlande vierteljährig 3 fl. 50 erg Tl, ganzjährig für das Ausland: vierteljährig 7 RM. oder 10 Fre3., Halbjähri­­g RM. oder 20 Bu, Se 28 var K­­TB. Unfrank­ste Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestelt. N 3125, XI. Jahrgang. Siebenbürgisch-Dentsches agebla­­sermannfadt, Mittwoch, 26. März­­­ s Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltanergafi, Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresz­­­wandt’s Nachfolger, Mediasch J. Hedrich’s Erben, Schässburg H. Zeidner’s Filiale, Bistritz Friedrich Karl Wachsmann Nr. 187, Sächsisch - Regen Fronius, Mühlbach Jos. Wagner, Kaufmann, Brooe Paul Battoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasen­­­stein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Moriz Stern, Heinrich Schalek, J. Danne­­­berg, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt a. M. G. L. Daube & C. &­­onfertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile kortet beim einmaligen Einladen 7 Er., das zweitem­al je 6 fr., das drittemal je 5 fr. 8. W. exclusive der Stempelgebühr von je 30 tr 1884, vom „Staatssozialismus“ und seinen Gegnern. Seit die gewaltige Hand des deutschen Reichskanzlers den mächtigen Bau des neuen deutschen Reiches errichtet, ist er unablässig bemüht, dem inneren Gefüge des Baues Fertigkeit zu geben, damit er, auf starrem Fun­­­damente fußend und in allen Teilen fest gezimmert, den Stürmen der Ge­­­genwart und den Gefahren der Zukunft troßen fünne. So nahm er mutig den Kampf auf mit dem Ultramontanismus, der mit seiner­­­­ahrhunderte hindurch zum unabsehbaren Schaden Deutschlands getriebenen W­ühlarbeit auch die Grundlagen des der päpstlichen Weltherrschaft mißliebigen deutschen Reichsbaues zu untergraben sich anschi­te. Unter dem Namen „K­ulturkampf“ nennt die Reitgeschichte diese tief­­­greifende Aktion, die zu einem endgültigen Abschluß auch Heute noch nicht gelangt ist. Gegen den uralten inneren Feind, gegen den staatsverderbenden „Partikularismus“ waren mit in erster Reihe seine staatsmännlschen Maß­­­regeln gerichtet, mit welchen er das Reich materiell kräftigen und unabhängig machen wollte von den schwankenden Zuschüssen der einzelnen Bundesstaaten. Die leßten Jahre seiner herkulischen Arbeiten gelten vornehmlich­ dem Kampf mit einer Gefahr, die nicht weniger als die anderen Feinde den modernen Staat in seinen Grundwerten zu erschüttern drohen: es ist dies das furcht­­­bare Gespenst der sozialen Frage. Wenn die riesenhafte Reformarbeit des gewaltigen Staatsmannes auf die unversöhnliche Feindschaft der ultramontanen und partikularistischen Ele­­­mente stößt, so erscheint diese Gegnerschaft dem Kenner geschichtlicher Ent­­­wicklung nur natürlich, denn jene Elemente, welche nur in der Hundert­­­jährigen Ohnmacht und Zerrissenheit Deutschlands ihre Existenz behaupten konnten, sehen diese in demselben Maße gefährdet, in welchen das neue deutsche Reich an Kraft und Einheit zunimmt. Befremdend aber ist, daß die volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Reformpläne des Fürsten Bismarc einer hartnäckigen Opposition in den libe­­­ralen Streifen des deutschen Reichstages begegnen." &8 ist der schon seit Jahren sich herziehende Konflikt des deutschen Parlaments mit dem Reichs­­­kanzler, an welchem