Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1843 (Jahrgang 4, nr. 2-100)

1843-02-14 / nr. 13

Bierter 1843, Nr. 13. Hermannstadt, den 14. Februar. Jahrgang. Eine russische Anekdote. Der Graf von Segur theilt in seinen so­eben wie­­der erschienenen Memoires folgende für den blinden Gehorsam, welcher in Rußland herrscht, sehr charak­­teristische Anekdote mit. Sie trug sie unter der Regierung Katharinens III. zu, und der Graf ver­­siert, für die Wahrheit derselben bürgen zu können. Ein reicher Ausländer, Namens Sunderland, war Hofbanquier und in Rußland naturalisirt , er stand bei der Kaiserin in großer Gunst. Eines Morgens kündigte man ihm an, daß sein Haus von Garden umstellt sei und der Chef der Polizei ihn zu sprechen verlange. Dieser Mann, Namens Reliew, trat mit ganz verstörter Miene bald darauf bei ihm ein und redete ihn folgendermaßen an: — „Herr Sunderland, zu meinem größten Kummer bin ich von meiner Souveränin mit der Ausführung eines Befehls beauftragt, dessen Strenge mich selbst erschreit, und ich weiß nicht , durch welches Vergehen Sie sich die Ungnade Ihrer Max­­jestät in­ so hohem Grade zugezogen haben.“ — „I<h mein Here, ich weiß dies eben so wenig ,“" =­ antwortete der Banquier: — „Nun, wie lautet der Befehl? — „Mein Herr , es fehlt mir in der That an Muth , Ihnen denselben mitzutheilen.“ — „Habe ich vielleicht das Zutrauen der Kat­­erin verloren ? “ — „Wenn es nur das wäre, würden Sie mich nicht so bestürzt sehen. Das Vertrauen könnte wie­­derkommen , eine Stelle wiedergegeben werden.“ — „Nun, soll ich vielleicht in mein Vaterland zurückgeschift werden ? — „Das wäre unangenehm für Sie, allein mt Ihrem Reichthum kann man überall angenehm leben.“ — „Mein Bett,” = ruft Sunderland — „Denkt man daran, mich nach Sibirien zu schien ?“" — „Ach! von dort kann man wieder kommen.“ — „Mich in's Gefängniß zu werfen ?“ — „Auch das kann man wieder verlassen.“ — „Gnade des Himmels, man will mir doch nicht die Knute geben ? — „Die Strafe ist schreilich, aber nicht tödtlich.“ — ‚Nun, — sagte der Banquier­­— „ist­ mein Leben in Gefahr ? Sollte die so gute und milde Kai­­serin, welche noch vor zwei Tagen freundlich mit mir sprach... Io kann' es nicht glauben. Ich bitte Sie, sprechen Sie es aus, der Tod ist mir nicht so schreflim , als das ängstliche Erwarten.“ — „Nun,“ -=­ sprach der Polizeichef mit kläg­­licher Stimme, — „meine gnädige Kaiserin hat mir befohlen, Sie mit Stroh ausstopfen zu lassen.“ — „Mit Stroh ausstopfen ? ruft Sunderland aus, den Sprechenden fest anbiitend — „nun, da haben Sie entweder den Verstand verloren, oder die Kaiserin ist um den ihrigen gekommen ; jeden­­falls haben Sie den Befehl nicht empfangen , ohne Ihre Mißbilligung an den Tag zu legen.“ ---„Ach, mein armer Freund, ich habe gethan, was ich für gewöhnlich nicht zu thun wage, ich habe mein Erstaunen, meine Ueberraschung blicken lassen , ich wagte unterthänige Gegenvorstellungen, aber meine erhabene Gebieterin zürnte über mein Zaubern, ‚befahl mir, augenblicklich, ohne Murren den Befehl zu vollziehen, und fügte die Worte hinzu, welche noch in meinen Ohren klingen: „Vergessen Sie nicht, daß es Ihre Pflicht ist, meine Aufträge pünfelim auszuführen.‘ TRANSSILAVANTA, Beiblatt zum Siebenbürger Boten, Wo weht dies her ? — — Bin ich im Wahnsinn , oder ist’s ein Traum ? Shakespeare. WRODO Be WWG

Next