Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1843 (Jahrgang 4, nr. 2-100)

1843-05-23 / nr. 41

174 nung gemäß war, würde freilich feßt unpassend sein und nicht mehr gehen. Andere geiten, andere Sit­­ten! Damals war Alles compacter, derber, dreister ; wir sind artiger, feiner, geschmeidiger geworden, ob im Grunde besser , ohne Falschheit und Greißnerei, will im nicht untersuchen ; — und wer und wo ist der Mensch , der es sich herausnehmen dürfte, dies richtig abzuwägen ? Wie jeder Mensch, so hat auch jede Zeit, in seltsamer Mischung, Gutes und Böses, Licht und Schatten, oft diesen, um jenes zu heben. Die miserable Schmeichelei elender hündischer Spei­­chelleber, die in Friedrich II. nur V­ollkommenes und keine Schwächen sehen , ist mir in der Seele zuwider , so wie denn alles unbegrenzte Loben und Preisen immer eine geistige Leerheit und Falschheit bezeichnet. Die Jugend ,­ die noch wenig gesehen und erlebt hat, mag sich wundern und bewundern, weil alles Ungewöhnliche ihr als ein Wunder er­­scheint; dem ernsten, geseßten Manne, der­ Geschichte studirt, und den Erfahrung gereift hat, geziemt Mä­­ßigung und Maßhalten. Jede Schmeichelei macht mir ihren Sprecher von vorne herein verdächtig. Es fehlt da immer entweder an Klarheit der Er­­kenntniß , oder an Reinheit des Herzens, oft an beiden.“ Indem der König , stille stehend­, dieß sagte, trat Er, wie Er zu thun pflegte, wenn Er lebhaft wurde , stark mit dem rechten Fuße auf und fuhr, weitergehend, fort: „Allerdings klebten Friedrich Schwächen und Gebrechen an, ja man kann das oft gehörte Wort, wo viel Licht, ist auch viel Schat­­ten­ auf ihn anwenden; denn er war und blieb Mensch. Aber diejenigen, welche ihm eine natür­­liche Neigung zur Härte und Despotie beilegen, wie Sie vorher bemerkten , haben ihn am Wenigsten begriffen. Vielmehr war reines menschli­ches Wohl:­wollen , lebendiges, kräftiges Mitgefühl , oft, bis zur Rührung, die ursprüngliche natürliche Stimmung seines Gemüthes. Er trug diese so tief in sich, fand in ihr so ganz sein Element, daß er unauf­­hörliM darauf bedacht war, sie in sich zu befestigen, zu nähren und zu stärken. Daher sein reger Sinn für­ Freundschaft, seine Liebe und Zärtlichkeit für seine "Freunde, und, des großen Abstandes der Ver­­hältnisse ungeachtet, seine Treue und Beständigkeit, daher seine Liebe zur Musik und ihren sanften Ein­­drücken, — auf seiner Flöte gelangen ihm die Ada­­gio’s bekanntlich am Besten ; — daher seine ent­­schiedene Neigung für die Wissenschaften , sowohl in den Tiefen der abstrakten Philosophie , als auf den Höhen der Poesie ; daher seine Liebe für Thiere, freilich auch die nde; daher seine Sympathie mit der ys wir = ewig neue Natur. Dieser Garten hier, wie ernst, wie würdevoll , und doc auch zugleich wie stille , wie vertraulich, wie ansprechend! O, wie oft ist er hier, auch in heiteren ,uhigen Nächten , erfüllt mit den edelsten Empfindungen, aufs und abgegangen. Wer so denkt, fühlt, wählt, genießt, und darin sich gleich bleibt, der kennet die Härte der Misanthro­­pie nicht. — „Aber er ist in seiner Jugend maltraiiirt ; intimidiren ließ er sich nicht, dagegen schüßte ihn seine kräftige , eminente Natur. Aber man machte ihn damit mißtrauisch­ , und dies Mißtrauen , ger­nährt durch die Ränke , Intriguen und Kabalen, von denen er am Hofe seines jähzornigen Vaters ihn, sich selbst, seine Mutter, Geschwister und Umgebungen umsponnen sah, wurde nun permanent und ein hervorstehender Zug seines festen Charakters. Von solcher trüben Seite hatte er die höheren und höchsten Stände ganz in der Nähe und­ täglicher Anschauung kennen gelernt, und daher sein oft an Härte grenzender Widerwille gegen sie, in welchem er in die bittersten Sarkasmen sich ergoß. Gewiß nicht aus Neigung, sondern aus Princip, war er strenge, oft hart, weil er der Meinung war, daß Furcht in den meisten Fällen , namentlich in den höheren Klassen , mehr ausrichte, als Liebe. Diese, und besonders die Beamten, hielt er darum in steter Spannung und Furcht; er sah sie mit miß­­trauschen Augen an, und züchtigte jede begangene Ungerechtigkeit unerbittlich. Dagegen war er mit zuvorkommendem Vertrauen dem gemeinen Manne, dem Bürger und den Landleuten , vor. Allen seinen braven Soldaten, zugethan, und die treue Anhäng­­lichkeit seines Volkes war sein höchster Schuß. Mit einem Worte: an diesem Herrn war Alles großartig, Alles Ausfluß seiner festen Grundsäße.“ Der König, in einer sanften Aufregung, sprach lebhaft und rasch , und wie immer, wenn Er erst im Zuge war, anhaltend, lange, das Abgebrochene in seiner sonst gewöhnlichen Redeweise hörte dann auf, und wenngleich schmucklos bleibend , wurde Er doch beredt. Aber nun hörte Er auf, lehnte sich an eine Buche, sah sinnend vor sie hin und sprach leise : „Ja, ein wahrhaft großer Mann! Eben auf dieser Stelle hier, auf dieser Bank war es, wo iM ihn zum Leitenmal sah und sprach. Mich bes­glückte sein Wohlwollen, das in Zärtlichkeit überging,

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