schon mehr als ein volkswirtschaftlicher und sozialpoli­­­tischer Gelegentwurf gescheitert is. Die Abgeordneten Bamberger, Richter, Hänel, Richert sind Führer der Opposition, und weil diese Namen beim deutschen Volk mit Recht einen guten Klang haben, muß deren hartnädiger Widerstand gegen die Rekonstruktionspläne des eisernen Kanzlers befremdlich erscheinen. Wie ist doch nur ein Gegenlaß, ein Kampf möglich unter Männern, denen doch ohne Zweifel ausnahmslos die Wohlfahrt, die Größe, der Ruhm ihres so schwer erkämpften Neiches warm am Herzen liegt? Daß der Schöpfer des deutschen Neiches zum mindesten nichts unter­­­nehmen werde, was sein Werk schädigen oder gefährden konnte, das wird doch von seinem Vernünftigen bezweifelt. Und doch müßte man des Fürsten Bismards innere Politik für staatsverderblich halten, hörte man auf die zahl­­­reichen Stimmen seiner Gegner in Parlament und Breffe, die ihre Kassandra­­­rufe gegen die sozialpolitischen Reformmerte des eisernen Kanzlers unaus­­­gejeßt ertönen lassen. Sie bekämpfen die ganze Richtung seiner sozialpolitischen Pläne, indem sie dieselbe mit dem Wort „Staatssozialismus“ belegen. Dies Wort it zunächst ein Schlagwort, mit welchem jene Richtung stigmatisiert, als revolutionär, verderblich bezeichnet werden sol. In diesem Schlagwort liegt ein ganzes Programm, das sich in dem kurzen Sat zusammenfassen läßt: der Staat hat sie um den Sozialismus nichts zu kümmern, seine Aufgabe ist blos Die un­­politischer, nicht auch sozialer Uebel. Teitere Aufgabe kommt der Gesellschaft, den Individuen, der „freien Charitas“ zu. Die „freiwilige Hilfe“ wird durch das Eingreifen des Staates nur gelähmt werden. In der That, eine ebenso einfache als bequeme Lösung der sozialen Frage ! Die Vertreter dieser Richtung jagen: was geht den Staat die Armut, das Elend, die Verzweiflung der Arbeiterftafse an, demn allen wird schon die freie Charitage abhelfen, der Staat aber Hat sie in solche Dinge nicht einzumischen, denn sonst ladet er den Vorwurf des „Staatssozialismus“ auf sich. Gflüclicherweise ist der deutsche Reichskanzler nicht der Mann, der sie­ von Schlagworten schreden läßt. In­ einer seiner wirkungsvollsten Neden, die er bei der Beratung des Unfallversicherungsgefeges am 15. März im deutschen Reichstag hielt, hat er im seiner einfach klaren, und doch so schneidigen und padenden Art den Gegnern auf ihren Vorwurf des „Staats­­­sozialism­us“ heimgeleuchtet. Vor allem entgegnete er dem Abgeordneten Bamberger: „Dem Abgeordneten Bamberger Halte ich auf seine gestrigen Aus­­­„Führungen entgegen, daß die Regierungen auf einem Standpunkt im Sinne „friedrich“ des Großen stehen, dem Volke zu dienen unsererseits durch „Herrichen. Ich erhebe aber auf den Abgeordneten Bamberger den Anspruch, „daß er mein „Mitschuster” sei und mit dazu helfe, zu verhüten, daß je­­­„mand im Wolfe barfuß gehe, dabei helfe, daß das Volk passende Schuhe „auf diesem brennenden Gebiete bekommt.“ Gegenüber dem einfach negierenden und Hyperkritischen Standpunkt seiner Gegner äußerte Fürst Bismarc treffend : „Die Kritik ist Leicht, Leichter als die Ausführung des Wertes. Die Politik ist ja seine Wissenschaft, wie viele Professoren sich einbilden; sie ist ebenso wenig eine Wissenschaft wie die Bildhauerei und Malerei. Man kann selbst ein scharfer Kritiker sein, ohne etwas schaffen zu können, und selbst der erste aller Kritiker, Lesjing, wirde nicht unternommen haben, den Laotoon selbst zu machen. Aber ich möchte Sie doch bitten, sich zu erinnern, daß auch der Reichstag die Initiative für die Gesebgebung hat, daß er nicht zu allem Nein jage oder wie eine schlecht gemachte­­­ Ferienarbeit sie zensiere, „taugt nichts, noch einmal“, sondern daß Sie eine Vorlage, wovon Sie glauben, daß sie auf einer Basis steht, die der Regierung­­en ist, auch ausarbeiten, und so ausarbeiten, daß sie zur Annahme gelangen kann, auf eine ganz entgegengelegte Ansicht wirde ja die Negierung nicht eingehen künnen.“ Bon geradezu epochaler Bedeutung ist die ethische Begründung des staatlichen Eingreifens auf dem sozialen Gebiet: „Etwas anderes­ ist es aber,, ob der Staat oder das Reic­ das Recht hat, diese Erfüllung einer staatlichen Pflicht, nämlich die Abhilfe von Unfällen, und vor Not, wenn der Arbeiter geschädigt wird, ihn zu ichüren, ob er die Erfüllung dieser Pflicht dem Zufall überlassen will, daß sich Aktiengesellschaften bilden und vor demn Arbeitgebern die hohen Beiträge erhalten. Sobald der Staat die Sache in die Hand nimmt — oder das Neic­, ich meine hier immer das Neic­, nicht den Staat — und ich glaube, es ist seine Pflicht. Dies zu tuun, so muß er allein den Unfallschaden regulieren und muß seinerseits seinen Vorteil daraus ziehen, sondern diesen Vorteil den Armen und Bedürftigen überweisen. Wenn man die Erfüllung einer bestimmten Staatspflicht, wie etwa die Landesverteidigung will, so kann man dies nicht einer Aktiengesellschaft überlassen und fragen, welche Gesellschaft es am billigsten thut, so auch mit der Fürsorge für die Armen ; ist diese Fürsorge in einem höheren Maßı, als es recht geidicht, eine Staatspflicht, s­­­ann der Staat nicht zugeben, daß eine Aktiengesellschaft es übernimmt; das ganze liegt in der Frage begründet, hat der Staat eine Pflicht, für seine Mitbürger zu sorgen, oder hat er sie nicht, und nicht blos der christliche Staat hat sie, was man mit dem Wort „praktisches Christentum“ ausdrückte, sondern jeder Staat hat diese Pflicht. Diejenigen Bwede, die die Gemeinde in Bezug auf ihre Mitbürger hat, wird man den Gemeinden überlassen, es giebt aber Zwede, die nur der Staat im seiner Gesamtheit erfüllen kann, denen gegenüber die Gemeinde oder Provinz nicht ausreichen. Zu diesen Zwecken gehört die Landesverteidigung, das allge­­­meine Verkehrswesen, alles, was in Artikel 4 der Berfahlung gesagt ist, und dazu gehört auch die Abhilfe der Notlage und die Verhinderung solcher berechtigten Klagen. Das ist eine Staatsaufgabe, der si der Staat auf die Dauer nicht wird entziehen können ( nennen Sie das Staatssozialismus, so geniert mich das nicht, ohne solchen kommen wir überhaupt nicht durch), denn schließlich kann man jede Armenpflege als Staatssozialismus bezeichnen, und diese Armen­­­pflegepflicht des Staates werden Sie wohl nicht leugnen. Meines Erachtens liegt ein Hauptgrund der Wirkung, welche die Führer der eigentlichen Sozialdemokratie ausüben, darin, daß wir nicht Staatssozialismus genug treiben, der Staat läßt ein Valırım und dieses Vakuum wird von den Agitatoren ausgefüllt. Dabei fallen natürlich Die Machtmittel in andere als staatliche Hände. Abg. v. Vollmar hat, wie ich aus dem Nefume seiner Ausführungen durch Herrn Bamberger ersehe, seinerseits zugegeben, daß die Ideale der Sozialdemokratie im einzelnen Staate nicht verwirklicht werden künnten, sondern nur dann, wenn eine allgemeine nationale Vereinigung stattfände. Ich glaube das auch­ und halte deshalb die Ausführung dieser Ideale für unmöglich.­­­ Aber selbst wenn Dies der Fall wäre, so möchte doch der Zeitraum zu lang sein, um einen modus vivendi zu finden, der für die Notleidenden etwas erträglicher und ange­­­nehmer it. Wir können diese nicht mit Wechseln, die nicht fällig sind, vertrösten. Wir müsen ihnen geben, was sie für morgen und übermorgen brauchen und benüben künnen.“ Diametral entgegengeießt den Anschauungen seiner Gegner gipfelt denn des deutschen Reichskanzlers Ausführung in dem Safe: der Staat hat nur das Recht, die Erfüllung einer sittlichen Pflicht dem Zufalle oder Privaten zu überlassen. Man sieht, neue Perspektiven sind hiemit der Staatsfrift eröffnet und hoch und ideal gefaßt die Aufgaben des Staates. Der Staat will die in den unnleugbar kranken gesellschaftlichen Zuständen Liegende, und eventuell seine ganze Existenz bedrohende Gefahr durch seine eigene Thätigkeit, durch die Entfaltung seiner Machtmittel beschwören, er will in diesem Sinn aller­­­dings „Staatssozialismus” treiben. Die Einwände seiner Gegner kul­­­minieren in der Phrase von der „Erhaltung der gesellschaftlichen Ordnung”, des Individualismus und der „Freien Hilfe”. Die Duintessenz dieser Weisheit ist, die Dinge gehen zu lassen, wie sie eben gehen. Dne befriedigende Antwort in die Frage, ob das Gehenlaffen die Erhaltung der jebigen Dauer sichert und ob nicht im Gegenteil der völlige Umsturz der gesellschaftlichen Ordnung, eine zweite Auflage der Pariser Kommune oder noch Schlimmeres vorbereitet wird, haben die Wortführer der Opposition nicht gegeben. Die erprobte Zähigkeit und der feste Willen der deutschen Reichs­­­regierung lassen indessen auf den endlichen Sieg der sozialpolitischen Reform­­pläne hoffen. Bismarck hat den Neubau des deutschen Reiches nicht, nach dem Rezept einer parlamentarischen Majorität entworfen und durchgeführt ; in jahrelangem, schweren Konflikt, ohne, ja sogar gegen den Willen der Mehrheit des preußischen Abgeordnetenhauses, die ihm­­­ kurz vor dem Ausbruch des Krieges jeden Pfennig für die geforderte Heeresorganisation rund­weg verweigerte, hat er die Grundlagen für das neue Reich geschaffen. Er wird auch bei dem inneren Ausbau des Staatsgefüges fi) nicht beirren lassen durch die hergebrachten Lehrmeinungen,­­­ gesellschaftlichen Ordnung auf die politische Webersicht, Hermannstadt, 25. Mär. Laut Beschluß des Abgeordnetenhauses in der Sibung vom 22. d. wird die Debatte über die Gewerbegeset-Novelle Donnerstag den 27. d. ihren Anfang nehmen, und wie der Präsident bei dieser Gelegenheit bemerkte, wird sich der Eintritt der Osterferien nach dem Gange der Ver­­­handlung dieser Vorlage richten. Ein „süßer“, aber­ nicht mißzuverstehender Druck! In derselben Eagung richtete der Abgeordnete ©. Bolonyi an den Ministerpräsidenten eine Interpellation folgenden Inhaltes: „Hat der Minister Kenntnis davon, daß im Laufe dieses Monats in Szolnof ein zum Regiment Rodich gehörender Offiziers-Stellvertreter, Nikolaus Feher, nach einem G Streite im Wirtshause gegen den dortigen Bürger Mar Benilfeton. Schweigen. Novelle von Theodor Storm. (12. Fortsetung.) Der andere erhob langsam das Haupt: „Was n willst du, Rudolf? Wes­­­halb bist dur Heute zu mir gekommen? — Gewiß, wenn Anna jemals mei­­­ner bedürfte, wenn deine Hand nicht mehr da wäre, ich würde Anna nicht verlassen, nicht — so lange ich lebte.” . Rudolf hatte beide Hände vor’s Gesicht gedrückt, sagte er leise..,wollen wir jetzt zurückgehen?« geschaffe,und die grauen Schleier der Dämmerung breiteten sich immer dichter über Moor und Feld.Rudolf hatte seinen Zweck erreicht: was er bisher nur geglaubt hatte,war ihm jetzt Gewißheit;das übrige, er sagte es sich mit Schaudern,würde sich von selbst ergeben. Auch Bernhard war in tiefem Sinnen neben ihm geschritten.»Aber«, begann er jetzt,nachdem sie vom Moore wieder zwischen die Felder hinaus­­­gelangt waren,,,wie sind wir doch in ein solches Gespräch geraten?Du lebst und bist gesund;weshalb sollte Anna anderer Hülfe bedürfen?« Rudolf hatte diese Frage erwartet,ja,er hatte sich künstlich darauf vor­­­bereitet;jetzt,da sie wirklich an ihn herantrat,machte es ihn stutzen;ein Ge­­­fühl wie bei unredlichem Beginnen überkam ihn,es­ war schon recht,daß die zunehmende Dunkelheit sein Angesicht verdeckte...Ich habe dir wohl schon davongesprochen­«,sagte er,»daß ich meinen Vater plötzlich durch einen frü­­­hen Tod verlor,es war ein Herzleiden;einem und dem andern unserer Vorfahren ist es ebenso ergangen;allerlei Symptome waren vorausgegangen —ich war noch ein Kind;aber später hat meine Mutter es mir erzählt —in den letzten Monden habe ich ganz dasselbe auch bei mir bemerkt;es geht mir nach,ich könnte auch plötzlich so hinweggenommen werden.« Bernhard ergriff seine Hand,deren herzlichen Druck er nicht zum­ wi­­­dern wagte: „Aber weshalb ziehst du nicht einen Arzt zu Nate, einen Spe­­­zialisten : „So danfe Dir,” „Ich that es­ neulich bei Gelegenheit meiner Geschäftsreife.“ „Und er Hat dir seinen Trost gegeben ?” „Doc, was so die Werzte schwaßen ; aber ich weiß es besser.” Noch einmal empfand er Bernhards Händebruch, in welchem alle Ver­­­eicherung eines treuen Herzens lag. Ein paar Stunden später befanden die Förstersleute sich wieder auf der Rückfahrt, Anna saß an ihres Mannes Seite, das Haupt geneigt, wie in Gedanken eingesponnen: Nudolf und Bernhard — ihr war es immer wieder, ‚ als sähe sie die beiden in der sindenden Dämmerung an dem Moore entlang gehen; sie meinte die erregte Stimme ihres Mannes, die beschwichtigende ihres Jugendfreundes zu vernehmen; nur die Worte selbst — ja, wenn sie | ‘anderen Ausweg — wollte sie an Bernhard schreiben: „Wo nie die Worte hätte hören künnen! Sie war ja jung, sie fürchtete sich nicht; nur wissen mußte sie, wo sie das Unheil fassen könne. Aber­­­ auch Bern­­­hard mußte ja von allem wissen. Hatte doch auch er, der wo am Nach­­­­­­mittage sie in früherer Zeit mit ihr geplaudert hatte, beim Abendessen kaum ein Wort, oder doch nur wie gezwungen, zum Gespräche beigetragen! Einen Augenblik war's, als ständen ihr die Gedanken till; dann aber richtete sie sich mit einem tiefen Atemzuge auf — glei­ morgen — sie wußte seinen find wir, Rudolf?” Frug sie und sah mit Karen Augen um Sie. Rudolf schrak empor, als wurde er aus schwerem Traum geweckt, und wieder, wie auf dem Hintwege, fuhr das Pferd in seiner Deichsel auf. Ein paar Schläge mit der Peitsche, dann wies er schweigend nach den Wäldern, die sich einige V Büchsenschüffe weit zu ihrer Rechten gleich einem d­üsteren Wal entlang zogen. Darüber stand der volle Mond, der in der weichen Herbstnacht ein fast goldenes Licht über die schlafenden Fluren ausgoß. „Wie Schön!” sagte Anna: „Sst das da drüben eine Wildnis? Armer Rudolf, die wird dir wohl noch viel zu schaffen machen ?” Er hatte den Kopf zu ihr gewendet, aber er sah sie an, als ob er seine Antwort darauf habe. Sie bemerkte er nicht; das Tuch um ihre Schul­­­tern war herabgeglitten, und sie mühte sich, es wieder festzustellen. Als sein Eid auf ihre unverh­üllte Hand fiel, deren schöne Form das milde Nacht­­­gestirn mit feinem Licht verklärte, zuhte er um des Mannes Lippen, und seine Augen wurden wie vor Schmerz getötet. Der Weg zog sich dichter an die Wälder, und bald rollte der Wagen in ihrem Schatten; das Mondlicht fiel sehr über sie Hin auf die weiter seit­­­wärts liegenden Wiesen; eine weidende Kuh brüllte ein paar Mal von dort herüber. „Zu Hause!” sagte Anna, ihre Reisehüllen von sich streifend, „wir sind gleich zu Hause !” Als bald darauf der Wagen anhielt, trat von der Haupttreppe die Magd in augenscheinlicher Haft heran: Die Frau F­orstjunierin seien abends angekommen, aber vor einer Stunde schon zur Ruhe gegangen; Frau För­­­sterin möge si nur ganz beruhigen, sie hätten ihr, der Magd, den Speise­­hammerschlüsfel ja gelassen, er habe der gnädigen Frau an nichts gefehlt. Rudolf, der schon neben dem Wagen stand, war totenbleich geworden ; wäre der Schatten des Hauses nicht gemwesen, so hätte Anna es gewahren müssen. „Sieht schon!” Kam es kaum hörbar über seine Lippen , dann hob er das junge Weib herab und sagte laut: „So muß ich morgen frü­h eraug !“ : „Morgen, Rudolf? Aber du bist dann zeitig doch zurück?” Er war Schon in das Haus getreten, und Anna folgte mit der Magd, den Kopf jeßt voll Gedanken an die Gegenwart der Mutter, deren Dreistand sie nicht mehr in Rechnung nahm. * * E3 war noch dunkel, als vor Anbruch des Morgens neben dem Bette der Schlummernden jungen Frau sich ein schweres überwachtes Haupt aus den Riffen hob. Bald darauf — ein Dichter Nebel draußen machte die erste Dämmerung noch fast zur Nacht — trat Rudolf Leifen Schrittes in sein Zim­­­mer; tastend, mit unsicherer Hand zündete er die auf dem Zischer stehende Zampe an, bei deren Scheine jebt sein blasses Antlig mit den brennenden Augen aus dem Dunkel trat. Nachdem er die Klappe des am Fenster stehenden Kleinen Pultes aufge­­­schlossen und eine Lage Papier herausgenommen hatte, segte er sich Daneben an den Tisch und begann zu schreiben. Eine amtliche Arbeit schien es nicht zu fein, denn er hatte weder Pläne noch Rechnungen dabei zugezogen. Mitunter frügte er den Kopf, und ein tiefes Stöhnen übertönte das einförmige­­­ Geräusch der rastlos fortschreibenden Feder, dann fuhr er wohl “empor und blickte hastig um si) und wandte das Ohr nach der Richtung des vorhin ver= TE­­RR EN er bo e. HET Fe da eu

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